- Erklärt der im Rahmen des „Vereinfachten Verfahrens“ in Anspruch genommene Elternteil ausdrücklich, ´Unterhalt nicht entrichten´ zu können, steht einer Zulässigkeit der Einwendung ´G´ (Einwand fehlender Leistungsfähigkeit) im Vordruck ´Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt´ nicht entgegen, daß im dritten Abschnitt des Vordruckes nicht ausdrücklich eingetragen ist, zur Leistung von Unterhalt in Höhe von ´0 €´ bereit zu sein.
- Die Einwendung ´G´ (Einwand fehlender Leistungsfähigkeit) im Vordruck ´Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt´ ist dagegen unzulässig, wenn der in Anspruch genommene Elternteil den zweiten Abschnitt des Vordruckes über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vollständig oder offenkundig unzutreffend ausfüllt und nicht die jeweils im Vordruck ausdrücklich geforderten Unterlagen beifügt.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Hannover vom 12. September 2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: 3.325 €.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner ist der Vater des am ….. 2006 geborenen L. S., der im Haushalt seiner Mutter lebt und während des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes seit 1. Juli 2010 vom antragstellenden Land (im Weiteren: der Antragsteller) Leistungen nach dem UVG erhält.
Am 22. Juli 2011 hat der Antragsteller aus übergegangenem bzw. übergehendem Recht Antrag auf Festsetzung des Unterhaltes für L. S. in Höhe von jeweils 100% des Mindestunterhaltes abzüglich des vollen Kindergeldes für ein zweites Kind für die Zeit ab 1. Juli 2010 gestellt.
Der Antragsgegner ist nach am 5. August 2011 erfolgter Zustellung des Antrages an ihn am 17. August 2011 dem Antrag entgegengetreten. Dazu hat er einen Vordruck ´Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt´ eingereicht verbunden mit einem Anschreiben, in dem es u.a. heißt ´Somit ist es mir zurzeit nicht möglich Unterhalt zu entrichten´. Beigefügt war eine Ablichtung der ersten Seite eines – ausdrücklich: vorläufigen – Bescheides über die ´Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts´ vom 28. April 2011 (betreffend den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. November 2011). In dem Vordruck waren außer der Angabe des Aktenzeichens sowie eines Datums und der Unterschrift lediglich angekreuzt die Einwände ´A´ (´Das vereinfachte Verfahren ist nicht zulässig´) und ´G´ (´Ich kann den verlangten Unterhalt … nicht oder nicht in voller Höhe zahlen´). im zweiten und dritten Abschnitt befanden sich keinerlei Angaben.
Mit Individualanschreiben vom 23. August 2011 hat die Rechtspflegerin – nach Fertigung einer Ablichtung für die Akten – den Einwendungsbogen dem Antragsgegner unter zweiwöchiger Fristsetzung zurückgesandt. Sie hat ihn ausdrücklich u.a. darauf hingewiesen, daß der Einwand fehlender Leistungsfähigkeit nur zulässig sei, wenn im dritten Abschnitt ein Betrag für die Höhe der Bereitschaft zur Zahlung von Unterhalt – der ggf. auch ´0´ lauten könne – angegeben sei und der zweite Abschnitt vollständig ausgefüllt werde. zudem seien etwaige Einwände gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens näher zu begründen.
Der Antragsgegner hat daraufhin den Einwendungsbogen weiter dahin ausgefüllt, daß er zusätzlich als Einwand ´H´ angegeben hat, aufgrund seines – dem Antragsteller bekannten – ALG IIBezuges nicht zur Leistung der Verfahrenskosten bereit zu sein. Im zweiten Abschnitt hat er zu seinen Einkommensverhältnissen angekreuzt, Einnahmen gemäß der Alternative 2 (aus selbständiger Arbeit pp.) zu haben, dazu aber nur die DetailFrage 1. (´Einnahmen´) ohne die vorgesehene Angabe des maßgeblichen Zeitraumes mit ´0 €´ beantwortet, sowie sämtliche weiteren Einkunftsarten einschließlich der Alternative 6 (´andere Einnahmen´ – zu der es im Vordruck ausdrücklich heißt ´z.B. … Arbeitslosengeld II …´) ausdrücklich verneint. Im dritten Abschnitt des Einwendungsbogens hat er nach wie vor keinerlei Eintragungen vorgenommen. Irgendwelche Anlagen waren dem Einwendungsbogen nicht beigefügt, obwohl dies etwa für die Fragen zu den Wohnkosten sowie den verschiedenen Einkommensangaben jeweils vorgesehen und auf die Notwendigkeit der Beifügung konkret aufgeschlüsselter Unterlagen u.a. bei den Einnahmen aus selbständiger Arbeit pp. und den sonstigen Einnahmen ausdrücklich hingewiesen ist.
Mit Beschluß vom 12. September 2011 hat das Amtsgericht den Unterhalt wie beantragt festgesetzt. In den Gründen hat es ausgeführt, die Einwendung fehlender Leistungsfähigkeit des Antragsgegners sei unzulässig, da die zwingend erforderliche Ausfüllung des dritten Abschnittes des Einwendungsbogens unterblieben sei. Der Einwand der Unzulässigkeit könne nicht berücksichtigt werden, da er trotz Hinweises in keiner Weise weiter begründet wurde.
Gegen den ihm am 15. September 2011 zugestellten Feststellungsbeschluß richtet sich die am 4. Oktober 2011 beim Amtsgericht eingegangene Beschwerde des Antragsgegners, der sich – allein – gegen die Nichtberücksichtigung der behaupteten Leistungsunfähigkeit wendet.
II.
1. Die form und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere kann gemäß § 256 FamFG mit ihr – wie vorliegend der Fall – die Zulässigkeit von – vor der Verfügung des Festsetzungsbeschlusses erhobenen – Einwendungen nach § 252 Abs. 2 FamFG geltend gemacht werden.
2. Die Beschwerde kann aber in der Sache keinen Erfolg haben. Im Ergebnis zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, daß die erhobene Einwendung fehlender Leistungsfähigkeit der beantragten Unterhaltsfestsetzung im Streitfall nicht entgegensteht.
a. Dies beruht allerdings nicht – wie vom Amtsgericht angenommen – entscheidend darauf, daß der Antragsgegner im dritten Abschnitt des Einwendungsvordruckes keine Eintragung vorgenommen hat. Durch die ausdrückliche Angabe im Begleitschreiben, es sei ihm „zur Zeit nicht möglich Unterhalt zu entrichten“, hat er sich insoweit ausreichend erklärt.
Nach § 252 Abs. 2 Satz 1 FamFG kann ein Antragsgegner „andere [als in Abs. 1 der Norm genannte] … Einwendungen nur erheben, wenn er zugleich erklärt, inwieweit er zur Unterhaltsleistung bereit ist und daß er sich insoweit zur Erfüllung des Unterhaltsanspruchs verpflichtet“. Satz 3 der Norm enthält für den Einwand eingeschränkter oder fehlender Leistungsfähigkeit das zusätzliche Erfordernis, daß der Antragsgegner „zugleich unter Verwendung des eingeführten Formulars Auskunft über 1. seine Einkünfte, 2. sein Vermögen und 3. seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Übrigen erteilt und über seine Einkünfte Belege vorlegt“.
Bereits nach dem Wortlaut der (unverändert aus § 648 Abs. 2 ZPO a.F. übernommenen) Norm findet sich keine Grundlage dafür, daß die in Satz 1 – über den speziellen Fall der Einwendung eingeschränkter oder fehlender Leistungsfähigkeit nach Satz 3 hinaus für alle anderen als in Abs. 1 genannten Einwendungen – allgemein verlangte Erklärung über den Umfang der akzeptierten Unterhaltsleistung und eine entsprechende Verpflichtungsübernahme lediglich im Rahmen eines nur für den Fall der Einwendung nach Satz 3 geforderten „eingeführten Formulars“ erfolgen könnte. Namentlich etwa für den Fall der in Satz 2 thematisierten Einwendung der (teilweisen) Erfüllung ist die Verwendung eines Formulars insgesamt gerade nicht Voraussetzung für die Zulässigkeit der Einwendung.
Dementsprechend ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, daß die Zulässigkeit von Einwendungen auch nach § 252 Abs. 2 Satz 3 FamFG nicht zwingend von einer ausdrücklichen Eintragung im dritten FormularAbschnitt abhängig ist, insbesondere wenn der Antragsgegner in anderer Form ausdrücklich erklärt hat, keinen Unterhalt zahlen zu können (vgl. OLG Oldenburg – Beschluß vom 23. Dezember 2011 – 11 WF 278/11 – juris = FamFR 2012, 88 [nur Ls]. OLG Saarbrücken – Beschluß vom 26. Januar 2011 – 9 UF 124/10 – juris. OLG München – Beschluß vom 30. Juni 2004 – 16 WF 1157/04 – FamRZ 2005, 381 f.. OLG Bamberg – Beschluß vom 7. Juni 2006 – 3 UF 138/00 – FamRZ 2001, 108 f.. Büte, Das vereinfachte Unterhaltsverfahren, ZFE 2011, 204, 206. noch weitergehend OLG Hamm – Beschluß vom 29. April 2005 – 11 UF 73/05 – FamRZ 2006, 211. OLG Koblenz – Beschluß vom 29. November 2004 – 7 UF 900/04 – FamRZ 2005, 346 = MDR 2005, 514. OLG Naumburg – Beschluß vom 2. Juli 2001 – 8 WF 71/01 – Rpfleger 2001, 591 f.).
b. Der Antragsgegner hat jedoch aus anderem Grund seinen Einwand fehlender Leistungsfähigkeit nicht in zulässiger Form erhoben. Nach § 252 Abs. 2 Satz 3 FamFG kann dieser Einwand nur erhoben werden, wenn der Antragsgegner „zugleich unter Verwendung des eingeführten Formulars Auskunft über 1. seine Einkünfte, 2. sein Vermögen und 3. seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Übrigen erteilt und über seine Einkünfte Belege vorlegt“.
Diesem Erfordernis hat der Antragsgegner im Streitfall nicht entsprochen, da seine Angaben jedenfalls zu seinen Einkommensverhältnissen hinsichtlich der Alternative 2 (selbständige Arbeit pp.) unvollständig und zu der Alternative 6 (andere Einnahmen) angesichts des selbst anderweitig angegebenen ergänzenden ALG IIBezuges offenkundig falsch waren und er – obwohl er auf die entsprechende Notwendigkeit sowohl in dem Formular selbst als auch noch einmal in dem Individualschreiben der Rechtspflegerin hingewiesen worden war – keinerlei entsprechende Belege beigefügt hat.
Auf vollständige und nicht ersichtlich wahrheitswidrige Auskünfte sowie die Vorlage der aus dem Formular jeweils unmißverständlich zu entnehmenden Belege kann jedoch in dem auf größtmögliche Vereinfachung und Beschleunigung ausgerichteten und in weitem Umfang schematisierten Vereinfachten Verfahren (BGH – Beschluß vom 28. Mai 2008 – XII ZB 34/05 – FamRZ 2008, 1428 ff. = NJW 2008, 2710 ff. = MDR 2008, 1039 f. = juris [TZ 20]) in keinem Falle verzichtet werden, zumal der ausdrücklich insoweit berufene Rechtspfleger gerade auf die Prüfung beschränkt ist, ob der Einwand fehlender Leistungsfähigkeit in der durch die gesetzliche Norm sowie das „eingeführte Formular“ geforderten Form erhoben ist.
Dabei ergibt sich aus der Zurückweisung der nicht formgerecht erhobenen Einwendung im Rahmen des „Vereinfachten Verfahrens“ auch nicht etwa ein Spannungsverhältnis zur materiellen Richtigkeit der Unterhaltstitulierung. dem Antragsgegner bleibt nämlich die Möglichkeit erhalten, nach § 240 FamFG in einem ordentlichen Verfahren die Herabsetzung bzw. den Wegfall seiner Verpflichtung im Hinblick auf die dabei näher zu prüfende Leistungsunfähigkeit zu erreichen. Soweit er den entsprechenden Abänderungsantrag innerhalb eines Monats nach Rechtskraft dieses Beschlusses beim zuständigen Amtsgericht stellt, kann er dabei auch die vollständige Überprüfung seiner Verpflichtung für den gesamten gegenständlichen Zeitraum ab Juli 2010 erreichen.
OLG Celle, Beschluss vom 14.03.2012
10 UF 252/11
AG Hannover
602 FH 8197/11