Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Ahaus vom 10.05.2006 (10 F 76/04) aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung im Verbund mit den noch anhängigen Folgesachen sowie über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Amtsgericht – Familiengericht – Ahaus zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.467,00 € festgesetzt.
Gründe:
Mit Antragsschrift vom 09.02.2004 leitete der Antragsteller das vorliegende Scheidungsverfahren ein. Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 20.03.2004 zugestellt. Die Antragsgegnerin kündigte zunächst am 24.03.2004 ihre Zustimmung zum Scheidungsantrag an und beantragte dann am 11.05.2004 ebenfalls die Scheidung. Diesen Antrag hat sie in der letzten mündlichen Verhandlung nicht gestellt.
Nachdem die letzte Auskunft in der Folgesache Versorgungsausgleich eingegangen war, wurde Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 16.03.2005 anberaumt. Mit Schriftsatz vom 01.03.2005 beantragte die Antragsgegnerin Terminsaufhebung, da eine außergerichtliche Vereinbarung zum nachehelichen Ehegattenunterhalt sowie zum Zugewinnausgleich angestrebt werde. Der dann auf den 08.06.2005 anberaumte Termin wurde wegen des Auskunftsantrags der Antragsgegnerin in der neu als Stufenklage anhangig gemachten Folgesache (Kindes- und) nachehelicher Ehegattenunterhalt vom 12.05.2005 aufgehoben. Mit Schriftsatz vom 24.10.2005 machte die Antragsgegnerin die Folgesache elterliche Sorge anhangig. Der auf den 30.11.2005 anberaumte Termin wurde wegen der neu als Stufenklage anhangig gemachten Folgesache Zugewinnausgleich sowie dem hilfsweise gestellten Leistungsantrag in der Folgesache nachehelicher Unterhalt vom 28.11.2005 und dem hilfsweise gestellten Antrag auf eidesstattliche Versicherung in der Folgesache nachehelicher Unterhalt aufgehoben. Mit Schriftsatz vom 10.03.2006 beantragte die Antragsgegnerin, erneut Auskunftserteilung in der Folgesache (Kindes- und) nachehelicher Ehegattenunterhalt. Mit Schriftsatz vom 26.04.2006 beantragte die Antragsgegnerin, in der Folgesache Hausrat festzustellen, dass der Hausrat zwischen den Parteien endgültig aufgeteilt worden ist und wechselseitig Hausratsteilungsansprüche nicht mehr bestehen.
Im Termin am 26.04.2006 wurde über die Ehesache und alle Folgesachen verhandelt.
Der Antragsteller hat u.a. beantragt,
die Folgesachen nachehelicher Ehegattenunterhalt und Zugewinnausgleich abzutrennen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Abtrennungsantrag zurückzuweisen.
Durch Urteil vom 10.05.2006 hat das Amtsgericht — Familiengericht— Ahaus die Ehe der Parteien geschieden, der Antragsgegnerin die elterliche Sorge für das gemeinsame Kind der Parteien übertragen, den Versorgungsausgleich geregelt und die Verfahren betreffend den nachehelichen Ehegattenunterhalt und Zugewinnausgleich abgetrennt.
Zur Begründung der Abtrennung der Folgesachen nachehelicher Ehegattenunterhalt und Zugewinnausgleich hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die gleichzeitige Entscheidung über diese Folgesachen den Scheidungsausspruch außergewöhnlich verzögern würde und der Aufschub auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesachen eine unzumutbare Härte für den Antragsteller darstelle Die Voraussetzungen des § 628 Abs. 1 Nr. 4 ZPO seien erfüllt. Das Verfahren sei bereits über zwei Jahre rechtshängig Die im einzelnen näher dargelegte Prozessführung der Antragsgegnerin führe zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Scheidungsbegehrens des Antragstellers. Wenn es der Antragsgegnerin wirklich um die Klärung der Folge-sachen gehe, habe sie inzwischen lange und ausreichend Zeit gehabt, die jeweils unverzüglich erteilten Auskünfte zu prüfen und ggf. sachdienliche Anträge zu stellen. Der Antragsteller habe derzeit keine Möglichkeit, das Scheidungsverfahren weiter zu betreiben, weil die Antragsgegnerin die von ihr betriebenen Stufenklagen nicht weiter durch konkrete Anträge betreibe. In den neuen Anträgen sehe das Gericht eine reine Verzögerungstaktik, die der Antragsteller nach einer mehr als zweijahrigen Verfahrensdauer nicht länger hinnehmen müsse.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Antragsgegnerin in erster Linie gegen die Abtrennung der Folgesachen und erstrebt eine Aufhebung und Zurückverweisung. Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die Abtrennung der Folgesachen sei zu Unrecht vorgenommen worden. Die zu erwartende Verzögerung des Scheidungsausspruchs durch eine Entscheidung über Folgesachen müsse außergewöhnlich sein. Voraussetzung hierfür sei eine Verfahrensdauer, die erheblich über das Maß hinausgehe, welches das ohnehin zeitaufwändigere Verbundverfahren auch in anderen Folgesachen im Allgemeinen in Anspruch nehme. Die in der Praxis angenommene durchschnittliche Dauer eines Verbundverfahrens von zwei Jahren stelle nur einen Richtwert dar. Es bedürfe aber der Überprüfung nach der allgemeinen Situation bei dem zuständigen Familiengericht und der Lage des konkreten Falles. Eine außergewöhnliche Verzögerung sei nicht allein schon deshalb anzunehmen, weil das Verfahren bereits zwei Jahre laufe. Es sei ohne Bedeutung für das Tatbestandsmerkmal der Verfahrensverzögerung, ob die maßgebenden Gründe durch den Verfahrensablauf bedingt einem oder beiden Ehegatten anzulasten seien. Dies spiele bei der Frage eine Rolle, ob die Verzögerung eine unzumutbare Härte darstelle. Vorliegend sei schon keine außergewöhnliche Verzögerung des Verfahrens anzunehmen. Hier sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller mehrfach Fristverlängerungen beantragt habe und in seinem Vortrag „gemauert“ habe. Der Richtwert von zwei Jahren sei gerade erreicht. Es fehle jedoch an der Überprüfung nach der allgemeinen Situation bei dem zuständigen Familiengericht und der Lage des konkreten Falles. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass hier keine zeitaufwändige Beweisaufnahme in Rede stehe und auch keine besonders komplizierte Rechtslage vorliege. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, aus welchem Grund die Antragsgegnerin „reine Verzögerungstaktik“ betreiben solle. Ein besonders hoher Titel über Trennungsunterhalt, der möglichst lange zu erhalten sei, weil anschließend eine Verschlechterung anstehe, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Durch die Scheidung werde sich im Hinblick auf den Umstand, dass die Antragsgegnerin ein erst 6jähriges Kind betreue, nichts ändern. Im Gegenteil begehre die Antragsgegnerin ja durch die Folgesachen Zahlung von nachehelichem Unterhalt und Zugewinn, eine Verzögerung sei deshalb gar nicht in ihrem Interesse.
Zudem müsse der Aufschub der Scheidung zu einer für den Antragsteller unzumutbaren Härte führen. Die außergewöhnliche Verzögerung der Scheidung allein reiche schon nach dem Gesetzeswortlaut nicht aus. Insofern sei eine Abwägung des Interesses des Antragstellers an einer frühen Scheidung und des Interesses der Antragsgegnerin an einer gleichzeitigen Regelung der abzutrennenden Folgesache erforderlich. Je wichtiger die Folgeregelung für die Antragsgegnerin sei, desto gravierender müssten die Umstände sein, die für den Antragsteller sprächen. Der Aufschub der Scheidung bedeute für den Antragsteller auch keine unzumutbare Härte. Die Antragsgegnerin sei nicht erwerbstätig und betreue das gemeinsame 6jährige Kind. Eine Regelung zum nachehelichen Unterhalt und zum Zugewinnausgleich sei für sie deshalb sehr wichtig. Das Familiengericht habe übersehen, dass der Antragsteller „gemauert“ habe; er habe immer erst nach vorangegangenem Vortrag der Antragsgegnerin seinen Vortrag nachgebessert. Die Situation bei den Aktien und dem Bausparvertrag sei unklar geblieben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
das amtsgerichtliche Urteil vom 10.05.2006 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen und die Gerichtskosten niederzuschlagen.
Sie regt an, das Verfahren an eine andere Abteilung des Familiengerichts zu verweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Ahaus vom 10.05.2006 kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der Antragsteller ist der Ansicht, das Amtsgericht habe zutreffend die Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich abgetrennt. Das Verfahren sei zum Zeitpunkt der Entscheidung seit über zwei Jahren rechtshängig gewesen. Die Antragsgegnerin habe lange und ausreichend Zeit gehabt, die vom Antragsteller ordnungsgemäß und vollständig erteilten Auskünfte zu prüfen und hiernach sachdienliche Anträge zu stellen. Die Antragsgegnerin habe jedoch immer nur neue, allein der Verzögerung dienende Anträge gestellt. Alle aufgetretenen Verzögerungen seien allein und ausschließlich auf das Verhalten der Antragsgegnerin zurückzuführen. Ohne die berechtigte und begründete Abtrennung wäre es zu weiterer außergewöhnlicher Verzögerung zum Nachteil des Antragstellers gekommen, die gleichermaßen eine unzumutbare Härte für diesen dargestellt hätte.
Die Behauptung der Antragsgegnerin, eine Regelung zum nachehelichen Unterhalt und zum Zugewinnausgleich sei für sie sehr wichtig, verlange nicht. Der Trennungsunterhalt sei durch notarielle Urkunde in Höhe von 2.349,12 DM (= 1.201,09 €) tituliert. Er sei in all den Jahren pünktlich und regelmäßig gezahlt worden. Auch der nacheheliche Unterhalt sei — sogar mit einem höheren Betrag — tituliert. Der Kindesunterhalt sei durch Jugendamtsurkunde tituliert, er stand und stehe außer Streit. Es sei allein und ausschließlich um nachehelichen Ehegattenunterhalt gegangen.
II.
Die Berufung ist zulässig.
Die Antragsgegnerin ist beschwert. Durch eine Ehescheidung vor einer Folgesachenentscheidung werden beide Ehegatten beschwert; denn beide haben Anspruch darauf nur geschieden zu werden, wenn gleichzeitig über die Folgesachen entschieden wird (BGH, FamRZ 1979, S. 690; BGH, FamRZ 1986, S. 898 (899); Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 628 Rz. 16).
Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Berufung hauptsächlich dagegen, dass das Amtsgericht die Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich gern. § 628 S. 1 Nr. 4 ZPO abgetrennt und vorab über den Scheidungsantrag und die Folgesachen Versorgungsausgleich und elterliche Sorge entschieden hat, und beantragt lediglich das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuweisen. Zwar wird gewöhnlich im Zivilprozess eine Berufung als unzulässig angesehen, wenn der Berufungsführer ausschließlich beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen. Dies deshalb, weil der Berufungsantrag im allgemeinen ein Sachantrag sein muss, aus dem sich ergibt, welche Änderungen des angefochtenen Urteils in materiell-rechtlicher Hinsicht erstrebt werden. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn in einer Ehescheidungssache ein Verstoß gegen die im prozessualen Familienrecht geltenden Verbundvorschriften gerügt wird, da für die Partei, die eine Verbundregelung erstrebt, eine Beeinträchtigung ihrer Rechtsstellung schon darin liegt, dass ihre Ehe ohne gleichzeitige Entscheidung über die Folgesachen geschieden worden ist. Die Beseitigung dieser Beschwer kann durch den Prozessantrag auf Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache geschehen. (vgl. OLG Zweibrücken, FamRZ 1998, S. 1525). Richtet sich die Berufung dagegen, dass die Ehe unter Verstoß gegen § 628 ZPO vor der Entscheidung über eine Folgesache geschieden worden ist, so muss der Scheidungsausspruch angefochten werden. Dies kann ein Ehegatte auch tun, wenn er sich nicht gegen die Scheidung als solche wehren, sondern nur erreichen will, dass gleichzeitig mit dieser die Folgesachen geregelt werden (BGH, FamRZ 1996, S. 1333; Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 629a Rz. 3 a).
Die Berufung ist auch begründet.
Zur Überzeugung des Senats liegen im vorliegenden Verfahren die Abtrennungsvoraussetzungen des § 628 S. 1 Nr. 4 ZPO nicht vor.
Gem. § 628 S. 1 Nr. 4 ZPO kann das Gericht dem Scheidungsantrag vor der Entscheidung über eine Folgesache stattgeben, soweit die gleichzeitige Entscheidung über die Folgesache den Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, dass der Aufschub auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde.
Zwar wird man bei dem seit dem 20.03.2004 rechtshängigen Scheidungsverfahren von einer außergewöhnlichen Verzögerung auszugehen haben. Außergewöhnlich ist eine Verzögerung nur, wenn die normale Dauer eines Verbundverfahrens gleicher Art bei dem zuständigen Familiengericht überschritten wird. Als Richtpunkt für die gewöhnliche Dauer sind zwei Jahre anzunehmen. Dauert das Verfahren länger als zwei Jahre, so ist dies außergewöhnlich (BGH, FamRZ 1986, S. 898 (899); OLG Hamm, FamRZ 1992, S. 1086 (1987); OLG Dresden, FamRZ 1998, S. 1527 (1528); OLG Zweibrücken, FamRZ 2002, S. 334 (335); Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 628 Rz. 5). Die Dauer zählt von der Rechtshängigkeit an (Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 628 Rz. 5a m.w.N..).
Jedoch ist, auch wenn das Verfahren schon länger als zwei Jahre dauert, die Ehe nicht vorab zu scheiden, wenn über die Folgesache demnächst entschieden werden kann (Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 628 Rz. 5a; OLG Stuttgart, FamRZ 1992, S. 320 (321)). Unerheblich ist es, aus welchen Gründen eine Verzögerung des Verfahrensabschlusses eintritt, also ob sie auf dem verzögerlichen Verhalten einer Partei beruht (was aber bei der Prüfung der unzumutbaren Härte von Bedeutung sein kann) oder in der Sphäre des Gerichts liegt.
Der Aufschub der Ehescheidung muss daneben auch noch eine unzumutbare Härte darstellen. Die außergewöhnliche Verzögerung bedeutet — für sich allein gesehen — keine solche Härte (OLG Köln, FamRZ 1997, S. 1487; OLG Zweibrücken, FamRZ 1998, S. 1525 (1526); OLG Dresden, FamRZ 1998, S. 1526 (1527); Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl. § 628 Rz 6), sonst wäre der letzte Halbsatz des § 628 S. 1 Nr. 4 überflüssig (OLG Hamm, FamRZ 1979, S. 163; OLG Schleswig, FamRZ 1989, S. 1106, Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl. § 628 Rz 6). Unzumutbar ist die Härte nur, wenn das Interesse des Antragstellers an einer alsbaldigen Scheidung vorrangig vor dem Interesse ist, das der andere Ehegatte daran hat, dass gleichzeitig mit der Scheidung über die Folgesache entschieden wird (OLG Hamm, FamRZ 1979, S. 163; OLG Köln, FamRZ 1997, S. 1487; OLG Zweibrücken, FamRZ 1998, S. 1525 (1526); Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 628 Rz. 6) Schon aus dem Begriff der unzumutbaren Härte folgt, dass strenge Maßstäbe für die ausnahmsweise Auflösung des Verfahrens- und Entscheidungsverbundes angelegt werden müssen (OLG Köln, FamRZ 1997, S. 1487; OLG Bamberg, FamRZ 1988, S. 531).
Zugunsten des Ehegatten, der die Scheidung begehrt, ist dessen Wunsch zu berücksichtigen, alsbald wieder zu heiraten, wenn dadurch ein Kind, das die Ehefrau oder die Geliebte des Ehemannes erwartet, ehelich geboren wird (BGH, FamRZ 1986, S. 898 (899); OLG Schleswig, MDR 2004, S. 514; Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 628 Rz. 7 m.w.N.). Wird kein Kind aus der neuen Verbindung erwartet, so ist die durch das Scheidungsverfahren verzögerte Möglichkeit, wieder zu heiraten, keine unzumutbare Härte (Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 628 Rz. 7). Ist die Lebenserwartung des Ehegatten, der nach der Scheidung wieder heiraten will, durch hohes Alter oder schlechten Gesundheitszustand begrenzt, so kann ein Aufschub der Scheidung unzumutbar hart sein (OLG Hamm, FamRZ 1980, S. 373; Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 628 Rz. 7 m.w.N.)
Unzumutbar hart kann es auch sein, wenn die Wiederheirat eines Ehegatten vorübergehend dadurch vereitelt wird, dass der Gegner Folgesachen verzögerlich behandelt (OLG Schleswig, MDR 2004, S. 514; Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 628 Rz. 7), z.B. dass er ohne berechtigten Anlass Folgesachen später als nötig anhängig macht (OLG Karlsruhe, FamRZ 1979, S. 725; OLG Karlsruhe, FamRZ 1979, S. 947; OLG Frankfurt, NJW-RR 1988, S. 774). Muss ein Ehegatte, wenn die Ehe vorab nicht geschieden wird, für die Trennungszeit erheblich mehr Unterhalt zahlen als nach der Scheidung, so ist dies allein nicht unzumutbar hart. Eine verzögerliche Behandlung der Folgesachen kann aber dann zu einer solchen Härte führen, wenn der Gegner aufgrund Vergleichs mehr Unterhalt vom Antragsteller erhält, als ihm kraft Gesetzes zustände, und wenn er die Folgesache verzögert, um möglichst lange die mit der Scheidung wegfallende Unterhaltsrente zu beziehen. (Zäller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 628 Rz. 7 m.w.N.)
Zugunsten des der Abtrennung einer Folgsache widersprechenden Ehegatten ist insbesondere deren wirtschaftliche Bedeutung für diesen Ehegatten zu berücksichtigen. Dies folgt aus Sinn und Zweck des Verbundes, der dem wirtschaftlich schwächeren Ehegatten die Klärung der unterhaltsrechtlichen und vermögensrechtlichen Folgen ermöglichen soll (Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 628 Rz. 9). Je wichtiger die Folgesache für die aktuelle Lebenssituation des widersprechenden Ehegatten ist, desto strenger sind die Voraussetzungen für ihre Abtrennung (OLG Hamm, FamRZ 1992, S. 1086 (1087); OLG Zweibrücken, FamRZ 1998, S. 1525 (1526); OLG Brandenburg, FamRZ 1996, S. 751). Wirkt sich die Regelung der Folgesache nicht auf diese Lebenssituation aus, wie z.B. der Zugewinnausgleich bei Ehegatten mit ausreichendem Einkommen (BGH, FamRZ 1986, S. 898 (899); OLG Zweibrücken, FamRZ 1998, S. 1525 (1526)) oder der Versorgungsausgleich bei erwerbsfähigen Ehegatten, so kann die Ehe eher vorab geschieden werden als in den Fällen, in denen die Unterhaltsfrage ungeregelt bleibt (OLG Brandenburg, FamRZ 1996, S. 751; OLG Zweibrücken, FamRZ 1998, S. 1525 (1526); OLG Schleswig, MDR 2004, S. 514; Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 628 Rz. 8). Die Entscheidung über den nachehelichen Unterhalt sollte nur ausnahmsweise abgetrennt werden (BGH, FamRZ 1986, S. 898 (899)), nämlich dann, wenn der Unterhalt keine existentielle Bedeutung für den Berechtigten hat. (Baumbach/Lauterbach-Albers, ZPO, 63. Aufl., § 628 Rz. 6) Dem Verbundgedanken entspricht es, das Interesse des Ehegatten an wirtschaftlicher Sicherung hoch zu bewerten (OLG Saarbrücken, FamRZ 1980, S. 282; OLG Düsseldorf, FamRZ 1985, S. 412).
Eine unzumutbare Härte im Sinne des § 628 S. 1 Nr. 4 ZPO liegt nach Auffassung des Senats hier nicht vor.
Konkrete Gründe, warum er alsbald geschieden werden will, hat der Antragsteller nicht vorgebracht. Insbesondere ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Antragsteller eine neue Beziehung eingegangen ist und wieder neu heiraten will/nochmals Vater wird. Auch in finanzieller Hinsicht sprechen keine Gründe für die von dem Antragsteller begehrte vorzeitige Scheidung. Bei der nicht erwerbstätigen Antragsgegnerin ist ein Interesse an der Klärung der vermögensrechtlichen Fragen im Rahmen des Scheidungsverbunds jedoch grundsätzlich — trotz Anerkenntnis des Antragstellers hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts in Höhe von 1.310,00 € monatlich – zu bejahen.
Es ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen, dass die Antragsgegnerin immer wieder kurz vor einem durch das Amtsgericht anberaumten Termin neue Anträge gestellt und Folgesachen – teilweise erst nach einjähriger (Sorge, Unterhalt), einemhalbjähriger (Zugewinn) und zweijähriger (Hausrat) Verfahrensdauer – anhängig gemacht hat. Insofern liegt der Schluss auf eine gewisse Verzögerungstaktik auf Seiten der Antragsgegnerin nahe.
Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Vorschrift führt dies — ohne Hinzutreten weiterer Gründe für eine vorzeitige Ehescheidung auf Seiten des Antragstellers – jedoch nicht zur Annahme einer unbilligen Härte.
Da die Voraussetzungen des § 628 S. 1 Nr. 4 ZPO nicht erfüllt waren, leidet das Urteil an einem wesentlichen Verfahrensmangel. Es war von daher aufzuheben und die Sache nach den §§ 538 Abs. 2 Nr. 7, 562, 563 Abs. 1 ZPO an die Vorinstanz zur Wiederherstellung des Verbundverfahrens mit den abgetrennten Folgesachen zurückzuverweisen (vgl. BGH, FamRZ 1979, S. 690; OLG Koblenz, NJW-RR 1991, S. 5 (6); OLG Zweibrücken, FamRZ 1988, S. 1525; Zöller-Philippi, ZPO 25. Aufl., § 628 Rz. 14).
Eine Zurückverweisung an eine andere Familienabteilung des Amtsgerichts kam nicht in Betracht, da eine dem § 563 Abs. 1 S. 2 ZPO entsprechende Regelung für das Berufungsverfahren nicht in § 538 Abs. 2 ZPO aufgenommen worden ist.
Das Amtsgericht hat auch über die Kosten des Berufungsrechtszuges zu entscheiden. Gem. § 704 Abs. 2 ZPO ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Die Entscheidung über die Nichterhebung von Gerichtskosten für das Berufungsverfahren folgt aus § 21 Abs. 1 S. 1 GKG.
Der Senat weist darauf hin, dass das Amtsgericht im Rahmen des nach Aufhebung und Zurückverweisung nochmals zu entscheidenden Versorgungsausgleichs auch die Betriebsrente des Antragstellers, deren Unverfallbarkeit zum 01.01.2006 eingetreten ist (vgl. Auskunft vom 08.09.2004), zu ermitteln und in den Versorgungsausgleich mit einzubeziehen haben wird.
OLG Hamm, Urteil vom 01.12.2006
12 UF 168/06