OLG Oldenburg: Anforderungen an Strafmaß bei Unterhaltspflichtverletzung

Bei Verurteilung wegen Verletzung der Unterhaltspflicht erfordert eine am Tatunrecht orientierte Strafzumessung die konkrete Feststellung, in welcher Höhe der Angeklagte seine Verpflichtung schuldhaft nicht erfüllte. Die pauschale Angabe, der Angeklagte sei „wenigstens zu Teilleistungen“ in der Lage gewesen, reicht nicht aus.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Osnabrück vom 9. Februar 2009 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Osnabrück zurückverwiesen.

Diese hat auch über die Kosten der Revision zu entscheiden.

Gründe

Das Amtsgericht Lingen hat den Angeklagten mit Urteil vom 9. Oktober 2008 wegen Verletzung der Unterhaltspflicht zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.

Die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit Urteil vom 9. Februar 2009 als unbegründet verworfen.

Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung des sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.

Das Urteil kann keinen Bestand haben, weil der Schuldspruch nicht von den Feststellungen getragen wird.

Die Strafkammer hat den Angeklagten des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 170 Abs. 1 StGB) für schuldig erachtet, weil er in der Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Mai 2008 den von ihm monatlich im voraus in Höhe von 192 € geschuldeten Unterhalt für seine Tochter … nicht geleistet habe, obwohl er nach seinem Einkommen wenigstens zu Teilleistungen in der Lage gewesen sei.

Das Einkommen des Angeklagten hat die Strafkammer nur für die Monate Oktober 2007 bis Februar 2008 konkret festgestellt, nicht hingegen für die Folgemonate des Tatzeitraums. Aus der Angabe im Urteil, der Angeklagte habe in der Zeit vom 24. September 2007 bis zum 31. Mai 2008 insgesamt 7.130,26 € an Nettoeinkünften erzielt, läst sich sein jeweiliges Einkommen in den Monaten März, April und Mai 2008, in denen er seiner Unterhaltspflicht ebenfalls nicht nachgekommen sein soll, nicht eindeutig entnehmen.

Zur Höhe des vom Angeklagten in den Monaten des Tatzeitraums nach Maßgabe seiner Leistungsfähigkeit jeweils konkret geschuldeten Kindesunterhaltes enthält das Urteil keine Angaben. Bei einer Verurteilung wegen Verletzung der Unterhaltspflicht hat der Tatrichter aber zahlenmäßig darzulegen, welche Unterhaltsleistungen der Angeklagte in welchen Zeitabschnitten hätte erbringen können. Für die Feststellung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit reicht die Nennung einzelner Monatseinkommen und / oder die Angabe eines Gesamteinkommens in einem bestimmten Zeitraum nicht aus, vgl. Thüringer Oberlandesgericht in OLGSt StGB § 170 Nr. 2. Fischer, StGB, 56. Aufl. § 170 Rdn 8 m. weiteren Nachweisen.

Das gilt umso mehr, wenn es sich – wie hier – wegen eines den Selbstbehalt, der sich bei einem erwerbstätigen Unterhaltsschuldner nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 1. Januar 2008 auf 900 € beläuft, teilweise nicht weit übersteigenden Einkommens, von dem zudem jedenfalls noch berufsbedingte Aufwendungen abzusetzen sind, keineswegs von selbst versteht, dass bzw. inwieweit eine Unterhaltszahlpflicht bestand.

Im Übrigen erfordert eine am Tatunrecht orientierte Strafzumessung die Feststellung, in welcher Höhe ein der Unterhaltspflichtverletzung verurteilter Angeklagter seine Verpflichtung schuldhaft nicht erfüllte. Die hier von der Strafkammer nur gebrauchte pauschale Angabe, der Angeklagte sei „wenigstens zu Teilleistungen“ in der Lage gewesen, reicht nicht aus. Sie lässt das konkret dem Angeklagten Vorzuwerfende und damit das zu ahndende Tatunrecht in unzulässiger Weise offen.

Auf die Revision des Angeklagten war deshalb das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen.

OLG Oldenburg, Beschluss vom 08.06.2009
1 Ss 91/09

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