BGH: Unterhaltsbedarf der nicht verheirateten Mutter

a) Das Maß des einer nicht verheirateten Mutter nach § 1615 l Abs. 2 BGB zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach ihrer Lebensstellung (§§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB). Diese richtet sich grundsätzlich nach dem Einkommen, das die Mutter ohne die Geburt ihres Kindes zur Verfügung hätte. Dabei wird jedoch die Lebensstellung der Mutter und damit ihr Unterhaltsbedarf durch den Halbteilungsgrundsatz begrenzt.

b) Ob und in welchem Umfang die nach § 1615 l Abs. 2 BGB unterhaltsberechtigte Mutter sich ein überobligationsmäßig erzieltes Einkommen auf ihren Unterhaltsbedarf anrechnen lassen muß, ergibt sich aus einer analogen Anwendung des § 1577 Abs. 2 BGB. Danach verbietet sich eine pauschale Beurteilung; die Anrechung ist vielmehr von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängig (Fortführung des Senatsurteils vom 29. November 2000 – XII ZR 212/98 – FamRZ 2001, 350).
…lesen…

BGH: Aufenthaltsbestimmungsrecht, Beschneidung, Auslandsaufenthalt

Die Gefahr, daß bei einem Mädchen gambischer Staatsangehörigkeit während eines Aufenthalts in Gambia eine Beschneidung vorgenommen wird, rechtfertigt es, der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht gem. § 1666 Abs. 1 BGB insoweit zu entziehen, als es um die Entscheidung geht, ob das Kind nach Gambia verbracht wird.

Ob diese Maßnahme allein ausreicht, um einen effektiven Schutz des Kindes zu gewährleisten, hat der Tatrichter im Rahmen seines Auswahlermessens zu entscheiden.

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Dezember 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des 20. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der vorgenannte Beschluß bezüglich der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten und insoweit aufgehoben, als in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht – Dresden vom 8. Mai 2003 die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind abgelehnt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerden ergeht gerichtsgebührenfrei.

Beschwerdewert: 3.000 €.
…lesen…

BGH: Erneute Unterhaltsabänderungsklage nach Klageabweisung

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. Mai 2002 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision aufgehoben.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 13. Dezember 2001 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Ehegattenunterhalt für die Zeit von Oktober 2001 bis Dezember 2001 in Höhe von monatlich 1.267 DM und für die Zeit ab Januar 2002 in Höhe von monatlich 648 ¤ zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Von Rechts wegen.

…lesen…

BVerfG: Bindungswirkung der Entscheidungen des EMGR

1. Zur Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) gehört die Berücksichtigung der Gewährleistungen der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen methodisch vertretbarer Gesetzesauslegung. Sowohl die fehlende Auseinandersetzung mit einer Entscheidung des Gerichtshofs als auch deren gegen vorrangiges Recht verstoßende schematische „Vollstreckung“ können gegen Grundrechte in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verstoßen.

2. Bei der Berücksichtigung von Entscheidungen des Gerichtshofs haben die staatlichen Organe die Auswirkungen auf die nationale Rechtsordnung in ihre Rechtsanwendung einzubeziehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich bei dem einschlägigen nationalen Recht um ein ausbalanciertes Teilsystem des innerstaatlichen Rechts handelt, das verschiedene Grundrechtspositionen miteinander zum Ausgleich bringen will.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 30. Juni 2004 – 14 WF 64/04 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 6 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an einen anderen Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Das Land Sachsen-Anhalt hat dem Beschwerdeführer zwei Drittel seiner notwendigen Auslagen zu erstatten.
…lesen…

BGH: Zur Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle eines notariellen Ehevertrags

Zur Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle eines notariellen Ehevertrags, der neben der Vereinbarung der Gütertrennung und des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs auch Regelungen über den nachehelichen Ehegattenunterhalt, die Übertragung eines Hausanteils auf den Ehemann und eine Ausgleichszahlung des Ehemannes an die Ehefrau enthält (Fortführung des Senatsurteils vom 11. Februar 2004 – XII ZR 265/02FamRZ 2004, 601; vgl. auch Senatsbeschluß vom 6. Oktober 2004 – XII ZB 57/03 – zur Veröffentlichung bestimmt).
…lesen…

BGH: Zur Obliegenheit des Vermögensverbrauch im Ehegattenunterhalt

a) Werden die ehelichen Lebensverhältnisse nicht nur durch Geldeinnahmen, sondern auch durch Sachentnahmen oder andere vermögenswerte Vorteile (hier: Produkte aus dem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb) bestimmt, so rechtfertigt allein dieser Umstand keine konkrete Ermittlung des Unterhaltsbedarfs. Vielmehr sind diese anderen Vorteile – ggf. im Wege der Schätzung – zu bewerten und in die Einkommensberechnung einzustellen. Im absoluten Mangelfall kann auch auf Mindestbedarfsbeträge zurückgegriffen werden (im Anschluß an Senatsurteil vom 22. Januar 2003 – XII ZR 2/00 – FamRZ 2003, 363, 365 f.).

b) Zur Obliegenheit, den Vermögensstamm für den Trennungsunterhalt zu verwerten.
…lesen…

BVerfG: Anforderungen an Umgangsausschluss

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock vom 28. Januar 2004 – 11 UF 57/01 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Rostock zurückverwiesen.

2. Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

3. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu ersetzen.
…lesen…