BGH: Herabsetzung nachehelicher Unterhalt und Begrenzung des Krankheitsunterhaltes

a) Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. § 1578 b BGB beschränkt sich allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (im Anschluss an die Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 und vom 27. Mai 2009 – XII ZR 111/08FamRZ 2009, 1207).

b) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auch auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen. Beim Krankheitsunterhalt kann deswegen nur auf das Einkommen abgestellt werden, das der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung im Falle seiner Krankheit zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss (im Anschluss an das Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 – XII ZR 146/08FamRZ 2009, 1990, 1991).

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Februar 2010 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Dr. Vézina und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer und Schilling

für Recht erkannt:

Auf die Revisionen der Antragstellerin und des Antragsgegners wird das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. August 2008 insoweit aufgehoben, als der Antragsgegner für die Zeit von Januar 2008 bis Dezember 2009 zu höherem nachehelichen Unterhalt als monatlich 387 €, für die Zeit von Januar 2010 bis September 2010 zu Unterhalt in Höhe von monatlich 847 € und für die Zeit ab Oktober 2010 zu Unterhalt in Höhe von monatlich 337 € verurteilt wurde und die Klage in Höhe eines weiteren monatlichen nachehelichen Unterhalts von 583,27 € (920,27 € – 337 €) für die Zeit ab Oktober 2010 abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird das Verfahren zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten noch um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Januar 2008.

Die im Mai 1948 geborene Antragstellerin und der im Mai 1954 geborene Antragsgegner hatten im Juni 1981 die Ehe geschlossen. Bereits zuvor war im Februar 1980 die gemeinsame Tochter geboren, die inzwischen studiert und vom Antragsgegner unterhalten wird. Der im März 1984 geborene gemeinsame Sohn war nach einem Geburtsfehler schwerst und mehrfach behindert. In den ersten eineinhalb Jahren wurde er ununterbrochen in Kliniken behandelt. Danach wurde er von den Parteien bis zu seinem Tode im September 1993 häuslich gepflegt. Die Antragstellerin war in dieser Zeit nicht berufstätig.

Die Antragstellerin hatte ihr Lehramtsstudium bereits vor der Ehe abgeschlossen. Während der Schwangerschaft und nach der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes absolvierte sie ihr Referendariat, das sie im Jahre 1982 abschloss. Danach bewarb sie sich erfolglos um eine Anstellung im Schuldienst. Im Jahre 1990 erhielt die Antragstellerin ein Stipendium für eine Ausbildung zur Drehbuchautorin. Trotz einer Brustkrebserkrankung, die im Jahre 1991 diagnostiziert wurde und einen operativen Eingriff erforderte, schloss die Antragstellerin diese Ausbildung ab. Nach der Internatsunterbringung der gemeinsamen Tochter und dem Tod des gemeinsamen Sohnes im September 1993 war die Antragstellerin erfolgreich als freie Drehbuchautorin tätig und wurde für eines ihrer Drehbücher für den „GrimmePreis“ nominiert. Vor der Trennung der Parteien erzielte sie aus dieser Tätigkeit nur noch vergleichsweise geringe Einkünfte. Nach der Trennung wurde sie im August 2000 als angestellte Vertretungslehrerin in den Schuldienst übernommen. Nach Ablauf des auf ein Schuljahr befristeten Arbeitsvertrages wurde das Arbeitsverhältnis wegen der Erkrankung der Antragstellerin nicht weiter fortgesetzt. In den Jahren 2001 und 2002 musste sich die Antragstellerin zweier Bypassoperationen unterziehen. Im Frühjahr 2003 wurden bei ihr als Spätfolge der Brustkrebserkrankung Knochenmetastasen im linken Hüftgelenk diagnostiziert. Die Antragstellerin bekam ein künstliches Hüftgelenk und musste sich einer Bestrahlungstherapie unterziehen. Im Juni 2004 brach der Schaft der Hüftprothese bei einem Sturz und musste ausgetauscht werden. Auch in der Folgezeit kam es nicht zu einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Antragstellerin; sie wurde zum 1. Januar 2006 verrentet. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erzielt die Antragstellerin seit 2006 Einkünfte in Höhe von insgesamt 762,66 € monatlich, in denen 145,80 € fiktive Zinsgewinne aus dem Verkaufserlös einer gemeinsamen Eigentumswohnung enthalten sind.

Der Antragsgegner erzielt nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts seit dem Jahre 2006 unterhaltsrelevante Einkünfte in Höhe von monatlich mindestens 2.457,40 €, in denen ebenfalls 145,80 € Zinseinkünfte aus dem Verkaufserlös der früheren Ehewohnung enthalten sind.

Die Ehe der Parteien ist seit dem 28. September 2004 rechtskräftig geschieden. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs wurden Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 161,88 € vom Versicherungskonto des Antragsgegners auf das der Antragstellerin übertragen. Die Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich wurden abgetrennt. Der Zugewinnausgleich wurde nicht weiter betrieben. Auf den Unterhaltsantrag der Antragstellerin hat das Amtsgericht den Antragsgegner unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an sie monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.698 € seit dem 1. Januar 2005 zu zahlen. Auf die Berufung beider Parteien hat das Oberlandesgericht die Entscheidung abgeändert und den Antragsgegner unter Abweisung der weitergehenden Klage u.a. zu nachehelichem Unterhalt in wechselnder Höhe, zuletzt für die Zeit ab Januar 2006 in Höhe von 847 € und für die Zeit ab Oktober 2010 in Höhe von 337 € verurteilt. Eine Befristung des nachehelichen Krankheitsunterhalts hat es abgelehnt.

Gegen diese Entscheidung richten sich die zugelassenen Revisionen der Antragstellerin und des Antragsgegners. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Herabsetzung des nachehelichen Ehegattenunterhalts für die Zeit ab Oktober 2010 und begehrt für diese Zeit Unterhalt in Höhe von monatlich 920,27 €. Der Antragsgegner begehrt eine Kürzung des nachehelichen Unterhalts auf monatlich 387 € für die Zeit ab Januar 2008 und eine Befristung des Unterhalts auf die Zeit bis Ende Dezember 2009.
Entscheidungsgründe:

Die Revisionen der Parteien haben in dem eingelegten Umfang Erfolg und führen insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGGRG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 – XII ZR 50/08 – zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt m.w.N.).

I.

Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der Einkommensverhältnisse der Parteien für die hier noch relevante Zeit ab Januar 2008 einen nachehelichen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen in Höhe von monatlich 847 € errechnet und diesen gemäß § 1578 b BGB für die Zeit ab Oktober 2010 auf monatlich 337 € gekürzt. Eine Befristung des Unterhalts hat es abgelehnt.

Vorbehaltlich der Auskünfte des Antragsgegners zu weiteren Einkünften aus seiner Tätigkeit als geschäftsführender Vorstand stehe der Antragstellerin ein Anspruch auf nachehelichen Krankheitsunterhalt zu, den sie im Wege der Teilklage geltend machen könne. Die Antragstellerin sei arbeitsunfähig erkrankt und mit einer Wiederherstellung ihrer Erwerbsfähigkeit sei nicht mehr zu rechnen, zumal sie seit Januar 2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalte. Ihr sei deswegen lediglich die Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 590 €, ein Betrag in Höhe von monatlich 208,29 € für Wiederholungshonorare und ein fiktives Zinseinkommen aus dem Verkaufserlös der gemeinsamen Eigentumswohnung hinzuzurechnen. Der im Jahre 2005 erzielte Erlös sei an die Stelle des während der Ehe bestehenden Wohnvorteils getreten und damit eheprägend, was dazu führe, dass die Antragstellerin eine unterhaltsrechtliche Obliegenheit treffe, den erzielten Erlös nach den Grundsätzen vernünftiger Wirtschaftsführung anzulegen und zur Bedarfsdeckung einzusetzen. Wenn sie den Erlös stattdessen zur Tilgung nachehelich eingegangener und nicht eheprägender Verbindlichkeiten verwendet habe, könne sie dies dem Antragsgegner nicht einkommensmindernd entgegenhalten. Lediglich die mit dem Verkauf der Eigentumswohnung verbundenen Kosten von rund 2.500 € könnte sie absetzen, so dass ein Betrag in Höhe von 50.000 € verbleibe. Bei einem durchschnittlichen Zinssatz für Tagesgeld in Höhe von 3,5 % ergebe sich ein monatlicher Zinsgewinn in Höhe von 145,80 €. Von den Einkünften der Antragstellerin seien 151,67 € als krankheitsbedingter Mehrbedarf abzusetzen. Dieser Betrag entspreche der Hilfe zur Pflege, die in der Vergangenheit nach dem SGB XII bewilligt worden sei. Weiter abzusetzen sei ein Erwerbstätigenbonus von 1/7 auf die berücksichtigten Wiederholungshonorare. Das ergebe für die Zeit ab 2006 unterhaltsrelevante Einkünfte in Höhe von monatlich 762,66 €.

Dem stehe ein unterhaltsrelevantes Einkommen des Antragsgegners gegenüber, das sich nach Abzug sämtlicher unterhaltsrelevanter Kosten und des Unterhalts für die gemeinsame Tochter einschließlich der Zinseinkünfte aus dem Verkaufserlös ebenfalls für die Zeit ab 2006 auf jedenfalls monatlich 2.457,40 € belaufe. Daraus ergebe sich für die Zeit ab 2006 ein rechnerischer Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen in Höhe von monatlich [(2.457,40 € – 762,66 € =) 1.694,74 € : 2 =] rund 847 €. Dadurch werde die relative Sättigungsgrenze für den Bedarf der Antragstellerin, die sich seit Juli 2005 auf monatlich 2.200 € belaufe, nicht überschritten. Der eheangemessene Selbstbehalt des Antragsgegners in Höhe von 1.000 € werde nicht berührt.

Der volle Unterhalt stehe der Antragstellerin jedoch nur für eine Übergangszeit zu und sei nach § 1578 b BGB für die Folgezeit auf den angemessenen Unterhalt herabzusetzen. In Fällen nicht ehebedingter Bedürftigkeit sei die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts der Regelfall. Eine sachlich nicht mehr gerechtfertigte fortgesetzte Teilhabe des Berechtigten am ehelichen Lebensstandard solle nach einer Übergangszeit entfallen, wobei sicherzustellen sei, dass der Berechtigte nicht schlechter gestellt werde, als er ohne die Ehe stehen würde. Maßgeblich für die Bemessung der Übergangszeit sei die Frist, innerhalb derer es dem Berechtigten zumutbar sei, sich wirtschaftlich oder persönlich auf die Kürzung bzw. den Wegfall des Unterhaltsanspruchs einzustellen. Hierfür sei von Bedeutung, inwieweit und wie lange die Ehegatten ihren Lebenszuschnitt aufeinander und auf ein gemeinsames Lebensziel ausgerichtet hätten. Die Höhe des nach der Übergangsfrist sicherzustellenden angemessenen Bedarfs orientiere sich an dem Einkommen, das der Berechtigte ohne die Ehe hätte. Eine Absenkung unter das lebensnotwendige Existenzminimum komme aber auch insoweit nicht in Betracht. Vielmehr bilde der angemessene Selbstbehalt im Sinne des § 1603 Abs. 1 BGB in Höhe von zurzeit 1.100 € die Untergrenze des abzudeckenden Bedarfs. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der angemessene Lebensbedarf im Sinne des § 1578 b Abs. 1 BGB und der angemessene Unterhalt im Sinne des § 1603 Abs. 1 BGB unterschiedlich zu bewerten sein sollten.

Vorliegend seien die Parteien gut 23 Jahre miteinander verheiratet gewesen; die Trennung sei nach 19 Ehejahren erfolgt. Aus der Ehe seien zwei Kinder hervorgegangen, von denen eines inzwischen volljährig sei und studiere und das andere im Alter von neun Jahren verstorben sei. Es sei von den Parteien zu Hause gepflegt worden; die Antragstellerin sei deswegen zunächst nicht berufstätig gewesen und habe erst kurz vor dem Tod des Kindes eine Zusatzausbildung aufgenommen. Dennoch seien ehebedingte Nachteile hier nur schwer zu erkennen. Die Antragstellerin wäre auch ohne die Ehe wegen ihrer schicksalhaften Erkrankung nicht mehr in der Lage, ihren Unterhaltsbedarf durch eigene Erwerbstätigkeit sicherzustellen. Soweit sich die ehebedingte vorübergehende Unterbrechung der Erwerbstätigkeit auf die Höhe der von ihr bezogenen Erwerbsunfähigkeitsrente ausgewirkt habe, gelte dieser Nachteil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch den Versorgungsausgleich als vollständig ausgeglichen. Selbst wenn man darauf abstellen wolle, ob die Antragstellerin ohne ihre Erkrankung ehebedingte berufliche Nachteile hätte, seien diese nur schwer greifbar. Die Antragstellerin sei nach dem Tod des behinderten Kindes und der Unterbringung der Tochter im Internat durchaus erfolgreich als Drehbuchautorin tätig gewesen. Erst nach der Trennung habe sie ihre ursprünglich erlernte Tätigkeit als Lehrerin aufgenommen. Man werde den ehelichen Lebensverhältnissen daher nicht gerecht, wenn man bei der Bemessung etwaiger ehebedingter Nachteile den nach der Trennung tatsächlich erzielten Verdienst dem bei einer durchgängigen Beschäftigung als Lehrerin hypothetisch erzielten Verdienst gegenüberstellen würde. Dies gelte umso mehr, als die Antragstellerin sich nach Abschluss ihres Referendariats im Jahre 1982 nach eigenen Angaben erfolglos um eine Anstellung im Schuldienst beworben habe.

Vor diesem Hintergrund erscheine in Anbetracht der Ehedauer und der Erkrankung der Antragstellerin eine Übergangszeit von sechs Jahren ab Rechtskraft der Ehescheidung angemessen, während derer sich die Antragstellerin auf eine Kürzung des Unterhalts auf den angemessenen Bedarf einstellen könne. Dabei sei berücksichtigt, dass die Parteien dann bereits seit über zehn Jahren getrennt lebten und dass die Antragstellerin während der Trennungszeit jedenfalls zum Teil in der Lage gewesen sei, ihren Unterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit sicherzustellen. Nach Ablauf der Übergangsfrist sei der Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf von derzeit 1.100 € zu begrenzen. Abzüglich der eigenen Einkünfte der Antragstellerin ergebe sich dann noch ein Unterhaltsanspruch von 337 €.

Eine zeitliche Befristung des Krankheitsunterhalts sei nicht geboten. Dabei sei die Stellung des Krankheitsunterhalts im Gefüge der gesetzlichen Scheidungsfolgen zu berücksichtigen. Ihm komme eine wesentlich gewichtigere Bedeutung zu als dem bloßen Aufstockungsunterhalt nach § 1573 BGB. In Anbetracht des Alters der Antragstellerin und der langen Ehedauer gebiete die nacheheliche Solidarität eine unbefristete Sicherstellung des angemessenen Lebensbedarfs durch den Antragsgegner. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin wegen ihrer Erkrankung auch künftig nicht mehr in der Lage sein werde, ihren angemessenen Lebensbedarf aus eigenen Einkünften zu decken und der Antragsgegner weiterhin Einkünfte aus einer beruflichen Karriere erzielen werde, die ihm erst durch die Übernahme der Kinderbetreuung durch die Antragstellerin ermöglicht worden sei. Vor diesem Hintergrund erscheine eine unbefristete Sicherstellung des gekürzten Unterhalts dem Antragsgegner zumutbar.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revisionen beider Parteien in wesentlichen Begründungselementen nicht stand.

1. Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin richtet sich nach § 1572 Nr. 1 BGB, weil sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits im Zeitpunkt der Ehescheidung erwerbsunfähig war (zur Abgrenzung des Krankheitsunterhalts vom Aufstockungsunterhalt vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 – Tz. 15 ff.). Das Maß des nachehelichen Unterhalts bemisst sich gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Entsprechend hat das Berufungsgericht den Unterhaltsanspruch für die Zeit bis September 2010 – im Ansatz zutreffend – im Wege der Differenzmethode ermittelt.

Soweit die Revision der Antragstellerin bei der Bemessung ihres Unterhaltsbedarfs im Wege der Differenzmethode allerdings die Berücksichtigung eigener fiktiver Zinseinkünfte in Höhe von monatlich 145,80 € rügt, hält das angefochtene Urteil dem nicht stand.

a) Der unbestimmte Rechtsbegriff der ehelichen Lebensverhältnisse ist nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Senats nicht mehr im Sinne eines strikten Stichtagsprinzips auszulegen. Eine solche Fixierung auf einen bestimmten Stichtag lässt sich der Vorschrift des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entnehmen. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sind bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen vielmehr spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Die in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB vorgegebene Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse begrenzt deren grundsätzliche Wandelbarkeit lediglich nach dem Zweck des nachehelichen Unterhalts einerseits und der fortwirkenden ehelichen Solidarität andererseits (Senatsurteile BGHZ 175, 182 = FamRZ 2008, 968 – Tz. 43 ff.; BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 – Tz. 16 ff. und vom 1. November 2009 – XII ZR 65/09FamRZ 2010, 111 Tz. 23 ff.; a.A. MünchKomm/ Maurer BGB 5. Aufl. § 1578 Rdn. 6). Für den Unterhaltsberechtigten stellt sich der Verbrauch eines vorhandenen Vermögens zwar als Problem seiner Bedürftigkeit nach § 1577 Abs. 1 BGB dar. Insoweit gelten trotz der grundsätzlichen Eigenverantwortung aber ähnliche Grundsätze wie für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 519). Danach bleibt eine Verringerung der laufenden Einkünfte und der Verbrauch eines vorhandenen Vermögens unabhängig von den Verhältnissen während der gelebten Ehe bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nur dann unberücksichtigt, wenn dies wegen der grundsätzlichen Eigenverantwortung auch unter Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität geboten ist. Nur bei einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten kann deswegen entgegen den tatsächlichen Verhältnissen von fiktiv höheren Einkünften ausgegangen werden (zum Unterhaltspflichtigen vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 – XII ZR 111/08FamRZ 2009, 1207 Tz. 31).

Ein solches, unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten hat das Oberlandesgericht für den Verbrauch des Verkaufserlöses aus der gemeinsamen Eigentumswohnung nicht festgestellt, weil es insoweit allein an die Verhältnisse bei Ehezeitende angeknüpft hat. Da die Antragstellerin die Verwendung ihres Verkaufserlöses aber substantiiert vorgetragen hatte, hätte das Berufungsgericht prüfen müssen, ob ihr der Verbrauch des Verkaufserlöses oder eines Teils davon unterhaltsrechtlich vorgeworfen werden kann. Nur insoweit kann von fiktiven Zinseinkünften eines schuldhaft nicht mehr vorhandenen Vermögens ausgegangen werden.

b) Hinzu kommt, dass die vom Oberlandesgericht fiktiv berücksichtigten Zinsen auch der Höhe nach nicht erzielbar wären. Das Oberlandesgericht ist von einer Verzinsung des Veräußerungserlöses in Höhe von 3,5 % ausgegangen, was die gegenwärtigen Anlagezinsen deutlich übersteigt.

2. Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre.

a) Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB). Wie schon nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. (Senatsurteil vom 12. April 2006 – XII ZR 240/03FamRZ 2006, 1006, 1007) schränken solche ehebedingten Nachteile regelmäßig auch nach der Neufassung des § 1578 b BGB (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 19) die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ein (Senatsurteile vom 27. Mai 2009 – XII ZR 111/08FamRZ 2009, 1207 Tz. 35 und vom 16. April 2008 – XII ZR 107/06FamRZ 2008, 1325, Tz. 35 f.). Solche Nachteile können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. So führt etwa im Rahmen des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB eine fehlende oder eingeschränkte Erwerbsmöglichkeit wegen Betreuung eines gemeinsamen Kindes (vgl. insoweit Senatsurteil BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 – Tz. 19 ff.) zu einem ehebedingten Nachteil, der regelmäßig unterhaltsrechtlich auszugleichen ist.

b) Beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB, bei dem die Krankheit selbst regelmäßig nicht ehebedingt ist, kann sich ein ehebedingter Nachteil nur daraus ergeben, dass ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsunfähigkeitsrente infolge der Ehe oder Kindererziehung geringer ist, als sie ohne die Ehe wäre (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 – Tz. 34 und vom 27. Mai 2009 – XII ZR 111/08FamRZ 2009, 1207 Tz. 36). Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB. In beiden Fällen ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB können also nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen (Senatsurteile vom 16. April 2008 – XII ZR 107/06FamRZ 2008, 1325 Tz. 43 und vom 25. Juni 2008 – XII ZR 109/07FamRZ 2008, 1508 Tz. 25).

§ 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Denn indem § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB „insbesondere“ auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt es eine Berücksichtigung anderer Gesichtspunkte bei der Billigkeitsabwägung nicht aus. Dieser Umstand gewinnt besonders beim nachehelichen Unterhalt gemäß § 1572 BGB wegen einer Krankheit, die regelmäßig nicht ehebedingt ist, an Bedeutung (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 – Tz. 37 und vom 25. Mai 2009 – XII ZR 111/08FamRZ 2009, 1207 Tz. 37).

Bei einer schweren Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit handelt es sich in der Regel allerdings um eine schicksalhafte Entwicklung. Eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein im zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko ist deswegen nicht ohne weiteres gerechtfertigt.

Andererseits hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit oder Gebrechen in § 1572 BGB ein besonderes Maß an nachehelicher Solidarität festgeschrieben, das auch im Rahmen der Begrenzung und Befristung dieses nachehelichen Unterhalts nicht unberücksichtigt bleiben kann. Auch in solchen Fällen, in denen die fortwirkende eheliche Solidarität das wesentliche Billigkeitsargument bildet, fällt den in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten einzelnen Umständen besondere Bedeutung zu (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Auf deren Grundlage, insbesondere der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ist auch der Umfang einer geschuldeten nachehelichen Solidarität zu bemessen (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 – XII ZR 111/08FamRZ 2009, 1207 Tz. 38 f.).

c) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auch auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen.

Ist der Unterhaltsberechtigte erwerbsfähig, ist auf das Einkommen abzustellen, das er ohne die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit durch die Ehe oder die Kindererziehung erzielen könnte (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 – XII ZR 146/08FamRZ 2009, 1990, 1991 Tz. 14). Ist der Unterhaltsberechtigte hingegen bereits Rentner, kann lediglich auf das Renteneinkommen aus einer solchen Erwerbstätigkeit abgestellt werden, wobei von der tatsächlichen Rente nach durchgeführtem Versorgungsausgleich auszugehen ist. Beim Krankheitsunterhalt kann hingegen nur auf das Einkommen abgestellt werden, das der kranke Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung zur Verfügung hätte. Denn wenn er auch ohne die Ehe zu keiner Erwerbstätigkeit in der Lage wäre, kann nicht auf ein fiktives Einkommen abgestellt werden, das ein gesunder Unterhaltsberechtigter erzielen könnte. Falls die Krankheit – wie regelmäßig – nicht ehebedingt ist, ergibt sich der angemessene Lebensbedarf i.S. von § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB bei vollständiger Erwerbsunfähigkeit also aus der Höhe der Erwerbsunfähigkeitsrente, wobei auch hier von der tatsächlichen Rente nach Durchführung des Versorgungsausgleichs auszugehen ist. Nur wenn der Unterhaltsberechtigte noch teilweise erwerbsfähig ist, kann daneben auf Erwerbseinbußen als ehebedingten Nachteil abgestellt werden. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 – XII ZR 146/08FamRZ 2009, 1990, 1991 Tz. 14).

Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen, oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Form einer Befristung führen (Senatsurteile vom 14. Oktober 2009 – XII ZR 146/08FamRZ 2009, 1990, 1991 Tz. 15 m.w.N. und vom 12. April 2006 – XII ZR 240/03FamRZ 2006, 1006, 1007 f.). Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 2 BGB regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhaltsanspruch nach einer Übergangszeit aber bis auf die Differenz zwischen dem angemessenen Unterhaltsbedarf und dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen herabgesetzt werden (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 – XII ZR 146/08FamRZ 2009, 1990 Tz. 16).

d) Der angemessene Lebensbedarf, der nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich beim Unterhaltsanspruch wegen vollständiger Erwerbslosigkeit wegen Krankheit oder Gebrechen nach § 1572 BGB also grundsätzlich nach den eigenen Renteneinkünften des kranken Unterhaltsberechtigten. Nur wenn die eigenen Einkünfte darunter liegen, bildet das Existenzminimum die unterste Grenze des angemessenen Lebensbedarfs.

Der Unterhaltsanspruch wegen Krankheit oder Gebrechen nach § 1572 BGB kann mithin nach § 1578 b BGB bei geringeren Einkünften auf den Mindestbedarf herabgesetzt werden, der sich am Existenzminimum orientiert und nach der Rechtsprechung des Senats die unterste Grenze des Unterhaltsbedarfs beim nachehelichen Unterhalt und beim Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB bildet. Dabei darf die Höhe des stets zu wahrenden Existenzminimums mit dem notwendigen Selbstbehalt eines nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen pauschaliert werden (Senatsurteile vom 16. Dezember 2009 – XII ZR 50/08 – zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt und vom 13. Januar 2010 – XII ZR 123/08 – zur Veröffentlichung bestimmt). Dass der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen darüber hinausgeht und gegenüber dem nachehelichen Unterhalt sowie dem Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB regelmäßig mit zurzeit 1.000 € monatlich angesetzt wird (vgl. Düsseldorfer Tabelle Stand: 1. Januar 2010 B IV FamRZ 2010, 173, 174 und Ziff. 21.4 der Leitlinien der Oberlandesgerichte), steht dem nicht entgegen, weil der Bedarf eines Unterhaltsberechtigten nicht mit dem entsprechenden Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen gleichgesetzt werden darf (vgl. insoweit Senatsurteile vom 16. Dezember 2009 – XII ZR 50/08 – zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt und BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 – Tz. 30 f.).

Der am Existenzminimum orientierte Mindestbedarf bemisst sich nach dem Betrag, der einem nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen als notwendiger Selbstbehalt zur Verfügung steht und gegenwärtig nach der Düsseldorfer Tabelle und den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte 770 € beträgt. Soweit der notwendige Selbstbehalt eines Erwerbstätigen mit gegenwärtig 900 € darüber hinausgeht, schließt er einen Erwerbsanreiz ein, der auf Seiten des Unterhaltspflichtigen seine Berechtigung hat, aber nicht in gleicher Weise auf den Unterhaltsberechtigten übertragen werden kann (Senatsurteile vom 16. Dezember 2009 – XII ZR 50/08 – zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt und vom 13. Januar 2010 – XII ZR 123/08 – zur Veröffentlichung bestimmt).

3. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Senats hält die angefochtene Entscheidung den Angriffen der Revisionen nicht stand.

a) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des Senats auch hinsichtlich des Krankheitsunterhalts eine Begrenzung und Befristung nach § 1578 b BGB in Betracht kommt und dabei eine umfassende Billigkeitsprüfung erforderlich ist. Soweit das Berufungsgericht hier ehebedingte Nachteile abgelehnt hat, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Behauptung der Antragstellerin, ihre Krebserkrankung stehe im Zusammenhang mit der erheblichen Belastung durch die Betreuung des inzwischen verstorbenen behinderten Kindes, ist zu pauschal und unsubstantiiert, als dass der Antragsgegner sich darauf einlassen könnte. Dass die Antragstellerin keine Festanstellung als Lehrerin erhalten hat, ist nicht auf die Rollenverteilung in der Ehe, sondern auf ihre Erkrankung während ihrer späteren Lehrertätigkeit zurückzuführen.

b) Im Rahmen der gebotenen Billigkeitsprüfung hat das Berufungsgericht zu Recht die relativ lange Ehedauer berücksichtigt, die bis zur Zustellung des Scheidungsantrags 20 Jahre betrug. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auf die Zeit von der Eheschließung (hier Juni 1981) bis zur Zustellung des Scheidungsantrags (hier Juni 2001) abzustellen (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 – Tz. 35 und vom 9. Juli 1986 – IV b ZR 39/85 – FamRZ 1986, 886, 888). Allerdings stellt das Merkmal der Ehedauer im Regelungszusammenhang des § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB nur ein Indiz für die zunehmende Verflechtung der beiderseitigen Verhältnisse dar. Zutreffend hat das Berufungsgericht deswegen weiter darauf abgestellt, dass die Antragstellerin die gemeinsame Tochter und bis zu dessen Tod auch den gemeinsamen Sohn betreut und erzogen hat, wobei in die Betreuung des schwerbehinderten Sohnes nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber auch der Antragsgegner eingebunden war. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht berücksichtigt, dass die Antragstellerin wegen der Betreuung der gemeinsamen Kinder zunächst keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte und sie nach dem Tod des gemeinsamen Sohnes und der Internatsunterbringung der Tochter allerdings eine Zweitausbildung zur Drehbuchautorin durchgeführt hat, in deren Folge sie in diesem Beruf sehr erfolgreich war.

c) Gleichwohl kann die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Begrenzung des Anspruchs auf nachehelichen Krankheitsunterhalt keinen Bestand haben. Zwar ist die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte Aufgabe des Tatrichters (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 – XII ZR 146/08FamRZ 2009, 1990 Tz. 19). Sie ist vom Revisionsgericht aber daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Das ist hier nicht der Fall.

aa) Bei der Bemessung der Übergangszeit ist das Berufungsgericht zu Lasten der Antragstellerin davon ausgegangen, dass bis zur Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf nach 1578 b BGB seit der Trennung der Parteien zehn Jahre und der rechtskräftigen Scheidung etwa sechs Jahre vergangen sind. Der Entscheidung ist aber nicht zu entnehmen, ob sich das Berufungsgericht des Umstands bewusst war, dass diese Frist überwiegend in eine Zeit vor Geltung des § 1578 b BGB fällt (vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 – Tz. 41). Denn vor der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2008 konnte der Krankheitsunterhalt lediglich auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden (§ 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.). Auf der Grundlage jener gesetzlichen Regelung hatte die Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts erst durch das Senatsurteil vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03FamRZ 2006, 1006) an Bedeutung gewonnen. Das Berufungsgericht wird deswegen erneut zu prüfen haben, ob eine ab diesem Zeitpunkt laufende Übergangsfrist von viereinhalb Jahren bis zum 1. Oktober 2010 im vorliegenden Fall der Billigkeit entspricht.

bb) Bei der Bemessung des angemessenen Lebensbedarfs, der die Grenze für die Herabsenkung des nachehelichen Unterhalts bildet, ist das Berufungsgericht zu Lasten des Antragsgegners von einem zu hohen Bedarf ausgegangen. Weil das Einkommen der Antragstellerin unterhalb des Existenzminimums liegt, ist hier auf die unterste Grenze der Angemessenheit abzustellen. Das Berufungsgericht hat insoweit noch zutreffend ausgeführt, dass das „lebensnotwendige Existenzminimum“ der Antragstellerin gewahrt bleiben müsse. Insoweit hat es aber zu Unrecht auf einen Bedarf von monatlich 1.100 € statt auf den Mindestunterhalt in Höhe des notwendigen Selbstbehalts eines Erwerbslosen von zurzeit 770 € abgestellt. Zwar kann der nacheheliche Unterhalt im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1578 b Abs. 1 BGB auch auf einen höheren Bedarf als auf den geringsten möglichen Mindestunterhalt von zurzeit 770 € herabgesetzt werden. Dessen war sich das Berufungsgericht hier aber nicht bewusst, zumal es den Unterhalt für die Zeit ab Oktober 2010 auf die aus seiner Sicht unterste Grenze von 1.100 € herabgesetzt hat. Das Berufungsgericht wird deswegen in eigener Zuständigkeit zu prüfen haben, ob eine Herabsetzung auf den für den Krankheitsunterhalt angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 b BGB von hier 770 € unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist oder ob besondere Umstände des Einzelfalles für eine geringere Absenkung sprechen.

cc) Soweit das Berufungsgericht der Antragstellerin auf ihren angemessenen Lebensbedarf eigene Einkünfte angerechnet hat, wird es ergänzend zu prüfen haben, ob der Klägerin auf der Grundlage der oben genannten Rechtsprechung des Senats auch fiktive Zinseinkünfte in Höhe von monatlich 145,80 € aus einem nicht mehr vorhandenen Veräußerungserlös zugerechnet werden können.

dd) Schließlich hätte das Berufungsgericht im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1578 b BGB für eine Herabsetzung des Krankheitsunterhalts auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider Parteien berücksichtigen müssen (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 – Tz. 39 und vom 27. Mai 2009 – XII ZR 111/08FamRZ 2009, 1207 Tz. 43). Das war hier aber schon deswegen nicht möglich, weil es lediglich über eine Teilklage der Antragstellerin entschieden und den Antragsgegner zugleich zur weiteren Auskunft verurteilt hat. Ohne genaue Kenntnis der Einkommensverhältnisse des Antragsgegners war dem Berufungsgericht deswegen eine abschließende Entscheidung über eine Begrenzung des nachehelichen Krankheitsunterhalts verwehrt. Solange der Antragsgegner eine Auskunft zu seinen weiteren Einkünften verweigerte, konnte das Berufungsgericht der Antragstellerin auch keinen unzureichenden Vortrag vorwerfen. Es hätte deswegen entweder zunächst durch Teilurteil über den Auskunftsantrag entscheiden oder in der gleichzeitigen Entscheidung über die Teilklage auf Unterhalt eine Entscheidung nach § 1578 b BGB ablehnen müssen.

d) Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Oberlandesgericht im vorliegenden Fall eine Befristung des Krankheitsunterhalts abgelehnt hat. Die nacheheliche Solidarität hat durch die Rollenverteilung in der mehr als 20 Jahre andauernden Ehe ein erhebliches Gewicht erhalten. Wenn das Oberlandesgericht deswegen und unter Berücksichtigung des geringen Renteneinkommens der Antragstellerin sowie des deutlich höheren Erwerbseinkommens des Antragsgegners eine Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB aus Billigkeitsgründen abgelehnt hat, ist dagegen nichts zu erinnern.

BGH, Urteil vom 17.02.2010
XII ZR 140/08

AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 14.09.2006
35 F 6150/01

OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 19.08.2008
3 UF 347/06

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