Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.12.2007 verkündete Teil-Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Bonn – 40 F 293/07 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige – insbesondere form- und fristgerecht eingelegte – Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Familiengerichts ist der Zugewinn nicht vorzeitig auszugleichen.
Die Klage auf Durchführung des vorzeitigen Zugewinns ist zulässig, auch wenn mittlerweile die Scheidungsklage rechtshängig ist. Ihr fehlt wegen der Regelung in § 1388 BGB insbesondere nicht das Rechtsschutzinteresse ( vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Auflage 2007, § 1386 Rn. 8 ).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf vorzeitigen Zugewinnausgleich gemäß § 1386 Abs. 2 und 3 BGB zu. Die Beklagte hat nicht gegen ihre Verpflichtung, über den Bestand ihres Vermögens zu unterrichten, beharrlich verstoßen. Das eheliche Güterrecht verpflichtet die Ehegatten grds. nur im Rahmen des § 1379 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BGB einander Auskunft über den Bestand des eigenen Vermögens zu geben, somit erst nach Beendigung des Güterstandes bzw. bei Rechtshängigkeit der Scheidungs- oder Eheaufhebungsklage und jeweils nur bezogen auf die jeweiligen Stichtage ( §§ 1384, 1387 BGB). Diese Voraussetzungen lagen bei Klageerhebung nicht vor.
Unabhängig vom Güterstand folgt darüber hinaus eine Verpflichtung der Eheleute zur wechselseitigen Information aus § 1353 BGB ( sog. Unterrichtungsanspruch ). Auch diese Verpflichtung hat die Beklagte nicht verletzt. Vielmehr ist die Beklagte ihrer Informationspflicht gegenüber dem Kläger in ausreichendem Maße nachgekommen, so dass der Senat nicht abschließend zu entscheiden brauchte, ob der Auskunftsanspruch des Klägers nach § 1353 BGB auch noch nach der Trennung der Parteien in dem geforderten Umfang bestand.
Die während des Zusammenlebens der Eheleute existierende Informationspflicht besteht nur im Groben. Die eheliche Lebensgemeinschaft begründet zwar für jeden Ehegatten die Obliegenheit, den jeweils anderen Ehegatten über die Verwendung des Familieneinkommens wenigstens in groben Zügen zu unterrichten. Bei einer Verletzung dieser Obliegenheit gilt die Überlegung, dass Eheleute während ihres Zusammenlebens Ausgaben nicht mit derselben Genauigkeit verbuchen und abrechnen wie Vertragsparteien, die nicht in ehelicher Lebensgemeinschaft verbunden sind ( so BGH FamRZ 2001, 23, 24 ). Für die Zeit nach der Trennung der Parteien und einer weit gehenden wirtschaftlichen Entflechtung der ehelichen Verhältnisse kann die Auskunftspflicht der Eheleute untereinander für Vermögensfragen, die das eigene Vermögen des um Auskunft Ersuchten – hier der Beklagten – betreffen, jedenfalls nicht umfassender ausgestaltet sein.
Die „wirtschaftliche Trennung“ der Parteien erfolgte im Frühjahr 2006. Danach „verfügte“ jeder Ehegatte über sein eigenes Einkommen selbst. Die Beklagte hatte danach keinen Zugriff mehr auf das Vermögen des Klägers. Soweit der Kläger angibt, die Beklagte habe im Frühjahr 2006 das gemeinsame Konto „leer geräumt“ und auf ein eigenes neues Konto überwiesen, begründet dies keinen Auskunftsanspruch aus § 1353 BGB, denn der Kläger weiß insoweit alles über die „Transaktion“.
Im Übrigen hatte die Beklagte – wie sie in ihrer Klageerwiderung vom 07.09.2008 auf Seite 4 (Blatt 13 GA) zutreffend ausführt – dem Kläger auf seine Auskunftsbegehren vom 04./11. und 19.06.2007 ( Blatt 4 – 6 GA ) nach endgültiger Trennung der Parteien zu Beginn 2007 ausreichende Auskunft erteilt. Danach stand fest, dass auf dem „neuen (eigenen) Konto“ der Beklagten kein Vermögen mehr vorhanden war, also jedenfalls das im Frühjahr 2006 „abgeräumte“ Geld, dessen Höhe der Kläger kennt, ausgegeben war, und zwar – so die plausible Einlassung der Beklagten – für Kosten der Lebenshaltung; dies galt nach der Auskunft der Beklagten im Übrigen auch für das sonstige laufende Erwerbseinkommen der Beklagten, welches auf dieses Konto überwiesen wurde. In der konkreten Situation brauchte die Beklagte nicht zusätzlich erklären, ob und in welcher Höhe sie für welche Zwecke evt. Darlehen aufgenommen hatte. Den Belangen des Klägers war zunächst genüge getan, wenn er grob darüber unterrichtet wurde, was mit dem von der Klägerin auf ihr Konto überwiesenen Familienvermögen geschehen war und dass die Beklagte über kein Vermögen mehr verfügte, dass sie vielmehr das Konto überziehen musste. Vom Auskunftsanspruch nicht gedeckt war dann die Frage, ob und in welcher Höhe die Beklagte darüber hinaus – z.B. für Urlaubszwecke – weitere Kredite aufnahm. Denn Inhalt und Umfang der Informationspflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Sie soll den anderen Ehegatten nur in die Lage versetzen, sich ein „ungefähres Bild“ von der Vermögenslage zu machen. Eine detaillierte Auskunft gemäß § 260 BGB kann nicht verlangt werden ( vgl. OLG Hamm FamRZ 2000, 228 – 230 ). Daher reichte ein allgemeiner Hinweis der Beklagten aus, dass einer vermeintlichen Zugewinnausgleichsforderung des Klägers ( hohe ) Verbindlichkeiten ihrerseits entgegenstünden, ohne dass dies weiter zu erläutern gewesen wäre. Ob der Kläger wegen § 1357 Abs. 1 BGB über eingegangene Verbindlichkeiten der Beklagten bei noch bestehender häuslicher Gemeinschaft ( vgl. § 1567 BGB ) umfangreicher zu informieren gewesen wäre, kann wegen der Trennung der Parteien unter Hinweis auf die Regelung in § 1357 Abs. 3 BGB dahinstehen.
Es war Sache des Klägers bei der erhaltenen Auskunft zu entscheiden, ob er Rechte aus §§ 1375, 1386 Abs. 2 Nr. 2 BGB herleiten konnte. Es war und ist nicht Sache der Beklagten, ihm die Tatsachen hierfür zu liefern.
Tatsächlich ging es dem Kläger auch gar nicht um eine Auskunft, um sich einen allgemeinen Überblick über den Vermögensstand der Beklagten zu verschaffen. Vielmehr will der Kläger die Beklagte auch noch nach der endgültigen räumlichen und wirtschaftlichen Trennung im Einzelnen kontrollieren und in Erfahrung bringen, ob die Beklagte in der Zeit nach Auflösung der häuslichen Gemeinschaft Kredite aufgenommen hat, also erforschen, wie sie wirtschaftet. Dieses Auskunftsverlangen dient damit nicht dem Informationszweck im Rahmen ihrer Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft gemäß § 1353 BGB. Vielmehr wollte der Kläger eine (vorzeitige) güterrechtliche Auseinandersetzung mit der Beklagten vorbereiten. Dies zeigt auch sein Hinweis auf den angeblichen Ausspruch der Beklagten, „sie werde sein Anfangsvermögen platt machen“. Hier zeigt sich aber das auf den Zugewinnausgleich hin ausgerichtete Auskunftsziel des Klägers. Allein die Äußerung der Beklagten, sie werde den Ausgleichsanspruch des Klägers vereiteln, reicht für sich aber nicht zur Begründung eines weitergehenden Auskunftsanspruchs. Vielmehr müssen konkrete Tatsachen dargelegt werden, die auf ein illoyales Verhalten der Beklagten gegenüber dem Kläger bezüglich von ihr getätigter Vermögensverfügungen schließen lassen. Ein solcher Vortrag fehlt. Der begründete Verdacht „illoyaler Vermögensverfügungen“ durch die Beklagte kann nämlich nicht darauf gestützt werden, die Beklagte führe nunmehr einen Lebensstil, der deutlich aufwändiger – so die getätigten Urlaubsreisen mit den Kindern – als während des Bestandes der häuslichen Gemeinschaft sei. Eine „Verschleuderung von Vermögenswerten“ kann hierin jedenfalls nicht gesehen werden.
Daher kann der Kläger bei der gegebenen Sachlage seine Feststellungsklage auch nicht auf §§ 1386 Abs. 2 Nr. 2, 1375 BGB stützen. Er kann den Auskunftsanspruch aus §§ 242, 1353 BGB nicht zur Vorbereitung einer Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich missbrauchen und bei Nichtabgabe der ( nicht geschuldeten ) umfassenden Auskunft den Anspruch aus § 1386 Abs. 3 BGB herleiten (zum Verhältnis zwischen Feststellungsklage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich und Auskunftsanspruch vgl. auch OLG Celle FamRZ 1983, 171-172).
Damit ergibt sich, dass die Beklagte einen evt. bestehenden Auskunftsanspruch erfüllt hat und jedenfalls ein weitergehender Anspruch in dem geltend gemachten Umfang nach dem Scheitern der Ehe nicht mehr geschuldet wird, da es nicht um die Verwaltung fremden – des Klägers – Vermögen sondern des eigenen Vermögens geht. So kann der Anspruch aus § 1353 BGB nur solange Bestand haben, wie auch die eheliche Lebensgemeinschaft besteht bzw. deren Wiederaufnahme noch ernstlich erwartet werden kann. Entscheidend ist nämlich, dass die Unterrichtungsansprüche auf die ehelichen Lebensverhältnisse bezogen sind. Sie sind deren Auswirkungen in Gestalt der Rechtspflicht, auch in vermögensrechtlichen Angelegenheiten aufeinander Rücksicht zu nehmen. Blieben sie auch nach dem Scheitern der Ehe bestehen, veränderten sie ihren Zweck: ( vgl. hierzu OLGR Karlsruhe 2002, 424 – 426 = FÜR 2002, 312 – 313; soweit der BGH-FamRZ 2005, 689 – Die Sach- und Rechtslage wird erörtert. Urteil des OLG Karlsruhe aufgehoben hat, erfolgte dies nicht, weil er dem Urteil in der Frage eines Unterrichtungsanspruchs nach § 1353 BGB nach dem Scheitern der Ehe nicht gefolgt ist; diese Frage hat er vielmehr dahinstehen lassen). Statt der Lebensgemeinschaft der Ehegatten dienten sie nunmehr der Kontrolle der vermögensmäßigen Aktivitäten des anderen Ehegatten mit dem Ziel eines Ersatzanspruchs gegen diesen, etwa nach §§ 823 ff. BGB. Dies rechtfertigt aber keine weiter gehende – aus § 242 BGB herzuleitende – Pflicht zur Unterrichtung ( vgl. BGH FamRZ 2001, 23, 24 ).
Eine intakte eheliche Lebensgemeinschaft gab es aber nach der Schilderung beider Parteien über den Zustand ihrer Beziehung schon im Juni 2007 nicht mehr. Zwischenzeitlich ist auch Scheidungsklage erhoben, was die Überzeugung des Senats zum Scheitern der Ehe bereits im Juni 2007 nur bekräftigt. Nach der Trennung der Parteien waren die geltend gemachten Unterrichtungsansprüche nicht mehr auf die ehelichen Lebensverhältnisse bezogen. Der Kläger hatte nicht die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft im Auge, sondern gerade das Gegenteil, nämlich die endgültige auch wirtschaftliche Auseinandersetzung.
Bestand aber im Juni 2007 nur noch ein allenfalls eingeschränkter Unterrichtungsanspruch des Klägers, so kam die Beklagte mit ihrer Auskunftserteilung im Juni 2007 ihrer Verpflichtung nach. Der Anspruch des Klägers wurde erfüllt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist begründet nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Streitwert: 10.000,00 € (geschätzter 25 %-Wert des Zugewinnausgleichsanspruchs nach Klägervorstellung )
OLG Köln, Urteil vom 01.07.2008
4 UF 8/08
AG Bonn, Teilurteil vom 18.12.2007
40 F 293/07