BGH: Wann wird Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB geschuldet?

a) Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB wird geschuldet, wenn die Anspruchsvoraussetzungen zur Zeit der Scheidung vorgelegen haben. Dass der Unterhaltsanspruch erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht wird, ist ohne Bedeutung.

b) Für die Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des – wiederverheirateten – Unterhaltspflichtigen ist bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts ein gegebenenfalls vorhandener Splittingvorteil außer Betracht zu lassen und eine fiktive Steuerberechnung anhand der Grundtabelle vorzunehmen. Kindern aus einer früheren Ehe des Unterhaltspflichtigen kommt demgegenüber der mit der Wiederheirat verbundene Steuervorteil zugute.

c) Die von einem Unterhaltspflichtigen erbrachten Leistungen für ein Stiefkind haben bei der Bemessung des Unterhalts des geschiedenen Ehegatten und der aus einer früheren Ehe hervorgegangenen Kinder außer Betracht zu bleiben.

d) Zur Berücksichtigung des Wohnwertes eines zunächst im Miteigentum der Ehegatten stehenden Hauses, das der Unterhaltspflichtige im Rahmen der Teilungsversteigerung erworben hat.

e) Sowohl dem Unterhaltsberechtigten als auch dem unterhaltspflichtigen Ehegatten ist grundsätzlich zuzubilligen, einen Betrag von bis zu 4 % ihrer jeweiligen Gesamtbruttoeinkommen des Vorjahres für eine – über die primäre Altersversorgung hinaus betriebene – zusätzliche Altersvorsorge einzusetzen.

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 17. Juli 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin zu 1 (im folgenden: Klägerin) verlangt von dem Beklagten nachehelichen Unterhalt (Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt), der Kläger zu 2 (im folgenden: Kläger) macht Kindesunterhalt geltend.

Die Klägerin und der Beklagte haben am 26. März 1970 die Ehe geschlossen, aus der der Sohn A. (geboren 1971) und der Kläger (geboren 1978), hervorgegangen sind. Durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – vom 21. Juli 1999 ist die Ehe geschieden worden; der Scheidungsausspruch ist seit dem 28. Dezember 1999 rechtskräftig.

Die Klägerin ist kaufmännische Angestellte, der Beklagte ist Prokurist. Er ist Vater des am 7. April 1995 nichtehelich geborenen Kindes L., dessen – aus Kolumbien stammende – Mutter er am 20. April 2000 geheiratet hat. Diese hat ein weiteres Kind, den am 4. Januar 1985 in B. (Kolumbien) geborenen J., der bei ihr und dem Beklagten lebt. Die zweite Ehefrau geht keiner Erwerbstätigkeit nach.

Die Klägerin und der Beklagte waren Eigentümer eines Hauses, in dem sich die eheliche Wohnung befand. Diese war der Klägerin gegen Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung von 800 DM durch das Scheidungsverbundurteil zugewiesen worden. Der Beklagte hat das Hausgrundstück am 4. März 2002 im Wege der Teilungsversteigerung erworben; die Kläger haben das Haus Ende März 2002 geräumt.

Der Kläger hat nach Beendigung der Schulausbildung zunächst seinen Wehrdienst geleistet. Seit September 2000 studiert er an der Universität K.

Die Klägerin hat laufenden Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 2.555 DM ab März 2001 sowie einen Unterhaltsrückstand von 5.110 DM geltend gemacht. Der Kläger hat – ebenfalls ab März 2001 – laufenden Kindesunterhalt von monatlich 567 DM sowie einen Unterhaltsrückstand von 1.126 DM verlangt. Für den Fall, daß kein oder nur ein geringerer Ehegattenunterhalt zu zahlen ist, hat er hilfsweise beantragt, ihm laufenden Unterhalt von monatlich 834 DM sowie einen Unterhaltsrückstand von 1.660 DM zuzuerkennen.

Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin monatlichen Unterhalt von 1.857 DM, davon 371 DM als Altersvorsorgeunterhalt, und an den Kläger monatlichen Unterhalt von 567 DM, jeweils ab März 2001, zu zahlen. Gegen dieses Urteil haben die Kläger und der Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat sein Unterhaltsbegehren in vollem Umfang weiterverfolgt; die Klägerin hat nur noch in Höhe von 1.345 DM für Februar 2001 und in Höhe weiterer 120 DM monatlich (einschließlich Altersvorsorgeunterhalt) für die Zeit ab März 2001 Unterhalt verlangt. Der Beklagte hat Klageabweisung begehrt, soweit er verurteilt worden ist, monatlich höheren Ehegattenunterhalt als (insgesamt) 1.000 DM ab März 2001 und höheren Kindesunterhalt als 480 DM ab Mai 2001 zu zahlen. Die Berufungen hatten jeweils Teilerfolge, diejenigen der Kläger allerdings nur in geringem Umfang. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt der Beklagte sein zweitinstanzliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die – entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung uneingeschränkt zugelassene – Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

Das Oberlandesgericht hat der Klägerin Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB zuerkannt, da ein solcher Anspruch bereits zur Zeit der Scheidung bestanden habe. Zur Begründung der Ansprüche auf Ehegatten- und Kindesunterhalt hat es im wesentlichen ausgeführt:

Die jetzige Ehefrau des Beklagten gehe der Klägerin im Rang nach, denn die erste Ehe des Beklagten sei von langer Dauer gewesen. Auch der Unterhaltsanspruch des Klägers sei vor demjenigen der Ehefrau zu berücksichtigen, weil deren eheliche Lebensverhältnisse durch diese Unterhaltsverpflichtung geprägt seien. Daß der Kläger als volljähriges Kind gemäß § 1609 Abs. 2 BGB gegenüber der Ehefrau nachrangig sei, habe demgegenüber nur für den – hier nicht vorliegenden – Fall mangelnder Leistungsfähigkeit des Beklagten Bedeutung. Der steuerliche Splittingvorteil, der dem Beklagten aufgrund der erneuten Heirat zugute komme, sei auch bei der Bemessung der Unterhaltsansprüche der Kläger zu berücksichtigen. Nur dann, wenn der Unterhaltspflichtige den Betrag der Steuerersparnis für den Unterhalt des neuen Ehegatten benötige, sei der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach § 1579 Nr. 7 BGB zu kürzen, soweit er an dem Splittingvorteil teilhaben würde. Der Beklagte lebe jedoch in guten Einkommensverhältnissen, so daß er mit dem verbleibenden Einkommen auch seine Ehefrau unterhalten könne. Die Kosten für den Unterhalt des Stiefsohnes J. hätten – im Gegensatz zu der Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber dem Kind L. – bei der Ermittlung der Unterhaltsansprüche der Kläger außer Betracht zu bleiben. Der Beklagte habe sich zwar am 9. März 1999 gegenüber der Ausländerbehörde verpflichtet, für den Lebensunterhalt des Stiefsohnes, der das Gymnasium besuche, aufzukommen. Dieser sei aber weder ein Kind des Beklagten noch von diesem adoptiert worden, so daß eine gesetzliche Unterhaltspflicht nicht bestehe. Die Verpflichtungserklärung könne auch einer Adoption nicht gleichgestellt werden. Die nur sittliche Pflicht des Beklagten, für den Unterhalt des Stiefsohnes aufzukommen, könne indessen keinen Gleichrang mit dem Unterhaltsanspruch der Klägerin bzw. keinen Vorrang gegenüber demjenigen des volljährigen Klägers begründen. Da die Verpflichtung seitens des Beklagten freiwillig nach der Trennung von der Klägerin eingegangen worden sei, scheide – anders als bei sonstigen laufenden Zahlungsverpflichtungen – ein Vorwegabzug vom Einkommen des Beklagten ebenfalls aus. Dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn – wie hier – ausreichende Mittel vorhanden seien, um den Stiefsohn zu unterhalten. Allerdings dürfe mit Rücksicht auf dieses Ergebnis der steuerliche Vorteil, den der Beklagte aufgrund des Stiefsohnes habe, den Klägern nicht zugute kommen. Die Steuerbelastung sei deshalb fiktiv auf der Grundlage des Freibetrages für nur ein Kind zu ermitteln.

Von dem Einkommen der Klägerin sei der Aufwand für die Direktversicherung von 3.408 DM jährlich in Abzug zu bringen, da diese als betriebliche Zusatzversorgung der Altersversorgung diene. Der Wohnwert des von der Klägerin genutzten Hauses sei mit monatlich 1.600 DM anzusetzen. Da sie an den Beklagten eine Nutzungsentschädigung von monatlich 800 DM zu zahlen habe, verbleibe ein Wohnvorteil von ebenfalls 800 DM. Zinseinkünfte seien der Klägerin in Höhe von 198,10 DM monatlich zuzurechnen. Ausgehend von den auf dieser Grundlage ermittelten Einkommensverhältnissen sei – soweit in zeitlicher Hinsicht beantragt – zunächst der Anspruch der Klägerin auf Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt im Wege der Differenzmethode zu errechnen. Danach sei der dem Kläger zustehende Unterhalt zu bestimmen. Da die Klägerin und der Beklagte hierfür anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen aufzukommen hätten, sei dem Einkommen der Klägerin der zu beanspruchende Elementarunterhalt hinzuzurechnen, während von dem Einkommen des Beklagten der Gesamtbetrag des Ehegattenunterhalts in Abzug zu bringen sei. Der geschuldete Kindesunterhalt ergebe sich sodann nach dem Verhältnis der beiderseitigen, um den angemessenen Selbstbehalt bereinigten Einkünfte der Eltern.

Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.

II.

Ehegattenunterhalt

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB geschuldet wird, wenn die Anspruchsvoraussetzungen zur Zeit der Scheidung vorgelegen haben. Die in § 1573 Abs. 3 und 4 BGB enthaltenen Regelungen wären nicht verständlich, wenn für den Anspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB nicht die Zeit der Scheidung als Einsatzzeit gelten würde (vgl. Senatsurteil vom 1. Juni 1983 – IVb ZR 389/81 – FamRZ 1983, 886; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 4 Rdn. 126; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Kap. IV Rdn. 285; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 439). Daß der Unterhaltsberechtigte den Anspruch erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend macht, ist ohne Bedeutung.

Nach den getroffenen Feststellungen hätte der Klägerin bereits zur Zeit der Scheidung ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zugestanden. Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.

2. Die – eingeschränkte – Unterhaltsbedürftigkeit der Klägerin stellt der Beklagte nicht in Abrede, da er – für die Zeit ab Mai 2001 – nur die über einen Gesamtunterhalt von monatlich 1.000 DM hinausgehende Verurteilung angreift. Das Maß des der Klägerin geschuldeten Unterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB), die wesentlich durch die Einkommensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten geprägt werden.

Hinsichtlich des Einkommens des Beklagten hat das Berufungsgericht die Auffassung vertreten, daß – abgesehen von der gebotenen Außerachtlassung des Kinderfreibetrages für den Stiefsohn – auf die reale steuerliche Belastung abzustellen sei mit der Folge, daß der Splittingvorteil, der dem Beklagten zugute komme, sich auch zugunsten der Kläger auswirke. Das steht mit der früheren Rechtsprechung des Senats in Einklang. Mit Beschluß vom 7. Oktober 2003 hat das Bundesverfassungsgericht allerdings entschieden, daß der Gesetzgeber den Vorteil, der aus dem Steuersplitting folgen könne, der bestehenden Ehe von gemeinsam steuerlich veranlagten und zusammenlebenden Ehegatten zugewiesen habe. Der Splittingtarif falle deshalb weg, wenn die Eheleute dauerhaft getrennt lebten oder sich scheiden ließen. Um eine gleichzeitig mit dem Wegfall des Splittingvorteils durch einen Unterhaltsanspruch des getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten eintretende Belastung des Unterhaltspflichtigen steuerlich aufzufangen, habe der Gesetzgeber geschiedenen Ehegatten die Möglichkeit des Realsplittings eingeräumt, die so lange eröffnet sei, wie die Unterhaltsverpflichtung bestehe. Gehe der Unterhaltspflichtige aber eine neue Ehe ein, sei dies bei Zusammenveranlagung der Ehegatten anspruchsbegründender Tatbestand für den Eintritt eines möglichen Splittingvorteils. Dabei handele es sich nicht um ein Wiederaufleben des steuerlichen Splittingvorteils, in dessen Genuß die geschiedenen Ehegatten bei Bestehen ihrer Ehe gekommen seien oder hätten kommen können. Vielmehr entstehe mit der neuen Ehe eine neue Einkommenskonstellation zwischen den nunmehr miteinander verbundenen Ehegatten, die maßgeblich dafür sei, ob und inwieweit ihre Ehe durch das Splittingverfahren steuerliche Vorteile erfahre. Der neuen Ehe und nicht der geschiedenen Ehe des wiederverheirateten Unterhaltspflichtigen solle also eine steuerliche Entlastung zuteil werden. Eine andere Interpretation von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB würde der neuen Ehe den Schutz nach Art. 6 Abs. 1 GG entziehen, der auch ihr in Ausformung des grundgesetzlichen Auftrags durch den Gesetzgeber zukomme, und sei deshalb mit dem Grundgesetz nicht vereinbar (BVerfGE 108, 351, 363 ff.).

Mit Rücksicht auf diese Entscheidung kann die bisherige Rechtsprechung des Senats zur Behandlung des Splittingvorteils bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts nicht aufrechterhalten werden. Da eine hierauf beruhende steuerliche Entlastung von Verfassungs wegen der neuen Ehe zugewiesen ist, hat der betreffende Gesichtspunkt als ein die Lebensverhältnisse der geschiedenen Ehe prägender Umstand außer Betracht zu bleiben. Für die Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Unterhaltspflichtigen ist deshalb ein gegebenenfalls vorhandener Splittingvorteil zu eliminieren und eine fiktive Steuerberechnung anhand der Grundtabelle vorzunehmen, soweit es um die Inanspruchnahme auf Zahlung von Ehegattenunterhalt geht. Demgegenüber kommt Kindern aus einer früheren Ehe des Unterhaltspflichtigen der mit der Wiederheirat verbundene Steuervorteil zugute, da es im Verwandtenunterhalt grundsätzlich auf das tatsächlich vorhandene Einkommen, mithin auch auf die reale Steuerbelastung ankommt.

Für die Berechnung des der Klägerin zustehenden Unterhalts kann danach – im Gegensatz zum Kindesunterhalt, vgl. dazu III. 2. – nicht von dem vom Berufungsgericht festgestellten Einkommen des Beklagten ausgegangen werden, denn von dessen Bruttoerwerbseinkommen ist Lohnsteuer nach Steuerklasse III abgeführt worden. Erforderlich ist deshalb die Feststellung, welche steuerliche Belastung sich für den Beklagten in seiner konkreten steuerrechtlichen Situation bei Anwendung der Grundtabelle – gegebenenfalls aber unter Berücksichtigung eines Steuervorteils aus dem begrenzten Realsplitting bezüglich des in Höhe von monatlich 1.000 DM freiwillig gezahlten Ehegattenunterhalts – ergeben würde.

3. Als von dem Einkommen des Beklagten vorweg zu berücksichtigende Unterhaltspflicht hat das Berufungsgericht den für die Tochter L. aufzubringenden eheprägenden Unterhalt angesehen. Das steht mit der Rechtsprechung des Senats in Einklang (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 1993 – XII ZR 89/92 – FamRZ 1994, 87, 88 f. und vom 25. November 1998 – XII ZR 98/97 – FamRZ 1999, 367, 368).

Das Berufungsgericht ist weiter davon ausgegangen, die für den Stiefsohn eingegangene Zahlungsverpflichtung des Beklagten müsse unterhaltsrechtlich außer Betracht bleiben. Demgegenüber macht die Revision geltend, insoweit bestehe nicht nur eine sittliche Pflicht, sondern eine Rechtspflicht, die der Beklagte habe übernehmen müssen, um eine Familienzusammenführung zu ermöglichen. Dessen neue Familie, der auch der Stiefsohn angehöre, stehe unter dem Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG, weshalb die mit der Familienzusammenführung verbundenen Kosten unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen seien.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

a) Es ist zwar zutreffend, daß unter der Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG jedenfalls die aus Eltern und Kindern bestehende Gemeinschaft zu verstehen ist, zu den Kindern aber auch Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder sowie (im Verhältnis zur Mutter) nichteheliche Kinder gehören (BVerfGE 18, 97, 105 f.; 68, 176, 187; Badura in Maunz/Dürig GG Art. 6 Rdn. 60). Richtig ist auch, daß der besondere Schutz der staatlichen Ordnung, den die Familie mit ausländischen Angehörigen beanspruchen kann, hauptsächlich in den Regelungen des Ausländerrechts über das familiäre Zusammenleben (Aufenthaltsrecht, Familiennachzug, Schutz gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen) zur Geltung kommt (Badura aaO Art. 6 Rdn. 63). Der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG gilt jedoch unterschiedslos jeder Ehe. Nicht nur die bestehende Ehe, sondern auch die Folgewirkungen einer geschiedenen Ehe werden durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfGE 53, 257, 296; 108, 351, 364). Damit erstreckt sich der Schutz auch auf die nach der Scheidung bestehenden Unterhaltsansprüche, die als Folgewirkung der personalen Verantwortung der Ehegatten füreinander anzusehen sind. Deshalb ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber beim Aufeinandertreffen von Unterhaltsansprüchen aus der geschiedenen und aus der neuen Ehe des Unterhaltspflichtigen dem geschiedenen Unterhaltsberechtigten durch § 1582 BGB einen Vorrang eingeräumt hat (vgl. auch Senatsurteil vom 13. April 2005 – XII ZR 273/02FamRZ 2005, 1154, 1155 f.). Er hat damit dem Umstand Rechnung getragen, daß der Anspruch des geschiedenen Ehegatten schon bestanden hat, bevor die neue Ehe eingegangen worden ist, beide Ehegatten von dieser wirtschaftlichen Last aus der ersten Ehe gewußt haben und sich insoweit darauf haben einrichten können (BVerfGE 66, 84, 98). Das sind nach wie vor hinreichende Gründe, die die unterschiedliche unterhaltsrechtliche Behandlung von geschiedenen und verheirateten Unterhaltsberechtigten rechtfertigen (BVerfGE 108 aaO 365). Der neuen Ehe werden demgegenüber die steuerlichen Vorteile eingeräumt, deren Entstehen vom Eheschluß ausgelöst wird und die das Zusammenleben der Ehegatten voraussetzen.

Differenziert der Gesetzgeber in Erfüllung und Ausgestaltung seiner Verpflichtung aus Art. 6 Abs. 1 GG zwischen geschiedenen und bestehenden Ehen und gewährt er ihnen unterschiedliche Vorteile, mit denen er ihrer jeweiligen Bedarfslage gerecht werden will, haben die Gerichte dies bei ihren Entscheidungen zu beachten. Das folgt aus dem Gebot des Art. 6 Abs. 1 GG, jeder Ehe den Schutz zukommen zu lassen, der in der jeweiligen gesetzlichen Ausformung seine Konkretisierung findet (BVerfGE 108 aaO 365).

In das dem Ausgleich der jeweiligen Interessen dienende Gefüge würde aber eingegriffen, wenn die für ein Mitglied der neuen Familie aufzubringenden Lebenshaltungskosten bei der Bemessung der Unterhaltsansprüche der Mitglieder der Erstfamilie berücksichtigt würden. Das wird im vorliegenden Fall auch aus folgender Erwägung deutlich: Die zweite Ehefrau des Unterhaltspflichtigen geht der geschiedenen Ehefrau im Rang nach, obwohl ihr ebenfalls ein Unterhaltsanspruch, nämlich ein solcher auf Familienunterhalt, zusteht. Dann muß das Kind der neuen Ehefrau, für das keine gesetzliche Unterhaltspflicht des Ehemannes besteht, bei der Bemessung des der geschiedenen Ehefrau zustehenden Unterhalts erst recht außer Betracht bleiben. Das gilt entsprechend gegenüber dem Unterhaltsanspruch des erstehelichen Kindes. Dessen Unterhaltsanspruch kann nicht dadurch geschmälert werden, dass der Ehemann für den Sohn seiner zweiten Ehefrau aufkommen muss. Das ergibt sich bereits aus folgender Überlegung: Ist das ersteheliche Kind minderjährig, so steht es seiner Mutter, der geschiedenen Ehefrau, im Rang gleich, geht also ebenso wie diese der neuen Ehefrau vor. Ist das Kind volljährig, so geht es der neuen Ehefrau zwar im Rang nach. Durch den diesem Kind geschuldeten Unterhalt wurden aber die ehelichen Lebensverhältnisse der jetzt bestehenden Ehe geprägt, so daß auch der Unterhalt des volljährigen Kindes bei der Bedarfsbemessung vorweg zu berücksichtigen ist. Ein Stiefkind kann aber auch insoweit nicht besser stehen als seine Mutter. Das muß erst recht gelten, wenn die finanziellen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen es diesem – wie im vorliegenden Fall – erlauben, auch für den Lebensunterhalt der neuen Familie aufzukommen.

b) Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht angenommen, daß die gegenüber der Ausländerbehörde begründete Zahlungsverpflichtung nicht als sonstige Verbindlichkeit zu berücksichtigen ist. Ob vom Unterhaltspflichtigen eingegangene Schulden unterhaltsrechtlich zu beachten sind, ist unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen, wobei es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeiten, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis des Unterhaltspflichtigen von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und andere Umstände ankommt (Senatsurteil vom 18. März 1992 – XII ZR 1/91 – FamRZ 1992, 797, 798).

Danach ist hier von Bedeutung, daß es sich nicht um eine – in Bezug auf die erste Ehe des Unterhaltspflichtigen – ehebedingte Verbindlichkeit handelt. Vielmehr hat er die Verpflichtungserklärung in Kenntnis seiner Unterhaltspflicht für die Klägerin im Interesse der Beziehung zu seiner späteren Ehefrau abgegeben. Ein Vorwegabzug kommt auf der Stufe der Bedarfsbemessung aber nur in Betracht, wenn und soweit es sich um ehebedingte Verbindlichkeiten handelt, weil die entsprechenden Einkommensteile auch bei weiterem Zusammenleben der Ehegatten nicht zur Deckung des laufenden Bedarfs zur Verfügung gestanden hätten (vgl. Senatsurteil vom 16. April 1997 – XII ZR 233/95 – FamRZ 1997, 806, 807). Für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin hat die Verpflichtungserklärung deshalb unberücksichtigt zu bleiben.

c) Mit Rücksicht darauf ist es rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht andererseits auch den steuerlichen Vorteil, der dem Beklagten durch den Kinderfreibetrag für den Stiefsohn zukommt, außer Betracht gelassen hat. Eine fiktive Steuerlast ist dann in Ansatz zu bringen, wenn steuermindernde tatsächliche Aufwendungen vorliegen, die unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen sind (Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 – XII ZR 75/02 – FamRZ 2005, 1159, 1161). Das ist hier der Fall.

4. Das Berufungsgericht hat den Wohnwert des zunächst im Miteigentum der Parteien stehenden Hauses allein dadurch berücksichtigt, daß es dem Einkommen der Klägerin bis einschließlich Februar 2002 einen Betrag von 800 DM als Wohnvorteil (Wohnwert: 1.600 DM ./. Nutzungsentschädigung: 800 DM) hinzugerechnet hat. Für März 2002 hat es hiervon abgesehen, obwohl die Klägerin das Haus noch bewohnt hat, weil sie für diesen Monat sowohl Nutzungsentschädigung als auch Mietzins gezahlt habe. Auf seiten des Beklagten hat das Berufungsgericht einen Wohnwert bzw. ein an dessen Stelle getretenes Surrogat nicht angesetzt. Für die Zeit, nachdem dieser das Haus im Rahmen der Teilungsversteigerung erworben hatte, hat es dazu ausgeführt: Ein Wohnvorteil sei dem Einkommen des Beklagten nicht hinzuzurechnen, da die Zinslasten zur Zeit noch den Wohnwert überstiegen bzw. nahezu erreichten. Der Beklagte habe nachgewiesen, daß er ein Darlehen über 120.000 ¤ habe aufnehmen müssen, für das für die Zeit von Juni bis Dezember 2002 4.055,14 ¤ an Zinsen aufzubringen seien. Hinzu kämen die Zinsen für das Darlehen in Höhe von 92.000 ¤, das nach Ablösung mit dem dem Beklagten zugeflossenen Verteilungserlös noch in Höhe von 18.000 ¤ bestanden habe.

Diese Beurteilung hält nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Die ehelichen Lebensverhältnisse der Klägerin und des Beklagten waren dadurch geprägt, daß sie gemeinsam Eigentümer eines Hauses waren, in dem sie mietfrei wohnten. Der eheangemessene Bedarf erhöhte sich deshalb durch die gezogenen Nutzungsvorteile (st. Rechtspr. des Senats, vgl. etwa Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 – XII ZR 12/96 – FamRZ 1998, 87, 88). Diese Nutzungsvorteile entfallen, wenn das gemeinsam genutzte Haus im Zusammenhang mit der Scheidung veräußert wird. An ihre Stelle treten allerdings die Vorteile, die die Ehegatten in Form von Zinseinkünften aus dem Erlös ihrer Miteigentumsanteile ziehen oder ziehen könnten (Senatsurteile vom 3. Mai 2001 – XII ZR 62/99 – FamRZ 2001, 1140, 1143 und vom 31. Oktober 2001 – XII ZR 292/99 – FamRZ 2002, 88, 92). Das gilt auch dann, wenn das Haus nicht an einen Dritten veräußert wird, sondern wenn ein Ehegatte seinen Miteigentumsanteil auf den anderen überträgt bzw. wenn einer von ihnen das Haus im Rahmen der Teilungsversteigerung erwirbt. In diesem Fall tritt für den seinen Anteil verlierenden Ehegatten der Erlös als Surrogat an die Stelle der Nutzungsvorteile seines Miteigentumsanteils, bei dem anderen Ehegatten ist dagegen der volle Wohnwert anzusetzen (Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 aaO). Wird das Haus nicht veräußert, sondern von einem Ehegatten weiter genutzt, so verbleibt ihm der Wohnvorteil, allerdings vermindert um eventuelle Belastungen. Eine von ihm an den anderen Ehegatten gezahlte Nutzungsentschädigung tritt auf dessen Seite als Surrogat an die Stelle des früheren Nutzungsvorteils.

b) Deshalb hätte die von der Klägerin entrichtete Nutzungsentschädigung bei dem Beklagten nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Vielmehr erhöhte sie sein Einkommen, soweit davon nicht Hauslasten, insbesondere Zins- und Tilgungsleistungen auf bestehende Kreditverbindlichkeiten, zu begleichen waren. In welchem Umfang dies der Fall war und ob und gegebenenfalls inwieweit sich die Klägerin an den Hauslasten beteiligt hat, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

Für die Zeit nach dem Erwerb des Hauses durch den Beklagten ist bei diesem der volle Wohnwert anzusetzen und durch Abzug der Hauslasten der Wohnvorteil zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Zahlungen, die für den Erwerb des Miteigentumsanteils des Ehegatten bzw. zu diesem Zweck im Rahmen einer Teilungsversteigerung aufzubringen sind, den Wohnvorteil nur hinsichtlich des Zinsaufwands mindern. Um Tilgungsleistungen, die der Rückführung eines entsprechenden Darlehens dienen, ist der Wohnvorteil dagegen grundsätzlich nicht zu kürzen (Senatsurteile vom 5. April 2000 – XII ZR 96/98 – FamRZ 2000, 950, 951 f. und vom 1. Dezember 2004 aaO). Allerdings können Tilgungsleistungen, die dem Erwerb einer Immobilie dienen, als Form der zusätzlichen Altersversorgung zu berücksichtigen sein (vgl. unter II. 5.).

Ob das Berufungsgericht danach im Ergebnis zu Recht davon abgesehen hat, dem Einkommen des Beklagten einen Wohnvorteil zuzurechnen, läßt sich aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht beurteilen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, daß Zinsen von durchschnittlich 580 ¤ monatlich sowie aus einem weiteren Darlehen von letztlich 18.000 ¤ den Wohnwert von 818 ¤ (= 1.600 DM) nahezu erreichen.

5. Das Einkommen der Klägerin hat – jedenfalls als Surrogat des wirtschaftlichen Wertes ihrer früheren Familienarbeit – ebenfalls die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt (vgl. Senatsurteil BGHZ 148, 105, 120 f.). Von dem deshalb schon für die Bedarfsbemessung zu berücksichtigenden Einkommen der Klägerin hat das Berufungsgericht die Aufwendungen für die Direktversicherung abgezogen, die der Arbeitgeber der Klägerin zu deren Gunsten abgeschlossen hat. Nach den getroffenen Feststellungen handelt es sich um eine betriebliche Altersversorgung. Wegen des Jahresbeitrags von 3.408 DM findet eine Gehaltsumwandlung statt, der Betrag wird vom Gehalt der Klägerin abgezogen und vom Arbeitgeber an die Versicherung abgeführt.

Die Revision wendet sich gegen den vom Berufungsgericht vorgenommenen Abzug und macht geltend: Ausgehend von dem Grundsatz, daß eine angemessene Vorsorge für das Alter getroffen werde, wenn einerseits Rentenanwartschaften aufgrund Erwerbstätigkeit aufgebaut würden, andererseits der Versorgungsausgleich durchgeführt worden sei, stellten Lebensversicherungen zwecks Kapitalbildung keine unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen dar. Zumindest habe es weiterer Feststellungen dazu bedurft, ob die Klägerin eine Direktversicherung benötige, um eine angemessene Altersversorgung aufzubauen. Die Erklärung der Klägerin, bei der Direktversicherung handele es sich um eine Altersversorgung im Sinne einer Rentenversicherung ohne Kapitalwahlrecht, sei – wie sich aus dem Versicherungsantrag ergebe – offensichtlich unrichtig. Danach bestehe vielmehr eine Versicherung auf Rentenbasis mit Kapitalwahlrecht. Darüber hinaus habe sich das Berufungsgericht nicht mit der Frage befaßt, ob die Klägerin neben der Direktversicherung noch auf eine weitere Altersversorgung angewiesen sei, zu deren Finanzierung sie Altersvorsorgeunterhalt benötige.

Damit hat die Revision nur teilweise Erfolg.

a) Der Prämisse, durch die aus dem Erwerbseinkommen abzuführenden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie die Durchführung des Versorgungsausgleichs werde eine angemessene Altersversorgung erreicht, kann im Hinblick auf die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr zugestimmt werden. Vielmehr hat sich zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt, daß der Lebensstandard im Alter nur dann zu sichern ist, wenn neben der primären Vorsorge – u.a. durch die gesetzliche Rentenversicherung – private Leistungen für eine zusätzliche Altersversorgung erbracht werden (vgl. Art. 6 des Altersvermögensgesetzes vom 26. Juni 2001, BGBl I 1330, 1335). Die zusätzliche, auf Freiwilligkeit und Eigeninitiative beruhende Altersversorgung wird vom Staat mit Zulagen und Steuererleichterungen, u.a. durch die im Einkommensteuerrecht geregelte sog. „Riester-Rente“, gefördert. Dabei kann der Berechtigte zwischen einer privaten oder betrieblichen Altersvorsorgeart wählen. Eine Art der betrieblichen Altersversorgung stellt die sog. Direktversicherung dar, bei der der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer mit einer Versicherungsgesellschaft eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers abschließt, aus der dieser und gegebenenfalls seine Hinterbliebenen bezugsberechtigt sind. Die Beitragszahlung erfolgt im Rahmen einer Gehaltsumwandlung. Leistungen an eine Direktversicherung sind pauschal mit 20 % zu versteuern (§ 40 b EStG); sozialversicherungsrechtlich gelten sie bis zum 31. Dezember 2008 nicht als Arbeitsentgelt (vgl. Strohal FamRZ 2002, 277, 280).

b) Mit Rücksicht auf diese Entwicklung hat der Senat bei der Inanspruchnahme auf Zahlung von Elternunterhalt Leistungen des Unterhaltspflichtigen für eine zusätzliche Altersversorgung als vom Einkommen abzugsfähig anerkannt, soweit sich diese in einem angemessenen Rahmen halten. Dabei ist er davon ausgegangen, daß in dem rechtlich schwächer ausgestalteten Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen erwachsenen Kindern und ihren unterhaltsbedürftigen Eltern ein um etwa 25 % über der gesetzlichen Rentenversicherung liegender Betrag als angemessen angesehen, also etwa in Höhe weiterer 5 % des Bruttoeinkommens zusätzliche Altersvorsorge betrieben werden kann (Senatsurteil vom 14. Januar 2004 – XII ZR 149/01 – FamRZ 2004, 792, 793).

c) Die unterhaltsrechtliche Berücksichtigungsfähigkeit von Leistungen für eine zusätzliche Altersversorgung kann indessen nicht auf die Unterhaltspflicht gegenüber Eltern beschränkt werden. Die Notwendigkeit, für das Alter zusätzlich Vorsorge zu treffen, stellt sich letztlich für jeden. Im Verhältnis zwischen geschiedenen Ehegatten sieht das Gesetz vor, daß zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters gehören (§ 1578 Abs. 3 BGB). Da eine solche allein durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr gewährleistet werden kann, muß dem Unterhaltsberechtigten und gleichermaßen dem Unterhaltspflichtigen zugebilligt werden, in angemessenem Umfang zusätzlichen Vorsorgeaufwand zu betreiben, und beiden die Möglichkeit eröffnet sein, diesen Umstand in die Unterhaltsbemessung einfließen zu lassen (ebenso Kalthoener/Büttner/Niepmann aaO Rdn. 988 a, Wendl/Gerhardt aaO § 1 Rdn. 597 a; Bergschneider FamRZ 2003, 1609, 1615; Strohal aaO 281). Ob ein Ehegatte sich zum Zweck der ergänzenden Altersvorsorge für die „Riester-Rente“ entscheidet oder ein nicht zertifiziertes Produkt wählt, das ihm besser geeignet erscheint, obwohl es steuerlich nicht privilegiert wird, muß grundsätzlich seiner eigenen Überlegung vorbehalten bleiben.

d) Mit Rücksicht darauf bestehen dem Grunde nach keine rechtlichen Bedenken, Aufwendungen der zusätzlichen Altersversorgung unterhaltsrechtlich anzuerkennen und durch einen Abzug vom unterhaltsrelevanten Einkommen zu berücksichtigen. Im übrigen erbringt nicht nur die Klägerin – im Wege des Direktabzugs vom Lohn – durch die von ihrem Arbeitgeber abgeschlossene Direktversicherung Leistungen für eine zusätzliche Altersversorgung. Auch der Beklagte sorgt in zusätzlicher Weise für sein Alter, da er das frühere Familienheim erworben hat und erhebliche Wohnkosten sparen wird, wenn er die Kreditverpflichtungen (und zwar sowohl Zins- als auch Tilgungsanteile) zurückgeführt haben wird. Das kommt ihm auch im Alter zugute.

Danach kann es dem Grunde nach jedenfalls nicht beanstandet werden, daß das Berufungsgericht die Aufwendungen für die Direktversicherung vom Einkommen der Klägerin in Abzug gebracht hat.

Was die Höhe der Aufwendungen anbelangt, erscheint es nach Auffassung des Senats gerechtfertigt, in Anlehnung an den Höchstförderungssatz der sogenannten „Riester-Rente“ einen Betrag von bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres als angemessene zusätzliche Altersversorgung anzusehen. Darüber hinausgehende Leistungen müssen unterhaltsrechtlich außer Betracht bleiben. Im übrigen hängt die Berücksichtigungsfähigkeit davon ab, ob der als vorrangig anzusehende Elementarunterhalt und der der primären Altersversorgung dienende Altersvorsorgeunterhalt aufgebracht werden können. Außerdem obliegt die Bemessung des auf der vorgenannten Grundlage ermittelten Unterhalts einer abschließenden Angemessenheitsprüfung.

e) Nach diesen Grundsätzen scheidet im vorliegenden Fall allerdings ein voller Abzug der Aufwendungen für die Direktversicherung der Klägerin in Höhe von 3.408 DM aus. Denn nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Verdienstbescheinigungen überschreiten die Aufwendungen der Klägerin für ihre zusätzliche Altersversorgung 4 % ihres jährlichen Gesamtbruttoeinkommens. Ob eine (eingeschränkte) Berücksichtigung der Leistungen letztlich zu einem angemessenen Ergebnis führt, läßt sich im übrigen erst beurteilen, wenn das Einkommen des Beklagten unter Außerachtlassung des Splittingvorteils einerseits und unter Hinzurechnung eines eventuellen Wohnvorteils andererseits festgestellt worden ist.

6. Das Berufungsgericht hat dem Einkommen der Klägerin Zinseinkünfte von 198,10 DM für das Jahr 2000, von 216,26 DM für die Zeit ab Januar 2001 und von zusätzlichen 347,76 ¤ ab Juni 2002 (für die Anlage ihres Anteils am Versteigerungserlös) hinzugerechnet. Die Berücksichtigung dieser Beträge rügt die Revision als verfahrensfehlerhaft. Sie macht geltend, in dem vorausgegangenen Rechtsstreit über den Trennungsunterhalt sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Klägerin jedenfalls im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 23. Februar 1998 über mindestens 120.000 DM verfügt habe und daraus Zinseinkünfte von monatlich 400 DM habe erzielen können. Aus dem Zugewinnausgleich habe sie weitere 37.000 DM erhalten. Der Beklagte habe mit Rücksicht darauf geltend gemacht, die Klägerin müsse über ein Vermögen von mindestens 157.000 DM verfügen und sich hieraus Zinsen von monatlich jedenfalls 523,33 DM anrechnen lassen. Hinzuzurechnen seien noch die Zinsen aus dem Versteigerungserlös von 104.000 ¤. Die Klägerin habe diesen Sachvortrag nicht substantiiert bestritten. Zumindest habe sie eine sekundäre Darlegungslast dahingehend getroffen, sich über die Verwendung des Geldes zu erklären, weshalb der Vortrag des Beklagten als zugestanden anzusehen sei. In jedem Fall habe das Berufungsgericht aber den vom Beklagten gestellten Beweisantrag, die Klägerin als Partei zu dem Vorhandensein von Vermögen zu vernehmen, übergangen und die Klägerin hierzu nur informatorisch befragt.

Diese Rüge hat teilweise Erfolg.

Entgegen der Auffassung der Revision hat die Klägerin allerdings die Behauptung, über ein Vermögen von 157.000 DM zu verfügen, hinreichend substantiiert bestritten. Sie hat angegeben, einen Betrag von 30.000 ¤ (= 58.674 DM) angelegt und daraus im Jahr 2000 Zinsen von 2.377,18 DM erhalten zu haben; über weiteres Vermögen verfüge sie nicht. Eine sekundäre Darlegungslast bestand für die Klägerin nicht. Vielmehr trifft sie selbst die Darlegungslast für ihren Unterhaltsbedarf. Da der Umfang des Vermögens der Klägerin aber streitig war, hätte das Berufungsgericht über das substantiierte und deshalb erhebliche Vorbringen des Beklagten den angebotenen Beweis – Parteivernehmung der Klägerin – erheben müssen. Es durfte sich nicht damit begnügen, sie zu ihren Vermögensverhältnissen informatorisch anzuhören.

7. Danach kann das angefochtene Urteil, soweit zum Nachteil des Beklagten über den der Klägerin zustehenden Unterhalt entschieden worden ist, keinen Bestand haben.

III.

Kindesunterhalt

1. Die aus § 1601 BGB folgende Unterhaltspflicht des Beklagten für den Kläger steht dem Grunde nach nicht im Streit. Den Bedarf des Klägers hat das Berufungsgericht zunächst ausgehend von dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern bemessen und für die Zeit nach dem Bezug einer eigenen Wohnung mit dem in den Unterhaltstabellen vorgesehenen Bedarf eines Studenten angesetzt. Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Auch die Revision erhebt hiergegen keine Einwendungen.

2. Sie macht allerdings geltend, das Berufungsgericht habe die Leistungsfähigkeit des Beklagten unzutreffend beurteilt und sei deshalb von einem zu hohen Einkommen ausgegangen. Damit vermag sie nicht durchzudringen.

Für die Bemessung des Kindesunterhalts ist – wie bereits ausgeführt wurde – nicht von einem um den Splittingvorteil bereinigten Einkommen des Beklagten, sondern von seinem tatsächlichen Einkommen auszugehen. Die Verpflichtung, für den Lebensunterhalt des Stiefsohnes aufzukommen, hat auch im Verhältnis zu dem Kläger außer Betracht zu bleiben.

3. Die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe seiner Berechnung ein unzutreffend ermitteltes Einkommen der Klägerin zugrunde gelegt, ist dagegen gerechtfertigt. Das gilt zum einen hinsichtlich des Abzugs für die Direktversicherung und zum anderen hinsichtlich des Zinseinkommens. Da die Eltern, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, für den Unterhalt des volljährigen Sohnes gemäß § 1606 Abs. 3 BGB anteilig aufzukommen haben, verschiebt sich die Haftungsquote, wenn sich das Einkommen der Eltern ändert.

4. Daß das Berufungsgericht den Ehegattenunterhalt vorweg errechnet und die anteilige Haftung der Eltern unter Einbeziehung des Ehegattenunterhalts bestimmt hat, nämlich nach Hinzurechnen des Elementarunterhalts auf seiten der Klägerin und nach Abzug des Gesamtunterhalts auf seiten des Beklagten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar umfaßt der Ehegattenunterhalt nur den eigenen Bedarf, nicht auch denjenigen eines Kindes. Dies schließt es aber nicht aus, daß ein Elternteil, der Ehegattenunterhalt bezieht, seinem Kind unterhaltspflichtig ist. Denn der eheangemessene Bedarf, den ein Elternteil von seinem Ehegatten als Unterhalt erhält, kann höher sein als der Eigenbedarf, der ihm gegenüber seinem Kind nach § 1603 BGB verbleiben muß. Das gilt auch im Verhältnis zu einem volljährigen Kind (vgl. Wendl/Scholz, aaO § 2 Rdn. 148 f.). Im Hinblick darauf wird sich auch eine Änderung des Ehegattenunterhalts, die sich infolge des außer Betracht zu lassenden Splittingvorteils ergibt, auf die Anteilshaftung auswirken.

5. Das angefochtene Urteil unterliegt deshalb auch hinsichtlich des Kindesunterhalts der Aufhebung.

IV.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

1. Die Revision hat ausgeführt und belegt, daß der Beklagte den Sohn seiner Ehefrau inzwischen adoptiert hat. Von der Wirksamkeit des Adoptionsbeschlusses an besteht deshalb eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Beklagten für J., falls dieser noch unterhaltsbedürftig ist. Für den Rang des Unterhaltsanspruchs ist entscheidend, ob der Sohn sich noch in der allgemeinen Schulausbildung befindet und weiterhin im Haushalt der Eltern lebt (§ 1609 Abs. 2 BGB).

2. Der Unterhaltsbedarf des Klägers ist für die Zeit ab Juni 2002 – anders als für Mai 2002 – mit monatlich 622 ¤ angesetzt worden. Der Kläger war aber ersichtlich weiterhin Student mit eigener Wohnung.

BGH, Urteil vom 11.05.2005
XII ZR 211/02

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