a) Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB werden grundsätzlich durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (im Anschluss an BVerfG FamRZ 2011, 437).
b) Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.
c) Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist der Halbteilungsgrundsatz zu beachten, was zu einem relativen Mangelfall führen kann, wenn dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt weniger verbleibt, als der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhalt zur Verfügung hat. Sonstige Verpflichtungen gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten, die nicht bereits den Bedarf des Unterhaltsberechtigten beeinflusst haben, sind entsprechend ihrem Rang zu berücksichtigen (im Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260).
d) Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das schließt eine Berücksichtigung weiterer individueller Billigkeitserwägungen nicht aus.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Dezember 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. Mai 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien, die türkische Staatsangehörige sind, streiten um Abänderung eines Urteils über nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im August 1989 die Ehe geschlossen; im August 1996 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Nach der Trennung im Oktober 2002 wurde die Ehe im März 2004 rechtskräftig nach türkischem Recht geschieden.
Der Kläger ist Vater eines im März 2005 geborenen weiteren Kindes; seit Juli 2006 ist er mit der Mutter dieses Kindes verheiratet.
Am 1. März 2006 wurde der Kläger durch das Amtsgericht -Familiengericht – O. unter Anwendung deutschen Rechts zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 299 € verurteilt. Mit Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Aschaffenburg vom 25. April 2007 wurde die Unterhaltspflicht abgeändert und der Anspruch der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt auf monatlich 221 € herabgesetzt. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltspflicht wegen des zum 1. Januar 2008 eingetretenen Gleichrangs seiner neuen Ehefrau mit der Beklagten und des inzwischen erhöhten Selbstbehalts.
Das Amtsgericht hat das Urteil vom 25. April 2007 dahingehend abgeändert, dass der Kläger für die Zeit ab dem 23. Juli 2008 keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 167 € verlangt hat, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihr zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 – XII ZB 197/10 – FamRZ 2011, 100 Rn. 10).
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, weil das Amtsgericht ihr zu Recht weiteren nachehelichen Unterhalt versagt habe. Im Abänderungsverfahren sei deutsches Unterhaltsrecht anwendbar, weil auch das abzuändernde Urteil auf deutschem Unterhaltsrecht beruhe. Danach stehe der Beklagten zwar dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch zu, sie könne ihren Bedarf jedoch mit den ihr fiktiv zuzurechnenden Einkünften selbst decken.
Die Beklagte habe einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB und auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Der von ihr betreute gemeinsame Sohn sei zwar bereits dreizehn Jahre alt. Die Beklagte habe jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass der Sohn unter der Trennung seiner Eltern leide und sehr verhaltensauffällig sei und dass seine Betreuung mit einer erheblichen Belastung der Mutter verbunden sei. Der Sohn besuche bis 14 Uhr die Schule. Wegen des Bedarfs nach ergänzender persönlicher Betreuung und der sich daraus für die Beklagte ergebenden psychischen Belastung sei ihr zwar keine Vollzeiterwerbstätigkeit zumutbar. Auch unter Berücksichtigung der erheblichen Verhaltensauffälligkeiten des gemeinsamen Sohnes sei aber keine ständige Betreuung erforderlich. Die Beklagte könne neben der persönlichen Betreuung täglich sechs Stunden arbeiten und bei einem Stundenlohn von 7 € ein monatliches Nettoeinkommen erzielen, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 682,63 € belaufe.
Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt stehe der Beklagten schon deswegen nicht zu, weil sie gegenwärtig keine Ausbildung absolviere. Auch unmittelbar nach der Trennung im Jahre 2002 habe sie keine Ausbildung aufgenommen; bis zur Fortsetzung ihrer Schulausbildung seien vier Jahre vergangen. Der Entschluss zur Weiterbildung sei erst nach der Kündigung eines zwischenzeitlich eingegangenen Arbeitsverhältnisses gefallen, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Der Anspruch der Beklagten auf Betreuungsunterhalt sei nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig mit dem Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau des Klägers. Ihr Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen sei deswegen im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten zu ermitteln. Dabei sei der auf der neuen Ehe beruhende Splittingvorteil einzubeziehen. Die jetzige Ehefrau des Klägers sei nicht berufstätig und verfüge über kein Einkommen. Trotz des Alters ihres Kindes und der zeitweisen Betreuung im Kindergarten sei ihr kein fiktives Einkommen zuzurechnen. Den Ehegatten stehe es grundsätzlich frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Ehegatte allein einer Berufstätigkeit nachgehe und der andere sich der Familienarbeit widme. Eine Erwerbspflicht innerhalb der neuen Ehe und die sich daraus ergebende Möglichkeit der fiktiven Zurechnung eines Erwerbseinkommens kämen allenfalls im Verhältnis zu unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern in Betracht.
Der Kläger habe im Jahre 2008 ein Nettoeinkommen erzielt, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 1.762,43 € belaufe. Für die Zeit ab 2009 sei das Einkommen bei nur geringen Veränderungen der Steuerlast fortzuschreiben. Lebe der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner zusammen, sei im Rahmen der Unterhaltsberechnung grundsätzlich die Ersparnis durch dieses Zusammenleben zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung allein durch Kürzung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen sei hingegen nicht möglich, weil sie sonst sowohl dem geschiedenen Ehegatten als auch dem gleichrangigen neuen Ehegatten in gleicher Weise zugutekomme. Der Synergieeffekt könne daher nur in der Weise berücksichtigt werden, dass einerseits der Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen und der Bedarf des mit ihm zusammenlebenden zweiten Ehegatten um einen Prozentsatz gekürzt und der Bedarf des ersten Ehegatten um diesen Prozentsatz angehoben werde. Dies führe zu einer Erhöhung des Bedarfs des ersten Ehegatten um 10 %. Von einer Ersparnis durch das Zusammenleben könne aber nur dann die Rede sein, wenn der gemeinsame Selbstbehalt der Partner gewahrt sei. Dieser betrage 1.800 € und sei allein durch das Einkommen des Klägers nach Abzug des vorrangigen Kindesunterhalts nicht gesichert. In solchen Fällen sei eine Reduzierung des Eigenbedarfs des Unterhaltspflichtigen und des Bedarfs eines mit ihm zusammenlebenden Ehegatten nicht zulässig. Ohne Berücksichtigung eines Synergieeffekts ergebe sich somit ein Unterhaltsbedarf der Beklagten in Höhe von 586,54 €, der durch die von ihr erzielbaren Einkünfte voll gedeckt sei.
II.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
1. Zu Recht hat das Oberlandesgericht den Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen des vorliegenden Abänderungsverfahrens nach deutschem materiellem Recht beurteilt.
Für den hier relevanten nachehelichen Unterhalt ab dem 23. Juli 2008 richtet sich das anwendbare materielle Recht nach den Vorschriften des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 (HUÜ 73; vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 5). Nach dessen Art. 8 ist in einem Vertragsstaat, in dem eine Ehescheidung ausgesprochen oder anerkannt worden ist, für den nachehelichen Unterhalt zwar das auf die Ehescheidung angewandte Recht maßgebend (vgl. jetzt Art. 5 HUP 2007). Das wäre hier das türkische Recht, weil die Parteien auf der Grundlage ihrer türkischen Staatsangehörigkeit nach diesem Recht geschieden worden sind. Im Ausgangsverfahren hätten die Instanzgerichte den nachehelichen Unterhalt deswegen nach türkischem Recht beurteilen müssen (vgl. Wendl/Dose aaO § 9 Rn. 477 ff.).
Hier begehrt der Kläger allerdings Abänderung der früheren Entscheidungen zum nachehelichen Unterhalt vom 1. März 2006 und vom 25. April 2007, die auf der Grundlage des deutschen Unterhaltsrechts ergangen sind. Auch wenn im Ausgangsverfahren über den nachehelichen Unterhalt ein unzutreffendes Unterhaltsstatut angewandt wurde, hat dies im Rahmen der späteren Abänderung dieses Unterhaltstitels Bestand. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ermöglicht § 323 ZPO weder eine von der bisherigen Unterhaltsbemessung unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung der Verhältnisse, die bereits in dem abzuändernden Titel eine Bewertung erfahren haben. Die Abänderungsentscheidung kann vielmehr nur zu einer den veränderten Verhältnissen entsprechenden Anpassung des Unterhaltstitels führen (Senatsurteil BGHZ 185, 322 = FamRZ 2010, 1150 Rn. 10 ff., 19 ff. und BGH Urteil vom 16. Mai 1979 – IV ZR 57/78 – FamRZ 1979, 694, 695). Entsprechend ist im Rahmen einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO auch das dem abzuändernden Titel zugrunde liegende materielle Recht – sei es das inländische oder ein ausländisches – nicht austauschbar, sondern bleibt auch für Art und Höhe der anzupassenden Unterhaltsleistung weiterhin maßgeblich. Die Abänderung vollzieht sich mithin im Rahmen dieses Sachrechts entsprechend der Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (Senatsurteile vom 1. Juni 1983 – IV b ZR 386/81 – FamRZ 1983, 806, 808 und vom 29. April 1992 – XII ZR 40/91 – FamRZ 1992, 1060, 1062). Das führt hier zur Anwendbarkeit des deutschen Unterhaltsrechts.
2. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht den Unterhaltsbedarf der Beklagten gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessen. Dabei ist es allerdings der Rechtsprechung des Senats gefolgt und hat den Unterhaltsbedarf unter Berücksichtigung aller nachehelich eingetretenen tatsächlichen Umstände bestimmt. Diese auf dem Wegfall des Stichtagsprinzips basierende Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht für nicht mit dem geltenden Recht vereinbar erklärt (BVerfG FamRZ 2011, 437, 441 ff.). Im Anschluss an diese Entscheidung gibt der Senat diese Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (vgl. Senatsurteile BGHZ 175, 182 = FamRZ 2008, 968 Rn. 42 ff. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 30 ff.) auf und kehrt für die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu dem seiner früheren Rechtsprechung zugrunde liegenden Stichtagsprinzip zurück.
a) Danach werden die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich jedenfalls durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eintreten (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 136; BVerfGE 108, 351, 366 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69; Senatsurteile BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 989 ff.; vom 19. Juli 2000 – XII ZR 161/98 – FamRZ 2000, 1492, 1493; vom 25. November 1998 – XII ZR 98/97 – FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993 – XII ZR 89/92 – FamRZ 1994, 87, 88 f.; vom 18. März 1992 -XII ZR 23/91 -FamRZ 1992, 1045, 1056; vom 13. Juli 1988 -IV b ZR 39/87 -FamRZ 1988, 1031, 1032; vom 11. Mai 1988 – IV b ZR 42/87 – FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987 – IV b ZR 36/86 – FamRZ 1987, 456, 458 f.; vgl. auch Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 8 Rn. 426 ff.).
Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen sind somit grundsätzlich die Umstände zu berücksichtigen, die das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen auch schon vor Rechtskraft der Ehescheidung beeinflusst haben (Senatsurteil vom 10. Dezember 1980 – IV b ZR 534/80 – FamRZ 1981, 241 f.). Ebenso ist grundsätzlich auch das Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter bis zur rechtskräftigen Ehescheidung zu berücksichtigen. Denn die Unterhaltspflicht gegenüber solchen, vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen weiteren Unterhaltsberechtigten beeinflusst in gleicher Weise die ehelichen Lebensverhältnisse, weil sie auch schon während der später geschiedenen Ehe bestand (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69).
aa) Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowohl für gemeinsame Kinder als auch für Kinder des Unterhaltspflichtigen aus einer neuen Beziehung, die bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung geboren sind (Senatsurteile vom 19. Juli 2000 – XII ZR 161/98 – FamRZ 2000, 1492, 1493; vom 25. November 1998 – XII ZR 98/97 – FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993 – XII ZR 89/92 – FamRZ 1994, 87, 88 f.; vom 13. Juli 1988 -IV b ZR 39/87 -FamRZ 1988, 1031, 1032; vom 11. Mai 1988 -IV b ZR 42/87 -FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987 – IV b ZR 36/86 – FamRZ 1987, 456, 458 f.). Dies gilt selbst dann, wenn die Kinder inzwischen volljährig und nach § 1609 Nr. 4 BGB gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig sind (Senatsurteil vom 25. Februar 1987 – IV b ZR 36/86 – FamRZ 1987, 456, 458 f.). Ihr Nachrang wirkt sich dann erst bei Vorliegen eines absoluten Mangelfalles im Rahmen der Leistungsfähigkeit aus (zum Begriff des Mangelfalls vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 1). Die Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen entfallen erst dann, wenn das Kind selbst nicht mehr unterhaltsberechtigt ist (Senatsurteil vom 20. Juli 1990 – XII ZR 73/89 – FamRZ 1990, 1085, 1087 f.).
bb) Nichts anderes gilt für den Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB, den die Mutter eines vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen nichtehelichen Kindes schon während der Ehezeit von dem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten verlangen kann (so auch Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524; Maier FuR 2011, 182, 184). Auch diese Unterhaltspflicht hat die ehelichen Lebensverhältnisse der Ehegatten bereits beeinflusst. Weil der geschiedene Ehegatte nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB Anspruch auf einen den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechenden Unterhalt hat, ist es in solchen Fällen gerechtfertigt und sogar geboten, bei der Unterhaltsbemessung den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB in der geschuldeten Höhe vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen vorab abzuziehen (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 1993 – XII ZR 89/92 – FamRZ 1994, 87, 88 f. und vom 25. Februar 1987 – IV b ZR 36/86 – FamRZ 1987, 456, 458 f.). Der abweichenden Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609, 2610; Maurer FamRZ 2011, 849, 856), wonach Unterhaltsansprüche nach § 1615 l BGB die ehelichen Lebensverhältnisse nicht beeinflussen, auch wenn sie bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind, vermag der Senat nicht zu folgen. Soweit Maurer darauf hinweist, dass der Unterhaltsberechtigte von den erst während der Ehe hinzugekommenen Unterhaltspflichten seines Ehegatten im Zeitpunkt der Heirat noch nichts wusste, während er über die Unterhaltspflicht gegenüber vorehelich geborenen Kindern grundsätzlich informiert sei, überzeugt dies nicht. Nach dem genannten Verständnis des Begriffs der ehelichen Lebensverhältnisse in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB, das auch der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69 f.) zugrunde liegt, kommt es nicht auf die Kenntnis des unterhaltsberechtigten Ehegatten im Zeitpunkt der Heirat, sondern nur darauf an, dass die Unterhaltspflicht noch während der Ehe entstanden ist und somit das in dieser Zeit für den Lebensbedarf der Ehegatten verfügbare Einkommen beeinflusst hat. Auch das weitere Gegenargument, welches darauf abstellt, dass sich der Bedarf der Mutter eines während der Ehezeit nichtehelich geborenen Kindes gemäß §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB nach ihrer eigenen Lebensstellung richtet und somit den Bedarf der geschiedenen Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen übersteigen könne, überzeugt nicht. Denn ob die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes tatsächlich höheren Unterhalt als die geschiedene Ehefrau bekommt, lässt sich erst unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes beantworten, der nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats bereits im Rahmen der Bemessung ihres Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen ist (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 – XII ZR 121/03 – FamRZ 2005, 442 Rn. 13 ff.). Selbst wenn die Wahrung der Halbteilung auch insoweit erst ein Umstand der Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 1 BGB wäre, könnten unbillige Ergebnisse auf dieser Stufe vermieden werden.
cc) Danach hatte die noch fortbestehende Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber dem ehegemeinsamen Kind bereits die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien bestimmt. Das Oberlandesgericht hat den insoweit nach § 1610 Abs. 1 BGB angemessenen Unterhalt deswegen zu Recht vorab vom Einkommen des Klägers abgezogen, bevor es den Unterhaltsbedarf der Beklagten ermittelt hat.
b) Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB können aber auch durch solche Umstände beeinflusst werden, die erst nach Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind und mit der Ehe in Zusammenhang stehen.
aa) Dies setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zumindest einen gewissen Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen voraus, damit die Auslegung noch vom Wortlaut des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gedeckt ist (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Solches ist bei Entwicklungen der Fall, die einen Anknüpfungspunkt in der Ehe finden, also gleichsam in ihr angelegt waren, oder die bei Fortbestand der Ehe auch deren Verhältnisse geprägt hätten (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70; Senatsurteile BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.; vom 18. März 1992 – XII ZR 23/91 – FamRZ 1992 – 1045, 1046 f. und vom 16. März 1988 – IV b ZR 40/87 – FamRZ 1988, 701, 703). An dieser Rechtsprechung zur Berücksichtigung der bereits in der Ehe angelegten nachehelichen Veränderungen bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 hält der Senat fest (vgl. auch Borth FamRZ 2011, 445, 446; Graba FF 2011, 102, 103 und Born FF 2011, 136, 138 f., 142).
bb) Einfluss auf die Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen können nach Rechtskraft der Ehescheidung eingetretene Umstände also insbesondere dann haben, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 64, 70; Senatsurteil vom 27. November 1985 – IV b ZR 87/84 – FamRZ 1986, 148, 149). Gleiches gilt, wenn die späteren Umstände bereits in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (Senatsurteil vom 16. März 1988 – IV b ZR 40/87 – FamRZ 1988, 701, 703). Nacheheliche Einkommensänderungen bestimmen somit insbesondere dann die ehelichen Lebensverhältnisse, wenn es sich um bereits während der Ehezeit absehbare Entwicklungen handelt. Das gilt sowohl für einen nicht vorwerfbaren nachehelichen Einkommensrückgang (Senatsurteil BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.) als auch für eine nicht vorwerfbare nacheheliche Arbeitslosigkeit oder den Beginn der Regelaltersrente (Senatsurteil BGHZ 163, 187 = FamRZ 2005, 1479, 1480). Auch nacheheliche Veränderungen im Ausgabenbereich sind dann bei der Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen, wenn dies auch bei fortbestehender Ehe zu erwarten war, wie etwa der umzugsbedingte Wegfall von Fahrtkosten (Senatsurteil vom 31. März 1982 – IV b ZR 652/80 – FamRZ 1982, 575, 576). Dass die spätere Entwicklung dem Unterhaltspflichtigen nicht vorwerfbar sein darf (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70 und Maurer FamRZ 2011, 849, 854), ergibt sich schon daraus, dass eine dem Unterhaltspflichtigen vorwerfbare Einkommensverringerung zum Ansatz fiktiver Einkünfte führen würde und deswegen letztlich unberücksichtigt bliebe (Senatsurteil vom 18. März 1992 – XII ZR 23/91 – FamRZ 1992 – 1045, 1046 f.).
Die Einkünfte aus einer nachehelich aufgenommenen Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten sind als Surrogat der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung während der Ehe zu behandeln und somit ebenfalls bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 988 ff.; BVerfGE 105, 1 = FamRZ 2002, 527). Ein hinreichender Bezug zur Ehe ist in dem erst nachehelich erzielten Erwerbseinkommen deswegen zu erblicken, weil die Erwerbstätigkeit mit zunehmendem Alter der gemeinsamen Kinder auch bei fortbestehender Ehe zu erwarten gewesen wäre.
c) Ohne Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen bleibt hingegen eine nacheheliche Entwicklung, die keinen Anknüpfungspunkt in der Ehe findet. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere für die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten, die erst durch die Scheidung der ersten Ehe eintreten kann (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Gleiches gilt für die aus der neuen Ehe hervorgehenden finanziellen Vorteile, wie den Splittingvorteil (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 823 f. und Senatsurteile BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819 und vom 23. Mai 2007 – XII ZR 245/04 – FamRZ 2007, 1232 Rn. 15 ff.) oder sonstige, von der neuen Ehe abhängige Einkommenszuschläge (Senatsurteil BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793 Rn. 44 ff.). Der Splittingvorteil des geschiedenen Ehegatten aus seiner neuen Ehe muss bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der geschiedenen Unterhaltsberechtigten unberücksichtigt bleiben, weil dieser auf seiner neuen Ehe beruht und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dieser neuen Ehe verbleiben muss (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; Senatsbeschluss BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819). Auch der Vorteil des Zusammenlebens des Klägers in seiner neuen Ehe kann sich nur im Rahmen der Konkurrenz des Unterhaltsanspruchs seiner neuen Ehefrau mit dem Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen der Leistungsfähigkeit auswirken, nicht hingegen auf die gebotene Bedarfsbemessung im Wege der Halbteilung der ehelichen Lebensverhältnisse (Schwamb FamRB 2011, 120, 122; a.A. wohl Maurer FamRZ 2011, 849, 860).
Auch die Unterhaltspflicht für ein nachehelich geborenes Kind und der Betreuungsunterhalt für dessen nicht mit dem Vater verheiratete Mutter nach § 1615 l BGB sind bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu berücksichtigen. Insoweit fehlt es für die erst nachehelich entstandenen Umstände an der erforderlichen Anknüpfung an die geschiedene Ehe. Solche Unterhaltsansprüche sind weder in der Ehe angelegt noch bei fortbestehender Ehe mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten (so auch Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 805; Borth FamRZ 2011, 445, 446 f.; Maurer FamRZ 2011, 849, 855; Born FF 2011, 136, 142 und Maier FuR 2011, 182, 184). Der abweichenden Auffassung von Gutdeutsch (FamRZ 2011, 523, 524 und Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Soweit darauf abgestellt wird, dass solche von einer Wiederheirat unabhängige Unterhaltspflichten auch bei fortbestehender Ehe möglich sind, überzeugt dies nicht. Denn bei fortbestehender Ehe besteht jedenfalls nicht die vom Bundesverfassungsgericht (FamRZ 2011, 437 Rn. 64) geforderte hohe Wahrscheinlichkeit der Geburt weiterer Kinder aus einer anderen Verbindung. Das Gebot der Gleichbehandlung aller ehelich oder nachehelich geborenen minderjährigen Kinder (Art. 6 Abs. 5 GG) kann eine Berücksichtigung nachehelich geborener Kinder bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen ebenfalls nicht begründen. Denn nach § 1609 Nr. 1 BGB stehen die Unterhaltsansprüche minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder ohnehin stets im ersten Rang. Unabhängig davon, ob sie den Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten beeinflussen oder nicht, sind ihre Ansprüche im Rahmen der Leistungsfähigkeit stets vorab zu befriedigen, was die von der Verfassung gebotene Gleichbehandlung sicherstellt (vgl. auch Maurer FamRZ 2011, 849, 856).
d) Soweit die Umstände der geschiedenen Ehegatten bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen sind, ist schon insoweit der Halbteilungsgrundsatz zu beachten. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass Unterschiede im Einkommen der geschiedenen Ehegatten nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung ihrer ehelichen Lebensverhältnisse führen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die von beiden erwerbstätigen Ehegatten erzielten Einkünfte ihnen gleichmäßig zugutekommen, soweit nicht jedem für erhöhte berufsbedingte Aufwendungen ein Anteil seines Einkommens vorab allein zugerechnet wird (Senatsurteile vom 31. März 1982 – IV b ZR 652/80 – FamRZ 1982, 575 f. und vom 10. Dezember 1980 – IV b ZR 534/80 – FamRZ 1981, 241). Entsprechend ist den geschiedenen Ehegatten bei der Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen das Einkommen, das den Lebensstandard ihrer Ehe geprägt hat, grundsätzlich hälftig zuzuordnen, unabhängig davon, ob es nur von einem oder von beiden Ehegatten erzielt wird (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 46; BVerfGE 105, 1, 12 = FamRZ 2002, 527 und BVerfGE 63, 88, 109 = FamRZ 1983, 342; so auch Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 und Graba FF 2011, 102, 105).
Ausnahmen von dieser Halbteilung im Rahmen der Bedarfsbemessung sind nur dann geboten, wenn im Einzelfall nach der Rechtsprechung des Senats ein Mindestbedarf geschuldet ist (Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 25 ff. und vom 17. Februar 2010 – XII ZR 140/08 – FamRZ 2010, 629 Rn. 32 f.) oder wegen besonders hoher Einkünfte bei nur eingeschränkter Verwendung für den Lebensunterhalt eine konkrete Bedarfsbemessung erforderlich ist (vgl. Senatsurteile vom 10. November 2010 – XII ZR 197/08 – FamRZ 2011, 192 Rn. 21 ff. und vom 11. August 2010 – XII ZR 102/09 – FamRZ 2010, 1637 Rn. 26 ff.). In allen anderen Fällen wird durch die pauschale Bedarfsbemessung im Wege der Quotenmethode hinsichtlich aller im Rahmen des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigenden Umstände der Halbteilungsgrundsatz gewahrt.
e) Danach hat die Beklagte als geschiedene Ehefrau einen Unterhaltsbedarf, der sich auf der Grundlage ihres Einkommens und des Einkommens des Klägers ohne den Splittingvorteil aus der neuen Ehe und unabhängig von dem Unterhaltsbedarf seiner neuen Ehefrau und des nachehelich geborenen Kindes bemisst.
Auf dieser rechtlichen Grundlage kann bereits der Bedarf der Beklagten nicht abschließend ermittelt werden. Denn das Oberlandesgericht hat lediglich das Einkommen des Klägers in seiner neuen Ehe festgestellt und in konsequenter Anwendung der früheren Rechtsprechung zur Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung den Splittingvorteil nicht eliminiert. Der Unterhaltsbedarf ergibt sich jedoch aus der Hälfte der nach Abzug des jeweiligen Erwerbstätigenbonus errechneten Differenz der Einkünfte des Klägers ohne Splittingvorteil nach Abzug des Kindesunterhalts (vgl. Senatsurteil vom 23. Mai 2007 -XII ZR 245/04 -FamRZ 2007, 1232 Rn. 29 ff.) mit dem fiktiven Einkommen der Beklagten. Auf der Grundlage der Feststellungen des Oberlandesgerichts ist eine solche Bedarfsermittlung nicht möglich.
3. Bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des Klägers nach § 1581 BGB sind hingegen auch weitere Umstände zu berücksichtigen, die nicht bereits Einfluss auf die Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen gehabt haben.
a) Auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist der Grundsatz zu beachten, dass die Unterhaltspflicht im Hinblick auf seine allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG nicht unverhältnismäßig und unzumutbar sein darf. Soweit dieser Grundsatz nicht bereits bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen berücksichtigt wurde, ist er jedenfalls bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit im Rahmen des § 1581 BGB zu beachten, da der eigene angemessene Unterhalt nicht geringer sein darf als der an den Unterhaltsberechtigten zu leistende Betrag (Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264; so auch Wellenhofer FF 2011, 144, 147; Borth FamRZ 2011, 445, 448 f.; Graba FF 2011, 102, 105; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524 f.; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 598 f. und Maier FuR 2011, 182; aA Maurer FamRZ 2011, 849, 856 f.).
Übersteigt der Bedarf des Unterhaltsberechtigten den Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt verbleibt, liegt somit zwischen ihnen ein relativer Mangelfall vor, der zugleich zur Kürzung des Unterhalts des Berechtigten und des individuellen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen führt. Entsprechend hat der Senat schon in der Vergangenheit den individuellen Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen als „Kehrseite“ des Unterhaltsbedarfs des Berechtigten behandelt und den angemessenen Unterhalt im Sinne von § 1581 BGB, bei dessen Gefährdung die Billigkeitsabwägung einzusetzen hat, mit dem Unterhaltsbedarf des Berechtigten nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gleichgesetzt (Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264). Soweit der Senat in seiner Rechtsprechung zur Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung davon abgewichen war, weil es dessen nach dieser Systematik nicht mehr bedurfte (Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 Rn. 20 ff.), hält er daran nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht fest. Diese Änderung der früheren Rechtsprechung hatte der Senat ausdrücklich darauf zurückgeführt, dass er zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes auch nacheheliche Änderungen bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB berücksichtigt hatte. Nachdem das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsprechung für nicht mit dem Gesetz vereinbar erklärt hat und der Senat deswegen zu seiner früheren Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zurückkehrt, bedarf es auch des Rückgriffs auf die frühere Rechtsprechung zur Wahrung der Halbteilung im Rahmen des § 1581 BGB.
Erst wenn für den Unterhaltspflichtigen die Untergrenze seines eigenen angemessenen Selbstbehalts erreicht ist (Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 Rn. 16 ff.) und somit ein absoluter Mangelfall vorliegt, wirkt sich dies allein auf den Unterhalt der Berechtigten aus (vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 1). Dann sind die Ansprüche der Unterhaltsberechtigten entsprechend der in § 1609 BGB geregelten Rangfolge und bei Gleichrang anteilig zu kürzen.
Diese Rechtsprechung führt dazu, dass im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB auch nachehelich geborene minderjährige oder privilegiert volljährige Kinder vorrangig zu berücksichtigen sind, weil deren Unterhalt nach § 1609 Nr. 1 BGB stets im ersten Rang geschuldet ist. Dass die Unterhaltspflicht für diese Kinder erst nachehelich entstanden ist, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit unerheblich, weil insoweit für die weiteren Unterhaltsberechtigten kein Vertrauensschutz dahingehend besteht, dass sich durch Wiederheirat und Gründung einer Zweitfamilie des Unterhaltspflichtigen der Kreis der unterhaltsberechtigten Personen nicht vergrößert und seine Unterhaltsquote nicht gekürzt wird (BT-Drucks. 16/1830 S. 24).
b) Schließlich muss der Unterhaltspflichtige nach § 1581 BGB nur insoweit Unterhalt leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und Erwerbsund Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht, wenn er nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts den vollen Unterhalt der Unterhaltsberechtigten zu zahlen. Die Leistungsfähigkeit gegenüber einzelnen Unterhaltsberechtigten hängt mithin grundsätzlich auch von weiteren Unterhaltsverpflichtungen als sonstigen Verpflichtungen im Sinne des § 1581 Satz 1 BGB ab.
Insoweit kann allerdings der Rang der verschiedenen Unterhaltspflichten nicht unberücksichtigt bleiben. Dafür spricht bereits die gesetzliche Systematik, derzufolge Kapitel 3 mit den §§ 1581 ff. BGB als „Leistungsfähigkeit und Rangfolge“ bezeichnet ist. Hinzu kommt, dass die frühere gesetzliche Regelung in § 1582 BGB einen ausdrücklichen Bezug auf § 1581 BGB enthielt. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen war mithin der Rang eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten zu berücksichtigen. Durch die Änderung der Rangvorschrift ist zwar der ausdrückliche Bezug auf § 1581 BGB entfallen. Dabei ist der Gesetzgeber allerdings davon ausgegangen, dass die Ursache für die Entstehung von Mangelfällen vielfach in der Heirat und der Gründung einer neuen Familie nach Ehescheidung begründet liegt. Insoweit hat er nicht mehr auf die zeitliche Priorität der Eheschließung, sondern allein auf die Schutzbedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten abgestellt, der sich im Rang nach § 1609 niederschlägt (BT-Drucks. 16/830 S. 22 f.). Aus der Gesetzesbegründung geht mithin hervor, dass im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeitsabwägung nach wie vor der Rang verschiedener Unterhaltsberechtigter zu berücksichtigen ist (so auch Maurer FamRZ 2011, 849, 857; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 601 und 2011, 772, 773, 775; Schwamb FamRB 2011, 120, 121).
c) Die Darlegungs- und Beweislast für seine nur eingeschränkte Leistungsfähigkeit trägt grundsätzlich der Unterhaltspflichtige (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 6 Rn. 721 ff.). Damit trifft den Unterhaltspflichtigen auch die Darlegungs- und Beweislast für seine „sonstigen Verpflichtungen“, insbesondere für den Unterhaltsbedarf nachehelich hinzugekommener weiterer Unterhaltsberechtigter (so auch Gerhardt/ Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 f.). Im Ergebnis hatte der Senat dies bereits auf der Grundlage seiner früheren Rechtsprechung ausgesprochen (Senatsurteil vom 14. April 2010 – XII ZR 89/08 – FamRZ 2010, 869 Rn. 36 mwN).
d) Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber einem geschiedenen Ehegatten wird somit auch durch sonstige vor- oder gleichrangige Unterhaltspflichten beeinflusst. Das gilt insbesondere bei nachehelich hinzugekommenen Unterhaltspflichten für einen neuen Ehegatten oder die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l BGB.
aa) Ist die geschiedene Ehefrau wegen langer Ehedauer oder der Betreuung eines gemeinsamen Kindes gegenüber dem hinzugetretenen Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter des nachehelich geborenen Kindes nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig, sind im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 1581 BGB grundsätzlich auch die neu hinzugekommenen Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen.
(1) Der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte kann dann nicht mehr den vollen Unterhalt im Wege der Halbteilung verlangen, weil dem Unterhaltspflichtigen nur ein gleich hoher Betrag seines Einkommens verbliebe, der für seinen eigenen Unterhalt und den hinzugetretenen gleichrangigen Betreuungsunterhalt zu verwenden wäre. Sowohl dem Unterhaltspflichtigen als auch dem gleichrangig hinzugetretenen Unterhaltsberechtigten verbliebe dann deutlich weniger als dem geschiedenen Ehegatten zustünde. Dies führt zu einem relativen Mangelfall zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem geschiedenen Ehegatten, der zu einer Kürzung des Unterhaltsanspruchs nach Billigkeit führen muss. Dem Unterhaltspflichtigen muss im Verhältnis zum geschiedenen Ehegatten somit mehr als die Hälfte des Einkommens verbleiben, um auch den hinzugekommenen Betreuungsunterhalt seines neuen Ehegatten oder einen nachehelich entstandenen Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB erfüllen zu können. Wenn die Instanzgerichte diese wechselseitige Beeinflussung im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeit bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten grundsätzlich im Wege der Dreiteilung des vorhandenen Gesamteinkommens lösen, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (so auch Borth FamRZ 2011, 445, 449; Schwamb FamRB 2011, 120, 122; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 525; Wohlgemuth FuR 2011, 311, 312; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 598; Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 107 ff.; aA Maurer, 2011, 849, 858 f.; Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609 f. und NJW 2011, 801, 806).
Einer solchen Berücksichtigung eines gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1581 BGB steht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (FamRZ 2011, 437) lag der Fall einer nachrangigen zweiten Ehefrau zugrunde, während die Unterhaltsansprüche der Beklagten und der neuen Ehefrau des Klägers hier nach § 1609 Nr. 2 BGB im gleichen Rang stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsprechung des Senats auch nur insoweit für nicht mit dem Gesetz vereinbar erachtet, als bereits der Unterhaltsbedarf durch nachehelich hinzugetretene weitere Unterhaltspflichten beeinflusst werden sollte. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich auf die im Gesetz vorgegebene Trennung zwischen Bedarfsbemessung einerseits sowie Leistungsfähigkeit und Rang andererseits abgestellt (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 55). Ergänzend hat das Bundesverfassungsgericht aber auch darauf hingewiesen, dass einander nachfolgende Ehen durch Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gleichrangig und gleichwertig geschützt werden (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 46; BVerfGE 108, 351, 364 und 66, 84, 94 f.). Selbst wenn dadurch Modifikationen des Grundsatzes gleicher Teilhabe nicht ausgeschlossen sind, ist der gleichrangige und gleichwertige Schutz verschiedener Ehen jedoch grundsätzlich im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeit zu berücksichtigen (vgl. auch Wendl/ Gutdeutsch aaO § 5 Rn. 105 ff.; Gutdeutsch/Gerhardt FamRZ 2011, 597, 598; Maurer FamRZ 2011, 849, 851 f.). Die aus dem zeitlichen Ablauf folgende Privilegierung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten ist für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten durch das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz ausdrücklich abgeändert worden (BT-Drucks. 16/1830 S. 23).
(2) Soweit im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber einem geschiedenen und einem gleichrangigen neuen Ehegatten bei der Billigkeitsabwägung eine Dreiteilung des vorhandenen Einkommens erfolgt, ist nach den Grundsätzen der bisherigen Senatsrechtsprechung das gesamte Einkommen aller Beteiligten zu berücksichtigen (vgl. insoweit Senatsurteile BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn. 39 f. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 40 ff.).
Der im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigende Unterhaltsbedarf eines konkurrierenden neuen Ehegatten ist auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den ehelichen Lebensverhältnissen wegen des insoweit zu beachtenden Prioritätsgrundsatzes abhängig vom Unterhalt einer geschiedenen Ehefrau zu bemessen (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 48, 69 f., 72; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524; Gerhardt/ Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773; Borth FamRZ 2011, 445, 447 f.; Graba FamRZ 2010, 1131, 1135; Maurer FamRZ 2011, 849, 852; Wohlgemuth FuR 2011, 311, 312; Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 4 Rn. 428; Wendl/Gutdeutsch aaO § 5 Rn. 807 und § 5 Rn. 107). Gegen die abweichende Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 806 und NJW 2011, 2609; Maier FuR 2011, 182 und Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 3 Rn. 83) spricht schon, dass die Annahme, dass einem nachfolgenden Ehegatten sonst lediglich 1/4 des verfügbaren Einkommens verbleibe, wenn der geschiedene Ehegatte bei der Bedarfsbemessung vorab berücksichtigt werde, so nicht zutrifft. Denn der endgültige Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten lässt sich erst im Zusammenspiel mit der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber seinem geschiedenen Ehegatten bemessen. Verbleibt dem Unterhaltspflichtigen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten ein höherer Betrag, wirkt sich dies zugleich auf den im Wege der Halbteilung zu ermittelnden Bedarf seines mit ihm zusammenlebenden neuen Ehegatten aus.
Synergieeffekte durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen in einer neuen Ehe können auch in diesem Zusammenhang nicht allein durch eine Absenkung des angemessenen Selbstbehalts berücksichtigt werden, weil dies nur den beiden Unterhaltsberechtigten in gleicher Weise zugutekäme. Statt dessen kann dem Vorteil des Zusammenwohnens, der für jeden Ehegatten der neuen Ehe mit 10 % in Ansatz zu bringen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 45), dadurch Rechnung getragen werden, dass die den zusammenlebenden Ehegatten zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend gekürzt werden und der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten entsprechend erhöht wird (vgl. Graba FF 2011, 102, 104 und Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 599). Im absoluten Mangelfall kann der Selbstbehalt aus diesen Gründen gekürzt und bis auf sein Existenzminimum herabgesetzt werden (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 – XII ZR 170/05 – FamRZ 2008, 594 Rn. 34 ff.).
Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1581 BGB ist in die bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten mögliche Dreiteilung das gesamte unterhaltsrelevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten einzubeziehen. Das schließt auch Einkünfte aus einem nachehelichen Karrieresprung ein, die lediglich die nachehelich hinzu getretene Unterhaltspflicht auffangen (Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn. 32 ff.). Auch der Splittingvorteil einer neuen Ehe muss im Rahmen der Dreiteilung der vorhandenen Einkommen bei der Leistungsfähigkeit nicht eliminiert werden, weil eine gleichrangige Unterhaltspflicht aus einer neuen Ehe regelmäßig zu einer Kürzung der Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten führt (vgl. Senatsurteile vom 14. April 2010 – XII ZR 89/08 – FamRZ 2010, 869 Rn. 33; BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 47 und vom 1. Oktober 2008 – XII ZR 62/07 – FamRZ 2009, 23 Rn. 32).
bb) Ist der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten gegenüber dem Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten vorrangig, ist es im Rahmen des § 1581 Satz 1 BGB erst recht geboten, diesen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen. Allerdings führt der bei gleichrangigen Ehegatten gewählte Weg der Dreiteilung aller vorhandenen Einkünfte zunächst lediglich zu einer annähernden Angleichung der Lebensumstände der geschiedenen und der neuen Ehefrau.
cc) Ist ein neuer Ehegatte hingegen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig, ist dessen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nicht als sonstige Verpflichtung zu berücksichtigen. In solchen Fällen ist der Unterhaltspflichtige deswegen regelmäßig in Höhe des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen leistungsfähig. Allerdings ist ein neuer Ehegatte nur dann nach § 1609 Nr. 3 BGB nachrangig, wenn aus der neuen Beziehung kein weiteres minderjähriges Kind hervorgegangen ist, das noch betreut werden muss. Weil sein Unterhaltsanspruch im Rahmen der Unterhaltskonkurrenz mit dem geschiedenen Ehegatten nach den §§ 1581, 1609 Nr. 2 BGB als hypothetischer nachehelicher Unterhalt zu bemessen ist, ist dann ein von ihm erzielbares Einkommen zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 46 ff.).
dd) Im Einzelfall erlaubt die nach § 1581 BGB gebotene Billigkeitserwägung allerdings auch davon abweichende Ergebnisse, die neben dem Rang auf weitere individuelle Umstände gestützt werden können (vgl. insoweit Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773 f.; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 525; Schwamb FamRB 2011, 120, 123 und Maier FuR 2011, 182, 184). Als weiteres Billigkeitskriterium ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Mindestbedarf eines Unterhaltsberechtigten gedeckt wird (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 24; Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 807).
e) Auch auf der Grundlage dieser Rechtsprechung zur Leistungsfähigkeit des Klägers lässt sich der Rechtsstreit nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden.
Zwar kann im Rahmen der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Klägers gegenüber der Beklagten und seiner neuen Ehefrau, deren Unterhaltsansprüche wegen Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig sind, auf das gesamte vorhandene Einkommen einschließlich des Splittingvorteils aus der neuen Ehe zurückgegriffen werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 46 ff.). Gleichwohl lässt sich auch die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten nicht abschließend beurteilen, weil das Berufungsgericht entgegen der nach seiner Entscheidung ergangenen Rechtsprechung des Senats nicht festgestellt hat, in welchem Umfang ein Erwerbseinkommen der neuen Ehefrau des Klägers zurechenbar ist, obwohl diese im Hinblick auf das Alter des gemeinsamen Kindes und den Kindergartenbesuch jedenfalls zu einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit in der Lage wäre.
4. Das angefochtene Urteil ist deswegen aufzuheben und der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
Das Oberlandesgericht wird zunächst klären müssen, in welchem Umfang der neuen Ehefrau des Klägers ein eigenes Einkommen zuzurechnen ist. Auf die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten als seiner geschiedenen Ehefrau wirkt sich dies wegen des Gleichrangs der beiden Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Dreiteilung des gesamten Einkommens aus. Der Kläger verfügt über Einkünfte, die auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit nach Abzug des um das hälftige Kindergeld herabgesetzten Mindestunterhalts für beide Kinder (vgl. insoweit Senatsurteile vom 2. Juni 2010 -XII ZR 160/08 -FamRZ 2010, 1318 Rn. 28 f. und vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08 – FamRZ 2009, 1300 Rn. 48 ff.; vgl. auch BVerfG FamRZ 2011, 1490 Rn. 32 ff.) den Mindestbetrag seines angemessenen Selbstbehalts, der in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bis Ende 2010 mit 1.000 € bemessen wurde und seitdem 1.050 € beträgt (vgl. insoweit Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683, 684 f.), übersteigen. Es verbleibt mithin ein für die nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangigen Unterhaltsberechtigten verteilungsfähiges Einkommen, dessen Aufteilung auf die Beklagte und die neue Ehefrau des Klägers nach den bisherigen Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht möglich ist.
Hahne Dose Klinkhammer
Günter Nedden-Boeger
BGH, Urteil bom 7.12.2011
XII ZR 151/09
AG Aschaffenburg, Entscheidung vom 30.09.2008
4 F 619/08
OLG Bamberg, Entscheidung vom 14.05.2009
2 UF 238/08