a) Geschäftsgrundlage einer im Zuge der Trennung erfolgten Zuwendung (hier: Schenkung) unter Ehegatten kann auch die leibliche Abstammung eines Kindes vom Ehemann sein, wenn dessen Zuwendung auch dazu bestimmt war, entweder unmittelbar oder mittelbar den Unterhaltsbedarf des Kindes zu befriedigen.
b) Das Verschweigen der möglichen Nichtvaterschaft des Ehemannes zum Kind durch die Ehefrau kann eine Anfechtung einer schenkweisen Zuwendung wegen arglistiger Täuschung begründen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 15. Februar 2012 – XII ZR 137/09 – FamRZ 2012, 779).
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. Januar 2009 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten im vorliegenden Verfahren wie im vor dem Senat geführten Parallelverfahren (XII ZR 203/09) um die Rückabwicklung von Vermögenszuwendungen, die der Kläger (im Folgenden: Ehemann) während der Ehe an die Beklagte (im Folgenden: Ehefrau) erbrachte.
Die Parteien heirateten im Mai 1990. In einem vor der Eheschließung abgeschlossenen Ehevertrag hatten sie Gütertrennung vereinbart und den Versorgungsausgleich sowie nacheheliche Unterhaltsansprüche weitgehend ausgeschlossen. Die bei der Eheschließung vermögenslose Ehefrau gab ihre Berufstätigkeit als technische Assistentin auf und widmete sich der Haushaltsführung. Der Ehemann, der alkoholkrank und aufgrund eines Verkehrsunfalls schwerbehindert ist, ging ebenfalls keiner Erwerbstätigkeit nach. Die Parteien lebten vom Vermögen des Ehemanns, welches dieser im Wert von rund 10.000.000 DM geerbt hatte. Im Dezember 1991 gebar die Ehefrau einen Sohn.
Die Parteien trennten sich im September 2003. Die Ehe wurde auf den im Mai 2004 zugestellten Scheidungsantrag im Juni 2006 rechtskräftig geschieden. Der Ehemann hat seine Vaterschaft zu dem Sohn angefochten. Durch inzwischen rechtskräftiges Urteil wurde festgestellt, dass er nicht der Vater des Kindes ist.
Der Ehemann begehrt die Zahlung von 270.000 € sowie 80.000 € wegen zweier von der Ehefrau vor allem aus seinen Mitteln erworbener Immobilien. Im Jahr 2001 erwarb sie eine Eigentumswohnung zum Preis von 103.000 DM, welche sie später für 80.000 € verkaufte. Ein Hausgrundstück in München erwarb die Ehefrau im Mai 2002 und zog dort mit dem Sohn nach der Trennung ein. Der Ehemann verlangt insoweit den von ihm geleisteten Beitrag von 270.000 € zurück, hilfsweise verlangt er die Übereignung des Grundstücks. Er hat sich darauf berufen, dass er die Zuwendungen ausschließlich in der Erwartung gemacht habe, die eheliche Lebensgemeinschaft werde Bestand haben, und dass nach der Trennung die Geschäftsgrundlage entfallen sei. Nachdem ein im Vaterschaftsprozess vor dem Familiengericht eingeholtes Gutachten ergeben hat, dass er nicht der leibliche Vater des Kindes ist, hat er die Anfechtung der Zuwendungen wegen arglistiger Täuschung erklärt, ferner hat er die Zuwendungen als etwaige Schenkungen wegen groben Undanks widerrufen. Hinsichtlich der hilfsweise beantragten Übereignung des Grundstücks beruft er sich darauf, dass wegen offener Gerichtskosten eine Zwangshypothek eingetragen wurde und die Ehefrau wegen Verstoßes gegen das vertraglich vereinbarte Verbot, das Grundstück zu belasten, zu dessen Übertragung an ihn verpflichtet sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Ehemanns zurückgewiesen. Dagegen richtet sich dessen vom Senat zugelassene Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Ehemanns hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in FamRZ 2009, 1831 veröffentlicht ist, ist eine Rückforderung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht begründet. Zwar sei diese grundsätzlich möglich, sofern kein güterrechtlicher Ausgleich nach dem gesetzlichen Güterstand erfolge. Auch bestünden Bedenken gegen die Wirksamkeit des Ehevertrages, weil sich im Scheidungsfall eine einseitige Lastenverteilung zum Nachteil der Ehefrau aufdränge. Die Frage könne jedoch dahinstehen, weil die Voraussetzungen einer Rückforderung nicht vorlägen. Die Geldzuwendungen des Ehemanns könnten nicht als ehebezogene Zuwendungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs qualifiziert werden. Die Ehefrau habe die Zuwendung im Gegensatz zu anderen in der Ehezeit von den Parteien gemeinsam erworbenen Immobilien dazu verwendet, an der Eigentumswohnung in Augsburg und dem Anwesen in München Alleineigentum zu erwerben. Das sei mit Wissen und Billigung des Ehemanns geschehen. Dass dieser hierbei die Vorstellung oder Erwartung gehegt habe, die eheliche Lebensgemeinschaft werde Bestand haben und er werde innerhalb dieser Gemeinschaft am Vermögenswert der Immobilien weiter teilhaben, habe er weder schlüssig vorgetragen noch unter Beweis gestellt. Die tatsächlichen Umstände deuteten eher auf eine unentgeltliche Zuwendung im Sinne echter Freigebigkeit hin. Die Ehefrau sei zum Zeitpunkt der Zuwendungen vermögenslos sowie ohne eigenes Einkommen gewesen und habe sich ausschließlich um Haushalt und Familie gekümmert. Ausweislich des Ehevertrages habe sie keinerlei Absicherung oder Auskommen gehabt. Nach der Erbschaft des Ehemanns im Wert von ca. 10.000.000 DM habe es vor dem Hintergrund der wirtschaftlich unsicheren Situation der Ehefrau und der zu erwartenden Probleme, nach langjähriger Pause wieder eine Berufstätigkeit aufzunehmen, nahe gelegen, die Ehefrau zumindest in gewissem Umfang abzusichern und diese Zuwendung gerade nicht vom Fortbestand der Ehe abhängig zu machen. Diese Annahme rechtfertige sich insbesondere in Abgrenzung zu den von den Parteien anderweit getroffenen Vermögensanlagen. Die bloße Behauptung der Ehebezogenheit durch den Ehemann sei für deren positive Feststellung nicht ausreichend.
Etwas anderes rechtfertige sich auch nicht daraus, dass die Zuwendungen möglicherweise Vermögensteile vor der Verschwendung durch den Ehemann retten sollten. Dies sei vielmehr gerade geeignet gewesen, das Absicherungsbedürfnis für die Ehefrau „durch eigenes, unbedingtes Eigentum“ herauszustellen. Soweit der Ehemann hinsichtlich des Objekts in München auf eine Klausel im notariellen Vertrag verweise, nach der die Ehefrau einem Veräußerungs- und Belastungsverbot unterliege und ihm im Fall des Verstoßes ein Übertragungsanspruch zustehe, manifestiere gerade dies die Absicht, die Ehefrau dauerhaft gesichert wissen zu wollen. Dass kein Übertragungsanspruch für den Fall der Scheidung aufgenommen worden sei, mache deutlich, dass es dem Ehemann auf einen dauerhaften Verbleib des Eigentums bei der Ehefrau angekommen sei. Ein diesbezügliches Regelungsbedürfnis hätte sich aufgedrängt, weil die Ehe der Parteien, was der Ehemann nicht in Abrede stelle, in den Jahren 2001/2002 „am Ende“ gewesen sei.
Dessen ungeachtet habe der Ehemann nicht schlüssig dargetan, dass ihm ein Festhalten am gegenwärtigen Zustand nicht zuzumuten sei. Bei der Gesamtabwägung der Umstände sei ein Festhalten an der bestehenden Vermögensverteilung nicht unbillig, wofür zum einen das erhebliche ererbte Vermögen des Ehemanns zu berücksichtigen sei und zum anderen, dass der Ehefrau bei vollständiger Rückabwicklung weitgehend die wirtschaftliche Basis entzogen würde.
Die Frage der ehelichen Abstammung des Sohnes der Ehefrau könne dahinstehen, da dieser Umstand gleichfalls nicht Geschäftsgrundlage der Zuwendungen geworden sei. Die Ehefrau habe bestritten, dass die Zuwendungen im Zusammenhang mit dem Sohn gestanden hätten. Vielmehr sei es ausschließlich um ihre Absicherung als Ehefrau nach 11 Ehejahren gegangen. Die eheliche Abstammung möge Motiv bzw. einseitige Erwartung des Ehemanns bei seinen Zuwendungen gewesen sein, könnte als solche aber keine Geschäftsgrundlage bilden. Ein Schenkungswiderruf scheitere am fehlenden Widerrufsgrund, weil die eheliche Untreue der Schenkung vorausgegangen und nicht nachgefolgt sei. Die Anfechtung der Schenkungen wegen arglistiger Täuschung habe ebenfalls keinen Erfolg. Fraglich sei bereits, ob die Tatsache, dass der Ehemann nicht der Vater des in der Ehezeit geborenen Sohnes sei, im Kontext der Zuwendungen ungefragt offenbarungspflichtig gewesen sei. Dies könne jedoch ebenso offenbleiben wie die Frage der Ursächlichkeit, weil das Verschweigen nicht arglistig gewesen sei. Selbst wenn die Ehefrau im Zeitpunkt der Zuwendung zumindest damit gerechnet oder es billigend in Kauf genommen habe, dass der Ehemann nicht der Vater ihres Sohnes war, habe sie nicht damit rechnen oder es billigend in Kauf nehmen müssen, dass der Ehemann bei entsprechender Offenbarung die Zuwendungen nicht vorgenommen hätte. Der Ehemann habe selbst vorgetragen, dass die Ehe der Parteien in den Jahren der Zuwendungen „am Ende“ gewesen sei. Folglich hätte die Offenbarung eines 10 Jahre zurückliegenden Fehltritts und damit der – damals theoretischen – Möglichkeit, dass der Ehemann nicht der Vater des Sohnes sei, keinen entscheidenden Einfluss mehr auf den Fortgang der ohnedies zerrütteten Ehe gehabt.
Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Übertragung des Anwesens in München sei unbegründet, weil die Ehefrau das Grundstück nicht selbst belastet habe und die Eintragung einer Zwangshypothek dem nicht gleichstehe, weil die Ehefrau darauf keinen Einfluss gehabt habe.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lässt sich eine Rückforderung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage – hinsichtlich des Objekts in München – wie auch ein Bereicherungsanspruch nach Anfechtung der Zuwendungen wegen arglistiger Täuschung – hinsichtlich beider Objekte – nicht ausschließen.
Die Zuwendungen des Ehemanns bestanden darin, dass er durch seine Kaufpreiszahlungen die Ehefrau von deren Kaufpreisverpflichtungen befreite und zudem ein Ausgleich im Innenverhältnis der Ehegatten als Gesamtschuldner zumindest konkludent ausgeschlossen war.
1. Eine Rückforderung der Zuwendungen aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage lässt sich hinsichtlich des Objekts in München mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneinen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Geschäftsgrundlage die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (BGH Urteil vom 10. September 2009 VII ZR 152/08 – NZBau 2009, 771, 774; Senatsurteile vom 21. Juli 2010 XII ZR 180/09 – FamRZ 2010, 1626 Rn. 14 und vom 17. Februar 1993 XII ZR 232/91 – FamRZ 1993, 1047, 1048 jeweils mwN).
a) Das Berufungsgericht hat allerdings das Vorliegen einer ehebezogenen Zuwendung, die nach Scheidung der Ehe eine Rückforderung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage rechtfertigen könnte, mit Recht verneint.
Eine ehebezogene Zuwendung liegt vor, wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögenswert um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen lässt, wobei er die Vorstellung oder Erwartung hegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben und er innerhalb dieser Gemeinschaft am Vermögenswert und dessen Früchten weiter teilhaben werde. Darin liegt die Geschäftsgrundlage der Zuwendung (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsurteil BGHZ 142, 137 = FamRZ 1999, 1580 juris Rn. 23 mwN).
Im vorliegenden Fall wurden beide Immobilien erst angeschafft, als die Ehe der Parteien bereits gescheitert („am Ende“) war. Die Immobilien dienten demnach nicht der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft und sollten auch nicht mittelbar dem Ehemann zugute kommen. Demnach ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Zuwendungen gerade nicht vom Fortbestand der Ehe abhängig gemacht werden sollten, sondern dem Zweck dienten, die Ehefrau unabhängig von der Fortdauer der Ehe abzusichern.
b) Auch wenn eine Zuwendung im konkreten Fall nicht als ehebezogene Zuwendung, sondern, wie vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, als Schenkung zu werten ist, sind auf sie dennoch die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anwendbar (vgl. Senatsurteil BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 25 ff.; BGH Urteile vom 8. November 2002 – V ZR 398/01 -FamRZ 2003, 223 und vom 19. Januar 1999 – X ZR 60/97 – FamRZ 1999, 705, 707). Daher ist es auch unter weiteren Gesichtspunkten als der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft möglich, dass bestimmte Vorstellungen der Parteien von der Verwendung des zugewendeten Vermögensgegenstandes zur Geschäftsgrundlage erhoben werden. Voraussetzung ist hierfür allerdings, dass diese in den Geschäftswillen der Parteien aufgenommen werden und nicht bloß einseitige Erwartungen einer Partei darstellen (vgl. Palandt/Grüneberg BGB 71. Aufl. § 313 Rn. 9 mwN).
aa) Demnach lässt sich hinsichtlich des Objekts in München nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneinen, dass die leibliche Vaterschaft Geschäftsgrundlage der Zuwendung geworden ist. Das Berufungsgericht hat insoweit zwar die Ehebezogenheit sowie die beabsichtigte Rettung von Vermögensteilen vor Verschwendung durch den Ehemann in Betracht gezogen und jeweils zutreffend verneint. Die Abstammung hat das Berufungsgericht indessen zu Unrecht als lediglich einseitiges Motiv betrachtet, welches von der Ehefrau nicht in ihren Geschäftswillen aufgenommen worden sei. Es hat insoweit das Vorbringen des Ehemanns nicht berücksichtigt, dass er die Zuwendung unter anderem wegen seines vermeintlich leiblichen Sohnes tätigen wollte, und hat zudem vorliegende Anhaltspunkte in der Vertragsgestaltung außer acht gelassen.
Die Vorstellung des Ehemanns, dass er der leibliche Vater sei, war insoweit nicht bloß einseitiges Motiv für seine Zuwendung. Vielmehr bestehen aufgrund der gewählten Vertragsgestaltung deutliche Hinweise darauf, dass die Zuwendung und der durch sie ermöglichte Immobilienkauf auch dem Sohn zugute kommen sollte. Anhaltspunkte dafür ergeben sich daraus, dass aufgrund des im Kaufvertrag zu Gunsten des Ehemanns vereinbarten Veräußerungs- und Belastungsverbots die Ehefrau über das Hausgrundstück zu Lebzeiten des Ehemanns nicht verfügen darf. Nicht zuletzt auch in Anbetracht der beabsichtigten Nutzung durch die Ehefrau und deren Sohn liegt es nahe, dass das Hausgrundstück wenigstens mittelbar auch dem Sohn zur Nutzung dienen sollte und die Ehefrau in ihrer Verfügung auch insoweit nicht frei war. Wenngleich die Ehefrau nach der Vertragsgestaltung mit dem Tod des Ehemanns keinen Verfügungsbeschränkungen mehr unterliegen und die Zuwendung daher vorwiegend deren Unterhalt sichern sollte, war der Sohn jedenfalls mittelbar Begünstigter. Außerdem liegt es nahe, dass im Hinblick auf den Wohnbedarf neben dem (Betreuungs-) Unterhalt der Ehefrau auch der Kindesunterhalt teilweise gedeckt werden sollte. Das war für die Ehefrau abgesehen von den sonstigen Absprachen der Parteien auch erkennbar.
Damit ist jedenfalls auf der Grundlage des insoweit in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Vorbringens des Ehemanns dessen leibliche Vaterschaft zum Sohn der Ehefrau nicht lediglich ein einseitiges Motiv, sondern wegen des mit der Zuwendung ersichtlich verfolgten Unterhaltszwecks auch deren Geschäftsgrundlage. Dass sich damit die Geschäftsgrundlage gegebenenfalls aus mehreren Aspekten zusammensetzt und wie der Aspekt der leiblichen Vaterschaft zu gewichten ist, ist im Rahmen der Anpassung nach Treu und Glauben zu klären und zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheitert eine Rückforderung auch nicht daran, dass dem Ehemann ein Festhalten an der Zuwendung zumutbar wäre. Dass die Zuwendungen nur einen Anteil von 7 % seines anfänglichen ererbten Vermögens ausmachten, steht einer Unzumutbarkeit des Festhaltens an der Zuwendung nicht ohne weiteres entgegen. In die Zumutbarkeitsbetrachtung wäre schließlich ebenfalls einzubeziehen gewesen, dass auch die leibliche Abstammung des Sohnes Geschäftsgrundlage ist.
bb) Hinsichtlich der Eigentumswohnung in Augsburg, die bezüglich ihrer Verwendung keinerlei Einschränkungen unterlag, hat das Berufungsgericht demgegenüber die leibliche Abstammung zu Recht nicht als Geschäftsgrundlage der Zuwendung angesehen. Denn insoweit mangelt es an einem auf den Sohn bezogenen beiderseitigen Geschäftswillen der Parteien. Es handelte sich auch nicht um eine einseitige Vorstellung des Ehemanns, die die Ehefrau als anderer Vertragsteil nach Treu und Glauben in ihren Geschäftswillen aufgenommen hat.
Dafür fehlt es bei der Wohnung in Augsburg an Anhaltspunkten, so dass die Ehefrau insoweit die Vaterschaft auch nicht konkludent in ihren Geschäftswillen aufgenommen hat. Für die widerrechtliche Einflussnahme auf die Willensbildung verbleibt insoweit nur die Möglichkeit einer Täuschungsanfechtung nach § 123 BGB.
2. Das Berufungsgericht hat die vom Ehemann erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) nicht für begründet erachtet, weil dieser für die Voraussetzungen beweisfällig geblieben sei. Das begegnet im Hinblick auf beide vom Ehemann getätigten Zuwendungen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Die Ehefrau traf hier eine Pflicht zur ungefragten Offenbarung der Möglichkeit, dass das Kind von einem anderen Mann abstammte.
Nach der zur Versagung des Unterhalts nach § 1579 BGB ergangenen Senatsrechtsprechung trifft eine unterhaltsberechtigte Ehefrau ein über den – als solchen nicht offenbarungspflichtigen – Ehebruch hinausgehender Vorwurf, wenn ein während der Ehe geborenes Kind möglicherweise bei dem Ehebruch gezeugt wurde und sie ihren Ehemann in dem Glauben gelassen hat, dass allein er als Vater des Kindes in Frage kommt. Ein solches Verhalten stellt einen gravierenden Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung des Ehemannes dar, dessen Verhältnis und Einstellung zu dem Kind und regelmäßig auch zu der Ehe wesentlich von dem Bestehen seiner – leiblichen – Vaterschaft abhängen. Das Verschweigen der möglichen Vaterschaft eines anderen Mannes stellt demnach ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten dar (Senatsurteil vom 15. Februar 2012 – XII ZR 137/09 – FamRZ 2012, 779 Rn. 23 mwN).
Aus diesen Gründen trifft den Ehegatten auch bei wesentlich von der familiären Verbundenheit der Beteiligten geprägten Zuwendungen eine Offenbarungspflicht. Zwar geht es bei der vorliegenden Fragestellung nicht um die Entscheidung des Ehegatten für die Fortsetzung der Ehe, sondern um dessen Willensentschluss, dem anderen Ehegatten bei gescheiterter Ehe einen Vermögenswert zukommen zu lassen. Dient dieser indessen dazu, dass durch den Gebrauch des zugewendeten Gegenstandes, seine Erträge oder die mit ihm verbundene Sicherheit eine Unterhalts- oder Vorsorgefunktion erfüllt werden soll, so ist die Frage der leiblichen Abstammung für den Ehemann im Zweifel von wesentlicher Bedeutung und die Möglichkeit einer anderweitigen Abstammung durch die Ehefrau, die allein über die nötige Kenntnis verfügt, offenbarungspflichtig.
b) Im Hinblick auf die Voraussetzungen der Arglist sowie der Ursächlichkeit der Täuschung rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht wesentlichen Prozessvortrag des Ehemanns übergangen habe. Dieser hat vorgetragen, dass er die Schenkung unter anderem wegen seines leiblichen Sohnes habe tätigen wollen. Die Ehefrau habe die mögliche Nichtvaterschaft bewusst nicht offenbart, sondern die Zuwendung trotzdem entgegen genommen. Damit hat der Ehemann vorgetragen, dass die Ehefrau Kenntnis von der Möglichkeit seiner fehlenden Vaterschaft gehabt habe. Sowohl für den Vorsatz der Ehefrau als auch für die Ursächlichkeit der Täuschung sprechen außerdem die unstreitigen Tatsachen. Zum einen besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Ehefrau sich der möglichen Nichtvaterschaft des Ehemanns bewusst war. Dass sie damit rechnete oder darauf hoffte, dass der Ehemann der leibliche Vater sei, steht ihrem Vorsatz nicht entgegen, weil dieser sich nur auf die mögliche Nichtvaterschaft des Ehemanns beziehen muss. Des Weiteren musste die Ehefrau zumindest damit rechnen, dass die Tatsache der leiblichen Abstammung für den Entschluss des Ehemannes, ihr die Zuwendungen zu machen, nicht nur von untergeordneter Bedeutung war.
III.
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil den Parteien sowohl zur Frage der Geschäftsgrundlage (hinsichtlich des Objekts in München) wie auch zu den Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung nach § 123 BGB zunächst Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen und Beweisantritten zu geben ist.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Klage bezüglich des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs auf Übertragung des Hausgrundstücks in München mit Recht abgewiesen worden ist. Die Berufung des Ehemanns auf die Belastung des Hausgrundstücks im Wege der zu Gunsten der Gerichtskasse eingetragenen Zwangshypothek erscheint unter den Umständen des vorliegenden Falles, insbesondere der Höhe des Betrages der Zwangshypothek, jedenfalls treuwidrig.
BGH, Urteil vom 27.06.2012
XII ZR 47/09
LG München I, Entscheidung vom 29.02.2008, 20 O 23268/06
OLG München, Entscheidung vom 28.01.2009, 20 U 2673/08