a) Die Vollstreckung eines Umgangstitels nach § 89 Abs. 1 FamFG durch Festsetzung eines Ordnungsmittels gegen den betreuenden Elternteil setzt eine hinreichend bestimmte und konkrete Regelung des Umgangsrechts voraus. Dafür ist eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs erforderlich. Nicht erforderlich sind hingegen detailliert bezeichnete Verpflichtungen des betreuenden Elternteils, etwa zum Bereithalten und Abholen des Kindes.
b) Die Vollstreckung nach § 89 Abs. 1 FamFG baut auf der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen im Erkenntnisverfahren auf. Eine erneute Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung findet im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht statt.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Februar 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dose, Schilling und Dr. Günter
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 26. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts München vom 21. März 2011 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 600 €
Gründe:
I.
Der Antragsteller (im Folgenden: Vater) und die Antragsgegnerin (im Folgenden: Mutter) streiten um die Vollstreckung einer gerichtlich gebilligten Umgangsvereinbarung.
Ihr gemeinsamer Sohn wurde im November 2000 ehelich geboren. Die Ehe der Eltern ist inzwischen rechtskräftig geschieden; das Sorgerecht für den Sohn steht den Eltern weiterhin gemeinschaftlich zu. Seit der Trennung im Juni 2009 lebt der Sohn bei der Mutter.
Am 19. Mai 2010 schlossen die Eltern vor dem Oberlandesgericht eine Umgangsvereinbarung. Darin einigten sich die Eltern darüber, dass der Sohn an einer geeigneten kinderpsychologisch-therapeutischen Maßnahme teilnimmt. Das Umgangsrecht des Vaters mit dem gemeinsamen Kind regelten sie wie folgt:
„Der Vater hat das Recht, Amadeus an jedem zweiten Wochenende am Samstag von 10 Uhr bis 20 Uhr und am Sonntag von 10 Uhr bis 18 Uhr zu sich zu nehmen.
Der Umgang beginnt am Samstag, den 22. Mai 2010 ohne Sonntag, den 23. Mai 2010 (wegen Urlaubs von Amadeus mit der Mutter in Polen). Der nächste Umgang findet danach statt am Sonntag, den 13. Juni 2010 von 10 Uhr bis 18 Uhr, daran folgend laufend 14-tägig. Somit erstmals im 14-tägigen Turnus ab Samstag, den 19. Juni 2010 von 10 Uhr bis 20 Uhr und Sonntag, den 20. Juni 2010 von 10 Uhr bis 18 Uhr.“
Das Oberlandesgericht genehmigte diese Vereinbarung der Parteien familiengerichtlich, „da sie den Umgang des Antragstellers mit dem Kind im Einvernehmen zum Wohle des Kindes regelt.“ Außerdem drohte es für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen die Vereinbarung ein Ordnungsgeld bis zu 1.000 € an.
Nachdem in der Folgezeit keine Umgangskontakte zustande gekommen waren, hat der Vater beantragt, gegen die Mutter ein Ordnungsgeld festzusetzen. Das Amtsgericht hat dieses in Höhe von 600 € festgesetzt und für den Fall, dass es nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von einem Tag für je 200 € Ordnungsgeld angeordnet. Auf die sofortige Beschwerde der Mutter hat das Oberlandesgericht die hilfsweise angeordnete Ordnungshaft aufgehoben; im Übrigen hat es die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Mutter.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft, weil das Oberlandesgericht sie in der angefochtenen Entscheidung zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
Die Voraussetzungen für die Statthaftigkeit und die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde richten sich nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung und nicht nach den §§ 70 ff. FamFG. Denn für die Beschwerde im Vollstreckungsverfahren ordnet § 87 Abs. 4 FamFG ausdrücklich die entsprechende Anwendung der §§ 567 bis 572 ZPO an. Diese Verweisung auf die Zivilprozessordnung setzt sich im Rechtsbeschwerdeverfahren fort (Senatsbeschluss vom 17. August 2011 – XII ZB 621/10 – FamRZ 2011, 1729 Rn. 4 mwN).
Die auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde, mit der sich die Mutter gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes wehrt, ist aber unbegründet.
1. Zu Recht hat das Oberlandesgericht das Vollstreckungsverfahren nach dem am 1. September 2009 in Kraft getretenen neuen Recht beurteilt. Das Vollstreckungsverfahren ist ein selbständiges Verfahren im Sinne von Art. 111 Abs. 1 und 2 FGG-RG, weil es sich nach besonderen Verfahrensvorschriften richtet und mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird. Weil das Verfahren nach dem 1. September 2009 eingeleitet worden ist, gilt mithin neues Verfahrensrecht (Senatsbeschluss vom 17. August 2011 – XII ZB 621/10 – FamRZ 2011, 1729 Rn. 6 mwN).
2. Ebenfalls zu Recht hat das Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes zurückgewiesen.
a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass der gerichtlich gebilligte Vergleich der Eltern vollstreckbar ist. Erzielen die Eltern in einem Umgangsrechtsstreit Einvernehmen, ist die einvernehmliche Regelung als Vergleich aufzunehmen (jetzt § 156 Abs. 2 FamFG), wenn das Gericht diese billigt. Das Gericht billigt die Umgangsregelung, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht (vgl. auch Hammer FamRZ 2011, 1268, 1269 f.). Die Vollstreckung in Kindschaftssachen ist zwar nicht aus bloßen Vereinbarungen der Beteiligten, aber nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG aus einem solchen gerichtlich gebilligten Vergleich zulässig (vgl. auch BT-Drucks. 16/6308 S. 217).
b) Die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts, wonach der gerichtlich gebilligte Vergleich der Eltern einen gegen die betreuende Mutter vollstreckbaren Inhalt hat, ist aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden. Soweit die Vollstreckung gegen den betreuenden Elternteil davon abhängig gemacht worden ist, dass ihm in dem Umgangsbeschluss konkrete Handlungs- und Duldungspflichten auferlegt wurden, folgt der Senat dem für das hier anwendbare neue Recht nicht.
aa) Die Vollstreckung eines Umgangstitels erfolgte nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht auf der Grundlage des § 33 FGG. Danach konnte das Gericht den betreuenden Elternteil zur Befolgung seiner Anordnung durch Festsetzung von Zwangsgeld anhalten, wenn ihm die Verpflichtung auferlegt war, „eine Handlung vorzunehmen, die ausschließlich von seinem Willen abhängt, oder eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden“.
Auf dieser gesetzlichen Grundlage hatten die Oberlandesgerichte Saarbrücken (FamRZ 2007, 2095 Rn. 13) und Bamberg (FamRZ 1995, 428) entschieden, dass gerichtliche Verfügungen oder Vergleiche, die nur feststellenden Charakter haben oder einem Beteiligten nur bestimmte Befugnisse einräumen, ohne zugleich einem anderen Beteiligten bestimmte Verpflichtungen aufzuerlegen, keine vollzugsfähigen Regelungen im Sinne der Vollstreckungsvorschrift sind. Grundlage einer Zwangsgeldandrohung oder -festsetzung könne nur eine gerichtliche Entscheidung sein, die eine konkrete Verpflichtung zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlassen genau festlege.
Diese Rechtsauffassung, die bereits für das frühere Recht in Zweifel gezogen worden war (vgl. OLG Koblenz FamRZ 1996, 560 f. und OLG Frankfurt FamRZ 1996, 867 f.), ist jedenfalls auf das seit dem 1. September 2009 geltende und hier anwendbare neue Recht nicht übertragbar.
bb) Mit der gesetzlichen Neuregelung der Vollstreckung in den §§ 86 ff. FamFG hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen der Anordnung von Ordnungsmitteln ausdrücklich großzügiger geregelt, um die Effektivität der Vollstreckung von Umgangs- und Herausgabeentscheidungen zu erhöhen (BT-Drucks. 16/6308 S. 218). Nach § 89 Abs. 1 FamFG kann das Gericht bei Zuwiderhandlungen gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen.
Schon der Wortlaut dieser Vorschrift stellt nicht mehr auf einen Verstoß gegen eine Handlungs- oder Duldungspflicht, sondern allein auf eine Zuwiderhandlung gegen einen entsprechenden Vollstreckungstitel ab. Die Verpflichtungen der Eltern im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechts hat der Gesetzgeber ausdrücklich in § 1684 Abs. 2 BGB niedergelegt. Danach haben die Eltern alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Auf dieser Grundlage enthält ein nach Art, Ort und Zeit konkret festgelegtes Umgangsrecht eines Elternteils mit hinreichender Deutlichkeit zugleich die korrespondierende Verpflichtung des anderen Elternteils, das Kind zur Ausübung des Umgangsrechts bereit zu halten und in geeigneter Weise auf die Durchführung des Umgangsrechts hinzuwirken (OLG Frankfurt FamRZ 1996, 876 f.).
Ein vollstreckungsfähiger Inhalt im Sinne von § 89 Abs. 1 FamFG setzt deswegen lediglich eine hinreichend bestimmte und konkrete Regelung des Umgangsrechts voraus. Dafür ist eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs erforderlich. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Umgangstitel detailliert bezeichnete Verpflichtungen des betreuenden Elternteils, insbesondere zum Bereithalten und Abholen des Kindes, enthält (Keidel/Giers FamFG 17. Aufl. § 89 Rn. 4; Zöller/Feskorn ZPO 29. Aufl. § 86 FamFG Rn. 9; Johannsen/Henrich/Büte Familienrecht 5. Aufl. § 89 FamFG Rn. 4; aA Prütting/Helms/Stößer FamFG 2. Aufl. § 89 Rn. 7). Eine Vollstreckbarkeit des Umgangstitels entfällt nach dem hier anwendbaren neuen Recht deswegen erst dann, wenn der Umgang nicht hinreichend nach Art, Ort und Zeit konkretisiert worden ist (vgl. zum alten Recht schon OLG Frankfurt OLGR 2008, 841).
Wird die Pflicht, das Kind zur Ausübung des Umgangsrechts bereit zu halten und in geeigneter Weise auf die Durchführung des Umgangsrechts hinzuwirken, durch den betreuenden Elternteil verletzt, darf das Familiengericht von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten die Vollstreckung einleiten (§ 87 Abs. 1 FamFG) oder, bei dauerhafter oder wiederholter erheblicher Verletzung, nach § 1684 Abs. 3 Satz 3 BGB auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs (Umgangspflegschaft) anordnen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2011 – XII ZB 247/11 – FamRZ 2012, 99 Rn. 28). Sowohl im Rahmen der Vollstreckung eines Umgangstitels als auch bei der Frage der Einrichtung einer Umgangspflegschaft hat das Familiengericht deswegen entsprechende Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht des betreuenden Elternteils festzustellen.
c) Soweit das Oberlandesgericht ein Vollstreckungshindernis in Form eines Verstoßes gegen das Kindeswohl abgelehnt hat, hält dies den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis ebenfalls stand.
Gerichtliche Entscheidungen zum Sorge- und Umgangsrecht haben nach ständiger Rechtsprechung des Senats stets das Kindeswohl zu berücksichtigen (Senatsbeschlüsse BGHZ 185, 272 = FamRZ 2010, 1060 Rn. 17 ff. und BGHZ 151, 155 = FamRZ 2002, 1099 Rn. 15 ff.). Entsprechend ist das Kindeswohl auch dann zu berücksichtigen, wenn die Eltern Einvernehmen über ein Umgangsrecht herbeigeführt haben und das Familiengericht nach § 156 Abs. 2 FamFG über eine gerichtliche Billigung zu entscheiden hat (vgl. auch Senatsbeschluss vom 11. Mai 2005 – XII ZB 120/04 – FamRZ 2005, 1471 Rn. 16). Widerspricht ein bestehender Umgangstitel dem Kindeswohl, steht es den Beteiligten frei, eine Abänderung des Titels zu beantragen. Daneben kann das Gericht auch von Amts wegen ein Abänderungsverfahren einleiten. Im Rahmen eines solchen Abänderungsverfahrens kann das Gericht gemäß § 93 Abs. 1 Nr. 4 FamFG jederzeit die Vollstreckung des ursprünglichen Titels einstweilen einstellen.
Auf dieser Prüfung im Erkenntnisverfahren baut die Vollstreckung nach §§ 86 Abs. 1 Nr. 2, 89 Abs. 1 FamFG auf. Eine erneute Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung findet grundsätzlich nicht statt (OLG Schleswig SchlHA 2011, 340; zum früheren Recht vgl. auch OLG Bamberg OLGR 2000, 96 f. und OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 1349, 1350). Auch wenn der Umgangstitel wegen der jederzeitigen Abänderbarkeit nicht in materielle Rechtskraft erwächst, bedarf ein nach § 86 Abs. 2 FamFG mit seiner Wirksamkeit vollstreckbarer Umgangstitel einer effektiven Durchsetzungsmöglichkeit (BT-Drucks. 16/6308 S. 218 und 16/9733 S. 292). Im Rahmen der Anordnung eines Ordnungsmittels wegen Zuwiderhandlung gegen eine Regelung des Umgangs ist somit von der Prüfung des Kindeswohls im Erkenntnisverfahren auszugehen, weil das Vollstreckungsverfahren der effektiven Durchsetzung der gerichtlichen Entscheidung dient, die im Erkenntnisverfahren unter umfassender Beachtung der Vorgaben des materiellen Rechts – und mithin auch des Kindeswohls getroffen wurde (BT-Drucks. 16/9733 S. 292; so auch OLG Schleswig SchlHA 2011, 340 und zum früheren Recht OLG Bamberg OLGR 2000, 96 f. und OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 1349, 1350).
Neu hinzutretende Umstände können der Vollstreckung eines Umgangstitels deswegen nur dann zur Wahrung des Kindeswohls entgegenstehen, wenn darauf auch ein zulässiger Antrag auf Abänderung des Ausgangstitels und auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 93 Abs. 1 Nr. 4 FamFG gestützt ist (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2009, 796). Insoweit unterscheidet sich die Vollstreckung des von einem Elternteil erwirkten Umgangstitels von dem Sachverhalt, der die zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht eines Elternteils auch vom Kindeswohl abhängig gemacht hat (BVerfG NJW 2008, 1287 ff.). Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dient ein Umgang mit dem Kind, der nur mit Zwangsmitteln gegen seinen umgangsunwilligen Elternteil durchgesetzt werden kann, in der Regel nicht dem Kindeswohl. Dieser Grundsatz kann auf Fälle, in denen ein Elternteil den Umgang mit dem gemeinsamen Kind anstrebt und der andere Elternteil dessen Durchführung nicht hinreichend fördert, nicht übertragen werden.
d) Schließlich hat das Oberlandesgericht auch die Voraussetzungen für die Anordnung eines Ordnungsgeldes in rechtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht.
aa) Die Anordnung eines Ordnungsmittels nach § 89 Abs. 1 FamFG setzt voraus, dass eine Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Regelung des Umgangs vorliegt (Bahrenfuss/Hentschel FamFG § 89 Rn. 4). Eine solche Zuwiderhandlung gegen die sich aus dem Umgangstitel zugleich ergebende Verpflichtung der Mutter, die Durchführung des vereinbarten Umgangskontakts zu fördern, hat das Oberlandesgericht festgestellt. Eine eindeutige Zuwiderhandlung ist bereits darin zu erblicken, dass die Mutter am 25. September 2010 gemeinsam mit dem Kind ortsabwesend war und somit den fest vereinbarten Umgangskontakt vereitelt hat. Hinzu kommt, dass die Mutter nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht alle erzieherischen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um auf den gemeinsamen Sohn zur Ausübung des Umgangskontakts mit dem Vater einzuwirken. Sie hat sich darauf beschränkt, das Kind von der Wohnung zu dem vor dem Haus wartenden Vater zu schicken, ohne zusätzliche Signale zu geben, dass sie mit dem Umgangskontakt einverstanden ist und dessen Durchführung wünscht. Damit hat sie gegen die vereinbarte Umgangsregelung verstoßen.
bb) Nach § 89 Abs. 4 FamFG unterbleibt die Festsetzung des Ordnungsmittels, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Der Verpflichtete hat die Umstände, die den Grund für das Scheitern der Umgangskontakte darstellen, im Einzelnen darzulegen. Diese Umstände liegen regelmäßig in der Sphäre der verpflichteten Person; sie sind daher im Nachhinein objektiven Feststellungen häufig nur eingeschränkt zugänglich. Gelingt es dem Verpflichteten nicht, detailliert zu erläutern, warum er an der Befolgung der gerichtlichen Anordnung gehindert war, kommt ein Absehen von der Festsetzung des Ordnungsmittels oder die nachträgliche Aufhebung des Ordnungsmittels nicht in Betracht. Beruft sich etwa ein Elternteil nach Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Umgangsentscheidung auf den entgegenstehenden Willen des Kindes, wird ein fehlendes Vertretenmüssen nur dann anzunehmen sein, wenn er im Einzelfall darlegt, wie er auf das Kind eingewirkt hat, um es zum Umgang zu bewegen (BT-Drucks. 16/6308 S. 218).
Einen solchen Vortrag, der die Ursächlichkeit des Verhaltens der Mutter als betreuender Elternteil an dem Scheitern der Umgangskontakte entfallen lassen könnte, hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt. Die Mutter hat den gemeinsamen Sohn vielmehr nicht in der gebotenen Weise eindringlich darauf hingewiesen, dass sie mit den Umgangskontakten einverstanden ist und deren Durchführung wünscht.
cc) Schließlich hat das Oberlandesgericht die Eltern vor Festsetzung des Ordnungsgeldes nach § 89 Abs. 2 FamFG auf diese Folgen einer Zuwiderhandlung hingewiesen. Der Beschluss im Ausgangsverfahren vom 19. Mai 2010 genügt diesen Voraussetzungen, weil auf der Grundlage des neuen Rechts bereits auf die geänderte Vollstreckungsmöglichkeit durch Festsetzung eines Ordnungsgeldes hingewiesen wurde (vgl. Senatsbeschluss vom 17. August 2011 – XII ZB 621/10 – FamRZ 2011, 1729 Rn. 8 ff. und BVerfG FamRZ 2011, 957). Dies ergibt sich schon aus der eindeutigen Bezeichnung des Zwangsmittels als Ordnungsgeld. Dass die Parteien auf dieses Ordnungsmittel nicht lediglich nach § 89 Abs. 2 FamFG hingewiesen, sondern es ihnen „angedroht“ wurde, ist insoweit unerheblich.
BGH, Beschluss vom 01.02.2012
XII ZB 188/11
AG Passau, Entscheidung vom 12.01.2011
3 F 1527/10
OLG München, Entscheidung vom 21.03.2011
26 WF 264/11