Ein im Ehevertrag kompensationslos vereinbarter Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn die Ehefrau bei Abschluss des Vertrags schwanger ist und die Ehegatten bewusst in Kauf nehmen, dass sie wegen Kindesbetreuung alsbald aus dem Berufsleben ausscheiden und bis auf weiteres keine eigenen Versorgungsanrechte (abgesehen von Kindererziehungszeiten) erwerben wird (im Anschluss an Senatsurteil vom 9. Juli 2008 – XII ZR 6/07 – FamRZ 2008, 2011).
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 18. Zivilsenats – Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Karlsruhe – Zivilsenate in Freiburg – vom 12. April 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Wert: 2.000 EUR
Gründe:
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von ihnen getroffenen Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs.
Die Parteien schlossen am 15. August 1992 die Ehe, aus der ein am 28. Oktober 1992 geborener Sohn hervorgegangen ist. Am 14. August 1992 – einen Tag vor der Eheschließung – hatten die Parteien einen notariellen Eheund Erbvertrag geschlossen, in dem sie u. a. Gütertrennung vereinbart und den Versorgungsausgleich ausgeschlossen hatten. Außerdem hatten sich die Parteien auf Verlangen des Antragstellers (Ehemann, geb. 12. Mai 1961) verpflichtet, Untersuchungen vornehmen zu lassen um festzustellen, ob der Ehemann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Vater des noch ungeborenen Kindes sei. Für den Fall der Geburt eines gemeinsamen Kindes sollte die Antragsgegnerin (Ehefrau, geb. am 1. März 1961) ihre berufliche Tätigkeit vorübergehend zum Zwecke der Kinderbetreuung aufgeben; sobald das Kind einer ganztägigen Betreuung durch die Mutter nicht mehr bedürfte, sollte die Ehefrau verpflichtet sein, ihre ursprüngliche oder eine andere berufliche Tätigkeit wieder aufzunehmen. Auf Unterhalt für den Scheidungsfall hatten die Parteien wechselseitig verzichtet. Allerdings sollte der ein gemeinsames Kind betreuende Ehegatte Unterhalt nach Maßgabe der Düsseldorfer Tabelle solange verlangen können, bis die ganztätige Betreuung des Kindes nicht mehr erforderlich sei und der betreuende Ehegatte eine berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen könne.
Der Abschluss des Ehevertrags war für den Ehemann Voraussetzung der Eheschließung. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses war der Ehemann Assistenzarzt; er ist Facharzt für Kardiologie. Die Ehefrau hatte bei Abschluss des Ehevertrags ihre Referendarzeit als Gymnasiallehrerin abgeschlossen, aber keine Lehramtsstelle erhalten; sie arbeitete deshalb von 1989 bis zur Geburt des Kindes als Exportsachbearbeiterin. Bis 1995 befand sich die Ehefrau im Erziehungsurlaub. Danach bezog sie Arbeitslosengeld und übernahm ab 1999, Krankheitsvertretungen im Lehramt. Seit dem 5. September 2002 ist sie Beamtin (Studienassessorin) auf Probe.
Auf den am 29. Juli 2003 zugestellten Antrag hat das Amtsgericht – Familiengericht – die Ehe durch Verbundurteil vom 14. Oktober 2004 geschieden (insoweit rechtskräftig seit dem 22. Januar 2005). Das Amtsgericht hat den Ehevertrag für unwirksam angesehen. Es hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es zu Lasten der Versorgung des Ehemannes bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte (Beteiligte zu 1., im Folgenden Ärzteversorgung) durch Realteilung für die Ehefrau Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 296,50 EUR, bezogen auf den 30. Juni 2003, begründet hat. Außerdem hat es zu Lasten der Versorgung des Ehemannes bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (Beteiligte zu 3., im Folgenden VBL) auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Beteiligte zu 2., im Folgenden DRV Bund) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 33,73 EUR, bezogen auf den 30. Juni 2003, begründet.
Nach den vom Amtsgericht eingeholten Auskünften hat der Ehemann in der Ehezeit (1. August 1992 bis 30. Juni 2003, § 1587 Abs. 2 BGB) Anrechte bei der Ärzteversorgung in Höhe von monatlich 772,28 EUR erworben, außerdem Anrechte bei der VBL in Höhe von monatlich 305,65 EUR, jeweils bezogen auf den 30. Juni 2003. Die Ehefrau hat in der Ehezeit bei der DRV Bund gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 96,41 EUR erworben, außerdem beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (Beteiligte zu 4., im Folgenden Landesamt) eine Anwartschaft auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen in Höhe von monatlich 103,28 DM, jeweils bezogen auf den 30. Juni 2003.
Mit seiner Beschwerde hat der Ehemann geltend gemacht, der Versorgungsausgleich sei durch den Ehevertrag wirksam ausgeschlossen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
1.
Das Oberlandesgericht ist – wie auch schon das Amtsgericht – davon ausgegangen, dass der von den Parteien geschlossene Ehevertrag insgesamt nichtig ist.
Bereits die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehende Schwangerschaft der Ehefrau indiziere deren gegenüber dem Ehemann schwächere Verhandlungsposition. Hinzu komme, dass der Ehemann den Vertrag, dessen Abschluss für ihn Bedingung der Eheschließung gewesen sei, einseitig entworfen und dem Notar zur Überarbeitung übergeben habe. Der zeitliche Ablauf (Ausarbeitung des Vertrags wenige Wochen vor der Eheschließung; Notartermin am Vortag der Eheschließung) und die Zweifel des Ehemannes an seiner Vaterschaft hinsichtlich des von der Ehefrau erwarteten Kindes seien ebenfalls geeignet gewesen, Druck auf die Ehefrau auszuüben.
Inhaltlich sei der Anspruch der Ehefrau auf Betreuungsunterhalt gegenüber der gesetzlichen Regelung deutlich eingeschränkt worden; im Übrigen habe die Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt sogar generell verzichtet. Der Versorgungsausgleich, der zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts zähle, sei ausgeschlossen worden, ohne dass eine irgendwie geartete Ersatzleistung vereinbart worden sei. Diese Regelungen seien getroffen worden, obwohl nach den Vorstellungen der Parteien klar gewesen sei, dass die Ehefrau in den nächsten Jahren durch die Kinderbetreuung Nachteile in ihrer Erwerbsbiographie und beim Erwerb von Rentenanwartschaften erleiden würde. Die beruflichen Perspektiven der Ehefrau seien zudem unsicher gewesen. Insbesondere sei nicht zu erwarten gewesen, dass es der Ehefrau gelingen werde, nach der Kindererziehungspause in ihren früheren Betrieb, in dem sie zudem nur verhältnismäßig kurze Zeit und als ungelernte Kraft tätig gewesen sei, zurückzukehren. Ebenso seien ihre Chancen für eine Einstellung im Lehramtsbereich damals unsicher gewesen; erst in den letzten Jahren habe sich die Einstellungspraxis zugunsten der Ehefrau verbessert und schließlich zu deren Übernahme in ein Probebeamtenverhältnis geführt.
2.
Diese Ausführungen halten im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. Dabei kann dahinstehen, ob der Ehevertrag aufgrund der vom Oberlandesgericht angeführten Umstände insgesamt als sittenwidrig anzusehen ist. Jedenfalls ist dem vereinbarten Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 138 Abs. 1 BGB die Anerkennung der Rechtsordnung zu versagen.
a)
Wie der Senat wiederholt dargelegt hat (grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601), darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten – bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede – bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.
Dabei hat der Tatrichter zunächst – im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle – zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr – und zwar losgelöst von der zukünftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse – wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten ( § 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse bei Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 100 f. = FamRZ 2004, 601, 606) .
Eine Schwangerschaft der Frau bei Abschluss des Ehevertrages vermag dabei, wie der Senat dargelegt hat, für sich allein noch keine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages zu begründen. Sie indiziert aber eine ungleiche Verhandlungsposition und damit eine Disparität bei Vertragsabschluss, die es rechtfertigt, den Vertrag einer verstärkten richterlichen Inhaltskontrolle zu unterziehen, wobei in einer Gesamtschau alle maßgeblichen Faktoren zu berücksichtigen sind (Senatsurteile vom 25. Mai 2005 – XII ZB 296/01 – FamRZ 2005, 1444, 1446 ; vom 5. Juli 2006 – XII ZR 25/04 – FamRZ 2006, 1359, 1361 und vom 28. März 2007 – XII ZR 130/04 – FamRZ 2007, 1310, 1311). Auch bei dieser Gesamtschau wird das Verdikt der Sittenwidrigkeit allerdings nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne dass dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird (Senatsurteil vom 28. März 2007 – XII ZR 130/04 – FamRZ 2007, 1310, 1311).
Soweit ein Vertrag der Wirksamkeitskontrolle standhält, hat sodann eine Ausübungskontrolle nach § 242 BGB zu erfolgen. Dafür sind nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nunmehr – im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft – aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar ist (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 100 f. = FamRZ 2004, 601, 606) .
b)
Der ehevertraglich vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs hält hier bereits der Wirksamkeitskontrolle (§ 138 Abs. 1 BGB) nicht stand.
aa)
Bereits subjektiv befand sich die Ehefrau bei Abschluss des Ehevertrags in einer gegenüber dem Ehemann deutlich schwächeren Verhandlungsposition: Das folgt nicht nur aus der bevorstehenden Geburt des gemeinsamen Sohnes (Ehevertragsschluss 14. August 1992, Geburt 28. Oktober 1992), sondern auch aus den vom Ehemann geäußerten Zweifeln an seiner Vaterschaft, der die Eheschließung vom Abschluss des Ehevertrags abhängig gemacht und den wesentlichen, von ihm gewollten Inhalt des Ehevertrags – ohne Mitwirkung der Ehefrau – ausgearbeitet und dem Notar vorgegeben hatte. Dieser subjektive Druck auf die Ehefrau verschärfte sich durch deren wirtschaftliche Situation, da sie in ihrem erlernten Beruf keine Anstellung gefunden hatte und – nach den Feststellungen des Berufungsgerichts – ohne den wirtschaftlichen Rückhalt der Ehe als ungelernte Kraft und ledige Mutter einer ungesicherten wirtschaftlichen Zukunft entgegensah.
bb)
Dieses Ungleichgewicht zu Lasten der Ehefrau spiegelt sich im objektiven Inhalt des Ehevertrags. Jedenfalls der vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs bewirkt eine – bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses offenkundige – einseitige Lastenverteilung für den Scheidungsfall, die durch den geplanten Zuschnitt der Ehe nicht gerechtfertigt und durch keinerlei Vorteile für die Ehefrau ausgeglichen wird.
Der Versorgungsausgleich ist – als gleichberechtigte Teilhabe beider Ehegatten am beiderseits erworbenen Versorgungsvermögen – einerseits dem Zugewinnausgleich verwandt und wie dieser ehevertraglicher Disposition grundsätzlich zugänglich ( § 1408 Abs. 2, § 1587o BGB). Er ist jedoch andererseits als vorweggenommener Altersunterhalt zu verstehen; von daher steht er einer vertraglichen Abbedingung nicht schrankenlos offen. Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich müssen deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein vollständiger oder teilweiser Unterhaltsverzicht (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 98 = FamRZ 2004, 601, 605 ; vgl. ferner Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 – XII ZB 57/03 – FamRZ 2005, 185, 187 ; Senatsurteil vom 28. November 2007 – XII ZR 132/05 – FamRZ 2008, 582, 584). Der Unterhalt wegen Alters gehört, wie der Senat dargelegt hat, zum Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts; das Gesetz misst ihm als Ausdruck ehelicher Solidarität besondere Bedeutung zu – was freilich einen Verzicht nicht generell ausschließt, etwa wenn die Ehe erst im Alter geschlossen wird. Nichts anderes gilt für den Versorgungsausgleich. Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte aufgrund des schon beim Vertragsschluss geplanten Zuschnitts der Ehe über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint. Das kann namentlich dann der Fall sein, wenn sich ein Ehegatte, wie schon beim Vertragsschluss geplant, der Betreuung eines gemeinsamen Kindes gewidmet und deshalb auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise in der Ehe verzichtet hat. Das in diesem Verzicht liegende Risiko verdichtet sich zu einem Nachteil, den der Versorgungsausgleich gerade auf beide Ehegatten gleichmäßig verteilen will und der ohne Kompensation nicht einem Ehegatten allein angelastet werden kann, wenn die Ehe scheitert (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 2008 – XII ZR 6/07 – FamRZ 2008, 2001, 2013 und Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 – XII ZB 57/03 – FamRZ 2005, 185, 187) .
So liegen die Dinge hier. Nach dem Ehevertrag sollte bei Geburt eines Kindes die Ehefrau ihre berufliche Tätigkeit aufgeben und sich der Haushaltsführung und Kinderbetreuung widmen; die Wahl des Wohnsitzes sollte sich dann nach den beruflichen Gegebenheiten beim Ehemann bestimmen. Erst wenn kein Kind mehr einer Ganztagsbetreuung durch die Mutter bedürfe, sollte diese berechtigt und verpflichtet sein, ihre frühere oder eine angemessene Berufstätigkeit wieder aufzunehmen. Die Ehegatten haben damit schon bei Vertragsschluss bewusst in Kauf genommen, dass die seinerzeit schwangere Ehefrau alsbald aus dem Berufsleben ausscheiden und damit bis auf weiteres keine eigenen Versorgungsanrechte (außer Kindererziehungszeiten) erwerben würde. Der mit der Geburt eines Kindes und dessen Betreuung einhergehende Verzicht der Ehefrau auf den Ausbau der eigenen Versorgungsbiographie stellt sich nunmehr – mit der Scheidung – für diese als ein bei Vertragsschluss vorhersehbarer ehebedingter Nachteil dar. Dieser Nachteil wiegt umso schwerer, als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine spätere Wiederaufnahme der Tätigkeit der Ehefrau in ihrem bisherigen Betrieb nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts unsicher war und auch mit einer Einstellung der Ehefrau im Lehramtsbereich im damaligen Zeitpunkt nicht gerechnet werden konnte. In der Tat hat die Ehefrau erst sieben Jahre nach der Geburt des Kindes Vertretungsaufgaben übernehmen und erst nach zehn Jahren – bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar – eine Lehramtsstelle auf Probe antreten können. Mit dem ehevertraglichen Ausschluss des Versorgungsausgleichs wird dieser Nachteil absichtsvoll auf die Ehefrau verlagert. Da diese einseitige Lastenverteilung durch keinerlei Vorteil für die Ehefrau kompensiert wird, ist er nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam.
3.
Das Amtsgericht hat deshalb im Grundsatz zu Recht den Versorgungsausgleich durchgeführt. Gleichwohl kann die angefochtene Entscheidung nicht bestehen bleiben, weil es das Anwartschaftsrecht des Ehemannes bei der VBL mit einem unzutreffenden Wert berücksichtigt hat.
a)
Die vom Ehemann in der Ehezeit bei der VBL erworbene Anwartschaft (in Höhe von 305,65 EUR) beruht auf den seit dem 1. Januar 2002 erworbenen Versorgungspunkten (14,67 VP x 4,00 EUR = 58,68 EUR) sowie – für die vor dem 1. Januar 2002 liegenden Versicherungszeiten – auf einer Startgutschrift, deren Ehezeitanteil 246,97 EUR beträgt (113 Monate [in die Ehezeit fallende gesamtversorgungsfähige Zeit] : 151 Monate [gesamte gesamtversorgungsfähige Zeit] = 70,37 % von 350,96 EUR [Startgutschrift insgesamt]). Grundlage der Berechnung der Startgutschrift ist die in § 78, § 79 Abs. 1 Satz 1 VBL-Satzung enthaltene Übergangsregelung für „rentenferne“ Versicherte, die – wie der Ehemann – am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Diese Übergangsregelung ist, wie der Bundesgerichtshof – auch der Senat – nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, unwirksam (vgl. etwa BGHZ 174, 127 ff. und Senatsbeschluss vom 18. Februar 2009 – XII ZB 221/06 – zur Veröffentlichung bestimmt). Ein danach ermittelter Wert der Startgutschrift darf deshalb auch im Versorgungsausgleich nicht Grundlage einer gerichtlichen Regelung sein oder durch eine individuelle Wertberechnung ersetzt werden (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 – XII ZB 53/06 – FamRZ 2009, 303, 304 und vom 18. Februar 2009 – XII ZB 221/06 – zur Veröffentlichung bestimmt).
b)
Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Auch eine Teilentscheidung ist ihm nicht möglich. Die vom Ehemann erworbenen – real teilbaren – Anrechte bei der Ärzteversorgung und seine Anrechte bei der VBL sind mit den von der Ehefrau erworbenen Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung und auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen nach der Quotierungsmethode zu verrechnen. Dabei sind die Anrechte bei der Ärzteversorgung nur in dem Verhältnis zum Ausgleich der Wertdifferenz heranzuziehen, in dem der Wert dieser Anrechte zum Wert der vom Ehemann insgesamt erworbenen Anrechte steht. Sowohl die Wertdifferenz der von jedem der Ehegatten insgesamt erworbenen Anrechte wie auch die erforderliche Quotierung der vom Ehemann erworbenen Anrechte ist jedoch ohne Kenntnis des Wertes seiner in der Ehezeit bei der VBL erworbenen Anrechte nicht möglich. Die Sache war daher an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es nach einer Neufassung der Übergangsbestimmung für rentenferne Jahrgänge in der VBL-Satzung eine aktuelle Auskunft über den Ehezeitanteil der dort für den Ehemann bestehenden Anrechte einholt und auf dieser Grundlage den Versorgungsausgleich neu regelt.
c)
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
Das Oberlandesgericht wird das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO auszusetzen haben, solange wegen der Unwirksamkeit der Übergangsregelung für rentenferne Versicherte in § 78, § 79 Abs. 1 Satz 1 VBL-Satzung für die Berechnung der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anwartschaft des Ehemannes bei der VBL eine rechtliche Grundlage fehlt. Dem Oberlandesgericht ist es dabei grundsätzlich verwehrt, das Verfahren allein zum Zwecke der Aussetzung bis zu einer Neuregelung der Übergangsregelung in der VBL-Satzung an das Amtsgericht – Familiengericht – zurückzuverweisen (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 18. Februar 2009 – XII ZB 221/06 – zur Veröffentlichung bestimmt).
Zu Recht sind die Instanzgerichte davon ausgegangen, dass die bei der VBL bestehende Anwartschaft des Ehemannes nur im Leistungsstadium volldynamisch ist, was nach der derzeitigen Konzeption des Versorgungsausgleichs eine Umrechung nach § 1587b Abs. 3 Nr. 2 BGB in Verbindung mit der BarwertVO in ein insgesamt volldynamisches Anrecht erforderlich macht. Diese Umrechnung hat dabei nunmehr nach Maßgabe der BarwertVO in der Fassung der vierten Verordnung zur Änderung der BarwertVO vom 2. Juni 2008 (BGBl. I 969) zu erfolgen (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 18. Februar 2009 – XII ZB 221/06 – zur Veröffentlichung bestimmt).
BGH, Beschluss vom 18.03.2009
XII ZB 94/06