BGH: Aufnahme eines Lebensgefährten in eine Mietwohnung bedarf der Erlaubnis des Vermieters

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. November 2002 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 24. Mai 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin hat von der Beklagten eine Wohnung in dem Anwesen V. strasse in F. gemietet, die sie zunächst allein bewohnte. Mit Schreiben vom 7. Januar 2002 teilte sie der Beklagten mit, dass sie Herrn R. S. in die Wohnung aufnehmen und ihm den Mitgebrauch überlassen wolle. Der Aufforderung der Beklagten, ihr das Geburtsdatum und die frühere Anschrift des Herrn S. mitzuteilen, kam die Klägerin nicht nach. In der Folgezeit nahm sie Herrn S. zur Bildung eines auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushaltes in ihre Wohnung auf.

Die Klägerin hat beim Amtsgericht Klage auf Feststellung erhoben, dass sie berechtigt sei, ohne die Erlaubnis der Beklagten den Gebrauch der von der Beklagten gemieteten Wohnung ihrem Lebenspartner, Herrn R. S. , mit zu überlassen.

Sie macht geltend, Herr S. sei ihr Lebenspartner und als solcher nicht „Dritter“ im Sinne der §§ 540, 553 BGB. Für den Mitgebrauch der Wohnung durch ihn bedürfe sie daher weder der Erlaubnis der Beklagten, noch sei sie aus sonstigen Gründen verpflichtet, der Beklagten das Geburtsdatum und die frühere Anschrift ihres Mitbewohners mitzuteilen.

Die Beklagte hält die Klage für unbegründet. Sie meint, auch dann, wenn es sich bei Herrn S. um den Lebensgefährten der Klägerin handele, bedürfe diese für seine Aufnahme in die Wohnung der Erlaubnis der Vermieterin nach § 553 BGB. Selbst wenn man dies für entbehrlich halte, treffe den Mieter jedenfalls eine Anzeigepflicht, die sich auch auf die frühere Anschrift und das Geburtsdatum des Lebensgefährten erstrecke.

Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage stattgegeben und die begehrte Feststellung ausgesprochen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

Gründe

I.

Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Feststellungsklage sei zulässig und begründet. Zwar handele es sich auch bei der Einräumung des bloßen Mitgebrauchs an einer Wohnung begrifflich um eine Gebrauchsüberlassung mit der Folge, dass der Anwendungsbereich sowohl des § 8 Ziff. 1 a des Mietvertrages als auch des § 540 Abs. 1 BGB eröffnet sei. Der Lebensgefährte der Klägerin sei jedoch nicht „Dritter“ im Sinne dieser Bestimmungen. Diese in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittene Frage sei dahin zu beantworten, dass alle diejenigen keine Dritten seien, die vom Mieter zum Zwecke einer gemeinschaftlichen Haushaltsführung und Lebensplanung in die Wohnung aufgenommen würden. Einer institutionellen Verfestigung durch Eheschließung oder Gründung einer Lebenspartnerschaft bedürfe es nicht, da die Form, in der Lebensgefährten ihre auf Dauer angelegte Gemeinschaft vollziehen, Teil ihrer Privatsphäre sei und zum Kern ihres Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gehöre. Auch die berechtigten Interessen des Vermieters verlangten eine Erlaubnispflicht nicht; gegen einen etwaigen vertragswidrigen Gebrauch der Wohnung durch den Lebensgefährten sei der Vermieter durch die Möglichkeit einer Kündigung hinreichend geschützt.

Die Klägerin treffe auch keine mietvertragliche Nebenpflicht zur Bekanntgabe der von der Beklagten geforderten persönlichen Daten. Die Beklagte habe keinen Anlass, über den neuen Mitbewohner Auskünfte bei Behörden oder anderen Institutionen einzuziehen; ein Schuldnerwechsel finde nicht statt.

II.

Diese Erwägungen halten der rechtlichen Prüfung nicht stand.

1.

Gegen die vom Landgericht bejahte Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen keine Bedenken (§ 256 ZPO). Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwände.

2.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Rüge der Revision durchgreift, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass die Beklagte die Behauptung der Klägerin, Herr S. sei ihr Lebensgefährte, bestritten habe; denn auch wenn letzteres zutrifft, bedarf die Klägerin der Erlaubnis der Beklagten gemäß §§ 540 Abs. 1, 553 BGB.

a) Die Frage, ob der Lebensgefährte eines Mieters als „Dritter“ anzusehen ist, für dessen Aufnahme in die Wohnung die Erlaubnis des Vermieters erforderlich ist, war bereits vor Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes umstritten. Teilweise wurde in Rechtsprechung und Schrifttum die Auffassung vertreten, die Aufnahme eines Lebensgefährten in die Wohnung zur Bildung einer auf Dauer angelegten Gemeinschaft gehöre – ähnlich wie beim Ehegatten oder sonstigen nahen Familienangehörigen – zum persönlichen Lebensbereich des Mieters und sei von dem Recht zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung umfasst. Der Lebensgefährte sei nicht „Dritter“ im Sinne des § 549 BGB (a.F.), seine Mitbenutzung der Wohnung bedürfe daher nicht der Erlaubnis des Vermieters. Eine Unterscheidung zwischen Ehegatten und Personen, die in einer eheähnlichen Beziehung zusammenlebten, sei auch im Hinblick auf die gewandelten sozialen Anschauungen nicht mehr gerechtfertigt (vgl. z.B. LG Hamburg, WuM 1980, 255; LG Aachen, WuM 1989, 372; Lammel, Wohnraummietrecht (1. Aufl.), § 535 Rdnr. 62 und § 549 Rdnr. 4, ebenso nunmehr in der 2. Aufl., § 540 Rdnr. 5, 6; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., II Rdnr. 238, 239). Für den Zeitraum nach dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149) am 1. September 2001 wird als weiteres Argument angeführt, der Gesetzgeber habe durch die Neufassung der an die Stelle des bisherigen § 569a BGB getretenen Bestimmungen des § 563 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB, die ein Eintrittsrecht des gleichgeschlechtlichen Lebenspartners und des (nichtehelichen) Lebensgefährten in den Mietvertrag bei Tod des Mieters vorsähen, die rechtliche Stellung des Lebenspartners bzw. Lebensgefährten derjenigen des Ehegatten angenähert; die frühere Differenzierung zwischen Ehegatten und nichtehelichen Lebensgefährten könne deshalb nicht mehr aufrecht erhalten werden (Haas, Das neue Mietrecht, Erläuterung zu § 553, Rdnr. 1; Lützenkirchen, Neue Mietrechtspraxis, Rdnr. 515; Schmidt-Futterer/ Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 540 Rdnr. 30 unter Aufgabe der noch in der Vorauflage vertretenen Ansicht).

b) Demgegenüber handelt es sich nach der – jedenfalls bislang – herrschenden Meinung bei dem Lebensgefährten des Mieters um einen „Dritten“ im Sinne des § 549 BGB a.F., an dessen Stelle durch das Mietrechtsreformgesetz § 540 BGB als Grundsatzvorschrift und § 553 BGB – entsprechend der Systematik des reformierten Mietrechts – als Spezialvorschrift für die Wohnungsmiete getreten sind.

In der Entscheidung BGHZ 92, 213 ist der Senat – allerdings ohne nähere Unterscheidung zwischen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft und einer „einfachen“ Wohngemeinschaft – davon ausgegangen, dass beide Formen des Zusammenlebens unter den Erlaubnisvorbehalt des § 549 BGB (a.F.) fallen. In seinem Urteil vom 15. Mai 1991 (VIII ZR 38/90, NJW 1991, 1750 = WM 1991, 1306 unter II 2 a = BGHR BGB § 549 Abs. 1, Erlaubnis 2) hat er die vom damaligen Berufungsgericht angenommene Beschränkung der Erlaubnisfreiheit auf die Aufnahme von Familienangehörigen des Mieters gebilligt. Die Rechtsprechung der Obergerichte zu § 549 a.F. ging gleichfalls überwiegend davon aus, dass die Aufnahme eines Lebensgefährten in die Mietwohnung nicht zum vertragsgemäßen – und deshalb erlaubnisfreien – Gebrauch der Wohnung zählte (OLG Hamm, NJW 1982, 2876 und WuM 1991, 668; OLG Hamburg, NJW-RR 1988, 1481, 1482; vgl. auch BayObLG, WuM 1984, 13; OLG Schleswig, WuM 1992, 674, 677; ebenso die h.M. in der Literatur: Blank/Börstinghaus, Miete, § 549 (a.F.), Rdnr. 19; Bub/Treier/Kraemer, Handbuch der Geschäftsund Wohnraummiete, 3. Aufl., III A Rdnr. 1011; Bub/Treier/Grapentin, aaO, IV Rdnr. 217 a.E.; MünchKomm/Voelskow, 3. Aufl., § 549 Rdnr. 10; Staudinger/ Emmerich, 13. Bearb. 1995, § 549 Rdnr. 9; Schmidt-Futterer/Blank, 7. Aufl., § 549 Rdnr. 25).

3. Der Senat hält an der bereits früher vertretenen Auffassung auch für den jetzigen Rechtszustand fest; durch das Mietrechtsreformgesetz hat sich die Gesetzeslage insoweit nicht geändert (ebenso Blank/Börstinghaus, Neues Mietrecht, § 540 Rdnr. 2; Palandt/Weidenkaff, BGB, 62. Aufl., § 540 Rdnr. 5).

a) Auszugehen ist nach wie vor von dem Grundsatz, dass der Mieter ohne Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt ist, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dem Lebensgefährten, der von dem Mieter in die Wohnung aufgenommen wird, wird der Gebrauch der Mietsache eingeräumt. Die früher vielfach vorgenommene Unterscheidung zwischen „selbständigem“ und „unselbständigem“ Gebrauch mit der Folge, dass der Lebensgefährte des Mieters von vornherein nicht als Dritter im Sinne des § 549 BGB a.F. galt, hat bereits das OLG Hamm in seinem Rechtsentscheid vom 17. August 1982 (NJW 1982, 2876) für die hier zu entscheidende Rechtsfrage zu Recht und mit überzeugender Begründung aufgegeben. Daher ist zunächst jede Person, die nicht Partei des Mietvertrages ist, „Dritter“ im Sinne des § 540 BGB; hiervon ausgenommen sind nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift ebenso wie schon unter der Geltung des § 549 BGB a.F. die Familie des Mieters wegen ihrer engen, unter dem ausdrücklichen Schutz der Verfassung (Art. 6 GG) stehenden persönlichen Beziehung und – mit Rücksicht auf ihren nur kurzen Aufenthalt – Besucher des Mieters. Im übrigen gilt jedoch, dass andere Personen als der Mieter unter den grundsätzlichen Erlaubnisvorbehalt auch des jetzigen § 540 Abs. 1 Satz 1 BGB (§ 549 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.) fallen.

b) Die Reform des Mietrechts durch das Gesetz vom 19. Juni 2001 gibt keinen Anlass zu einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung des Senats. Der Wortlaut der einschlägigen Bestimmung ist – von dem nur sprachlich angepassten Begriff der „Mietsache“ anstelle der „gemieteten Sache“ abgesehen unverändert geblieben. Auch der Gesetzgeber ist in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 553 BGB, der als Sondervorschrift für die Wohnungsmiete an die allgemeine Vorschrift des § 540 BGB über die Gebrauchsüberlassung an Dritte anschließt, ausdrücklich davon ausgegangen, dass der Mieter für „die Aufnahme seines Lebenspartners zum Zwecke der Bildung oder Fortführung eines auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalts“ der Erlaubnis des Vermieters bedarf (BT-Drucks. 14/4553 S. 49; vgl. Haas aaO S. 142). Die §§ 540, 553 BGB in der Fassung des Regierungsentwurfs sind im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht geändert worden; zu eigenen Anmerkungen hat insbesondere auch der Rechtsausschuss des Bundestages keinen Anlass gesehen (vgl. Haas aaO S. 111, 142, 402, 407).

Allerdings hat das Mietrechtsreformgesetz die Rechtsstellung des Lebensgefährten insofern gestärkt, als § 563 BGB nunmehr ausdrücklich den Eintritt des Partners in den Mietvertrag bei Tod des Mieters vorsieht, und zwar sowohl für den Partner einer homosexuellen Lebenspartnerschaft (§ 563 Abs. 1 Satz 2 BGB) als auch für sonstige Lebensgefährten (§ 563 Abs. 2 Satz 4 BGB; vgl. dazu auch Ziff. 3 der Begründung zu § 563 Abs. 2 Satz 2 BGB des Regierungsentwurfs [§ 563 Abs. 2 Satz 4 des Gesetzes], BT-Drucks. 14/4553 S. 62; vgl. Haas aaO S. 215; Schmidt-Futterer/Gather, 8. Aufl., § 563 Rdnr. 29). Diese Regelung geht über den Geltungsbereich des § 569a BGB a.F., an dessen Stelle § 563 BGB getreten ist, hinaus. Die ihr zu Grunde liegende allgemeine Wertentscheidung des Mietrechtsreformgesetzes rechtfertigt es jedoch entgegen einer im Schrifttum verbreiteten Ansicht (Haas aaO, § 553 Erl. Rdnr. 1; Lützenkirchen aaO, Rdnr. 515; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 540 Rdnr. 30) nicht, abweichend vom konkret geäußerten Willen des Gesetzgebers (Begründung zu § 553 BGB des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 14/4553 S. 49; vgl. Haas aaO S. 142) den Lebensgefährten im Rahmen des § 553 BGB dem Ehegatten oder dem Lebenspartner im Sinne des § 1 Abs. 1 LPartG gleichzustellen. Wenn der Gesetzgeber eine solche Gleichstellung gewollt hätte, hätte es sich ihm – angesichts der ihm bekannten höchstrichterlichen Rechtsprechung – aufgedrängt, eine der Vorschrift des § 563 Abs. 2 Satz 4 BGB entsprechende Bestimmung zur Klarstellung auch in § 553 BGB aufzunehmen. Zudem unterscheidet der Gesetzgeber in § 563 Abs. 2 BGB zwischen dem Lebensgefährten und dem Ehegatten bzw. Lebenspartner insofern, als der Lebensgefährte nur dann in das Mietverhältnis eintritt, wenn letztere die Wohnung nicht übernehmen. Der Lebensgefährte wird also nur nachrangig berücksichtigt.

Im übrigen besteht zwischen den beiden Fallgestaltungen, die von § 540 und § 563 BGB erfasst werden, ein Unterschied in tatsächlicher Hinsicht, der auch eine rechtliche Differenzierung rechtfertigt. Die Situation bei der Aufnahme eines Lebensgefährten in die gemietete Wohnung zur Bildung einer auf Dauer angelegten Beziehung ist mit der Lage, die sich für einen nichtehelichen Lebensgefährten nach dem Tod des Mieters ergibt, nicht ohne weiteres zu vergleichen. Es macht einen Unterschied, ob der gemeinsame Haushalt in einer vom Mieter zunächst allein genutzten Wohnung erst begründet werden soll oder ob der Partner dort bereits – möglicherweise jahrelang – gemeinsam mit dem Mieter seinen eigenen Lebensmittelpunkt gehabt hat, den er nunmehr aufgeben müsste. Dass ein Partner in dieser Lage einen stärkeren Schutz verdient als derjenige, der bisher nicht am Gebrauch der Wohnung teilgenommen hat, liegt auf der Hand.

c) Das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) und das daraus hergeleitete Recht auf ungehinderte Gestaltung des persönlichen Lebensbereiches innerhalb der Wohnung gebieten es gleichfalls nicht, die von der bisherigen herrschenden Meinung entwickelten Grundsätze über den vom Erlaubnisvorbehalt des § 540 BGB (§ 549 BGB a.F.) ausgenommenen Personenkreis auf den Lebensgefährten auszudehnen. Insbesondere greift es zu kurz, wenn darauf abgestellt wird, dem Grundrecht des Mieters auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit stehe „nur die Eigentumsgarantie“ des Vermieters gegenüber (so aber Sternel aaO, II Rdnr. 240). Der Mieter – und mittelbar auch sein (künftiger) Lebensgefährte – sind durch die Vorschrift des § 553 Abs. 1 BGB (§ 549 Abs. 2 BGB a.F.) vor willkürlicher Versagung der Erlaubnis des Vermieters hinreichend geschützt.

Nach § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB steht dem Mieter, der ein berechtigtes Interesse an der Aufnahme des Dritten in seine Wohnung hat, ein Anspruch auf Erlaubnis gegen den Vermieter zu. Schon bisher war in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass für die Geltendmachung eines berechtigten Interesses im Sinne des gleichlautenden § 549 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. die nachvollziehbare Darlegung vernünftiger Gründe für die Bildung einer Wohngemeinschaft oder einer ähnlichen Form des Zusammenlebens genügte (vgl. z.B. Senatsurteil BGHZ 92, 213, 218 f; Schmidt-Futterer/Blank, 7. Aufl., § 549 Rdnr. 25 und die dort angeführten Entscheidungen; Bub/Treier/Grapentin aaO Rdnr. 218). Vor dem Hintergrund der gerade in der jüngsten Vergangenheit gewandelten sozialen Anschauungen über heterooder homosexuelle Lebensgemeinschaften und der darauf beruhenden Wertentscheidungen des Mietrechtsreformgesetzes ist der – nicht näher zu begründende, weil auf höchstpersönlichen Motiven beruhende – Wunsch des Mieters, eine solche Gemeinschaft zu bilden oder fortzusetzen, in aller Regel für die Darlegung eines berechtigten Interesses an der Aufnahme des Dritten in die Wohnung ausreichend. Stützt der Mieter mithin gegenüber dem Vermieter sein Anliegen auf eine derartige Absicht, hat er einen klagbaren Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis, die der Vermieter nur dann versagen kann, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann (§ 553 Abs. 1 BGB). Die Vorschriften der §§ 540, 553 BGB gewährleisten einen angemessenen Ausgleich zwischen den berechtigten Belangen sowohl des Mieters als auch des Vermieters; sie greifen weder in das Persönlichkeitsrecht des Mieters noch in das Eigentumsrecht des Vermieters über Gebühr ein. Einer – vom Gesetzgeber nicht gewollten – Ausdehnung des privilegierten Personenkreises, der, obwohl nicht Partei des Mietvertrages, von vornherein nicht zu den „Dritten“ im Sinne der §§ 540, 553 BGB zählt, bedarf es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht.

4. Benötigt die Klägerin somit für die Mitnutzung der Wohnung durch Herrn S. die Erlaubnis der Beklagten nach §§ 540 Abs. 1, 553 Abs. 1 Satz 1 BGB, so ist ihre Klage mit dem Ziel der Feststellung, dass sie ohne Erlaubnis der Beklagten berechtigt sei, den Gebrauch des gemieteten Wohnraumes ihrem Lebenspartner mit zu überlassen, unbegründet. Weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf es für diese Entscheidung nicht. Die Frage, ob und in welchem Umfang die Beklagte von der Klägerin vor Erteilung der Erlaubnis nähere Angaben zur Person des Herrn S. verlangen kann, ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

III.

Auf die Revision der Beklagten ist daher das angefochtene Urteil dahin aufzuheben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 24. Mai 2002 ist mit der – klarstellenden – Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 3 ZPO).

BGH, Urteil vom 05.03.2003
VIII ZR 371/02

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