Das als befristete Beschwerde zu wertende Rechtsmittel der Antragsgegnerin vom 6. April 2009 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 20. Februar 2009 (35 F 227/08) wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Kindeseltern haben am 19. August 1994 geheiratet und sich im April 2008 getrennt. Die Trennung erfolgte zunächst innerhalb des gemeinsamen Hauses. Aus der Ehe sind zwei Töchter hervorgegangen: die am 3. November 1991 geborene H… und die (ausschließlich) vom vorliegenden Verfahren betroffene Tochter A…, geboren am 30. August 1998. H…, die noch in diesem Jahr volljährig wird, hat sich eindeutig für einen Verbleib beim Vater ausgesprochen. Ihr Verhältnis zur Mutter ist sehr angespannt. Vor diesem Hintergrund ist das Sorgerecht für diese Tochter kein Streitpunkt zwischen den Eltern.
Die Kindesmutter war bereits vor der Trennung der Eltern als Altenpflegerin in Teilzeit mit 132 Arbeitsstunden im Monat berufstätig und arbeitete zunächst im Schichtdienst. Der Kindesvater ist in Vollzeit im Tiefbauunternehmen seines eigenen Vaters beschäftigt.
Nach Trennung eskalierte die Situation zwischen den Eltern. Ein sachliches Gespräch miteinander erscheint unmöglich. Die Kindesmutter verweigerte zunächst jegliche Unterredung mit dem Kindesvater; wenn es doch zu einem Wortwechsel kam, erschöpfte sich dessen Inhalt in Vorwürfen. Die hierunter leidenden Töchter versuchten dieser Situation zeitweise in der Form auszuweichen, dass sie bei den im selben Ort lebenden Großeltern väterlicherseits übernachteten.
Im September 2008 wurden insgesamt 3 Verfahren beim Amtsgericht Oranienburg anhängig gemacht, nämlich unter dem Az.: 35 F 226/08 auf Antrag des Mannes ein solches auf Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung durch ihn und die Kinder. Insoweit stellte die Kindesmutter einen gegenläufigen Antrag. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2008 erfolgte im Rahmen einstweiliger Anordnung die Wohnungszuweisung an den Vater. Ihre gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde hat die Kindesmutter im Termin vor dem Senat am 3. November 2008 zurückgenommen. Ein weiteres unter dem Az.: 35 F 228/08 von der Kindesmutter betriebenes Verfahren zum Gewaltschutz gegen den Vater gelangte nach Aktenlage bislang zu keinem prozessualen Abschluss. Schließlich begehrte in dem vorliegenden Verfahren (Az.: 35 F 227/08 AG Oranienburg) zunächst der Kindesvater die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts für die jüngere Tochter A…auf sich, wobei er dieses Begehren damit begründete, dass die Kindesmutter ohne jegliche Absprache mit ihm die Tochter manchmal tagelang ohne Angaben des Aufenthaltsortes mit sich nehme. Auch insoweit hat die Kindesmutter mit Schriftsatz vom 26. September 2008 im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens einen gegenläufigen Antrag gestellt.
Am 28. September 2008 hat der Amtsrichter beide Kinder erstmals angehört. Sie berichteten von ständigen Streitereien der Eltern, H…darüber hinaus von einem ihres Erachtens zeitweise übermäßigen Alkoholkonsum der Mutter. Für sie kam nur ein Verbleib im väterlichen Haushalt in Betracht. Die zehnjährige A… hingegen äußerte sich in Gegenwart ihrer Schwester dahingehend, eher bei der Mutter leben zu wollen, wenngleich dieser Wunsch noch nicht sehr verfestigt erschien.
Gegenüber der vom Amtsgericht mit Beschluss vom 22. September 2008 bestellten Verfahrenspflegerin G… hatte A… einen Tag zuvor in einem einstündigen Gespräch ebenfalls den Wunsch geäußert, bei der Mutter leben zu wollen, diesen jedoch insoweit relativiert, als sie zum Ausdruck brachte, Ängste vor dem Alleinsein in der Wohnung bei berufsbedingter Abwesenheit der Mutter etwa während deren Spätdienstes zu haben.
Unmittelbar vor dem Anhörungstermin am 1. Oktober 2008, der in allen drei Parallelverfahren anberaumt worden war, verkündete das Amtsgericht in der Sorgesache im Rahmen einstweiliger Anordnung einen Beschluss, indem es das Aufenthaltsbestimmungsrecht für A… der Mutter entzog und allein auf den Vater übertrug. Zur Begründung berief sich das Amtsgericht auf die günstigeren Arbeitszeiten des Vaters, der auch auf die Hilfe seiner Eltern bei der Versorgung der Kinder zurückgreifen könne, und die Vermeidung der Geschwistertrennung.
Ihr gegen diese Entscheidung gerichtetes Rechtsmittel nahm die Kindsmutter nach Anhörung – auch von A… – im Senatstermin am 3. November 2008 zurück, nachdem eine Umgangsvereinbarung geschlossen werden konnte.
Im Rahmen des weiteren Hauptsacheverfahrens wurde bekannt, dass die Kindesmutter ab Oktober 2008 nur noch in Frühschicht arbeitet und im Übrigen am 8. Oktober 2008 aus der Ehewohnung ausgezogen ist. Als Ergebnis eines zweiten Gespräches der Verfahrenspflegerin mit A…. am 15. Oktober 2008 wurde mitgeteilt, dass A…. nun den Wunsch geäußert habe, nicht allein mit der Mutter, sondern stattdessen jetzt lieber mit dem Vater und der Schwester zusammenleben zu wollen, wobei sie gleichzeitig umfangreichen Umgang mit der Mutter wünschte.
Das Amtsgericht hörte am 21. Januar 2009 wiederum beide Kinder erneut an. Dabei äußerte sich H… wie zuvor, A…. nun wie von der Verfahrenspflegerin zuletzt beschrieben. Diesen Wunsch wiederholte sie nochmals in einem dritten am 2. Februar 2009 über fast 2 Stunden von der Verfahrenspflegerin mit ihr geführten Gespräch. Im abschließenden Anhörungstermin vor dem Amtsgericht am 18. Februar 2009 sprach sich insbesondere das Jugendamt gegen eine Geschwistertrennung aus.
Dem folgte das Amtsgericht in seiner abschließenden Entscheidung vom 20. Februar 2009, mit der es die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts für A… auf den Kindesvater unter Hinweis darauf bestätigte, das Mädchen habe sich dort stabilisiert, geäußerter Wille sei nicht von der Schwester beeinflusst und die Bindung der beiden Geschwister gebiete eine solche Entscheidung.
Gegen die ihr am 18. März 2009 zugestellte Entscheidung hat die Kindesmutter eingehend am 8. April 2009 „Berufungsbeschwerde“ eingelegt und gleichzeitig begründet. Sie rügt, dass ihres Erachtens das Amtsgericht die Bindungs- und Betreuungslage der Kinder falsch beurteilt habe. Bis zur Trennung seien die Töchter vorrangig von ihr, da sie anders als der Kindesvater nur in Teilzeit berufstätig gewesen sei, versorgt worden. Die Mutter-Kind-Beziehung sei zu beiden Mädchen intakt gewesen. Nunmehr würden die Kinder vorrangig von der dominanten Großmutter väterlicherseits versorgt, die sie stark verwöhne. Angesichts der Tatsache, dass ihre jetzige Wohnung in unmittelbarer Nähe des früheren Familienheims gelegen sei, spreche der Kontinuitätsgrundsatz für sie. Der Wille A… sei es bei Einleitung des Verfahrens eindeutig gewesen, im mütterlichen Haushalt zu leben; anschließend sei der Kindeswille beeinflusst worden und nun nicht mehr frei.
Die Kindesmutter beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung ihr das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für A…zu übertragen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er tritt insbesondere dem Vortrag der Gegenseite entgegen, dass die Versorgung A… weitestgehend durch seine Mutter erfolge. Er selbst bereite regelmäßig das Frühstück für die Kinder zu Hause zu, das Mittagessen nehme A… im Hort ein, wo sie von ihm gegen 13:30 Uhr abgeholt werde. Nur einen Nachmittag wöchentlich verbringe sie bei der Großmutter, bei der die Familie ansonsten sonntags regelmäßig zu Mittag esse. Eine Erweiterung des Umgangsrechts der Kindesmutter sei bereits vorgenommen worden, obwohl diese sich hinsichtlich der Wahrnehmung der Termine nicht immer als verlässlich erwiesen habe.
Der Senat hat die Beteiligten – einschließlich des betroffenen Kindes – am 16. Juli 2009 ausführlich angehört.
II.
Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist nach § 621 e Abs. 1 ZPO als befristete Beschwerde statthaft und in zulässiger Weise eingelegt und begründet worden (§ 621 e Abs. 3 i.V.m. §§ 517, 520 Abs. 1, 2 und 3 S. 1 ZPO). Die Beschwerde bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Das Rechtsmittel der Kindesmutter ist unbegründet, weil es (derzeit) nach der Überzeugung des Senats gem. § 1671 Abs. 2 Ziffer 2 BGB dem Wohl des betroffenen Kindes am besten entspricht, das gemeinsame Sorgerecht der Kindeseltern hinsichtlich des Teilbereiches des Aufenthaltsbestimmungsrechts aufzuheben, dieses jedoch – wie in der angefochtenen Entscheidung geschehen – auf den Kindesvater allein zu übertragen.
Nach der genannten Vorschrift ist einem Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts oder eines Teiles hiervon bei nicht nur vorübergehendem Getrenntleben der Kindeseltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, dann stattzugeben, wenn entweder der andere Elternteil zustimmt, was vorliegend nicht der Fall ist, oder aber die Aufhebung der gemeinsamen Sorge dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Die in diesem Rahmen erforderliche Kindeswohlprüfung dient demzufolge zunächst der Klärung der Frage, ob die Voraussetzungen für eine weiterhin gemeinsame Ausübung des Sorgerechts nach den Kriterien der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. November 1992 (FamRZ 1992, 1179) vorliegen. Dies ist die uneingeschränkte Eignung beider Elternteile zur Pflege und Erziehung des Kindes sowie die Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit der Eltern, d. h. ihr Wille, die Verantwortung für das Kind auch nach der Trennung gemeinsam zu tragen. Am Letzteren fehlt es vorliegend dem Kindeseltern nicht nur im Hinblick auf die Frage des Lebensmittelpunktes von A…, wovon sich der Senat anlässlich ihrer Anhörung überzeugen musste.
Im hier zu beurteilenden Fall kann zwar davon ausgegangen werden, dass beide Elternteile zur Pflege und Erziehung des Kindes geeignet sind, obgleich beiderseits Defizite, wie sie etwa in der gänzlich abweichenden Darstellung des Tagesablaufes der Familie zu Zeiten des Zusammenlebens durch die Überbetonung der jeweils eigenen Erziehungsanteile und Geringschätzung derjenigen des anderen Elternteils, d. h. in einer nicht unbedingt realitätsbezogenen Wahrnehmung und/oder Schilderung gegenüber dem Senat erkennbar wurden. Unverkennbar besteht hingegen – wovon sich der Senat gleichfalls überzeugen musste – auch längere Zeit nach der Trennung ein Paar-Konflikt fort, der die Kindeseltern daran hindert, die erforderlichen Entscheidungen im Interesse ihres Kindes einvernehmlich und nach gehöriger Absprache zu treffen und wenigstens in simplen Alltagsfragen zu einer wechselseitige Ansichten respektierenden Verständigung zu gelangen, so dass es jedenfalls bezüglich des Aufenthaltsbestimmungsrechts zu einer Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge zu kommen hat, weil nur so dem Wohl des Kindes entsprochen werden kann.
Vor dem Hintergrund, dass beide Elternteile jeweils die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechtes auf sich begehren, ist die Entscheidung des Amtsgerichts im Ergebnis unter Berücksichtigung der nachfolgend genannten Kriterien und Umstände nicht zu beanstanden.
Der Grundsatz der Kontinuität, wonach es auf die Frage ankommt, welcher Elternteil in der Vergangenheit die größeren Erziehungsanteile inne gehabt hat, und der auf der Erfahrung beruht, dass die Fortdauer familiärer und sozialer Bindungen wichtig für eine stabile und gesunde psychosoziale Entwicklung eines heranwachsenden Menschen ist, spricht hier für keinen Elternteil mit entsprechender Deutlichkeit.
Während der Dauer des Zusammenlebens, also während der ersten rund 10 Lebensjahre von A…, dürfte von einer gemeinsamen Erziehung durch beide Elternteile auszugehen sein; die gegenteilige Behauptung der Beschwerdeführerin blieb ohne Substanz. Sie selbst mag zwar im Gegensatz zu dem ganztags berufstätigen Kindesvater als Teilzeitbeschäftigte mit immerhin 132 Monatsarbeitsstunden etwas mehr Zeit für die Betreuung der Kinder zur Verfügung gehabt haben, welche konkreten Auswirkungen dies aber beispielsweise im Hinblick auf die schulischen Belange oder die Freizeitaktivitäten A… gehabt hat, blieb angesichts der wiederum abweichenden Schilderungen der Kindeseltern bei ihrer Anhörung durch den Senat offen.
Nach der Trennung der Eheleute zunächst innerhalb des gemeinsamen Hauses im April 2008 war die familiäre Atmosphäre offensichtlich so unerträglich für beide Töchter, dass sie sich vorwiegend bei den Großeltern väterlicherseits aufhielten. Seit dem Auszug der Kindesmutter im November 2008 wird A… vorwiegend vom Vater versorgt, der sich dabei – allerdings in einem Umfang, der dem Senat keinen Anlass zu Bedenken gibt – der Unterstützung seiner Herkunftsfamilie sicher weiß.
Die Kontinuität im Hinblick auf die räumliche Situation spricht eher für den Vater, der im bisherigen Familienheim verblieben ist, so dass A…, solange sie bei ihm lebt, ihr bisheriges Umfeld erhalten bleibt. Dabei übersieht der Senat keineswegs, dass die Kindesmutter eine Wohnung in unmittelbarer Nachbarschaft gefunden hat, die nach ihrem eigenen Bekunden jedoch als dauerhafte Unterkunft zusammen mit A…. weniger geeignet ist. Ob sich der von ihr geäußerte Wunsch, gegebenenfalls in derselben Gegend eine größere Wohnung anmieten zu können, als realistisch erweisen würde, vermag der Senat nicht zu beurteilen.
Auch das so genannte Förderungsprinzip, bei dem die Frage im Mittelpunkt steht, von wem das Kind für den Aufbau seiner Persönlichkeit die meiste Unterstützung erwarten kann, führt nicht zu einem deutlichen Übergewicht auf Seiten der Beschwerdeführerin.
Insoweit kann das Gericht dem Vortrag der Beschwerdeführerin keine konkrete Substanz entnehmen. Es blieb – auch nach der ausführlichen Anhörung – insgesamt im Dunkeln, inwieweit A… seit der Trennung der Eltern überhaupt gezielt gefördert wurde; stattdessen drängt sich der Eindruck auf, dass die Eltern vornehmlich mit sich und ihren Auseinandersetzungen beschäftigt waren und teilweise noch sind.
Im Rahmen des Förderungsprinzips ist auch die Bindungstoleranz, d. h. die Bereitschaft und die Fähigkeit, den Kontakt des Kindes zum anderen Elternteil zu unterstützen, zu berücksichtigen. Auch diesbezüglich haben die Kindeseltern widerstreitend vorgetragen: Nach Angaben der Mutter soll sich der Vater einer Ausweitung der Umgangskontakte entgegengestellt haben, nach dem Vorbringen des Vaters hat diese Ausweitung in der Praxis bereits stattgefunden. A… selbst hat jedenfalls bei ihrer Anhörung durch den Senat in Gegenwart der Verfahrenspflegerin den Wunsch nach ausgiebigem Kontakt mit der Mutter mit sehr präzisen zeitlichen Vorstellungen geäußert. Bedauerlicherweise sind die darauf gestützten Bemühungen des Gerichts, die Eltern wenigstens im Interesse des Kindes zu einer dementsprechenden Regelung zu veranlassen, gescheitert. Wie schon zuvor bei den Versuchen des Jugendamtes, A…. Interessen z. B. durch Einführen eines Umgangsbuches zu unterstützen, um auf diesem Wege Abspracheprobleme der Eltern ohne Beteiligung des Kindes lösen zu helfen, blieben auch die Vermittlungsversuche des Senats erfolglos. Sehr anschaulich stellten sich dabei die Kindeseltern zwar als sehr wortreich vornehmlich im Hinblick auf wechselseitige Vorwürfe, gleichwohl in keiner Weise kommunikationsfähig dar. Letztendlich konnte sich die Kindesmutter unter Verweis auf ihren wechselnden Dienstplan nicht zu einer fixen Regelung durchringen, obgleich nach ihren Angaben ihr Arbeitgeber Flexibilität im Hinblick auf die Arbeitszeit zugesagt hat und der anwesende Mitarbeiter des Jugendamtes mit Nachdruck zur Festschreibung einer Umgangsregelung riet.
Das Scheitern dieser Gespräche beweist einmal mehr, dass die Eltern auch mehr als ein Jahr nach ihrer Trennung immer noch nicht die Interessen ihres Kindes im Blickpunkt haben, sondern weiterhin ihre eigenen Auseinandersetzungen verstrickt sind. Insoweit bleibt zu hoffen, dass es A… noch weiter gelingt, diesen Elternkonflikt unbeschadet zu überstehen.
Bezüglich der gefühlsmäßigen Bindungen des Kindes kann festgestellt werden, dass das Mädchen dessen ungeachtet stets zum Ausdruck gebracht hat, sich beiden Elternteilen emotional verbunden zu fühlen. Anders als ihre ältere Schwester H…, in deren Beziehung zur Mutter sicherlich in letzter Zeit eine tiefgreifende Störung eingetreten ist, hat A… stets die emotionale Verbundenheit zu beiden Elternteilen betont. Gerade angesichts der fortdauernden Auseinandersetzungen der Eltern ist für die Tochter in der jüngsten Vergangenheit ganz offenkundig ihre Schwester H…, die knapp 7 Jahre älter als sie selbst ist, zu einer Bezugsperson von zentraler Bedeutung geworden. Die ältere Tochter nimmt sich wie die Anhörung ergeben hat, sehr fürsorglich aller Sorgen und Nöte ihrer kleinen Schwester an. Von daher kommt aus Sicht des Senats der Geschwisterbindung im vorliegenden Fall eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Da die ältere Tochter, die in einem halben Jahr volljährig wird, sich dezidiert für einen Verbleib im väterlichen Haushalt ausgesprochen hat und wegen der bestehenden Spannungen kaum noch Kontakte zwischen H… und ihrer Mutter stattfinden, kann dieser Geschwisterbindung nur in der Weise Rechnung getragen werden, dass auch A… im väterlichen Haushalt verbleibt.
Jede andere Entscheidung würde die knapp 11-Jährige ihrer für ihr derzeitiges Leben wichtigsten Stütze berauben, derer sie aufgrund der tiefen familiären Krise, die die Eltern zu verantworten haben, dringend bedarf und deshalb nicht dem Kindeswohl entsprechen.
Wenngleich dem Kindeswillen angesichts des Alters und der konfliktbeladenen Situation, in der sich A… befindet, keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, ist der deutlich erkennbare Umschwung in den diesbezüglichen Äußerungen des Mädchens doch signifikant und verstärkt die vorstehenden Überlegungen zur Geschwisterbindung noch. Während sie nämlich bei ihren ersten Anhörungen gegenüber dem Gericht und der Verfahrenspflegerin im September 2008 noch äußerte, bei der Mutter leben zu wollen, berichtete sie Mitte Oktober der Verfahrenspflegerin, nicht alleine in den mütterlichen Haushalt wechseln zu wollen und deshalb bei Vater und Schwester zu bleiben. Bei ihren Befragungen Mitte Januar durch den Amtsrichter und Anfang Februar 2009 durch die Verfahrenspflegerin brachte sie dann eindeutig zum Ausdruck, den Zustand nach Auszug der Mutter bei Vater und Schwester als dauerhafte Lösung anzusehen, sofern häufiger Kontakt mit der Mutter möglich ist. In ähnlicher Weise äußerte sie sich auch gegenüber dem Senat. Damit wird offenkundig, dass diese Entwicklung des Kindeswillens im Zusammenhang mit der durch die ständigen Auseinandersetzungen der Eltern stark gewachsenen Geschwisterbindung zu sehen ist. Dabei konnte der Senat bei der Anhörung des Kindes, das sich sehr offen äußerte, Anzeichnen für eine Manipulation nicht erkennen.
Bei zusammenfassender Betrachtung der vorstehend genannten Überlegungen hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass dem Kindeswohl am besten dadurch Rechnung getragen werden kann, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Kindesvater allein übertragen wird.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 131 Abs. 3 KostO, 13 a Abs. 1 S. 2 FGG; die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 30 Abs. 2 S. 1 KostO.
OLG Brandenburg, Beschluss vom 06.08.2009
9 UF 41/09