BGH: Befristung Krankheitsunterhalt

a) Zur Abgrenzung von Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB und Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB (im Anschluss an das Senatsurteil vom 27. Januar 1993 – XII ZR 206/91 – FamRZ 1993, 789).
b) Zur Befristung des Krankheitsunterhalts gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB.

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin Weber-Monecke sowie die Richter Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats – 2. Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 15. August 2007 wird verworfen, soweit die Berufung des Antragsgegners wegen einer höheren Unterhaltsforderung als 285 € monatlich für die Zeit von drei Jahren ab Rechtskraft der Scheidung zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten um nachehelichen Unterhalt und dessen Befristung.

Die Parteien heirateten am 23. Juni 1994. Für den Antragsgegner war es die zweite Ehe. Die Antragstellerin war seinerzeit 36 Jahre alt, der Antragsgegner 47 Jahre. Nach der Eheschließung führten sie zunächst noch getrennte Haushalte. Bis zur Trennung im Mai 2003 lebten sie fünf Jahre zusammen. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen. Die Antragstellerin ist Versicherungskauffrau. Der Antragsgegner ist gelernter Klempner und Installateur. Er arbeitete zuletzt als Maschinenführer. Seit 1998 ist er krankheitsbedingt nicht mehr erwerbstätig und bezieht neben der gesetzlichen Rente wegen Erwerbsminderung eine Betriebsrente. Er begehrt von der Antragstellerin nachehelichen Unterhalt.

Das Amtsgericht – Familiengericht – hat die Ehe der Parteien durch Verbundurteil geschieden. Es hat die Antragstellerin – überwiegend entsprechend ihrem Anerkenntnis – zur Zahlung von 235 € Geschiedenenunterhalt verurteilt und den Unterhalt auf drei Jahre ab Rechtskraft der Ehescheidung befristet. Des weiteren hat es im Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften der Antragstellerin auf den Antragsgegner übertragen und schließlich die Antragstellerin zu einem Zugewinnausgleich von 6.000 € verurteilt. Auf die Berufung des Antragsgegners gegen die Entscheidung über den Unterhalt hat das Berufungsgericht den Unterhalt auf monatlich 285 € erhöht, es allerdings bei der Befristung belassen.

Dagegen richtet sich die – zugelassene – Revision des Antragsgegners, der eine Erhöhung des Unterhalts und einen Wegfall der Befristung erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat die zeitliche Begrenzung des Unterhalts auf § 1573 Abs. 5 BGB a.F. gestützt und als Anspruchsgrundlage für den Geschiedenenunterhalt nicht § 1572 BGB, sondern § 1573 Abs. 2 BGB angesehen. Zwar werde in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass allein ein Anspruch nach § 1572 BGB bestehe, wenn der Berechtigte krankheitsbedingt vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur teilweisen Erwerbstätigkeit beim Betreuungsunterhalt ergebe sich indessen, dass der Betreuungsunterhalt seinen Rechtsgrund darin finde, dass der Berechtigte durch die Betreuung teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Diese Überlegung müsse auch auf Fälle übertragen werden, in denen der Berechtigte vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Denn es gebe gerade im Hinblick auf die Befristung keinen Grund, dem Unterhaltsanspruch eines Nichterwerbstätigen den vollen Bestandsschutz der §§ 1570 bis 1572 BGB zu gewähren, während der Unterhaltsanspruch eines Teilerwerbstätigen diesen Bestandsschutz nur in dem Umfang erhalte, in dem er seinen Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (offenbar gemeint: seinen Lebensbedarf aufgrund des ohne Erwerbshindernis erzielbaren Einkommens) nur deshalb nicht decken könne, weil er nicht mehr voll erwerbstätig sein könne. Der Anspruch eines Nichterwerbstätigen unterliege im Gegensatz zu dem des teilweise Erwerbstätigen nicht der Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB (a.F.).

Auf den Anspruch aus § 1572 BGB übertragen bedeute dies, dass der Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen seinen Rechtsgrund stets darin finde, dass der Unterhaltsberechtigte nicht erwerbstätig sein könne und deshalb das nach seinen persönlichen Verhältnissen erzielbare Einkommen nicht erziele. Darüber hinaus gehender Unterhalt ergebe sich (allein) aus § 1573 Abs. 2 BGB. Dem Antragsgegner würden mit seinen – aufgrund des Versorgungsausgleichs erhöhten – Rentenbezügen 1.449 € zur Verfügung stehen, während aufgrund seines zuletzt erzielten Arbeitsverdienstes nach Abzug pauschaler Werbungskosten und eines Erwerbstätigenbonus (1/7) nur 1.415 € in die Unterhaltsberechnung einzustellen wären. Eine zwischenzeitliche Erhöhung des Arbeitnehmereinkommens habe der Antragsgegner nicht dargelegt.

Der – vom Berufungsgericht rechnerisch näher ermittelte – Aufstockungsunterhalt sei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auf die Dauer von drei Jahren nach Rechtskraft der Ehescheidung zu befristen. Dabei hat das Berufungsgericht die Dauer der Ehe gewürdigt („weder lang noch ungewöhnlich kurz“) und die zunächst noch getrennte Haushaltsführung. Die Erwerbsunfähigkeit des Antragsgegners sei hingegen als ehebedingter Nachteil zu werten. Dafür genüge es, dass die Erkrankung während der Ehe eingetreten und von beiden Ehegatten in der durch die Eheschließung begründeten „Schicksalsgemeinschaft“ mitzutragen sei. Ein Nachteil im Hinblick auf die Deckung des sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen ergebenden Unterhaltsbedarfs (auch hier offenbar gemeint: Lebensbedarf aufgrund des ohne Erwerbshindernis erzielbaren Einkommens) lasse sich aber nicht feststellen. Die Ehe habe nicht den Charakter gehabt, dass einer der Ehegatten den anderen auf Dauer habe versorgen sollen. Auch dass die Antragstellerin für mehrere Jahre Trennungsunterhalt gezahlt habe, sei zu berücksichtigen.

II.

Die Revision ist unzulässig, soweit der Antragsgegner eine Erhöhung des vom Berufungsgericht bis zum Ablauf von drei Jahren nach Rechtskraft der Scheidung zugesprochenen Geschiedenenunterhalts begehrt. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen.

Das Berufungsgericht hat ausweislich des Urteilstenors die Revision zu der Frage zugelassen, aus welcher Anspruchsgrundlage sich der Anspruch des Antragsgegners ergibt, sowie zu der daran anknüpfenden Frage der Befristung des nachehelichen Unterhalts. Die Zulassung der Revision kann allerdings nicht auf einzelne Rechtsfragen beschränkt werden, sondern nur auf abgrenzbare Teile des Streitgegenstandes. Aus der Zulassung ist aber hinreichend deutlich erkennbar, dass das Berufungsgericht die Revision nur im Hinblick auf die Befristung zulassen wollte und die Frage der Anspruchsgrundlage als notwendige Vorfrage miterwähnt hat. Insoweit ist der mit der Klage geltend gemachte Unterhalt in zeitlicher Hinsicht teilbar und eine entsprechend eingeschränkte Zulassung der Revision möglich (Senatsurteile vom 25. Januar 1995 – XII ZR 195/93 – FamRZ 1995, 1405 und BGHZ 153, 358, 362 f. = FamRZ 2003, 590, 591 m. Anm. Büttner).

Für die eingeschränkte Zulassung der Revision reicht es aus, dass der Anspruch teilbar ist. Es ist nicht erforderlich, dass ein (Wertungs-)Widerspruch zwischen der abschließenden Entscheidung über den noch in der Revision anhängigen Teil und der bereits rechtskräftigen Teilentscheidung auszuschließen ist. Denn die Zulassung der Revision kann in gleicher Weise beschränkt werden, wie der Revisionskläger selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte (BGHZ 101, 276, 278; Senatsurteil vom 25. Januar 1995 – XII ZR 195/93 – FamRZ 1995, 1405). Eine Beschränkung der Revision auf den nach Ablauf der Befristung liegenden Zeitraum wäre wirksam.

Die Revision ist demnach nur zulässig, soweit der Antragsgegner weiteren Unterhalt für die Zeit nach Ablauf von drei Jahren seit Rechtskraft der Scheidung geltend macht.

III.

Soweit die Revision zulässig ist, hält das Berufungsurteil einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

1. Die Begründung des Berufungsgerichts ist allerdings nicht frei von Rechtsfehlern. Die vom Berufungsgericht vorgenommene zeitliche Begrenzung (Befristung) des Unterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. war nicht zulässig. Denn der Unterhaltsanspruch des Antragsgegners ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allein aus § 1572 BGB, so dass – bis zum 31. Dezember 2007 – eine Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. nicht möglich war. Auch für die seit dem 1. Januar 2008 geltende Rechtslage kann es nicht dahingestellt bleiben, auf welcher Grundlage der Unterhaltsanspruch beruht, selbst wenn die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen im konkreten Fall bei der Frage der Befristung zum selben Ergebnis führen (a.A. OLG Celle FamRZ 2008, 1449, 1450; vgl. auch Senatsurteil vom 27. Januar 1993 – XII ZR 206/91 – FamRZ 1993, 789, 791 a.E.).

a) Schon vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet kann sich der Unterhaltsanspruch zum überwiegenden Teil nur aus § 1572 BGB ergeben.

Der Antragsgegner ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wegen Krankheit oder Gebrechen im Sinne von § 1572 BGB nicht zu einer Erwerbstätigkeit in der Lage. Damit besteht auch nach der Auffassung des Berufungsgerichts ein Bedarf in Höhe der durch das Erwerbshindernis verursachten Einkommenseinbuße. Dieser Bedarf stimmt grundsätzlich mit dem angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F., § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB überein (vgl. Hahne FamRZ 1986, 305, 309; zum entsprechenden Maßstab beim Unterhalt nach § 1615 l BGB s. Senatsurteil vom 16. Juli 2008 – XII ZR 109/05FamRZ 2008, 1739, 1741 f.).

Dem Berufungsgericht ist indessen bei der Gegenüberstellung des angemessenen Lebensbedarfs (hypothetisches Einkommen des Antragsgegners ohne Erwerbshindernis) und seinem tatsächlich erzielten Renteneinkommen ein Fehler unterlaufen. Zwar kann das zur Ermittlung der Einkommenseinbuße herangezogene hypothetische Einkommen unter Berücksichtigung pauschaler Werbungskosten ermittelt werden. Nicht gerechtfertigt ist aber der Abzug eines Erwerbstätigenbonus, wie er vom Berufungsgericht offenbar aus der in der Praxis üblichen Unterhaltsberechnung nach Quoten übernommen worden ist. Maßstab für den hypothetischen Bedarf ohne die Hinderung durch die Krankheit ist vielmehr das Einkommen, das dem Unterhaltsberechtigten bei voller Erwerbstätigkeit zur Bestreitung seines Lebensbedarfs zur Verfügung stehen würde. Um seinen Lebensbedarf zu bestreiten, könnte er aber sein gesamtes Arbeitseinkommen verwenden.

Ausgehend von der Berechnung des Berufungsgerichts könnte der Antragsgegner ohne Erwerbshindernis netto und bereinigt um pauschale Werbungskosten ein Einkommen von 1.651 € erzielen. Demgegenüber beläuft sich sein Renteneinkommen auf 1.449 €. In Höhe der Differenz zwischen beiden Beträgen (202 €) ergibt sich der Anspruch auch nach der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung allein aus § 1572 BGB.

b) Aber auch soweit das Berufungsgericht einen darüber hinausgehenden Unterhalt von 83 € (= 285 € ./. 202 €) zuerkannt hat, ist die Anspruchsgrundlage dafür § 1572 BGB und nicht § 1573 Abs. 2 BGB.

aa) Der Senat unterscheidet in ständiger Rechtsprechung für die Abgrenzung der Anspruchsgrundlagen wegen eines Erwerbshindernisses aus §§ 1570 bis 1572 BGB und aus § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt) danach, ob wegen des vorliegenden Hindernisses eine Erwerbstätigkeit vollständig oder nur zum Teil ausgeschlossen ist (Senatsurteile vom 13. Dezember 1989 – IVb ZR 79/89 – FamRZ 1990, 492, 493 f. – zu § 1570 BGB; vom 27. Januar 1993 – XII ZR 206/91 – FamRZ 1993, 789, 791 – zu § 1572 BGB – und vom 3. Februar 1999 – XII ZR 146/97 – FamRZ 1999, 708, 709 – zu § 1571 BGB). Wenn der Unterhaltsberechtigte an einer Erwerbstätigkeit vollständig gehindert ist, ergibt sich der Unterhaltsanspruch allein aus §§ 1570 bis 1572 BGB, und zwar auch für den Teil des Unterhaltsbedarfs, der nicht durch das Erwerbshindernis verursacht worden ist, sondern auf dem den angemessenen Lebensbedarf übersteigenden Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (voller Unterhalt) gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht. Nur bei einer lediglich teilweisen Erwerbshinderung ist der Unterhalt nach der Rechtsprechung des Senats allein wegen des durch die Erwerbshinderung verursachten Einkommensausfalls auf §§ 1570 bis 1572 BGB zu stützen und im Übrigen auf § 1573 Abs. 2 BGB.

bb) Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung Abstand zu nehmen.

Allerdings ist – in Übereinstimmung mit der Auffassung des Berufungsgerichts – gegen die vom Senat vorgenommene Differenzierung eingewandt worden, dass die sachlichen Gründe für die Abgrenzung des Aufstockungsunterhalts vom Unterhalt wegen eines Erwerbshindernisses auch dann eingreifen würden, wenn das Hindernis eine Erwerbstätigkeit vollständig ausschließe (W. Maier FamRZ 2005, 1509, 1510). Der Aufstockungsunterhalt spiegelt danach nur den Teil des Lebensbedarfs wider, der auf dem in der Ehe erhöhten Lebensstandard beruht. Dieses Argument trifft zwar zu, zwingt allerdings – jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung – nicht dazu, die Unterscheidung zwischen den Anspruchsgrundlagen der §§ 1570 ff. BGB weiter zu verfeinern.

Die Rechtsprechung des Senats entspricht den Motiven des 1. Eherechtsreformgesetzes. Dieses ist ersichtlich davon ausgegangen, dass der Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB erst dann eingreift, wenn dem Unterhaltsberechtigten eine (volle oder teilweise) Erwerbstätigkeit möglich ist (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 126 f.; Rolland 1. EheRG 2. Aufl. § 1573 Rdn. 24). Auch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz von 1986, durch das die Befristungsmöglichkeit nach § 1573 Abs. 5 BGB eingeführt wurde, beruht offenbar auf diesem Verständnis. Wenn der Gesetzgeber die Differenz zwischen dem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen und dem angemessenen Lebensbedarf generell dem Aufstockungsunterhalt zugeordnet hätte, hätte es für die gleichzeitig eingeführte Begrenzungsvorschrift des § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB (a.F.) im Bereich der Tatbestände nach §§ 1570 bis 1572 BGB kaum ein Bedürfnis gegeben, weil für diese kein nennenswerter Anwendungsbereich verblieben wäre.

Ob im Hinblick auf einzelne Rechtsfolgen (etwa den Rang des kinderbetreuenden Ehegatten gemäß § 1609 Nr. 2 BGB) eine andere Sichtweise geboten sein kann, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Auch für die bis zum 31. Dezember 2007 geltende Rechtslage bedurfte es der vom Berufungsgericht gewählten Konstruktion nicht. Denn mit § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. stand eine gesetzliche Begrenzungsmöglichkeit zur Verfügung, die auch auf den Unterhalt wegen Krankheit nach § 1572 BGB anwendbar war und – abgesehen von dem oben aufgezeigten Fehler bei der Ermittlung des angemessenen Bedarfs – zu demselben Ergebnis hätte führen können. Eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf konnte zum Wegfall des Unterhalts führen, soweit der angemessene Lebensbedarf durch eigene Einkünfte des Unterhaltsberechtigten gedeckt war (BT-Drucks. 10/2888 S. 19).

c) Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Befristung des Anspruchs nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. scheidet somit aus, weil es sich allein um Unterhalt wegen Krankheit gemäß § 1572 BGB handelt und das bis zum 31. Dezember 2007 geltende Recht für diesen Unterhaltsanspruch eine solche Befristungsmöglichkeit nicht vorsah.

2. Das Berufungsurteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revision zurückzuweisen ist (§ 561 ZPO). Die Befristung des Unterhalts auf drei Jahre nach Rechtskraft der Scheidung ist im Ergebnis aufgrund von § 1578 b Abs. 2 BGB gerechtfertigt.

a) Ob das Berufungsgericht sich anstelle der von ihm vorgenommenen Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. auf eine Herabsetzung des Bedarfsmaßstabs gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. hätte beschränken können, bedarf in Anbetracht deren eingeschränkter Wirkung und der inzwischen geänderten Gesetzeslage keiner Entscheidung. Denn die durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) mit Wirkung zum 1. Januar 2008 eingeführte Vorschrift des § 1578 b Abs. 2 BGB lässt nunmehr auch beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB eine zeitliche Begrenzung zu.

b) Auf die Befristung ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO). Die Befristung auf drei Jahre beginnt mit der Rechtskraft der Scheidung, die laut dem Rechtskraftvermerk des Familiengerichts am 3. Juli 2007 eingetreten ist. Da die Befristung somit erst unter Geltung der neuen Gesetzeslage wirksam wird, ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Recht maßgebend.

c) Der vom Berufungsgericht erschöpfend festgestellte und gewürdigte Sachverhalt rechtfertigt die ausgesprochene Unterhaltsbefristung auf drei Jahre ab Rechtskraft der Scheidung. Einer differenzierten Bewertung nach dem angemessenen Lebensbedarf und dem darüber hinausgehenden Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen bedarf es im vorliegenden Fall nicht. Auch wenn das Berufungsgericht diesen Aspekt aufgrund seines Fehlers bei der Gegenüberstellung des Renteneinkommens des Antragsgegners mit seinem hypothetisch erzielbaren Erwerbseinkommen nicht zutreffend erfasst hat, ist mit einer abweichenden tatrichterlichen Würdigung nicht zu rechnen, so dass der Senat abschließend entscheiden kann.

Der Unterhaltsanspruch ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB.

aa) Demnach kommt es zunächst darauf an, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit in der – hier kinderlosen – Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Sowohl nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 Abs. 5 BGB (a.F.) als auch nach der daran orientierten Neufassung des § 1578 b Abs. 2 BGB (vgl. Dose FamRZ 2007, 1289, 1293) liegen ehebedingte Nachteile vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (vgl. Senatsurteil vom 28. November 2007 – XII ZR 132/05 – FamRZ 2008, 582, 586).

Das ist hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall. Der Antragsgegner war während der Ehe zunächst noch erwerbstätig. Seine Erwerbstätigkeit musste er aus gesundheitlichen Gründen einstellen, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Ehe stehen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Erkrankung des Antragsgegners nicht schon deshalb als ehebedingter Nachteil zu betrachten, weil sie während der Ehe eingetreten ist.

Ehebedingte Nachteile wären indessen dann eingetreten, wenn der Unterhaltsberechtigte aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hätte. Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB (vgl. Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 159). In die Betrachtung einzubeziehen ist dann aber auch, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 – XII ZR 107/06FamRZ 2008, 1325, 1328 f. und vom 25. Juni 2008 – XII ZR 109/07FamRZ 2008, 1508, 1511). Im vorliegenden Fall sind dem Antragsgegner im Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften der Antragstellerin in Höhe von insgesamt 39,46 € übertragen worden, die zu einer Erhöhung der von ihm bezogenen gesetzlichen Rente wegen Erwerbsminderung geführt haben. Hierdurch hat der Antragsgegner allerdings schon mehr erhalten als einen Ausgleich ehebedingter Nachteile. Denn die Rollenverteilung in der Ehe hat nicht dazu geführt, dass die vom Antragsgegner erworbenen Versorgungsanwartschaften geschmälert worden wären. Der Antragsgegner nimmt vielmehr insoweit am besseren Versorgungsstandard der Antragstellerin teil.

Das Merkmal der Ehedauer stellt im Regelungszusammenhang des § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB nur ein Indiz für die zunehmende Verflechtung der beiderseitigen Verhältnisse dar (Senatsurteil vom 16. April 2008 – XII ZR 107/06FamRZ 2008, 1325, 1328; BT-Drucks. 16/1830 S. 19; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 591). Die Ehedauer betrug etwa elf Jahre. Für die Ehedauer ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf die Zeit von der Eheschließung (23. Juni 1994) bis zur Zustellung des Scheidungsantrags (13. April 2005) abzustellen (Senatsurteil vom 9. Juli 1986 – IVb ZR 39/85 – FamRZ 1986, 886, 888). Eine wirtschaftliche Verflechtung ist hier nicht festgestellt. Jeder Ehegatte unterhielt zunächst noch seinen eigenen Haushalt. Auch als sie zusammengezogen waren, wirtschafte-ten sie im wesentlichen getrennt.

bb) Allerdings wird die Krankheit als solche nur in Ausnahmefällen ehebedingt sein. Das führt indessen nicht ohne weiteres dazu, dass der Krankheitsunterhalt – bei Fehlen ehebedingter Nachteile – zwangsläufig zu befristen wäre.

Dass die Krankheit regelmäßig nicht ehebedingt ist, hat allerdings Einfluss auf die grundsätzliche Gewichtung des Unterhalts nach § 1572 BGB im Rahmen der Billigkeitsabwägung und im Hinblick auf das von den Ehegatten zu fordernde Maß an fortwirkender Unterhaltsverantwortung nach der Scheidung (ähnlich OLG Celle FamRZ 2008, 1449, 1451). Dem entsprechend war die Legitimation des Krankheitsunterhalts schon bei den Beratungen zum 1. Eherechtsreformgesetz nicht frei von Zweifeln (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 124). Da es sich bei der Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit in der Regel um eine schicksalhafte Entwicklung handelt, ist eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein in zeitlichem Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko nicht ohne weiteres zu rechtfertigen.

Die Reichweite der vom Gesetz hier im Grundsatz nach wie vor geforderten nachehelichen Verantwortung bedarf im vorliegenden Fall jedoch keiner exakten Bestimmung. Denn auch eine von ehebedingten Nachteilen getrennte Billigkeitsbetrachtung begründet im vorliegenden Fall jedenfalls keine längere Laufzeit des nachehelichen Krankheitsunterhalts, als sie das Berufungsgericht dem Antragsgegner zugebilligt hat.

Der Ehedauer (hier etwa elf Jahre), die nach der Gesetzesbegründung zum Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (BT-Drucks. 16/1830 S. 19) besondere Bedeutung hat, kommt im vorliegenden Fall kein erhebliches Gewicht zu. Der Antragsgegner war bei Eheschließung bereits 47 Jahre alt. Es handelte sich für ihn um die zweite Ehe. Ein besonderes Vertrauen auf den Fortbestand der Unterhaltsverpflichtung wurde durch die Ehe und deren Dauer nicht begründet. Die Parteien lebten nur etwa fünf Jahre in einem gemeinsamen Haushalt zusammen. Insbesondere hat das Berufungsgericht keine Dispositionen des Antragsgegners aufgrund eines etwaigen Vertrauens in die fortwährende Unterhaltsverpflichtung der Antragstellerin festgestellt. Der Antragsgegner verfügt schließlich mit seinen beiden Renten über ein – teils durch den Versorgungsausgleich erhöhtes – Einkommen, das ihm einen deutlich über dem Existenzminimum liegenden Lebensstandard sichert. Demgegenüber bedeutet die fortwährende Unterhaltspflicht für die Antragstellerin eine spürbare Belastung, die sie in ihrer Lebensführung nicht unerheblich einschränkt. Das Berufungsgericht hat auch weitere Faktoren, wie etwa den über vier Jahre von der Antragstellerin gezahlten Trennungsunterhalt, zutreffend berücksichtigt.

Auch wenn das Unterhaltsrecht eine Befristung des Krankheitsunterhalts erst aufgrund der nach Rechtskraft der Ehescheidung in Kraft getretenen Gesetzeslage zulässt, kann daraus ein besonderer Vertrauensschutz nicht hergeleitet werden. Der Gesetzgeber hat von einem Vertrauensschutz für sogenannte Altfälle bewusst abgesehen und das neue Recht auf Unterhaltsansprüche, die ab dem 1. Januar 2008 entstanden sind, für unterschiedslos anwendbar erklärt (BT-Drucks. 16/1830 S. 32). Nur für vor dem 1. Januar 2008 bereits ergangene rechtskräftige Entscheidungen, errichtete Titel oder Unterhaltsvereinbarungen enthält § 36 Nr. 1 EGZPO einen über das Inkrafttreten des Gesetzes hinausreichenden Vertrauensschutz und macht eine Abänderung von der Zumutbarkeit abhängig.

Die Revision macht allerdings zu Recht geltend, dass ein Teil der vom Berufungsgericht rechnerisch zugrunde gelegten Frist (drei Jahre ab Rechtskraft der Scheidung) noch vor Inkrafttreten der seit dem 1. Januar 2008 geänderten Rechtslage verstrichen ist, als eine Befristung noch nicht zulässig war. Auch wenn das Berufungsgericht bei der Bemessung der Frist somit von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen ist, stellt dies die Angemessenheit der Befristung im Ergebnis aber nicht in Frage. Es handelt sich um einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr, denn die Rechtskraft der Scheidung ist nach dem Rechtskraftvermerk des Amtsgerichts am 3. Juli 2007 eingetreten. Die anstehenden Änderungen durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz waren zu diesem Zeitpunkt der Öffentlichkeit bereits bekannt und hinsichtlich der Befristung nach § 1578 b BGB politisch nicht umstritten. Die Gesetzesänderung zur Befristung ist von der Antragstellerin zum Gegenstand ihrer Argumentation im Berufungsverfahren gemacht worden. Da der weitaus überwiegende Teil der Frist in die Geltung der neuen Rechtslage fällt, erscheint eine abweichende tatrichterliche Würdigung somit fernliegend.

Die Bemessung der sogenannten Schonfrist auf drei Jahre nach Rechtskraft der Scheidung (bzw. zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten der neuen Rechtslage) erfüllt demnach im Ergebnis auch die Anforderungen des § 1578 b Abs. 2 BGB, so dass die Befristung jedenfalls nicht zu kurz ausgefallen ist.

BGH, Urteil vom 26.11.2008
XII ZR 131/07

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