Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 13. Zivilsenates – 1. Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Koblenz vom 17. November 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Beschwerdegericht den Unterhalt der Antragsgegnerin bis Ende 2014 befristet hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Befristung des durch Vergleich geregelten Anspruchs auf nachehelichen Unterhalts der Antragsgegnerin.
Die Beteiligten schlossen 1989 die Ehe. Sie adoptierten ein im März 1996 geborenes Kind. Die Antragsgegnerin ist seit Juli 1991 Versicherungsfachwirtin und arbeitete bis 1995 als Sachbearbeiterin bei verschiedenen Versicherungsunternehmen. Nach der Adoption des Kindes setzte sie ihre Erwerbstätigkeit aus. Sie ist nunmehr als städtische Schulsekretärin mit 31 Wochenstunden beschäftigt. Die Ehe ist seit September 2004 geschieden. Mit gerichtlichem Vergleich vom 28. September 2004 verpflichtete sich der Antragsteller, an die Antragsgegnerin einen monatlichen nachehelichen Unterhalt von 1.800 € zuzüglich weiteren 128 € Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen. Zu Beginn des Jahres 2008 schlossen die Beteiligten eine außergerichtliche Vereinbarung, mit der sie den Vergleich dahingehend abänderten, dass ab März 2008 lediglich noch Unterhalt von 1.500 € zuzüglich 128 € Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen sei. Der Unterhalt sollte bis zu dem Monat gezahlt werden, in dem der gemeinsame Sohn das 14. Lebensjahr vollendete, also bis März 2010. Nach Ablauf des genannten Zeitraums sollten sich die Unterhaltsansprüche nach den gesetzlichen Vorschriften richten.
Der Antragsteller hat beantragt, den gerichtlichen Vergleich dahin abzuändern, dass er ab April 2010 keinen nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen hat, da die Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile erlitten habe. Dem ist die Antragsgegnerin entgegengetreten.
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberlandesgericht den Vergleich dahin abgeändert, dass er an die Antragsgegnerin ab 1. April 2010 Ehegattenunterhalt in Höhe von 1.310 € einschließlich eines Altersvorsorgeunterhalts von 128 € monatlich zu zahlen hat und der Unterhaltsanspruch mit Ablauf des Monats Dezember 2014 endet. Hiergegen richtet sich die für die Zeit ab 1. Januar 2015 zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der die Antragsgegnerin ihr Begehren auf unbefristeten Unterhalt weiter verfolgt.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Beschwerdebeschlusses und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
Die vom Beschwerdegericht auf den Unterhaltszeitraum ab 1. Januar 2015 beschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde und die damit einhergehende Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin sind zulässig (vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 10).
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Der Abänderungsantrag sei nach § 239 FamFG zulässig. Dies folge schon daraus, dass der Vergleich aus dem Jahre 2004 datiere und inzwischen die Unterhaltsreform in Kraft getreten sei. Dabei spiele es keine Rolle, dass die Parteien noch Anfang des Jahres 2008 durch eine private Vereinbarung den Titel modifiziert hätten. Abänderungsgegenstand sei allein der gerichtliche Vergleich. Der Antragsteller sei auch nicht mit seinem Einwand, die Unterhaltspflicht zu befristen, präkludiert. Zwar treffe es zu, dass der Vergleich nach Inkrafttreten der Unterhaltsreform geändert worden sei. Die entsprechende Vereinbarung habe sich aber erkennbar mit einem anderen Tatbestand befasst, nämlich dem Betreuungsunterhalt, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht der Befristungsmöglichkeit nach § 1578 b BGB unterliege. Aufgrund der Vereinbarung sei klargestellt gewesen, dass Betreuungsunterhalt bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres des gemeinsamen Sohnes geschuldet sein sollte. Zudem sei vereinbart gewesen, dass die Antragsgegnerin ohne Anrechnung hinzuverdienen könne. Letztlich werde durch den Passus in der Vereinbarung, nach Ablauf des genannten Zeitraums richteten sich eventuelle Unterhaltsansprüche nach den gesetzlichen Vorschriften, auch ausdrücklich die Abänderungsmöglichkeit eröffnet.
Die Auffassung des Amtsgerichts, der Abänderungsantrag sei unschlüssig, sei nicht haltbar, jedenfalls wenn der Antragsteller, wie hier, ausdrücklich seine unbegrenzte Leistungsfähigkeit einräume. Soweit er sich nicht zu seinen Einkommensverhältnissen erkläre, seien diese bei der gebotenen Billigkeitsabwägung in außergewöhnlicher Höhe zu unterstellen. Ohnehin sei hier aufgrund des Vortrags und des Antrags der Antragsgegnerin naheliegend, dass eine Herabsetzung auf den angemessenen Bedarf nicht streitig gewesen sei. Unabhängig davon habe die Antragsgegnerin in erster Instanz einer Reduzierung auf 1.400 € zugestimmt. Es komme nur ein Aufstockungsunterhalt nach § 1573 BGB in Betracht. Da der Anspruch zunächst auf den „eheangemessenen“ Lebensbedarf zu begrenzen und dann zu befristen sei, komme es auf die aktuellen Einkommensverhältnisse des Antragstellers nicht an und auch nicht auf seine Familienverhältnisse, weil einerseits kein Quotenunterhalt geschuldet sei und andererseits seine Leistungsfähigkeit außer Frage stehe. Unzweifelhaft liege ein ehebedingter Nachteil vor, wenn man vom Status quo ausgehe. Das gegenwärtig erzielte Einkommen liege deutlich unter dem, das die Antragsgegnerin bei Fortsetzung ihrer Sachbearbeitertätigkeit in der Versicherungsbranche gehabt hätte. Allerdings treffe den Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit, solche Nachteile nach Möglichkeit auszugleichen, im konkreten Fall spätestens seit Mitte 2006 im Hinblick auf die Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Befristung des Aufstockungsunterhalts. Das Problem des ehebedingten Nachteils „kristallisiere“ sich auf die Aussage der Antragsgegnerin, sie habe infolge der Ehe und der Kinderbetreuung nach der Scheidung keine ihrer vorherigen Tätigkeit entsprechende Stelle in der Versicherungswirtschaft mehr finden können. Hierzu habe die Antragsgegnerin jedenfalls keine ausreichenden Bemühungen entfaltet. Dabei sei auf der anderen Seite allerdings auch zu berücksichtigen, dass – ausdrücklich durch die Vereinbarung von Anfang 2008 durch den Antragsteller eingeräumt – ein Teil ihrer Arbeitskraft durch die Betreuung des Kindes gebunden gewesen sei.
Allerdings gehe es hier nicht um die Bedürftigkeit und die Bedarfsermittlung der Antragsgegnerin. Sie genüge – bei unterstellter Vollzeittätigkeit – ihrer aktuellen Erwerbsobliegenheit. Es gehe um die Frage, ob ein ehebedingter Nachteil nicht durch entsprechende Bemühungen hätte vermieden werden können. Auch insoweit treffe die Darlegungs- und Beweislast den Unterhaltspflichtigen, der sich auf einen Ausnahmetatbestand berufe. Die Antragsgegnerin dürfe sich allerdings nicht darauf beschränken, die allgemeine Lage auf dem hier einschlägigen Arbeitsmarkt in der Versicherungsbranche darzustellen. Sie müsse im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast zu ihren konkreten Bemühungen, eine entsprechende Stelle zu erlangen, vortragen. Auch wenn eine sichere rückblickende Einschätzung nicht mehr möglich sei, könne mit Gewissheit ausgeschlossen werden, dass es im Zeitraum 2006 bis 2008 keine entsprechenden Arbeitsmöglichkeiten gegeben habe.
Die im Ergebnis hiernach gebotene Befristung des Unterhalts komme unter Berücksichtigung der Abwägungskriterien des § 1578 b BGB erst nach einer Übergangszeit in Betracht, in der der Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen sei. Dabei sei die berufliche Entwicklung der Antragsgegnerin wie auch die Dauer der Ehe und der Kindererziehung zu berücksichtigen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers seien weit überdurchschnittlich, während die Antragsgegnerin unterdurchschnittliche Einkünfte erziele. Von daher sei der Unterhalt zunächst für eine Übergangszeit auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, und zwar bis zu dem Ende des Jahres, in dem das Kind volljährig werde, also bis Ende 2014. Erst für die Zeit danach sei der Unterhalt völlig auszuschließen.
Der angemessene Lebensbedarf entspreche dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Diesbezüglich sei unter Berücksichtigung der Angaben der LVM-Versicherung von einem Nettoeinkommen von rund 2.640 € auszugehen. In ihrer jetzigen Stellung könnte die Antragsgegnerin – hoch gerechnet auf eine Vollzeittätigkeit – rund 1.460 € verdienen. Die Differenz zum angemessenen Lebensbedarf betrage also rund 1.180 €. Der Altersvorsorgeunterhalt sei bei den sehr guten Einkommensverhältnissen daneben geschuldet. Er sei von beiden Beteiligten der Höhe nach nicht näher dargelegt, aber bisher mit 128 € außer Streit und entspreche der Festsetzung im Vergleich von 2004 sowie der Modifizierung im Jahr 2008.
2. Diese Ausführungen halten nicht in jeder Hinsicht einer rechtlichen Überprüfung stand.
a) Allerdings ist das Beschwerdegericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Abänderungsantrag nach § 239 FamFG zulässig ist. Bei dem gerichtlichen Vergleich handelt es sich um einen solchen i.S.d. § 239 Abs. 1 Satz 1 FamFG i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Nach § 239 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist der Antrag zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine Abänderung rechtfertigten.
Nach der Rechtsprechung des Senats richtet sich die Abänderung eines Prozessvergleichs allein nach materiellrechtlichen Kriterien. Dabei ist vorrangig gegenüber einer Störung der Geschäftsgrundlage – durch Auslegung zu ermitteln, ob und mit welchem Inhalt die Parteien eine insoweit bindende Regelung getroffen haben (Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 13).
Vorliegend haben die Beteiligten im Jahr 2008 den titulierten Vergleich inhaltlich dahin abgeändert, dass der Betreuungsunterhalt bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres des gemeinsamen Kindes geschuldet sein soll, also bis einschließlich März 2010. Für die Zeit danach haben die Beteiligten vereinbart, dass sich die Unterhaltsansprüche nach den gesetzlichen Vorschriften richten sollen. Danach fehlt dem Vergleich unter Beachtung der modifizierenden Regelung für die Zeit ab April 2010 eine bindende Regelung, weshalb er insoweit frei abänderbar ist.
b) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht eine Präklusion des Befristungseinwandes ausgeschlossen hat.
Zwar haben die Beteiligten den ursprünglichen Vergleich aus dem Jahre 2004 im Jahr 2008 abgeändert, also zu einem Zeitpunkt, als der Senat bereits seine Rechtsprechung zur Befristung des Aufstockungsunterhalts geändert (Senatsurteil vom 12. April 2006 – XII ZR 240/03 – FamRZ 2006, 1006) und der Gesetzgeber in der Folge mit dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetz § 1578 b BGB in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt hatte. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht maßgeblich darauf abgestellt hat, dass Gegenstand der modifizierenden Vereinbarung aus dem Jahr 2008 ausschließlich der Betreuungsunterhaltsanspruch gewesen ist. Im Übrigen haben die Beteiligten mit Auslauf dieses Anspruchs ausdrücklich auf die gesetzlichen Bestimmungen – und damit auch auf § 1578 b BGB – Bezug genommen.
c) Schließlich kann dem Beschwerdegericht auch dahin gefolgt werden, dass der Abänderungsantrag des Antragstellers nicht deshalb unschlüssig ist, weil er (zunächst) keine Angaben über seine konkreten Einkommensverhältnisse gemacht, vielmehr auf seine unbeschränkte Leistungsfähigkeit verwiesen hat.
Die Beteiligten haben sich darauf verständigt, dass sich der Unterhaltsanspruch nach Ablauf des Betreuungsunterhalts nach den gesetzlichen Bestimmungen richten solle. Damit war der Vergleich frei abänderbar. Einer Darlegung der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse – wie etwa der Einkommensverhältnisse – bedurfte es daher nicht mehr.
Im Übrigen oblag es dem Grunde nach ohnehin der Antragsgegnerin, zu ihrem Bedarf nach § 1578 BGB und damit auch zum Einkommen des Antragstellers vorzutragen, da sie mit Auslaufen des vereinbarten Betreuungsunterhaltsanspruchs für die Voraussetzungen des nunmehr von ihr geltend zu machenden Aufstockungsunterhaltsanspruchs nach § 1573 Abs. 2 BGB auch in dem vom Antragsteller betriebenen Abänderungsverfahren darlegungsbelastet ist (vgl. Senatsurteil 31. Januar 1990 – XII ZR 36/89 – FamRZ 1990, 496, 497). Da die Antragsgegnerin ausweislich der nicht zu beanstandenden und von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts jedoch keinen über ihren angemessenen Lebensbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 BGB liegenden Unterhalt begehrt, bedurfte es zum Bedarf nach § 1578 BGB keiner weiteren Feststellungen des Beschwerdegerichts.
d) Nicht gefolgt werden kann im vorliegenden Fall aber der Auffassung des Beschwerdegerichts, der – bestehende – ehebedingte Nachteil i.S.d. § 1578 b BGB stehe einer Befristung nicht entgegen, weil die Antragsgegnerin ihn durch entsprechende Bemühungen hätte vermeiden können.
aa) Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, dass der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt oder gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz ergibt den ehebedingten Nachteil (Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 – XII ZR 53/09 – FamRZ 2010, 2059 Rn. 23).
Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs besteht in dem Einkommen, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte (Senatsurteil vom 4. August 2010 – XII ZR 7/09 – FamRZ 2010, 1633 Rn. 32). Dabei ist die Darlegungs- und Beweislast für die dem Unterhaltsberechtigten gegenwärtig fehlende Möglichkeit, eine seiner Ausbildung und früheren beruflichen Stellung entsprechende Tätigkeit zu erlangen, vorgreiflich nach § 1577 BGB zu beurteilen und obliegt dem Unterhaltsberechtigten. Hierfür gelten dieselben Kriterien wie für die Obliegenheit zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach § 1574 BGB. Wer die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit unterlässt, muss sich das daraus erzielbare Einkommen im Rahmen der Prüfung der Bedürftigkeit nach § 1577 Abs. 1 BGB fiktiv zurechnen lassen (Senatsbeschluss vom 7. November 2012 – XII ZB 229/11 – zur Veröffentlichung bestimmt). Gelangt das Familiengericht dagegen zu der Überzeugung, dass der Unterhaltsgläubiger seiner Erwerbsobliegenheit genügt, kann der Unterhaltspflichtige im Rahmen des § 1578 b BGB nicht mehr einwenden, jener könne ein höheres Einkommen erzielen und habe daher keinen ehebedingten Nachteil erlitten (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2010 – XII ZR 100/08 – FamRZ 2010, 538 Rn. 42).
bb) Diesen Anforderungen wird der Beschluss des Beschwerdegerichts nicht gerecht.
Zwar hat das Beschwerdegericht sowohl den angemessenen Lebensbedarf dem Grunde nach zutreffend bestimmt als auch einen Nachteil als solchen in nicht zu beanstandender Weise hergeleitet. Soweit es in diesem Zusammenhang aber die Auffassung vertritt, dass die Antragsgegnerin den so entstandenen Nachteil durch entsprechende – ihr obliegende – Bemühungen hätte vermeiden können, hält die Entscheidung einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
(1) Die Ausführungen des Beschwerdegerichts sind insoweit widersprüchlich. Einerseits stellt es fest, dass die Antragsgegnerin (bei unterstellter Vollzeittätigkeit) mit ihrer Tätigkeit als Schulsekretärin ihrer „aktuellen Erwerbsobliegenheit genügt“. Folgerichtig hat es davon abgesehen, der Antragsgegnerin ein weitergehendes Einkommen fiktiv zuzurechnen. Andererseits aber wirft das Oberlandesgericht der Antragsgegnerin vor, sie hätte in dem Zeitraum von 2006 bis 2008 konkrete Bewerbungsbemühungen entfalten müssen, um eine Anstellung in ihrem erlernten Beruf als Versicherungsfachwirtin zu erlangen, womit sie ihre Einkommensnachteile hätte kompensieren können.
(2) Hinzu kommt, dass die Beteiligten im Jahre 2008, also zu einem Zeitpunkt, als die Antragsgegnerin bereits ihre Beschäftigung bei der Stadt aufgenommen hatte, den ursprünglichen Vergleich abgeändert haben, ohne dass der Antragsteller von der Antragsgegnerin verlangt hätte, sich um eine Beschäftigung in ihrem erlernten Beruf als Versicherungsfachwirtin zu bemühen. Im Gegenteil hat er ihr die Möglichkeit eingeräumt, über das ihm bekannte „aktuelle Einkommen“ anrechnungsfrei hinzuverdienen zu können.
Für den Fall, dass das Gericht dem unterhaltsberechtigten Ehegatten im Vorprozess keine zusätzlichen Erwerbseinkünfte fiktiv zugerechnet hat, ist damit zugleich nach § 1577 Abs. 1 BGB entschieden, dass der Unterhaltsberechtigte seiner Erwerbsobliegenheit genügt hat, und diese Feststellung auch im Abänderungsverfahren maßgebend ist (Senatsurteil vom 27. Januar 2010 XII ZR 100/08 – FamRZ 2010, 538).
Entsprechendes muss grundsätzlich auch dann gelten, wenn die Beteiligten – wie hier – eine vorbehaltlose Vereinbarung mit dem oben dargestellten Inhalt geschlossen haben. Denn ohne einen solchen Vorbehalt darf der Unterhaltsberechtigte regelmäßig darauf vertrauen, gegenwärtig seiner Erwerbsobliegenheit zu genügen.
3. Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Deshalb ist sie gemäß § 74 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 FamFG zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Das Beschwerdegericht wird zu prüfen haben, inwieweit die der Antragsgegnerin entstandenen Nachteile ehebedingt i.S.d. § 1578 b BGB sind. Dabei wird es sich auch die Frage vorzulegen haben, ob es der Antragsgegnerin zumutbar war, auf das Abänderungsverlangen des Antragstellers eine Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf wieder aufzunehmen. Soweit ein ehebedingter Nachteil verbleibt, ist eine Befristung zwar grundsätzlich (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 – XII ZR 146/08 – FamRZ 2009, 1990 Rn. 13), nicht aber generell ausgeschlossen (Senatsurteil vom 4. August 2010 – XII ZR 7/09 – FamRZ 2010, 1633 Rn. 35), so dass Ausnahmen denkbar sind. Bei der zu treffenden Abwägung wird das Beschwerdegericht auf der einen Seite neben der Dauer der Ehe und Kinderbetreuung die guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu berücksichtigen haben. Andererseits wird zu beachten sein, dass der Antragsteller bereits über einen langen Zeitraum (seit 2004) Unterhalt geleistet hat. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin die ihr entstandenen Nachteile durch ihre Entscheidung, als Schulsekretärin zu arbeiten, mitverursacht hat. Ferner wird das Beschwerdegericht zu bedenken haben, dass das hypothetische (Netto-)Einkommen, das die Antragsgegnerin ohne Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte, fiktiv anhand der Steuerklasse I ohne Kinderfreibetrag zu ermitteln ist. Andererseits dürfte der Altersvorsorgeunterhalt deutlich zu gering bemessen sein; eine Vergleichsgrundlage für den vom Beschwerdegericht zugrunde gelegten Festbetrag von 128 € ist für den hier noch maßgeblichen Zeitraum (ab 2015) nicht ersichtlich. Schließlich kann im Rahmen der Abwägung auch die Gründung einer neuen Familie durch den Antragsteller Beachtung finden. Denn nach der Absicht des Gesetzgebers des Unterhaltsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 sollte „die Ausweitung der Möglichkeit, nacheheliche Unterhaltsansprüche zeitlich oder der Höhe nach zu begrenzen, (…) die Chancen für einen Neuanfang nach einer gescheiterten Ehe erhöhen und die Zweitfamilien entlasten“ (BT-Drucks. 16/1830 S. 13). Die Billigkeitsabwägung unter Einbeziehung dieses allgemeinen Gesetzesmotivs, dass die Chancen für einen „Neuanfang“ erhöht werden sollten, ist jedenfalls nicht sachwidrig (Senatsurteil vom 30. März 2011 – XII ZR 63/09 – FamRZ 2011, 875 Rn. 23). Inwieweit sich dieser Aspekt trotz der guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers auswirken kann, wird der Tatrichter in eigener Verantwortung zu beurteilen haben.
BGH, Beschluss vom 05.12.2012
XII ZB 670/10