BGH: Ausschluss des Versorgungsausgleichs durch das Familiengericht

Wird im Versorgungsausgleich durch das Familiengericht ein Wertausgleich in Anwendung von § 18 Abs. 1 oder Abs. 2 VersAusglG ausgeschlossen, ist ein Versorgungsträger jedenfalls dann zur Beschwerde berechtigt, wenn er mit seinem Rechtsmittel geltend macht, dass schon der Anwendungsbereich von § 18 VersAusglG nicht eröffnet ist, weil dem Gericht entweder Bewertungs- oder Berechnungsfehler unterlaufen oder die Rechtsbegriffe der Gleichartigkeit oder der Geringfügigkeit (§ 18 Abs. 3 VersAusglG) von ihm unrichtig beurteilt worden sind.

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9 Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des 3. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 14. September 2011 aufgehoben.

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts Familiengericht Niebüll vom 8. Juni 2011 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Ziffern 2 bis 6 der Beschlussformel) geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Im Wege interner Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Nord (Vers.-Nr.: 44 301156 K 518) ein Anrecht in Höhe von 2,8121 Entgeltpunkten sowie in Höhe von weiteren 11,4639 Entgeltpunkten (Ost), jeweils bezogen auf den 31. Mai 2009, auf das Versicherungskonto des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg (Vers.-Nr. 44 310554 R 014) übertragen.

Im Wege interner Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg (Vers.-Nr. 44 310554 R 014) ein Anrecht in Höhe von 3,4626 Entgeltpunkten sowie in Höhe von weiteren 10,1626 Entgeltpunkten (Ost), jeweils bezogen auf den 31. Mai 2009, auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Nord (Vers.-Nr.: 44 301156 K 518) übertragen.

Der Ausgleich des Anrechts der Ehefrau bei der Provinzial Nord-West Lebensversicherung AG in Höhe von 985,26 € unterbleibt.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für die Rechtsmittelverfahren wird abgesehen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Beschwerdewert 2.600 €.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und der Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) haben am 8. Dezember 1977 die Ehe miteinander geschlossen. Der Scheidungsantrag wurde am 15. Juni 2009 zugestellt.

Während der gesetzlichen Ehezeit vom 1. Dezember 1977 bis zum 31. Mai 2009 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) haben beide Ehegatten insbesondere Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Die ehezeitlichen Anrechte der Ehefrau belaufen sich auf 5,6242 Entgeltpunkte mit einem Ausgleichswert von 2,8121 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert von 17.280,13 € sowie auf weitere 22,9277 Entgeltpunkte (Ost) mit einem Ausgleichswert von 11,4639 Entgeltpunkten (Ost) und einem korrespondierenden Kapitalwert von 59.356,89 €. Die ehezeitlich erworbenen Anwartschaften des Ehemannes belaufen sich auf 6,9252 Entgeltpunkte mit einem Ausgleichswert von 3,4626 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert von 21.277,40 € sowie auf weitere 20,3252 Entgeltpunkte (Ost) mit einem Ausgleichswert von 10,1626 Entgeltpunkten (Ost) und einem korrespondierenden Kapitalwert von 52.619,12 €.

Das Amtsgericht hat die Ehe der beteiligten Eheleute durch Beschluss vom 8. Juni 2011 geschieden und im Verbund zugleich den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat es insbesondere angeordnet, dass hinsichtlich der von beiden Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht stattfindet. Hierbei ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass alle von den Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte gleichartig seien und zwischen ihren Ausgleichswerten im Gesamtsaldo nur eine geringfügige Wertdifferenz in Höhe von 2.740,50 € bestünde. Dagegen wendet sich die Beteiligte zu 1 (Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg) mit ihrer Beschwerde, mit der sie geltend macht, dass das Amtsgericht fehlerhaft die Ausgleichswerte von Anrechten ungleicher Art (regeldynamische und angleichungsdynamische Anrechte) miteinander saldiert habe und die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs tatsächlich nicht vorgelegen hätten. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt, den Versorgungsausgleich bezüglich der Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie im Umfang der Anfechtung zur Abänderung der Entscheidung des Familiengerichts.

1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2012, 378 veröffentlicht ist, hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die Beschwerde sei unzulässig, weil die Beteiligte zu 1 als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung durch den angefochtenen Beschluss nicht im Sinne von § 59 FamFG in ihren Rechten verletzt sei. Zu dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht habe der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, dass ein Eingriff in die Rechtsstellung eines öffentlich-rechtlichen Versorgungsträgers nicht nur dann vorliege, wenn Versorgungsanrechte bei ihm abgezogen oder gutgeschrieben worden seien, sondern auch dann, wenn bei ihm bestehende Anrechte zu Unrecht im Versorgungsausgleich keine Berücksichtigung gefunden hätten. Den öffentlich-rechtlichen Trägern sei danach ein besonderes Wächteramt über die gesetzmäßige Durchführung des Versorgungsausgleichs übertragen gewesen. Demgegenüber habe der Bundesgerichtshof bei privaten Versorgungsträgern einen unmittelbaren Eingriff in deren Rechtsposition verlangt.

Dieser Rechtsprechung sei durch die gesetzliche Neugestaltung des Versorgungsausgleichs und die Konzeption der Beschwerdebefugnis nach dem FamFG die Grundlage entzogen worden. Die öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger, insbesondere die gesetzliche Rentenversicherung als ehemals einziger Zielversorgungsträger eines öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs, hätten mit der Abkehr vom Einmalausgleich und der grundsätzlichen vorrangig internen Teilung eines jeden einzelnen Anrechts ihre unter der Geltung des alten Rechtszustands innegehabte Sonderstellung verloren; ihre Funktion als subsidiärer Zielversorgungsträger nach § 15 Abs. 5 Satz 1 VersAusglG vermöge diesen Bedeutungsverlust nicht auszugleichen. Die Pflicht, gegebenenfalls auch finanzielle Nachteile durch den Versorgungsausgleich hinzunehmen, treffe nach dem Versorgungsausgleichsgesetz auch einen privaten Versicherer, der zur internen Teilung gesetzlich verpflichtet worden sei. Schon aus diesen Gründen lasse sich eine Beschwerdebefugnis nicht mehr aus einem besonderen Wächteramt der öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger herleiten, ohne dass es noch auf die Frage ankäme, ob eine solche Herleitung in einem Rechtsmittelsystem, welches auf die Beeinträchtigung eigener Rechte abstelle, überhaupt zulässig sei.

Der Gesetzgeber habe einen Anspruch eines Versorgungsträgers, aus Anlass der Scheidung seines Versicherten die Durchführung des Versorgungsausgleichs zur Risikoverschiebung zu verlangen, weder im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung noch im Bereich der privaten Versicherung normiert. Die Entwicklung eines Anspruchs, der im Gesetz keinen Widerhall finde, sei der Rechtsprechung untersagt. Im Übrigen ließe sich auch die nach allgemeiner Ansicht fehlende Beschwerdebefugnis der Versorgungsträger bei einem vertraglichen Ausschluss des Versorgungsausgleichs oder bei einem gerichtlichen Ausschluss nach §§ 1587 c, 1587 h BGB aF, § 27 VersAusglG mit einem grundsätzlichen Anspruch auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht widerspruchslos vereinbaren. Denn wenn ein Anspruch auf Durchführung des Versorgungsausgleichs bestünde, müsste dem Versorgungsträger auch in diesen Fällen die Möglichkeit eingeräumt werden, zur Durchsetzung dieses Rechts das Beschwerdegericht anzurufen.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde nur demjenigen zu, der durch den angegriffenen Beschluss in seinen eigenen Rechten beeinträchtigt ist; erforderlich hierfür ist ein unmittelbarer Eingriff in eine geschützte Rechtsposition. Mit der Reform des familiengerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit war im Hinblick auf die Beschwerdeberechtigung gegenüber § 20 Abs. 1 FGG keine inhaltliche Änderung verbunden (vgl. BT-Drucks. 16/6308, S. 204).

Der Senat hat im Anschluss an seine Rechtsprechung zu dem bis zum 31. August 2009 geltenden Rechtszustand bereits mehrfach ausgesprochen, dass ein im Verfahren über den Versorgungsausgleich beteiligter oder zu beteiligender Versorgungsträger durch eine gerichtliche Entscheidung (weiterhin) grundsätzlich bereits dann in seinen Rechten beeinträchtigt wird, wenn diese Entscheidung mit einem als unrichtig gerügten Eingriff in seine Rechtsstellung verbunden ist, ohne dass es auf eine – feststellbare wirtschaftliche Mehrbelastung des Versorgungsträgers ankäme; dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einen öffentlich-rechtlichen, einen betrieblichen oder einen sonstigen privaten Versorgungsträger handelt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. März 2012 XII ZB 599/10 – FamRZ 2012, 851 Rn. 8 ff. und vom 31. Oktober 2012 XII ZB 588/11 juris Rn. 9). Weicht die angegriffene Entscheidung vom Gesetz ab, lässt sich in der Regel zunächst noch nicht feststellen, ob sich diese Entscheidung wirtschaftlich zugunsten oder zulasten des Versorgungsträgers auswirken wird, denn dies hängt typischerweise vom – ungewissen künftigen Versorgungsschicksal eines jeden Ehegatten ab (Senatsbeschlüsse vom 9. Januar 2008 XII ZB 62/07 FamRZ 2008, 678 Rn. 8 und vom 27. August 2003 XII ZB 33/00 FamRZ 2003, 1738, 1741 mwN). Wenn aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der vom Versorgungsträger mit der Beschwerde angestrebte gesetzmäßige Ausgleich für ihn wirtschaftlich günstiger darstellen wird als die angefochtene Regelung des Versorgungsausgleichs durch das Familiengericht, ist der Versorgungsträger in seinen Rechten unmittelbar beeinträchtigt. Mit der dem materiell beteiligten Versorgungsträger auferlegten Verpflichtung, als Folge der zur Durchführung des Versorgungsausgleiches getroffenen gerichtlichen Anordnungen ein anderes als das ursprünglich übernommene und sich für ihn möglicherweise als wirtschaftlich nachteilig erweisendes Risiko tragen zu müssen, korrespondiert somit dessen Anspruch auf eine gesetzmäßige Durchführung des Wertausgleiches (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 18. Februar 2009 XII ZB 221/06 FamRZ 2009, 853 Rn. 12). Dass der Gesetzgeber einen solchen Anspruch der Versorgungsträger grundsätzlich anerkannt hat, ergibt sich zumindest mittelbar auch aus der Wertung des § 228 FamFG, wonach in Versorgungsausgleichssachen die in § 61 FamFG bestimmte allgemeine Wertgrenze von 600 € nicht gilt. Denn durch diese Regelung sollte gerade die Einlegung von Rechtsmitteln durch die Versorgungsträger erleichtert und nicht von der vielfach ungewissen Frage abhängig gemacht werden, in welchem wirtschaftlichen Umfang sich eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich künftig für oder gegen den Versorgungsträger auswirken wird (vgl. Borth, Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 1215; Schwamb FamFR 2012, 230).

b) Aus dem grundsätzlichen Anspruch des Versorgungsträgers auf eine gesetzmäßige Durchführung des Wertausgleichs folgt allerdings nicht, dass der Versorgungsträger uneingeschränkt über die materielle Richtigkeit gerichtlicher Anordnungen zum Wertausgleich zu wachen hätte. Wie schon unter der Geltung des Rechtszustands bis zum 31. August 2009 kann sich insbesondere aus der Anwendung oder Nichtanwendung von solchen Vorschriften, die eine Abweichung vom Halbteilungsgrundsatz allein im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse der Ehegatten legitimieren, keine unmittelbare Beeinträchtigung von Rechten der Versorgungsträger ergeben. Daher kann sich der Versorgungsträger mit seinem Rechtsmittel nicht auf eine unrichtige Handhabung der Härteklausel des § 27 VersAusglG stützen (OLG Stuttgart FamRZ 2012, 303, 305; Johannsen/Henrich/Althammer Familienrecht 5. Aufl. § 59 FamFG Rn. 12; Borth Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 1216; vgl. bereits Senatsbeschlüsse vom 12. November 1980 IVb ZB 712/80 FamRZ 1981, 132, 134 und vom 4. Oktober 1990 XII ZB 164/88 – FamRZ 1991, 175, 177 zu § 1587 c BGB). Auch die Wirksamkeit von Vereinbarungen der Ehegatten zum Versorgungsausgleich (§§ 6 bis 8 VersAusglG), mit denen der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wurde (vgl. Borth Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 1216; Johannsen/Henrich/Althammer Familienrecht 5. Aufl. § 59 FamFG Rn. 12) oder Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung vorbehalten worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Februar 1989 IVb ZB 210/87 FamRZ 1989, 602 zu § 1587 o BGB) und die das Familiengericht gemäß § 6 Abs. 2 VersAusglG für bindend gehalten hat, kann durch einen Versorgungsträger mangels unmittelbarer Beeinträchtigung eigener Rechte grundsätzlich nicht zum Gegenstand der Überprüfung in einem Rechtsmittelverfahren gemacht werden.

c) Umstritten ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur bislang die Frage, inwieweit der Versorgungsträger mit einem Rechtsmittel eine in der Handhabung des § 18 VersAusglG durch das Familiengericht liegende Beschwer bekämpfen kann.

aa) Keinem Zweifel unterliegen kann es dabei zunächst, dass der Versorgungsträger durch die Entscheidung des Gerichts, den Wertausgleich durchzuführen, obwohl die Anwendungsvoraussetzungen des § 18 Abs. 1 oder Abs. 2 VersAusglG vorgelegen hätten, in seinen eigenen Rechten betroffen wäre (OLG Bamberg FamRZ 2011, 1232; Borth, Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 1216; vgl. bereits Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 1988 IVb ZB 185/87 FamRZ 1989, 41 f. und vom 23. Mai 1990 – XII ZB 62/88 FamRZ 1990, 1099, 1100 zur früheren Bagatellklausel des § 3 c VAHRG). Diese Betroffenheit erschließt sich bereits aus dem Regelungszweck dieser Vorschrift, der mit der in § 18 VersAusglG eröffneten Möglichkeit zum Ausschluss eines Bagatellausgleiches vornehmlich Belange der Verwaltungseffizienz auf Seiten der Versorgungsträger in den Blick genommen hat (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 30. November 2011 XII ZB 344/10 FamRZ 2012, 192 Rn. 34 und vom 18. Januar 2012 XII ZB 501/11 FamRZ 2012, 513 Rn. 23).

bb) Keine einheitliche Meinung hat sich demgegenüber bei der Beurteilung der Frage herausgebildet, ob der Versorgungsträger auch dann unmittelbar in eigenen Rechten betroffen sein kann, wenn das Gericht – wie hier – in Anwendung der Bagatellklausel des § 18 VersAusglG von der Durchführung des Wertausgleichs bezüglich der betroffenen Anrechte absieht.

Teilweise wird dies mit der Begründung bejaht, dass der Anspruch des Versorgungsträgers auf eine gesetzeskonforme Durchführung des Wertausgleiches auch die unter jedem Gesichtspunkt richtige Handhabung des § 18 VersAusglG umschließe (so wohl OLG Saarbrücken FamRZ 2012, 306, 307; im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 1404, 1405). Demgegenüber wird mit dem Beschwerdegericht die abweichende Ansicht vertreten, dass ein Beschwerderecht des Versorgungsträgers in den Fällen eines nach § 18 VersAusglG ausgeschlossenen Wertausgleiches generell ausscheide, weil dem Versorgungsträger mit dieser Entscheidung gerade Verwaltungsaufwand erspart werden soll und das Gesetz keine auf Durchführung des Versorgungsausgleiches gerichtete Popularbeschwerde kenne (so im Ergebnis OLG Bamberg FamRZ 2011, 1232 obiter dictum zu § 18 Abs. 2 VersAusglG; Ruland Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 1148; Borth Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 1216; vgl. auch OLG Saarbrücken FamRZ 1989, 994 zu § 3 c VAHRG). Im Übrigen differenziert die bislang veröffentlichte obergerichtliche Rechtsprechung hinsichtlich der Beschwerdeberechtigung des Versorgungsträgers überwiegend nach der Art der Einwendungen, auf die der Versorgungsträger sein Rechtsmittel stützt:

Eine Beschwerdebefugnis des Versorgungsträgers wurde dabei in den Fällen verneint, in denen sich dieser mit der Beschwerde (lediglich) darauf berufen hat, dass der vom Familiengericht nach § 18 Abs. 1 oder Abs. 2 VersAusglG angeordnete Ausschluss des Wertausgleichs bei dem Versorgungsträger tatsächlich keinen Verwaltungsaufwand erspare. In diesen Fällen mache der Versorgungsträger in der Sache eine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes und damit eine Rechtsposition geltend, die nicht ihm, sondern nur dem betroffenen Ehegatten zustehe (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 2012, 303, 304 f. obiter dictum).

Eine weitere Ansicht bejaht eine Beschwerdeberechtigung des Versorgungsträgers unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer gestörten bzw. erschwerten Rechtsausübung, wenn er mit seinem Rechtsmittel geltend macht, dass ein gemäß § 18 Abs. 2 VersAusglG wegen Geringfügigkeit vom Wertausgleich ausgenommenes Anrecht wirtschaftlich (insbesondere durch steuerliche Förderung) mit einem anderen, in den Wertausgleich einbezogenen Anrecht verknüpft sei (OLG Frankfurt FamRZ 2012, 1308, 1309; OLG Karlsruhe Beschluss vom 18. Mai 2012 18 UF 324/11 juris Rn. 8).

Eine verbreitete Auffassung in der Rechtsprechung geht wiederum davon aus, dass sich der Versorgungsträger jedenfalls dann mit einem Rechtsmittel gegen den Ausschluss des Wertausgleiches nach § 18 VersAusglG wenden kann, wenn er das Fehlen der gesetzlichen Anwendungsvoraussetzungen dieser Vorschrift mithin in den Fällen des § 18 Abs. 1 VersAusglG die fehlende Gleichartigkeit der saldierten Anrechte und die fehlende Geringfügigkeit der Wertdifferenz und in den Fällen des § 18 Abs. 2 VersAusglG die fehlende Ge ringfügigkeit des Ausgleichswertes rügt (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 1306, 1307; OLG Stuttgart FamRZ 2011, 1733 [Ls.]; OLG Celle FamRZ 2012, 717, 718 f.).

d) Der Senat tritt der letztgenannten Auffassung bei, dass der Versorgungsträger jedenfalls in den Fällen einer unrichtigen Beurteilung der gesetzlichen Anwendungsvoraussetzungen von § 18 VersAusglG die Beeinträchtigung einer eigenen Rechtsposition geltend macht. So liegt der Fall auch hier. Denn die Beteiligte zu 1 bekämpft eine in der unzutreffenden Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 1 VersAusglG liegende Beschwer, weil sie mit ihrem Rechtsmittel (allein) geltend macht, dass das Familiengericht fehlerhaft die Ausgleichswerte von Anrechten ungleicher Art Entgeltpunkte und Entgeltpunkte (Ost) miteinander saldiert habe.

Eine Beschwerdebefugnis des Versorgungsträgers kann sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats daraus ergeben, dass ein bei ihm bestehendes Anrecht durch das Gericht eine unrichtige Bewertung erfahren hat, ohne dass es darauf ankäme, ob der Wert des Anrechts zu hoch oder zu niedrig bemessen worden ist (vgl. bereits Senatsbeschlüsse vom 11. April 1984 IVb ZB 87/83 FamRZ 1984, 671 und vom 12. November 1980 IV b ZB 712/80 FamRZ 1981, 132, 133). Dabei muss es auch bleiben, wenn das Familiengericht aufgrund der unrichtigen Bewertung eines Anrechts zu der dann möglicherweise folgerichtigen, aber im Ergebnis unzutreffenden rechtlichen Beurteilung gelangt, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Wertausgleichs nach § 18 Abs. 1 oder Abs. 2 VersAuglG vorliegen. Danach wird man den Versorgungsträger zumindest in solchen Fällen als beschwerdeberechtigt anzusehen haben, in denen er geltend macht, dass bereits der Anwendungsbereich der Bagatellklausel des § 18 VersAusglG überhaupt nicht eröffnet ist, weil dem Gericht entweder Bewertungs- oder Berechnungsfehler unterlaufen oder die  Rechtsbegriffe der Gleichartigkeit oder der Geringfügigkeit (§ 18 Abs. 3 VersAusglG) von ihm verkannt worden sind. Ob der Versorgungsträger auch in den Fällen beschwerdebefugt ist, in denen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18 VersAusglG vom Gericht zutreffend beurteilt worden sind und der Versorgungsträger mit seinem Rechtsmittel (lediglich) eine neue Ermessensentscheidung zugunsten des durch den Ausschluss des Wertausgleichs wirtschaftlich benachteiligten Ehegatten erstrebt, bedarf unter den hier obwaltenden Umständen keiner abschließenden Erörterung.

3. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist insgesamt zulässig und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die Entscheidung zu den von den Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechten beschränkt worden (vgl. auch Senatsbeschluss vom 26. Januar 2011 XII ZB 504/10 FamRZ 2011, 547 Rn. 17). Das Rechtsmittel ist auch begründet, wie der Senat auf der Grundlage der vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen selbst entscheiden kann (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG).

a) Der Senat hat bereits entschieden, dass sich die Frage nach der Gleichartigkeit von Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung im Ausgangspunkt nach der gesetzlichen Regelung in § 120 f Abs. 1 SGB VI beurteilt. Danach gelten als Anrechte gleicher Art im Sinne des § 10 Abs. 2 VersAusglG die Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung. § 120 f Abs. 2 SGB VI bestimmt aber demgegenüber, dass die im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet erworbenen Anrechte nicht gleichartig sein sollen, soweit einheitliche Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland noch nicht hergestellt sind. Derzeit sind daher die Anrechte (Ost) mit den in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechten schon wegen der  bis zur Einkommensangleichung unterschiedlichen Dynamik nicht vergleichbar. Obwohl § 120 f Abs. 1 SGB VI ausdrücklich nur auf „Anrechte gleicher Art im Sinne des § 10 Abs. 2 VersAusglG“ Bezug nimmt und daher nach seinem Wortlaut nur die Verrechnung der im Hin-und-Her-Ausgleich übertragenen Entgeltpunkten betrifft, ist dessen Wertung auch im Rahmen des § 18 Abs. 1 VersAusglG zu berücksichtigen. Dafür spricht die begriffliche Identität, die vom Gesetzgeber bewusst gewählt wurde. Dies wird daraus deutlich, dass die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses wegen des Begriffs der „Anrechte gleicher Art“ auf die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 10 Abs. 2 VersAusglG verweist. Auch sonst sind keine überzeugenden Gründe ersichtlich, die es erfordern, den gleichlautenden Begrifflichkeiten in § 10 Abs. 2 VersAusglG und in § 18 Abs. 1 VersAusglG unterschiedliche Bedeutungen zukommen zu lassen (Senatsbeschluss vom 30. November 2011 XII ZB 344/10 – FamRZ 2012, 192 Rn.21 f.).

b) Wenn indessen die von den Ehegatten einerseits im Beitrittsgebiet und andererseits im übrigen Bundesgebiet erworbenen Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung keine „gleichartigen“ Anrechte im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG sind und deshalb zur Bestimmung der Wertdifferenz nicht insgesamt miteinander saldiert werden können, sind im vorliegenden Fall schon die Anwendungsvoraussetzungen des § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht gegeben. Denn sowohl die auf den korrespondierenden Kapitalwert bezogene Differenz der regeldynamischen Anrechte (3.997,27 €) als auch die auf den korrespondierenden Kapitalwert bezogene Differenz der angleichungsdynamischen Anrechte (6.737,77 €) übersteigt bereits die für das Ende der Ehezeit geltende Geringfügigkeitsgrenze (§ 18 Abs. 3 VersAusglG) in Höhe von 3.024 € (FamRZ 2012, 173; vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2011 XII ZB 344/10 – FamRZ 2012, 192 Rn. 19 ff.). Damit sind alle Anrechte der Eheleute in der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege der internen Teilung nach § 10 Abs. 1 VersAusglG auszugleichen.

BGH, Beschluss vom 09.01.2013
XII ZB 511/13

AG Niebüll, Entscheidung vom 08.06.2011 – 4 F 84/09
OLG Schleswig, Entscheidung vom 14.09.2011 – 12 UF 188/11

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