BGH: Abänderung nach Versäumnisurteil erst, wenn es tatsächliche Veränderungen gibt

Eine behauptete Änderung der im Erstprozess einem Versäumnisurteil zugrunde gelegten (fingierten) Verhältnisse erlaubt keine Abänderung nach § 323 ZPO. Eine Abänderung ist vielmehr nur dann und insoweit möglich, als sich die seinerzeit gegebenen tatsächlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben.
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BGH: Aufenthaltsbestimmungsrecht bei Übersiedlung ins Ausland (Nicht-EU-Land)

a) Beabsichtigt bei gemeinsamer elterlicher Sorge der das Kind betreuende Elternteil, mit dem Kind in ein entferntes Land (hier: Mexiko) auszuwandern, so ist Maßstab der Entscheidung über die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts vornehmlich das Kindeswohl.

b) Für die Entscheidung sind zudem die beiderseitigen Elternrechte einzubeziehen. Die allgemeine Handlungsfreiheit des auswanderungswilligen Elternteils schließt es aus, dass auch die Möglichkeit des Verbleibs des betreuenden Elternteils im Inland als tatsächliche Alternative in Betracht kommt, selbst wenn diese dem Kindeswohl am besten entspräche. Die Gründe des Elternteils für seinen Auswanderungswunsch sind nur insoweit bedeutsam, als sie sich nachteilig auf das Kindeswohl auswirken (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 – IVb ZB 66/88 – FamRZ 1990, 392).

c) Das Familiengericht hat dem für das Kind bestellten Verfahrenspfleger (nunmehr: Verfahrensbeistand) regelmäßig die Möglichkeit zu geben, an der Kindesanhörung teilzunehmen, damit dieser seine Aufgabe, die Kindesinteressen zu vertreten, sinnvoll erfüllen kann. Anders kann nur verfahren werden, wenn konkrete Gründe dafür sprechen, dass die Sachaufklärung durch die Teilnahme des Verfahrenspflegers beeinträchtigt wird.

d) Wenn es für die Entscheidung auf den persönlichen Eindruck von dem Kind und dessen Willen ankommt, ist die Anhörung in der Beschwerdeinstanz vom gesamten Senat durchzuführen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 11. Juli 1984 – IVb ZB 73/83 – FamRZ 1985, 169).
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BGH: Nachehelicher Unterhalt, Erwerbsminderung, neue Ehe

a) Ist der Unterhaltsberechtigte vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert, ergibt sich der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt allein aus den §§ 1570 bis 1572 BGB, und zwar auch für den Teil des Unterhaltsbedarfs, der nicht auf dem Erwerbshindernis, sondern auf dem den angemessenen Lebensbedarf übersteigenden Be-darf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht. Ist der Unterhaltsberechtigte hingegen nur teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert, ergibt sich der Unterhaltsanspruch wegen des allein durch die Erwerbshinderung verursachten Einkommensausfalls aus den §§ 1570 bis 1572 BGB und im Übrigen als Aufstockungsunterhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB (im Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406).

b) Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Rahmen der Dreiteilung trifft den Unterhaltspflichtigen die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die die Unterhaltsbedürftigkeit seiner neuen Ehefrau begründen, weil es sich dabei um eine das Einkommen mindernde Verbindlichkeit handelt (im Anschluss an das Senatsurteil vom 27. April 1988 – IVb ZR 58/87 – FamRZ 1988, 930, 931).
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BGH: Beweislastumkehr für ehebedingte Nachteile

a) Im Rahmen der Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts ist der Unterhaltspflichtige für die Tatsachen darlegungs und beweisbelastet, die für eine Befristung sprechen.

b) Hinsichtlich der Tatsache, dass ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, trifft den Unterhaltsberechtigten aber nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine sog. sekundäre Darlegungslast (Klarstellung der Senatsurteile vom 14. November 2007 – XII ZR 16/07FamRZ 2008, 134; vom 16. April 2008 – XII ZR 107/06FamRZ 2008, 1325; vom 14. Oktober 2009 – XII ZR 146/08FamRZ 2009, 1990 und vom 28. März 1990 – XII ZR 64/89 – FamRZ 1990, 857).

c) Der Unterhaltsberechtigte muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.
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BGH: Betreuungsunterhalt, behindertes Kind, Selbstbehalt

a) Auch im Falle der Betreuung eines volljährigen behinderten Kindes kommt ein Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB nur dann in Betracht, wenn dies der Billigkeit entspricht. Das ist nur dann der Fall, wenn die persönliche Betreuung nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB) oder elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründen erforderlich ist (im Anschluss an die Senatsurteile vom 6. Mai 2009 – XII ZR 114/08FamRZ 2009, 1124; vom 18. März 2009 – XII ZR 74/08FamRZ 2009, 770, 772 und vom 16. Juli 2008 – XII ZR 109/05FamRZ 2008, 1739, 1748).

b) Sind die Eltern allerdings übereinstimmend der Auffassung, dass eine persönliche Betreuung des gemeinsamen Kindes erforderlich ist, ist für die Bemessung des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB von der Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung auszugehen. Der Umfang der danach notwendigen persönlichen Betreuung ist dann bei der Bemessung einer Erwerbspflicht des betreuenden Elternteils zu berücksichtigen.
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BVerfG: Altersunterhalt, lange Ehe, Prozesskostenhilfe, Befristung

Der Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 11. Dezember 2008 – 301 F 14/08 – sowie der Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 23. Januar 2009 – 21 WF 14/09 – verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 23. Januar 2009 – 21 WF 14/09 – wird aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht Köln zurückverwiesen.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Der Antrag der nach § 94 Absatz 3 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes anhörungsberechtigten Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten wird zurückgewiesen.
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BGH: Kein Zwang zur Mitwirkung an Gerichtsgutachten

In Verfahren nach § 1666 BGB kann ein Elternteil mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht gezwungen werden, sich körperlich oder psychiat-risch/psychologisch untersuchen zu lassen und zu diesem Zweck bei einem Sachverständigen zu erscheinen (im Anschluss an BVerfG FamRZ 2009, 944 f.; 2004, 523 f.).

b) Verweigert in Verfahren nach § 1666 BGB ein Elternteil die Mitwirkung an der Begutachtung, kann dieses Verhalten nicht nach den Grundsätzen der Be-weisvereitelung gewürdigt werden.

c) In Betracht kommt allerdings, den die Begutachtung verweigernden Elternteil in Anwesenheit eines Sachverständigen gerichtlich anzuhören und zu diesem Zweck das persönliche Erscheinen des Elternteils anzuordnen und gegebe-nenfalls gemäß § 33 FGG durchzusetzen (vgl. auch § 33 FamFG).
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BGH: Herabsetzung nachehelicher Unterhalt und Begrenzung des Krankheitsunterhaltes

a) Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. § 1578 b BGB beschränkt sich allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (im Anschluss an die Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 und vom 27. Mai 2009 – XII ZR 111/08FamRZ 2009, 1207).

b) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auch auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen. Beim Krankheitsunterhalt kann deswegen nur auf das Einkommen abgestellt werden, das der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung im Falle seiner Krankheit zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss (im Anschluss an das Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 – XII ZR 146/08FamRZ 2009, 1990, 1991).
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