a) In der Berücksichtigung einer vom Unterhaltsschuldner allein getragenen Gesamtschuld bei der Bemessung des Kindesunterhalts kann regelmäßig keine anderweitige Bestimmung gesehen werden, die Ausgleichsansprüche zwischen den Ehegatten nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ausschließt (im Anschluss an Senatsurteil vom 26. September 2007 – XII ZR 90/05 – FamRZ 2007, 1975 ff.).
b) Eine anderweitige Bestimmung liegt dann nahe, wenn die alleinige Schuldentilgung durch einen Ehegatten bei der Bemessung des dem anderen zustehenden Trennungs- oder nachehelichen Unterhalts berücksichtigt wurde.
c) Soweit ein Ehegatte davon abgesehen hat, Unterhaltsansprüche gegen den anderen geltend zu machen, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden, ob daraus auf eine (stillschweigende) anderweitige Bestimmung geschlossen werden kann (im Anschluss an Senatsurteil vom 11. Mai 2005 – XII ZR 289/02 – FamRZ 2005, 1236 ff.).
d) Ist bei der Ermittlung des Endvermögens eines Ehegatten eine noch bestehende Gesamtschuld nur hälftig als Passivposten berücksichtigt worden, während bei der Berechnung des Endvermögens des anderen Ehegatten hierfür kein Abzug vorgenommen worden ist, so lässt sich einem auf dieser Grundlage geschlossenen Vergleich über den Zugewinnausgleich keine stillschweigende Vereinbarung dahingehend entnehmen, der erstere habe die Gesamtschuld im Innenverhältnis allein zu tragen.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. September 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten, von der er seit April 2000 getrennt lebt und seit Februar 2002 geschieden ist, hälftige Erstattung erbrachter Rückzahlungen auf gemeinsam aufgenommene Darlehen sowie hälftige Freistellung von ab Januar 2005 daraus fällig gewordener Darlehensraten.
Aus der Ehe der Parteien sind die Kinder K., geboren am 13. April 1988, und C., geboren am 3. April 1991, hervorgegangen, die bei der Beklagten leben. Die Parteien nahmen am 24. Januar 2000 einen Kredit über 45.000 DM auf, der bis Ende 2007 in monatlichen Raten von 718 DM (367,11 EUR) zu tilgen war. Am 28. September 2000 wurde ihnen ein weiterer Kredit in Höhe von 10.800 DM gewährt, der bis zum 15. September 2007 in monatlichen Raten von 173 DM (88,45 EUR) zurückzuführen war. Der Kläger hat die fälligen Raten seit der Trennung allein geleistet. Auf den für die Zeit von Mai 2000 bis Dezember 2004 geltend gemachten Ausgleichsanspruch lässt er sich eine Mietforderung der Beklagten in Höhe von 2.442,35 EUR für eine von ihm genutzte Wohnung anrechnen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, bei Abschluss der Darlehensverträge sei ausdrücklich vereinbart worden, dass der Kläger die Kredite allein tilge. Eine Ausgleichspflicht bestehe auch deshalb nicht, weil die Darlehensraten in dem über den Trennungs- und Kindesunterhalt geschlossenen gerichtlichen Vergleich auf Seiten des Klägers einkommensmindernd berücksichtigt worden seien. Auch im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens seien die Darlehensverbindlichkeiten bei der Ermittlung des von ihr erzielten Zugewinns und des in dem gerichtlichen Vergleich mit 24.000 EUR vereinbarten Zugewinnausgleichs berücksichtigt worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgt er sein zweitinstanzliches Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass die Parteien für die von ihnen aufgenommenen Darlehen als Gesamtschuldner hafteten. Nach § 426 Abs. 1 BGB sind Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist für eine anderweitige Bestimmung i.S. dieser Vorschrift keine besondere Vereinbarung der Beteiligten erforderlich; sie kann sich vielmehr aus dem Inhalt und Zweck eines zwischen den Gesamtschuldnern bestehenden Rechtsverhältnisses oder „aus der Natur der Sache“ ergeben, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens (Senatsurteile vom 30. November 1994 – XII ZR 59/93 – FamRZ 1995, 216, 217 m.w.N.; vom 11. Mai 2005 – XII ZR 289/02 – FamRZ 2005, 1236, 1237 und vom 26. September 2007 – XII ZR 90/05 – FamRZ 2007, 1975, 1976). Bis zum Scheitern der Ehe kann somit eine anderweitige Bestimmung aus dem Umstand folgen, dass das Gesamtschuldverhältnis durch die eheliche Lebensgemeinschaft überlagert wurde. Für die Zeit danach kommt es für einen Ausgleichsanspruch darauf an, ob nunmehr die in § 426 Abs. 1 BGB für den Regelfall angeordnete hälftige Haftung eingreift oder ob – anstatt der ehelichen Lebensgemeinschaft – andere Umstände vorliegen, aus denen sich erneut eine anderweitige Bestimmung und damit ein vom Regelfall abweichender Verteilungsmaßstab ergibt (so etwa Senatsurteil vom 26. September 2007 – XII ZR 90/05 – FamRZ 2007, 1975, 1976).
2. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Parteien hätten eine abweichende Bestimmung, nach der die Darlehensverbindlichkeiten vom Kläger allein zu tragen seien, dadurch getroffen, dass sie in dem über den Trennungs- und Kindesunterhalt geführten Rechtsstreit übereinstimmend die monatlichen Kreditraten von dem Einkommen des Klägers in Abzug gebracht hätten. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt: Da die Parteien während des gesamten Unterhaltsrechtsstreits von diesem Berechnungsansatz ausgegangen seien, müsse dieser auch in den Vergleich eingeflossen sein. Insoweit sei nicht von Bedeutung, dass nur der Kindesunterhalt für die Zukunft vergleichsweise geregelt worden sei, während künftiger Ehegattenunterhalt aus anderweitigen Erwägungen, nämlich wegen der Einkünfte der Beklagten aus der Vermietung eines Mehrfamilienhauses, nicht in Betracht gekommen sei. Sofern die Berücksichtigung von Darlehensraten beim Unterhaltspflichtigen zu einer Minderung seiner Leistungsfähigkeit in Bezug auf den von ihm zu erbringenden Kindesunterhalt führe, müsse dies durch eine gesteigerte Leistungspflicht des anderen Elternteils ausgeglichen werden. Die Regelung der finanziellen Beziehungen der Ehegatten dürfe sich nicht zu Lasten der unterhaltsberechtigten Kinder auswirken, die im Verhältnis zu beiden Eltern Anspruch auf ungeschmälerten Unterhalt hätten. Zu einer entsprechenden Kompensation sei der andere Elternteil aber nur in der Lage, wenn seine Leistungsfähigkeit nicht durch eine Ausgleichspflicht nach § 426 Abs. 1 BGB verringert werde. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Berechnungsweise tatsächlich zu einer Verringerung der Unterhaltspflicht geführt habe. Denn der Unterhaltspflichtige könne sich nicht einseitig von der konkludent geschlossenen Vereinbarung der Darlehenstilgung durch ihn allein lösen.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
3. Wie der Senat bereits entschieden hat, liegt eine anderweitige Bestimmung, die die grundsätzliche Haftung von Gesamtschuldnern zu gleichen Teilen im Innenverhältnis verdrängt, dann nahe, wenn die alleinige Schuldentilgung durch einen der getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten bei der Berechnung des dem anderen zustehenden Unterhalts bereits berücksichtigt wurde. Denn dies führt zu einer dem hälftigen Schuldenabtrag nahezu entsprechenden Reduzierung des Unterhalts und damit wirtschaftlich zu einer mittelbaren Beteiligung des Unterhaltsberechtigten am Schuldenabtrag. Ist es zu einer Unterhaltsberechnung unter Berücksichtigung der Kreditraten gekommen, sei es einverständlich, sei es aber auch durch Urteil, so kann darin eine anderweitige Bestimmung gesehen werden, die Ausgleichsansprüche nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ausschließt (Senatsurteile vom 11. Mai 2005 – XII ZR 289/02 – FamRZ 2005, 1236, 1237 und vom 26. September 2007 – XII ZR 90/05 – FamRZ 2007, 1975, 1976 m.w.N.).
4. Damit nicht vergleichbar ist aber der Fall, dass eine vom Unterhaltsschuldner allein getragene Gesamtschuld bei der Bemessung des Kindesunterhalts berücksichtigt wird. Es handelt sich insoweit schon nicht um wechselseitige Ansprüche der Ehegatten. Abgesehen davon wird durch diese Vorgehensweise im Ergebnis keine nahezu hälftige Aufteilung der Schuldentilgung unter den Ehegatten herbeigeführt. Denn eine gegebenenfalls erfolgende Eingruppierung des Unterhaltsschuldners in eine niedrigere Einkommensgruppe der Unterhaltstabellen führt nur in eingeschränktem Umfang zu einem reduzierten Kindesunterhalt und deshalb regelmäßig nicht zu einem angemessenen wirtschaftlichen Äquivalent für die alleinige Belastung mit der Gesamtschuld. Im Übrigen entfällt bei dieser Fallgestaltung aber auch die mittelbare Beteiligung des anderen Ehegatten an der Schuldentilgung. Er braucht keine Kürzung seines Unterhalts hinzunehmen, hat aber – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – auch den reduzierten Kindesunterhalt grundsätzlich nicht auszu-gleichen. Den bei ihm lebenden Kindern ist er nicht barunterhaltspflichtig, sondern er erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt der Kinder beizutragen, in der Regel durch deren Pflege und Erziehung (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Im Hinblick darauf kann in der Berücksichtigung der vom Unterhaltsschuldner getragenen Gesamtschulden bei der Bemessung des Kindesunterhalts regelmäßig keine anderweitige Bestimmung gesehen werden, die Ausgleichsansprüche nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ausschließt (Senatsurteil vom 26. September 2007 – XII ZR 90/05 – FamRZ 2007, 1975, 1976 m.w.N.).
5. Das angefochtene Urteil kann danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Es erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig.
a) Ob in dem gerichtlichen Vergleich, soweit er den Trennungsunterhalt betrifft, eine konkludente anderweitige Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB gesehen werden kann, hängt maßgeblich davon ab, ob die Regelung zu einer dem hälftigen Schuldenabtrag nahezu entsprechenden Kürzung des Unterhalts und damit zu einer mittelbaren Beteiligung der Beklagten am Schuldenabtrag geführt hat. Das hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es hat lediglich ausgeführt, für die Zukunft sei kein Trennungsunterhalt vereinbart worden, weil die Beklagte über Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verfügt habe. Wie sich die unterhaltsrechtliche Situation im Einzelnen dargestellt hat, ist weder hieraus noch aus dem Vergleich zu entnehmen, nach dem der Kläger zur Abgeltung des Anspruchs der Beklagten auf Trennungsunterhalt einen Gesamtbetrag von 600 DM zu zahlen hat.
b) Soweit die Beklagte davon abgesehen hat, nachehelichen Unterhalt gerichtlich geltend zu machen, kommt es für die Frage, ob hierin eine anderweitige Bestimmung liegen kann, zunächst darauf an, ob solche Ansprüche, und zwar ohne Berücksichtigung der die Leistungsfähigkeit des Klägers mindernden Schuldentilgung, überhaupt bestanden hätten. Ob bejahendenfalls eine stillschweigende Vereinbarung dahingehend angenommen werden kann, dass die Unterhaltsansprüche im Hinblick darauf nicht geltend gemacht werden, dass der Kläger die Darlehensschulden allein tilgt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden (vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 2005 – XII ZR 289/02 – FamRZ 2005, 1236, 1237). Umstände, die eine entsprechende Beurteilung zuließen, sind indessen ebenfalls nicht festgestellt worden.
c) Das Berufungsgericht hat keine anderweitige Bestimmung in der Behandlung der Darlehensverbindlichkeiten im Zugewinnausgleichsverfahren gesehen. Der Kläger habe die Darlehensschuld nur zur Hälfte von seinem Endvermögen abgesetzt, während die Beklagte die gemeinsamen Kreditverbindlichkeiten bei der Ermittlung ihres Endvermögens nicht berücksichtigt habe. Daraus könne ohne weitere, hier aber nicht ersichtliche Indizien nicht geschlossen werden, die Parteien seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Darlehensschulden im Innenverhältnis vom Kläger allein zu tragen seien.
Das begegnet aus Rechtsgründen keinen Bedenken.
Soweit bei Zustellung des Scheidungsantrags als Stichtag für die Berechnung des Endvermögens (§ 1384 BGB) gemeinsame Verbindlichkeiten der Ehegatten noch nicht getilgt sind, ist im Endvermögen beider Ehegatten jeweils die noch bestehende Gesamtschuld in voller Höhe als Passivposten zu berücksichtigen. Demgegenüber ist – die Durchsetzbarkeit vorausgesetzt – der jeweilige Ausgleichsanspruch gegen den anderen Ehegatten, der die Befriedigung des Gläubigers nicht voraussetzt, bei beiden als Aktivposten anzusetzen. Im Ergebnis hat das regelmäßig zur Folge, dass Ehegatten, die als Gesamtschuldner haften, die gemeinsamen Verbindlichkeiten bei ihrem Endvermögen jeweils nur mit der Quote absetzen können, die im Innenverhältnis auf sie entfällt (BGHZ 87, 265, 273 f.).
Im vorliegenden Fall, in dem der Kläger lediglich die Hälfte der noch offenen Gesamtschuld bei der Ermittlung seines Endvermögens in Abzug gebracht hat, hat er im Ergebnis den ihm aus seiner Sicht zustehenden (hälftigen) Ausgleichsanspruch berücksichtigt. Selbst wenn die Beklagte ihrerseits die Gesamtschuld bei der Berechnung ihres Endvermögens nicht abgesetzt haben sollte, lässt sich der jeweiligen Berechnung jedenfalls keine stillschweigende Vereinbarung des Inhalts entnehmen, dass der Kläger die Verbindlichkeiten im Innenverhältnis alleine zu tragen habe. Sonstige Anhaltspunkte, die hierfür sprechen könnten, hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht.
6. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird der Behauptung der Beklagten nachzugehen haben, die Parteien hätten bei Abschluss der Darlehensverträge ausdrücklich vereinbart, dass der Kläger die Kredite allein tilge. Im weiteren Verfahren wird die Beklagte auch Gelegenheit haben, ihr Vorbringen dazu, wie sich die einkommensmindernde Berücksichtigung der Kreditraten auf die vergleichsweise Regelung ihres Anspruchs auf Trennungsunterhalt ausgewirkt hat, zu spezifizieren (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast Senatsurteile vom 25. November 1987 – IVb ZR 95/86 – FamRZ 1988, 264 und vom 11. Mai 2005 – XII ZR 289/02 – FamRZ 2005, 1236, 1237).
BGH, Urteil vom 09.01.2008
XII ZR 184/05