- Die Berufung der Klägerin zu 1) gegen das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Hohenstein-Ernstthal vom 29.04.2009, Az.: 1 F 365/08, wird zurückgewiesen.
- Der Kläger zu 2) wird des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt.
- Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger von den Gerichtskosten je die Hälfte. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Klägerin zu 1) 35%, der Kläger zu 2) 65%. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Kläger selbst.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Das Berufungsverfahren ist bis zum 12.08.2009 wert 3.166,00 EUR, seither nur noch 780,00 EUR.
Gründe
I.
Von Ausführungen zu den tatsächlichen Feststellungen sieht der Senat gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 26 Nr. 9 EGZPO ab.
II.
Der Kläger zu 2) hat vor Begründung seiner Berufung diese zurückgenommen. Er ist deshalb des Rechtsmittels der Berufung verlustig gegangen, § 516 Abs. 3 ZPO.
Die zulässige Berufung der Mutter (Klägerin zu 1)) ist unbegründet.
Das Familiengericht hat den Vater (Beklagten) zur Zahlung von Mindestunterhalt verurteilt. Diese Verurteilung ist rechtskräftig. Mehr als den Mindestunterhalt kann die Mutter vom Vater nicht beanspruchen.
Die Mutter ist, soweit sie mehr als den vom Familiengericht zugesprochenen Mindestunterhalt begehrt, im vollen Umfang darlegungs- und beweisbelastet für den Bedarf von E…, § 1602 BGB. Der Bedarf richtet sich bei der hier in Rede stehenden Barunterhaltspflicht für ein minderjähriges Kind nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Vaters.
Das gegenwärtige Nettoeinkommen des Vaters beträgt 1.278,00 EUR. Dies hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 25.08.2009 in dieser Sache ausgeführt. Abziehen hiervon kann der Vater monatliche Raten für einen Konsumentenkredit in Höhe von 185,00 EUR. Die Abzahlung dieser Verpflichtung
hat er mit der Trennungsvereinbarung übernommen.
Die Mutter meint, der Vater könne statt der 185,00 EUR nur einen Betrag von 50,00 EUR ansetzen. Zur Begründung nimmt sie Bezug auf den Senatsbeschluss vom 09.10.2009, mit dem der Senat den Prozesskostenhilfeantrag der Mutter zurückgewiesen hat.
Die Mutter dringt mit ihrer Rechtsauffassung nicht durch.
Sie übersieht, dass der Senat in jenem Beschluss die Frage zu prüfen hatte, ob der Vater den Mindestunterhalt zu zahlen habe. Insoweit – aber nur insoweit – unterliegt der Beklagte einer gesteigerten Leistungsverpflichtung, § 1603 BGB. Im Übrigen – also soweit der Mindestunterhalt nicht in Rede steht – gilt, dass minderjährige Kinder ihre Lebensstellung von den Eltern ableiten. Deshalb sind auch Schulden, beispielsweise aus Konsumentenkrediten, die bereits die ehelichen Lebensverhältnisse der Eltern bis zur Trennung geprägt haben, in der Regel berücksichtigungswürdig (vgl. nur den Senatsbeschluss vom 25.08.2009). Daraus folgt, dass hier der volle Betrag abzuziehen ist.
Es kann dahinstehen, ob der Vater neben der Ratenzahlung auch monatliche Beiträge zur Riester-Rente tatsächlich entrichtet. Denn auch bei einem anrechenbaren Einkommen von 1.093,00 EUR (1.278,00 EUR – 185,00 EUR) scheidet eine Höherstufung und damit eine Verpflichtung zur Zahlung höheren Unterhalts aus.
Die Rechtsprechung zur Höherstufung hat sich entwickelt zu den bis Ende 2007 geltenden Stufungen im Erwerbseinkommen (Stufen in 200,00 EUR-Schritten). Das bereinigte Einkommen des Vaters ist derart gering, dass gemessen hieran selbst bei einer Höherstufung um zwei Stufen, also um 400,00 EUR (alt), das Einkommen noch immer in der ersten Gruppe, also unter 1.500,00 EUR, liegen würde.
Auf den zusätzlich gegen eine Höherstufung sprechenden Umstand kommt es nicht mehr an, dass nämlich der Vater im September/Oktober 2009 an einer Fortbildung teilgenommen hat, die ihn wie ein Erwerbstätiger belastet hat und er auf Grundlage des entsprechenden Selbstbehaltssatzes (900,00 EUR statt 770,00 EUR, str.) nur einen Teil des Mindestunterhaltes hätte aufbringen müssen.
Will die Mutter eine höhere Unterhaltszahlung erreichen, muss sie daher – anders als beim Mindestunterhalt – darlegen und beweisen, dass der Vater gegen seine (normale) unterhaltsrechtliche Obliegenheit verstoßen hat, seine Arbeitsfähigkeit so gut wie möglich einzusetzen. Denn nur so könnte fiktiv ein höheres Einkommen anzusetzen sein. Stichhaltiges Vorbringen hierzu fehlt.
Die Mutter meint zunächst, der Vater habe seinen sicheren Arbeitsplatz bei der Gebäudeverwaltung in L…………….. nicht aufgeben dürfen. Der Senat folgt dem nicht und hat dies im Einzelnen im Beschluss vom 09.10.2009 ausgeführt. Die Berufungserwiderung gibt keinen Anlass, hiervon abzuweichen. Die Mutter verkennt die ihr obliegende Darlegungs- und Beweislast. Der Vater muss nicht mehr vorbringen, als er getan hat. Es gibt keine unterhaltsrechtliche Pflicht, wonach ein Arbeitsverhältnis nur aufgegeben werden dürfte, wenn ein neues Arbeitsverhältnis eine berufliche „Weiterentwicklung“ ermöglicht. Der Vater muss hierfür nichts darlegen und beweisen. Zwar ist richtig, dass mit dem Eingehen eines neuen, üblicherweise auf Probe vereinbarten Arbeitsverhältnisses auch das Risiko des Scheiterns verbunden ist. Das ist dem Vater unterhaltsrechtlich aber nicht vorwerfbar, sondern grundsätzlich Teil des allgemeinen Lebensrisikos. Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 09.10.2009 dargelegt, dass weder vorgetragen noch ersichtlich sei, dass die neue Tätigkeit als kaufmännischer Leiter – so der Vater – branchenfremd gewesen wäre oder der Vater dem Anforderungsprofil von vornherein nicht entsprochen hätte. Darüber hinaus war die neue Stelle besser vergütet.
Aus den selben Erwägungen gibt es keinen stichhaltigen Anhalt, dem Vater die Beendigung seines Probearbeitsverhältnisses bei der Firma L……… in G………. vorzuwerfen. Der Vater hat seine Eigenkündigung damit begründet, dass er auch auf Nachfragen vom dortigen Geschäftsführer keine Zusage bekommen habe, ob sein Arbeitsverhältnis nachhaltig Bestand haben werde. Darüber hinaus war seine dortige Tätigkeit branchenfremd und mit erheblichen Fahrtkosten verbunden. Ein Umzug – zur Verringerung der Fahrtkosten – war nicht von ihm zu erwarten, da hier kein Mindestunterhalt in Rede steht und weil zudem die Dauer des Arbeitsverhältnisses zweifelhaft war. Das neue Arbeitsverhältnis in C……. bei der ……….. ……………….. schloss sich im Übrigen zeitlich unmittelbar an.
Der Arbeitsinhalt war dem Vater vertraut. Unter Berücksichtigung der ersparten Fahrtkosten war sein Nettoeinkommen in etwa dasselbe.
All diese Gesichtspunkte lassen das Verhalten des Vaters nicht als grob pflichtwidrig im Hinblick auf seine Unterhaltsverpflichtung erscheinen. Die darlegungs- und beweisbelastete Mutter zeigt nichts auf, womit dieses Vorbringen des Vaters widerlegt werden könnte.
Auf die sonstigen Erwerbsbemühungen des Vaters kommt es nicht an. Denn es steht – wie bereits mehrfach erwähnt – nicht der Mindestunterhalt in Rede. Die minderjährigen Kinder leiten ihre Lebensstellung von den Eltern ab. Abgesehen davon hat der Vater nachvollziehbar und glaubhaft in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass es für eine Tätigkeit als Buchhalter einer Fortbildung auf Basis von SAP-Softwareprogrammen bedarf. Dieser unterzieht er sich gerade.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 100 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 9 EGZPO.
Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.
OLG Dresden, Urteil vom 06.11.2009
Az.: 24 UF 0334/09
AG Hohenstein-Ernstthal, Urteil vom 29.04.2009
1 F 365/08 AG