1. Derjenige, der sich im Unterhaltsprozess darauf beruft, krankheitsbedingt keiner Erwerbstätigkeit nachgehen zu können, muss Art und Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden darlegen.
2. Beiträge zur Pensionskasse, einer zusätzlichen Rentenversicherung, sind in Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens des Vorjahres abzugsfähig.
3. Stellt bei einer Risikolebens-/Berufsunfähigkeitsversicherung die Lebensversicherung keine Absicherung des Unterhaltsverpflichteten dar, ist für eine Abzugsfähigkeit der Berufsunfähigkeitsversicherung anzugeben, welcher Teil der Prämie auf diese entfällt.
4. Fiktive Einkünfte sind anzusetzen, wenn Einkommensminderungen des Unterhaltsverpflichteten auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit beruhen oder durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des Pflichtigen veranlasst sind und durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Perleberg vom 8. Mai 2008 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgenden monatlichen nachehelichen Unterhalt, den zukünftigen monatlich im Voraus bis zum 1. eines jeden Monats, zu zahlen:
– 107 € für September bis Dezember 2007
nebst 5 % über dem Basiszinssatz auf jeweils 107 € seit dem 2.September, 2. Oktober, 2.November und 2.Dezember 2007,
– 119 € für Januar bis Juni 2008
nebst 5 % über dem Basiszinssatz auf jeweils 119 € seit dem 2. Januar, 2. Februar, 2. März, 2. April, 2. Mai und 2. Juni 2008,
– 195 € für August 2008
nebst 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 2. August 2008,
– 175,30 € für September bis Dezember 2008
nebst 5 % über dem Basiszinssatz auf jeweils 175,30 € seit dem 2. September, 2. Oktober, 2. November und 2. Dezember 2008, sowie
– 199 € für die Zeit von März 2009 bis August 2012.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten erster Instanz hat die Klägerin zu 3/10, der Beklagte zu 7/10, die Kosten zweiter Instanz haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Berufungswert wird auf 2.088 € festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Klägerin verlangt vom Beklagten nachehelichen Unterhalt.
Die Parteien haben am 5.10.1974 geheiratet, aus der Ehe sind zwei Kinder, geboren 1975 und 1981, hervorgegangen. Nach der Trennung im Februar 2002 wurde die Ehe durch Urteil des Amtsgerichts Neuruppin, Zweigstelle Wittstock, vom 12.8.2003 (Zw 17 F 67/03) geschieden.
Im Scheidungsverfahren schlossen die Parteien am 12.8.2003 einen Vergleich, durch den sich der Beklagte verpflichtete, an die Klägerin für die Zeit von August 2003 bis zum 31.7.2005 nachehelichen Unterhalt von monatlich 400 € zu zahlen. Der Vergleich sollte bis zum 31.7.2005 nicht abänderbar, ab August 2005 jedoch „von jeder der Parteien aufhebbar“ sein. Die Verhältnisse bei Vergleichsabschluss sollten bei einer Neufestsetzung des Unterhalts nicht präjudizierend sein. Das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs der Klägerin für die Zeit ab August 2005 sollte nach der aktuell geltenden Sach- und Rechtslage entschieden werden.
Die Klägerin hat das vorliegende Verfahren im Juni 2005 eingeleitet und zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts zunächst Auskunft über das Einkommen des Beklagten verlangt sowie den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 29.7.2005 angeordnet, dass der Beklagte ab August 2005 vorläufig monatlichen Unterhalt von 276,01 € zu zahlen habe, die Zwangsvollstreckung aus diesem Beschuss jedoch am 14.11.2007 einstweilen eingestellt.
Der Beklagte, geboren am ….9.1955, ist von Beruf Tischlermeister. Er arbeitet seit 2001als Ausbilder bei der B.gesellschaft mbH in P.. Die wöchentliche Arbeitszeit von zunächst 40 Stunden wurde durch den Vertrag vom 1.10.2004 für die Zeit ab September 2005 auf 39 Stunden und durch weiteren, auf ein Jahr befristeten Vertrag vom 29.8.2007 auf 31 Stunden verkürzt. Der Anschlussvertrag vom 30.8.2008 ist bis zum 31.8.2009 befristet und verändert das Arbeitsverhältnis im Übrigen nicht.
Die Klägerin, geboren am ….4.1955, erlernte Anfang der 70er Jahre den Beruf einer Textilfacharbeiterin und arbeitete danach im O.werk in W.. Seit Beginn der 90er Jahre war sie überwiegend arbeitslos, nahm an verschiedenen Ausbildungs- bzw. Umschulungsmaßnahmen teil und war für zwei nicht zusammenhängende Jahre im Rahmen von Arbeitsförderungsmaßnahmen tätig. Eine letzte Trainingsmaßnahme absolvierte sie vom 19.5. bis zum 21.7.2000. Die Klägerin ist Diabetikerin und herzkrank, weshalb sie in den Jahren 2003, 2006 und 2007 im Krankenhaus behandelt wurde.
Seit Juli 2007 arbeitet die Klägerin im Rahmen einer Arbeitsförderungsmaßnahme beim Verein …. Der Arbeitsvertrag war zunächst bis zum 30.6.2008 befristet, die wöchentliche Arbeitszeit betrug 32 Stunden. In dem bis zum 31.12.2008 befristeten Folgevertrag wurde die Stundenzahl auf 26 verringert. Seit Januar 2009 arbeitet die Klägerin nur noch im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung.
Die Klägerin hat vom Beklagten aufgrund der einstweiligen Anordnung bis einschließlich August 2007 monatlichen Unterhalt von 276,01 € erhalten und ergänzende Sozialleistungen bezogen. Sie hat die Hauptsache wegen Unterhalts bis Juni 2007 sowie in Höhe der Sozialleistungen von monatlich 75,12 € von Juli 2007 bis April 2008 für erledigt erklärt und, nach Abzug von Sozialleistungen bis April 2008 monatlichen Unterhalt von 176 € für Juli bis Dezember 2007, von 172 € für Januar bis April 2008 und von 247 € ab Mai 2008 verlangt. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen und Klageabweisung beantragt.
Durch das am 8.5.2008 verkündete Urteil hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Rechtsstreit, soweit er das Klagebegehren für die Zeit von August 2005 bis August 2007 betrifft, erledigt sei, und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie trägt vor:
Der Beklagte müsse sich Einkünfte in dem bis einschließlich August 2007 tatsächlich erzielten Umfang zurechnen lassen. Die eingeschränkte Stundenzahl entspreche seinem Wunsch. Der Beklagte könne mit seiner neuen Partnerin zur Arbeit fahren, sodass sich die Fahrtkosten um die Hälfte ermäßigten. Die Beiträge zur Altersvorsorge seien zu hoch, die Lebensversicherung bei der S. sei nicht zu berücksichtigen. Der Selbstbehalt des Beklagten sei im Hinblick auf die Ersparnis durch gemeinsame Haushaltsführung mit seiner neuen Partnerin zu kürzen.
Sie könne aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen höheres als ihr tatsächliches Einkommen nicht erzielen. Davon seien 5 % für berufsbedingte Aufwendungen abzuziehen. Ihr ständen 3/7 der Einkommensdifferenz, das seien 248 € bzw. 247 €, monatlich zu. Nach Abzug der ergänzenden Sozialleistungen von 75,12 € monatlich ergäben sich bis Juni 2008 die von ihr ermittelten Beträge. Im Juli 2008 sei der gesamte Anspruch auf das Arbeitsamt übergegangen, sodass sie keinen Unterhalt verlange. Im August beliefen sich 3/7 der Einkommensdifferenz auf 215,58 €, in den Monaten September bis Dezember auf 175,30 €.
Seit Januar 2009 erziele sie nur noch Einkünfte im sog. Geringverdienerbereich. Während ihr Arbeitgeber noch kurz vor Weihnachten mitgeteilt habe, sie könne ihre Arbeit im Jahr 2009 fortsetzen und die Arbeitszeiten sogar erweitern, habe er am 29.12.2008 plötzlich mitgeteilt, dass sie nur noch mit einem Verdinest von 165 € weiterhin tätig sein könne. 3/7 der Einkommensdifferenz machten 462,26 € aus. Im Hinblick auf den Selbstbehalt müsse der Beklagte 360 € zahlen. Im Januar und Februar sei dieser Bedarf durch Sozialleistungen vollständig gedeckt, sodass Unterhalt in diesem Umfang erst ab März 2009 zu zahlen sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Perleberg vom 8.5.2008 den Beklagten zu verurteilen, an sie nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:
von September bis Dezember 2007 monatlich 176 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf jeweils 176 € ab 2.9., 2.10., 2.11. und 2.12.2007,
von Januar bis Juni 2008 monatlich 172 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf jeweils 172 € ab 2.1., 2.2., 2.3., 2.4., 2.5., 2.6.2008
für August 2008 einen Betrag von 215,58 € nebst 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 2.8.2008,
von September bis Dezember 2008 monatlich 175,30 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszins auf jeweils 175,30 € seit dem 2.9., 2.10., 2.11. und 2.12.2008 sowie
ab März 2009 monatlich 360 €, jeweils monatlich im Voraus
Der Beklagte beantragt Berufungszurückweisung. Er trägt vor:
Er schulde keinen Unterhalt mehr. Die Klägerin müsse sich Einkünfte aus einer angemessenen Tätigkeit zurechnen lassen. Sie sei während der Ehe bis Anfang der 90er Jahre berufstätig gewesen, die 1975 und 1981 geborenen Kinder habe man gemeinsam versorgt. Er sei nicht leistungsfähig. Gegen die Verkürzung seiner Arbeitszeit habe er sich nicht wehren können, weshalb von seinen tatsächlichen Einkünften auszugehen sei.
Die vermögenswirksame Anlage sei schon während der Ehe erfolgt, die Beiträge hätten nicht zur Verfügung gestanden, was die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt habe. Dasselbe gelte für die Prämie der Risikolebens- /Berufsunfähigkeitsversicherung. Sein Arbeitgeber habe die Zahlung an die Pensionskasse in Höhe des sozialversicherungs- und lohnsteuerfreien Anteils auf das Gehalt aufgerechnet. Deshalb sei nur das reine Nettogehalt maßgeblich. Dieses sei seit September 2007 fortlaufend gesunken.
Vom Einkommen abzuziehen seien Fahrtkosten in voller Höhe. Er könne wegen unterschiedlicher Arbeitszeiten mit seiner Partnerin keine Fahrgemeinschaft bilden. Diese erhalte ein Nettoeinkommen von 1.200 € und müsse Verbindlichkeiten aus ihrer Ehe mit 250 € monatlich abtragen. Angesichts dieser Einkünfte sei eine Haushaltsersparnis nicht zu berücksichtigen.
Ziehe man somit von seinem Einkommen die Versicherungsprämien und die Fahrtkosten ab, verbleibe ein Einkommen, das den ihm zustehenden Selbstbehalt nicht erreiche.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist teilweise begründet. Die Klägerin kann nachehelichen Unterhalt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang verlangen. Der Unterhaltsanspruch ist allerdings auf die Zeit bis einschließlich August 2012 zu befristen.
Da sich nur die Klägerin gegen das Urteil vom 8.5.2008 wendet, durch welches das Amtgericht entsprechend der Erklärung der Klägerin die Erledigung der Hauptsache wegen Unterhalts von August 2005 bis August 2007 festgestellt und die Unterhaltsforderung für die Zeit ab September 2007 abgewiesen hat, und mit der Berufung Unterhalt erst ab September 2007 verlangt, ist allein über das Unterhaltsverlangen der Klägerin für die Zeit ab September 2007 zu entscheiden.
Dem Anspruch steht der Vergleich der Parteien vom 12.8.2003 nicht entgegen. Denn durch diesen Vergleich wurde der Unterhaltsanspruch nicht zeitlich befristet. In dem Vergleich wird vielmehr nur geregelt, dass nach Ablauf der darin genannten Frist, innerhalb der eine Abänderung nicht möglich sein sollte, ohne Bindung an den Inhalt des Vergleichs im Übrigen eine Neufestsetzung des Unterhalts nach der aktuell geltenden Sach- und Rechtslage erfolgen solle.
Der Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt beruht auf §§ 1569, 1573 Abs. 2 BGB. Unterhalt wegen Krankheit gemäß § 1572 BGB kann die Klägerin nicht verlangen.
Wer sich im Unterhaltsprozess darauf beruft, krankheitsbedingt einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen zu können, muss Art und Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden darlegen. Der bloße Hinweis auf eine Erkrankung lässt weder erkennen, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bestehen, noch inwieweit sich diese auf die Erwerbsfähigkeit auswirken. Aus dem Vortrag muss sich auch ergeben, auf welchen Zeitpunkt sich die Behauptung, nicht mehr erwerbsfähig zu sein, bezieht (vgl. BGH, FamRZ 2001, 1291). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Sie hat zwar die Art ihrer Erkrankung dargestellt, nicht aber, wie sich diese auf ihre Erwerbsfähigkeit auswirkt. Insoweit reicht die allgemeine Behauptung, aus gesundheitlichen Gründen nur eingeschränkt belastbar zu sein, nicht aus. Hinzu kommt, dass die Klägerin seit Juli 2007 fortlaufend arbeitet, gesundheitliche Schwierigkeiten sind auch nach ihrem Vortrag nicht (mehr) aufgetreten.
Zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin nach den ehelichen Lebensverhältnissen, § 1578 Abs. 1 BGB, sind die Einkommensverhältnisse der Parteien heranzuziehen.
Der Beklagte hat ausweislich der vorgelegten Verdienstabrechnungen im Jahr 2007ein monatliches Nettoeinkommen von 1.344,32 € erzielt. Abzuziehen ist nur der Nettobetrag des Zuschusses des Arbeitgebers zu den vermögenswirksamen Anlagen von rd. 4,90 €. Der gesamte vom Beklagten insoweit aufgewendete Betrag ist entgegen seiner Ansicht nicht abzugsfähig. Denn es handelt sich um einseitige Vermögensbildung, an der die Klägerin, seine ehemalige Ehefrau, nicht mehr partizipiert. Ein weiterer Abzug wäre allenfalls bei sehr guten Einkommensverhältnissen möglich (vgl. Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 7.Aufl., § 4, Rz. 202; § 1, Rz. 630 und 659 a), die hier nicht vorliegen
Die Beiträge zur Pensionskasse, der zusätzlichen Rentenversicherung, kann der Beklagte nur in Höhe von 4% des Bruttoeinkommens des Vorjahrs absetzen (vgl. BGH, FamRZ 2008, 963; FamRZ 2007, 879 ff, 881 f und 793 f). In 2006 hat er monatlich 1.896,96 € brutto erhalten. Setzt man dem das Urlaubsgeld von 255,65 € und Weihnachtsgeld von 1.130,88 € hinzu, ergibt sich ein auf den Monat umgelegtes Bruttoeinkommen von 2.012,50 € { = [(1.896,96 € x 12) + 255,65 € + 1.130,88 €] : 12}, 4 % davon machen 80,50 € aus. Diesen Betrag kann der Beklagte von seinem Einkommen absetzen.
Die monatlichen Aufwendungen für die Risikolebens- /Berufsunfähigkeitsversicherung von 55,60 € sind nicht abzuziehen. Denn jedenfalls die Lebensversicherung stellt keine Absicherung des Beklagten selbst dar (s.a. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rz. 1030 a.E.). Die Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung sind zwar grundsätzlich abzugsfähig, weil der Unterhaltsberechtigte davon profitieren könnte (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 1023). Der Beklagte hat aber nicht angegeben, welcher Teil der Prämie auf sie entfällt, sodass auch der Abzug eines Teilbetrags nicht in Betracht kommt.
Fahrtkosten können nicht abgezogen werden. Denn der Beklagte könnte ungeachtet der Frage, ob er nur die Kosten für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder diejenigen für die Benutzung eines Pkw in Ansatz bringen kann und ob die Pkw-Kosten im Hinblick auf die Bildung einer Fahrgemeinschaft mit seiner Partnerin zu halbieren wären, jedenfalls eine Steuererstattung erhalten. Da er aber eine Steuererklärung nicht abgibt, weil er, wie er bei seiner Anhörung erklärt hat, dazu keine Lust habe, muss er sich so behandeln lassen, als erhalte er eine Erstattung, die dann auch die Fahrtkosten ausgleicht.
Auf dieser Grundlage ergibt sich ein anrechenbares Einkommen des Beklagten im Jahr 2007 von rd. 1.258,92 € (= 1.344,32 € – 4,90 € – 80,50 €).
Im Jahr 2008beläuft sich das Einkommen des Beklagten, wie sich der Abrechnung für Dezember 2008 entnehmen lässt, auf insgesamt 14.811,85 € netto, was einem Monatsbetrag von 1.234,32 € entspricht. Wegen des in 2007 gesunkenen Bruttoeinkommens verringert sich der Betrag, den der Beklagte für die zusätzliche Altersvorsorge absetzen kann, auf 75,58 € (Gesamtbruttoeinkommen von 22.673,37 € : 12 = 1.889,45 €; 4 % davon machen 75,58 € aus). Es ergibt sich, wiederum unter Berücksichtigung des Nettobetrags der vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers, ein anrechenbares Einkommen von 1.153,84 € (= 1.234,32 € – 4,90 € – 75,58 €).
Dieses Einkommen verändert sich in 2009 lediglich im Hinblick darauf, dass der für die zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigende Betrag sinkt. Im Vorjahr, nämlich in 2008, belief sich das Gesamtbruttoeinkommen auf 19.716,41 €, 4 % des Monatsbetrags von 1.643,03 € (= 19.716,41 € : 12) machen 65,72 € aus. Das anrechenbare Einkommen steigt geringfügig auf 1.163,70 €.
Dieses Einkommen kann allerdings nicht allein Grundlage der Unterhaltsermittlung sein. Denn der Beklagte arbeitet nur im zeitlichen Umfang von 31 Stunden. Er muss sich daher Einkünfte aus einer etwa achtstündigen Nebentätigkeit zurechnen lassen.
Grundsätzlich will das Unterhaltsrecht den bedürftigen Ehegatten nach der Scheidung wirtschaftlich so stellen, wie er ohne die Scheidung stände (vgl. BGH, FamRZ 2008, 968 ff., 972). Deshalb sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens regelmäßig zu berücksichtigen und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Der bedürftige Ehegatte ist nicht besser zu stellen, als er während der Ehe stand oder aufgrund einer absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde (BGH, NJW 2009, 588). Er kann nicht auf einen unveränderten Unterhalt vertrauen, wenn das relevante Einkommen des Pflichtigen zurückgeht. Die Berücksichtigung einer nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens findet allerdings ihre Grenzen bei einer Verletzung der nachehelichen Solidarität (BGH, a.a.O.). Der Unterhaltspflichtige darf den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nicht unterhaltsrechtlich leichtfertig gefährden. Beruhen Einkommensminderungen auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit oder sind sie durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des Pflichtigen veranlasst und hätten sie von diesem durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können, bleiben sie unberücksichtigt, sodass stattdessen fiktive Einkünfte anzusetzen sind (BGH, FamRZ 2008, 968 ff., 972, Rn. 45)
Da die Verringerung des Einkommens des Beklagten auf einer Verringerung seiner Arbeitszeit beruht, die er zwar, wie er geltend macht, nicht verhindern konnte, er aber grundsätzlich gleichwohl gehalten ist, ebenso wie während der Ehe vollschichtig zu arbeiten, muss der Beklagte in der durch die Verkürzung seiner Arbeitszeit frei gewordenen Zeit, also im Umfang von rund 8 Stunden pro Woche, einer Nebentätigkeit nachgehen. So könnte er etwa Nachhilfe- bzw. Förderunterricht erteilen oder sonstige Arbeiten im sozialen Bereich ausüben. Mit einer solchen Nebentätigkeit könnte der Beklagte jedenfalls anrechenbare 200 € im Monat erwirtschaften.
Da die Arbeitszeit des Beklagten erst ab September 2007 auf 31 Stunden pro Woche verkürzt worden ist, sind in diesem Jahr nur Nebeneinkünfte für vier Monate zu berücksichtigen und ergeben, auf das Jahr umgerechnet, einen Betrag von 66,67 € (= 800 € : 12). Damit sind der Unterhaltsberechnung folgende Einkünfte des Beklagten zugrunde zu legen:
rund 1.326 € (= 1.258,92 € + 66,67 €) im Jahr 2007,
rund 1.354 € (=1.153,84 € + 200 €) im Jahr 2008 und
rund 1.364 € (=1.163,70 € + 200 €) vom Jahr 2009 an.
Allerdings kann auch auf Seiten der Klägerin nicht das tatsächlich erzielte Einkommen zugrunde gelegt werden.
Die Klägerin ist, wovon sie selbst auch ausgeht, grundsätzlich gehalten, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Um eine Stelle zu finden, musste sie sich gehörig bemühen (vgl. dazu Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 711 ff.). Insoweit wird eine intensive und konkrete Eigenbemühung in Form der regelmäßigen, wöchentlichen Lektüre der örtlichen Zeitungen und sonstigen Werbeträger sowie die Bewerbung auf alle Annoncen, die für Stellensuchende in Betracht kommen und einen für den Bewerber günstigen Tätigkeitsbereich haben, erwartet. Blindbewerbungen, also solche, die abgegeben werden, ohne Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Arbeitskraft sucht, sind allein zum Nachweis ordnungsgemäßer Arbeitsplatzsuche nicht ausreichend. Die Anzahl der notwendigen Bewerbungen hängt von den Gegebenheiten des Arbeitsmarktes, insbesondere der Anzahl der angebotenen Stellen ab, 20 bis 30 Bewerbungen pro Monat können als zumutbar angesehen werden (vgl. Kalthoener/Büttner/ Niepmann, a.a.O., Rz. 713 f).
Diesen Anforderungen entsprechende Bemühungen hat die Klägerin nicht unternommen. Sie hat lediglich, wie die vorgelegten Bewerbungsschreiben zeigen, überwiegend am Ende eines Monats vier bis fünf Bewerbungen geschrieben. Der Text zeigt, dass es sich jedenfalls überwiegend um Blindbewerbungen handelt. Da die Klägerin zwar im Juli 2007 eine Stelle angetreten hat, aber nur im sog. Geringverdienerbereich bzw. im zeitlichen Umfang von 26 bis 32 Stunden arbeitet, muss sie sich fiktive Einkünfte aus einer vollschichtigen Tätigkeit zurechnen lassen.
Dem steht der Hinweis der Beklagten auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht entgehen. Denn sie hat nicht vorgetragen, inwieweit sich ihre Erkrankungen auf ihre Arbeitsfähigkeit auswirken, und nur pauschal behauptet, sie sei eingeschränkt belastbar. Zudem lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, wie sich ihre gesundheitliche Situation aktuell darstellt. Dies reicht nicht aus.
Bei der Bemessung des fiktiven Einkommens ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin bis einschließlich Juli 2005 mit Unterhalt des Beklagten rechnen durfte. Sie ist im April 1955 geboren, war also bei Ende des vom Vergleich geregelten Unterhaltszeitraums 50 Jahre alt. In den 15 Jahren davor war sie überwiegend arbeitslos und hat seit 1990 nur etwa zwei nicht zusammenhängende Jahre lang im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gearbeitet. Seit August 2000 war sie durchgehend arbeitslos, also auch im Zeitpunkt der Trennung im Februar 2002. Im Hinblick darauf kann ein anrechenbares Einkommen nur in Höhe von rund 900 € angenommen werden.
Im Hinblick darauf, dass die Klägerin bis Juli 2008 Sozialleistungen erhalten hat, die sie vom Unterhaltsanspruch abzieht, ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:
In der Zeit von September bis Dezember 2007 kann die Klägerin 182,57 € [= (1.326 € – 900 €) x 3/7] verlangen, nach Abzug der Sozialleistungen von 75,12 € verbleibt ein Unterhaltsanspruch von rund 107 €;
von Januar bis Juni 2008 ergibt sich ein Anspruch von 194,57 € [= (1.354 € – 900 €) x 3/7], nach Abzug der Sozialleistungen von 75,12 € verbleibt ein Anspruch von rund 119 €;
im August 2008 sind keine Sozialleistungen mehr geflossen, er verbleibt bei dem Anspruch von rund 195 €,
in den Monaten September bis Dezember 2008 kann die Klägerin die geltend gemachten 175,30 € verlangen.
Ab März 2009 stellt sich der Unterhaltsanspruch auf rund 199 € [= (1.364 € – 900 €) x 3/7].
Unterhalt in diesem Umfang kann der Beklagte aufgrund der oben ermittelten, anzurechnenden Einkünfte ohne weiteres zahlen. Auf die Frage, ob der Selbstbehalt im Hinblick darauf, dass er mit seiner neuen Partnerin einen gemeinsamen Haushalt führt, zu kürzen ist, kommt es nicht an.
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist auf die Zeit bis einschließlich August 2012 zu befristen.
Gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Unter denselben Voraussetzungen ist gemäß § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen. Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden, § 1578 b Abs. 3 BGB n.F. Bei der Frage, ob eine dieser beiden Rechtsfolgen oder beide miteinander verbunden in Betracht kommen, ist gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben, § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB n.F.
Ehebedingte Nachteile lassen sich auf Seiten der Klägerin nicht feststellen. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien hat die Klägerin auch nach der Geburt der 1975 und 1981 geborenen Kinder bis zum Beginn der 90er Jahre durchgehend gearbeitet, der Beklagte hat, von der Klägerin unwidersprochen, ausgeführt, man habe sich gleichermaßen um die Versorgung der Kinder gekümmert. Dass die Klägerin seit Beginn der 90er Jahre bis zum Sommer 2007 nicht bzw. nur teilweise gearbeitet hat, beruhte darauf, dass sie keine Arbeit hatte. So hat sie sich verschiedenen Ausbildungs- bzw. Umschulungsmaßnahmen unterzogen und ist nur im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen tätig gewesen.
Da einerseits die Ehe bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags gut 28 Jahre gedauert hat und die Klägerin während der letzten zehn Ehejahre überwiegend arbeitslos war, andererseits die lange Dauer der Ehe und die ungesicherte berufliche Zukunft der Klägerin einer Befristung nicht generell entgegenstehen (vgl. dazu Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl., § 1578 b, Rz. 10 f), erscheint es angemessen, den Unterhaltsanspruch bis August 2012 zu befristen. Die Klägerin muss dann noch rund sieben Jahre bis zum Eintritt ins Rentenalter überbrücken, was ihr im Hinblick darauf, dass sie dann rund neun Jahre nach der Scheidung noch Unterhalt erhalten hat, zuzumuten ist.
Eine zusätzliche Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf ist im Hinblick darauf, dass die Klägerin mit den (fiktiven) Einkünften und den Unterhaltszahlungen nur geringfügig mehr als diesen erhält, nicht angezeigt.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 BGB (vgl. dazu Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 269).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
OLG Brandenburg, Urteil vom 24.03.2009
10 UF 92/08
AG Perleberg, Urteil vom 08.05.2008