a) Bei der Frage, ob ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578 b Abs. 1 BGB vorliegen, ist der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (im Anschluss an Senatsurteile vom 16. April 2008 – XII ZR 107/06 – FamRZ 2008, 1325 und vom 25. Juni 2008 – XII ZR 109/07 – FamRZ 2008, 1508). Das gilt nicht, wenn die vom Unterhaltsberechtigten aufgrund der ehelichen Rollenverteilung erlittene Einbuße bei seiner Altersvorsorge durch den Versorgungsausgleich nicht vollständig erfasst wird, weil der Unterhaltspflichtige nur für einen geringen Teil der Ehezeit Rentenanwartschaften erworben hat.
b) Auch im Rahmen des Altersunterhalts bestimmt sich der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss (im Anschluss an Senatsurteil vom 17. Februar 2010 – XII ZR 140/08 – FamRZ 2010, 629).
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juli 2010 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke sowie die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter
für Recht erkannt:
Auf die Revisionen beider Parteien wird das Urteil des 7. Zivilsenats – 4. Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Koblenz vom 18. Dezember 2008 aufgehoben, soweit der Antragsteller zu höherem Unterhalt als monatlich 100 € verurteilt worden ist und soweit die Unterhaltsklage der Antragsgegnerin ab dem 1. Oktober 2010 in Höhe von 275 € (718 € – 443 €) abgewiesen worden ist. Die weitergehende Revision der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
Der Rechtsstreit wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten um nachehelichen Altersunterhalt. Sie heirateten im März 1995. Für den seinerzeit 58jährigen Antragsteller war es die zweite, für die 54jährige Antragsgegnerin die dritte Ehe. Die Parteien vereinbarten den Güterstand der Gütertrennung.
Der Antragsteller ist seit August 1996 Rentner. Die Antragsgegnerin war während der Ehe nicht berufstätig und bezieht seit September 2000 Altersrente.
Die Parteien trennten sich im Juni 2006. Auf den im Oktober 2007 zugestellten Scheidungsantrag sind sie im vorliegenden Verfahren durch Verbundurteil des Amtsgerichts geschieden worden, das hinsichtlich der Scheidung seit dem 7. Oktober 2008 rechtskräftig ist. Gleichzeitig ist der Versorgungsausgleich durchgeführt worden, durch den zu Lasten der vom Antragsteller bezogenen Versorgungen Rentenanwartschaften der Antragsgegnerin von insgesamt 43,20 € begründet worden sind.
Das Amtsgericht hat den Antragsteller zu nachehelichem Unterhalt von 542,80 € verurteilt und hat den Unterhalt von Beginn an gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB herabgesetzt. Auf die Berufung des Antragstellers und die Anschlussberufung der Antragsgegnerin hat das Berufungsgericht den Unterhalt bis zum 30. September 2010 auf 718 € festgesetzt und ab Oktober 2010 auf 443 € herabgesetzt.
Dagegen wenden sich die Revisionen beider Parteien. Der Antragsteller begehrt wie in der Vorinstanz die Abweisung der über monatlich 100 € hinausgehenden Klage, die Antragsgegnerin verfolgt ihren Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 818 € weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revisionen der Parteien führen zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in FamRZ 2009, 1750 veröffentlicht ist, hat bei der Einkommensermittlung unter anderem Raten für ein Darlehen (Zins und Tilgung) anerkannt, das der Antragsteller als Nießbraucher für eine Dachsanierung aufgenommen hat. Das Berufungsgericht hat ferner die Auffassung vertreten, dass der Unterhalt nach § 1578 b Abs. 1 BGB zu begrenzen sei, hat aber an Stelle der sofortigen Herabsetzung hierfür eine Übergangsfrist von zwei Jahren für angemessen gehalten. Aus der Fassung der Vorschrift ergebe sich, dass ein nach § 1578 Abs. 1 BGB bestimmter Unterhaltsanspruch stets zu begrenzen sei, wenn dem nicht einer der in § 1578 b Abs. 1 BGB genannten Billigkeitsgründe entgegenstehe. Mit der Zeit verringere sich der Bezug zu den gemeinsamen Leistungen der Ehegatten. Maßgebend sei, ob ehebedingte Nachteile vorlägen. Die bei der Antragsgegnerin entstandenen Nachteile seien aber nicht so schwerwiegend, dass eine Begrenzung aus Billigkeitsgründen ausgeschlossen werden müsste, auch wenn aufgrund der frühen Verrentung des Antragstellers ein voller Ausgleich der Nachteile durch den Versorgungsausgleich nicht habe erfolgen können. Für die Begrenzung auf den angemessenen Lebensbedarf hat das Berufungsgericht ferner auf die Dauer der Ehe abgestellt. Den angemessenen Lebensbedarf hat es weder mit dem notwendigen Selbstbehalt noch mit dem Maß des Billigkeitsunterhalts nach § 1581 BGB gleichgesetzt, sondern mit dem angemessenen Selbstbehalt von derzeit 1.100 €.
II.
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Die für den Unterhaltsbedarf nach § 1578 Abs. 1 BGB durchgeführte Einkommensermittlung des Berufungsgerichts hält den von der Revision der Antragsgegnerin geführten Angriffen stand.
Der Einwand der Antragsgegnerin, die Darlehensraten hinsichtlich des Sanierungskredits dienten mit ihrem Tilgungsanteil der Vermögensbildung des Antragstellers, verfängt nicht. Nach der Rechtsprechung des Senats sind von dem Vorteil mietfreien Wohnens grundsätzlich die mit dem Eigentumserwerb verbundenen Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höhe der Differenz günstiger lebt als ein Mieter. Der Tilgungsanteil der Kreditraten kann aber dann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn der andere Ehegatte nicht mehr von der mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung profitiert und daher eine einseitige Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten stattfindet, wie es im gesetzlichen Güterstand ab Zustellung des Scheidungsantrags der Fall ist (Senatsurteil vom 5. März 2008 – XII ZR 22/06 – FamRZ 2008, 963 Tz.17, 19 m.w.N.) und bei der vorliegenden Gütertrennung schlechthin gilt.
An einer solchen einseitigen Vermögensbildung mangelt es hier schon deswegen, weil dem Antragsteller an der von ihm bewohnten Wohnung nicht das Eigentum, sondern lediglich ein Nießbrauch zusteht. Die Darlehensraten stellen sich für ihn daher in vollem Umfang als Erhaltungsaufwand dar, mit dem eine Vermögensmehrung nicht einhergeht. Der Hinweis der Antragsgegnerin auf eine mögliche Rückforderung des verschenkten Wohneigentums nach § 528 BGB ergibt nichts anderes, weil der Antragsteller auch nach der Schenkung sowohl seinen eigenen angemessenen Unterhalt bestreiten als auch seine Unterhaltspflicht erfüllen kann. Dass der Antragsteller – wie die Revision der Antragsgegnerin meint – eine Rückforderung sogar geltend machen müsse, um der Antragsgegnerin (wegen der dann nicht mehr abziehbaren Tilgungsanteile) einen höheren Unterhalt zahlen zu können, findet zum einen in den tatsächlichen Gegebenheiten keine Grundlage und lässt außer acht, dass die Grundstücksübertragung im Einvernehmen mit der Antragsgegnerin vorgenommen wurde. Zum anderen wäre ein Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des Schenkers ersichtlich nicht gegeben.
Der Einwand der Antragsgegnerin, der Antragsteller habe für die vom Berufungsgericht anerkannte Haushaltshilfe die Steuerermäßigung nach § 35 a EStG berücksichtigen müssen, greift bereits deshalb nicht, weil zu den tatsächlichen Voraussetzungen der Norm nichts festgestellt worden ist und insofern ein Verfahrensfehler im Rahmen der Tatsachenfeststellungen weder gerügt noch ersichtlich ist.
2. Auf die Befristung und Begrenzung des Unterhalts ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO und Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 – Tz. 27 f.). Seit dem 1. Januar 2008 ist neben der hier vorgenommenen Herabsetzung gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB für den nachehelichen Altersunterhalt nach § 1571 BGB auch eine Befristung zulässig.
a) Die Regelung in § 1578 b BGB ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht wegen Unbestimmtheit verfassungswidrig. Der Senat hat bereits zur Befristung des Krankheitsunterhalts entschieden, dass es der mit dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 verfolgten Absicht des Gesetzgebers entspricht, sich in weiten Teilen auf konkretisierungsbedürftige Grundaussagen und Generalklauseln zu beschränken und damit den Gerichten einen relativ breiten Spielraum zu geben, um dem konkreten Einzelfall nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten gerecht zu werden (BT-Drucks. 16/1830 S. 13). Dadurch verstößt der Gesetzgeber nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Gebot der Normenklarheit (vgl. Herzog/Grzeszick in: Maunz/Dürig Grundgesetz 57. Aufl. Art. 20 Rdn. 90). Zwar wird bei der Befristung des Altersunterhalts das nach der gesetzlichen Konzeption vorrangige Kriterium der ehebedingten Nachteile oftmals nicht einschlägig sein.
Die Befristung des Altersunterhalts ist aber auch ohne ehebedingte Nachteile nicht der gesetzliche Regelfall (vgl. – zum Krankheitsunterhalt – Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 – Tz. 36 f.). Zudem stellt das Gesetz für die Beurteilung der Unbilligkeit einer weitergehenden Unterhaltspflicht in § 1578 b Abs. 1 BGB mit der Ehedauer und der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit sowie der Kindererziehung Kriterien zur Verfügung, die auch für die generelle Bemessung der nachehelichen Solidarität heranzuziehen sind (vgl. BT-Drucks. 16/1830, S. 19).
Dem Gesetzgeber stand es demnach frei, die Entscheidung über die Befristung der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls zu überlassen (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 – XII ZR 9/09 – zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch BVerfG NJW 2010, 1657). Im Übrigen hat das Berufungsgericht wie das Amtsgericht nur eine Herabsetzung nach § 1578 b Abs. 1 BGB vorgenommen, welche schon nach der früheren Rechtslage gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. möglich war.
b) Bei der Billigkeitsprüfung für die Begrenzung des Unterhalts gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB ist das Berufungsgericht zu Recht vom Vorliegen ehebedingter Nachteile aufgrund der Rollenverteilung während der Ehe ausgegangen.
Nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB ist für die Unbilligkeit einer weiteren Unterhaltszahlung nach den ehelichen Lebensverhältnissen insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
aa) Der Antragsteller rügt mit seiner Revision, dass die Antragsgegnerin gegenüber ihrem früheren Arbeitgeber den Wunsch geäußert habe, „gehen zu dürfen“, woraufhin sie eine Kündigung erhalten habe. Ursache seien gesundheitliche Probleme gewesen und nicht – wie von der Antragsgegnerin behauptet – der Umstand, dass sie die Ferienpensionen des (schwerbehinderten) Antragstellers habe führen sollen.
Das steht dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten ehebedingten Nachteil jedoch nicht entgegen.
Im Rahmen der Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts ist der Unterhaltspflichtige für die Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet, die für eine Befristung sprechen (Senatsurteil vom 24. März 2010 – XII ZR 175/08 – FamRZ 2010, 875 Tz. 18). Den Unterhaltsberechtigten trifft allerdings hinsichtlich der Tatsache, dass ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine sog. sekundäre Darlegungslast. Dazu genügt es indessen, wenn dieser die Behauptung des Unterhaltspflichtigen, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreitet und seinerseits darlegt, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen (Senatsurteil vom 24. März 2010 – XII ZR 175/08 – FamRZ 2010, 875 Tz. 20 ff.).
Gemessen an diesen Anforderungen genügt zur Darlegung eines ehebedingten Nachteils, dass die Antragsgegnerin während der Ehe auf eine Erwerbstätigkeit verzichtete und infolgedessen keine Beiträge für ihre Altersvorsorge geleistet wurden. Die Widerlegung dieses ehebedingten Nachteils obliegt dem Antragsteller. Hierzu genügt es nicht, dass er, wie er behauptet hat, zur Führung seiner Ferienpensionen der Hilfe der Antragsgegnerin nicht bedurft habe. Denn dieser Umstand steht der Tatsache, dass die Antragsgegnerin aufgrund der Ehe von einer eigenen Erwerbstätigkeit absah, nicht entgegen. Dass die Antragsgegnerin für die von ihr angeregte Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses auch gesundheitliche Gründe angeführt hat, schließt einen ehebedingten Nachteil als solchen ebenfalls nicht aus. Das wäre nur der Fall, wenn die Antragsgegnerin aus gesundheitlichen Gründen an einer Erwerbstätigkeit gänzlich gehindert gewesen wäre. Auch das von der Revision des Antragstellers angeführte Risiko der Arbeitslosigkeit steht einem ehebedingten Nachteil nur entgegen, wenn feststeht, dass der Unterhaltsberechtigte während der Ehe einen Arbeitsplatz nicht hätte erlangen können. Für beide Umstände hat der Antragsteller bereits nichts vorgetragen, so dass der Annahme eines ehebedingten Nachteils nichts entgegensteht.
bb) In der Regel werden allerdings die aus der ehebedingten Erwerbsunterbrechung resultierenden Nachteile in der Altersvorsorge eines Ehegatten durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 – XII ZR 107/06 – FamRZ 2008, 1325 Tz. 42 und vom 25. Juni 2008 – XII ZR 109/07 – FamRZ 2008, 1508 Tz. 25).
Nach der Rechtsprechung des Senats können daher ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB unabhängig von der Höhe der im Versorgungsausgleich übertragenen Anrechte regelmäßig nicht mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe und den dadurch bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit der Versorgungsausgleich vollständig durchgeführt worden ist. Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und damit in der Regel vollständig ausgeglichen, was einen zusätzlichen unterhaltsrechtlichen Ausgleich ausschließt (Senatsurteil vom 16. April 2008 – XII ZR 107/06 – FamRZ 2008, 1325 Tz. 43).
Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass der Antragsteller nur für einen geringen Teil der Ehezeit Rentenanwartschaften erworben hat. Er war bereits seit August 1996 (Alters-)Rentner, während die Ehezeit im Sinne des Versorgungsausgleichs vom 1. März 1995 bis zum 30. September 2007 dauerte. Damit ist deutlich, dass durch den Versorgungsausgleich die von der Antragsgegnerin aufgrund der ehelichen Rollenverteilung erlittene Einbuße bei ihrer Altersvorsorge nicht vollständig, sondern nur zu einem geringen Teil ausgeglichen worden ist und der Antragsgegnerin darüber hinaus erhebliche ehebedingte Nachteile verblieben sind.
c) Das Berufungsgericht hat auch die weiteren Billigkeitsgesichtspunkte wie die Dauer der Ehe, die vorausgegangene Biografie der Ehegatten und ihre Vermögensverhältnisse zutreffend in seine Betrachtung einbezogen. Die Würdigung des Berufungsgerichts bewegt sich im Rahmen des tatrichterlichen Spielraums und ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
d) Hinsichtlich der Rechtsfolgen nach § 1578 b BGB, die das Berufungsgericht aus den von ihm herangezogenen Gesichtspunkten abgeleitet hat, bleibt das Berufungsurteil allerdings nicht frei von Beanstandungen.
aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Unterhaltsanspruch stets zu begrenzen sei, wenn keiner der in der Vorschrift angeführten Billigkeitsgründe entgegensteht. Diese Auffassung lässt sich mit der in § 1578 b BGB getroffenen gesetzlichen Regelung nicht vereinbaren.
Denn zum einen ist die Aufzählung der Billigkeitsgründe in § 1578 b Abs. 1 BGB nicht abschließend, sondern es werden dort die – freilich wichtigsten – Gesichtspunkte für die anzustellende Würdigung nur exemplarisch genannt. In die Billigkeitsbetrachtung sind also auch vom Gesetz nicht ausdrücklich aufgeführte Einzelfallumstände für oder gegen eine Herabsetzung oder Befristung einzubeziehen. Zum anderen hat das Berufungsgericht das in § 1578 b BGB zum Ausdruck kommende Regel-/Ausnahmeverhältnis verkannt. Die Herabsetzung oder Befristung ist nach § 1578 b Abs. 1, Abs. 2 BGB vom Familiengericht auszusprechen, wenn ein zeitlich oder der Höhe nach unbeschränkter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Aus § 1578 b BGB ergibt sich, dass die Herabsetzung wie auch die Befristung des Unterhalts nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt. Das Familiengericht hat demnach zu prüfen, ob die fortdauernde unbeschränkte Unterhaltspflicht unbillig ist, nicht aber, ob der Befristung oder Herabsetzung Billigkeitsgründe entgegenstehen (vgl. – zur Befristung – Senatsurteil vom 24. März 2010 – XII ZR 175/08 – FamRZ 2010, 875 Tz. 22).
bb) Nicht zu beanstanden ist es hingegen, dass das Berufungsgericht den Unterhalt nicht bereits mit Rechtskraft der Scheidung herabgesetzt hat. Entgegen der Revision des Antragstellers folgt aus der Möglichkeit einer sofort mit Rechtskraft der Scheidung eingreifenden Herabsetzung nicht, dass der Unterhalt regelmäßig bereits mit der Scheidung herabzusetzen wäre. Dies widerspräche jedenfalls in dieser Allgemeinheit bereits dem vorstehend ausgeführten Regel-/Ausnahmeverhältnis. Statt dessen hält sich die vom Berufungsgericht gewählte Übergangszeit von zwei Jahren für sich genommen im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung und ist daher nicht zu beanstanden.
cc) Durchgreifenden Bedenken begegnet allerdings der vom Berufungsgericht für die Herabsetzung des Unterhalts gewählte Maßstab für den angemessenen Lebensbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 BGB. Das Berufungsgericht hat den Bedarf am sogenannten angemessenen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 1 BGB orientiert, der zur Zeit in der Düsseldorfer Tabelle (Anmerkung A.5., Stand 1. Januar 2010) und in den Leitlinien der meisten Oberlandesgerichte mit 1.100 € ausgewiesen ist (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rdn. 418).
Das widerspricht der – nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen – Rechtsprechung des Senats. Danach besteht der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, in dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auch auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 – XII ZR 140/08 – FamRZ 2010, 629 Tz. 28 f. m.w.N.). Diese vom Senat für den Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB aufgestellten Grundsätze finden auch auf den Altersunterhalt nach § 1571 BGB Anwendung. Beim Altersunterhalt kann wie beim Krankheitsunterhalt nur auf das Einkommen abgestellt werden, das der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung nach Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zur Verfügung hätte.
Ist der Unterhaltsberechtigte bereits Rentner, kann demnach im Regelfall lediglich auf das Renteneinkommen aufgrund seiner hypothetischen Erwerbstätigkeit abgestellt werden, wobei nur von der tatsächlichen Rente nach durchgeführtem Versorgungsausgleich auszugehen ist (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 – XII ZR 140/08 – FamRZ 2010, 629 Tz. 29). Allerdings ist eine Ausnahme angebracht, wenn – wie im vorliegenden Fall – die dem Unterhaltsberechtigten entstandenen Versorgungsnachteile durch den Versorgungsausgleich nur unzureichend ausgeglichen worden sind. Dann stellt die Untergrenze einer Herabsetzung nach § 1578 b Abs. 1 BGB das hypothetische Renteneinkommen ohne ehebedingte und nicht vom Versorgungsausgleich erfasste Versorgungsnachteile dar.
Demnach durfte das Berufungsgericht die für den zum Verwandtenunterhalt Verpflichteten geltende Grenze des angemessenen Selbstbehalts gemäß § 1603 Abs. 1 BGB nicht für den angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten heranziehen. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten, das nach der neueren Rechtsprechung des Senats dem notwendigen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltspflichtigen von zur Zeit 770 € monatlich (vgl. Anmerkung A.5. der Düsseldorfer Tabelle Stand 1. Januar 2010) entspricht, erreichen muss (Senatsurteile vom 17. Februar 2010 – XII ZR 140/08 – FamRZ 2010, 629 Tz. 31 ff. und vom 14. April 2010 – XII ZR 89/08 – FamRZ 2010, 869 Tz. 46).
dd) Die Revision rügt schließlich im Ausgangspunkt zu Recht, dass das Berufungsgericht neben der Herabsetzung nicht zusätzlich eine Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB geprüft hat. Diese ist – unter umfassender Würdigung aller Umstände – auch bei verbliebenen ehebedingten Nachteilen nicht generell ausgeschlossen.
III.
Das Berufungsurteil ist demnach teilweise aufzuheben. Die Revision des Antragstellers hat in vollem Umfang Erfolg, die der Antragsgegnerin nur, soweit sie ab Oktober 2010 über den vom Berufungsgericht zugesprochenen Unterhalt von monatlich 443 € hinaus weitere 275 €, insgesamt also einen Unterhalt von monatlich 718 € geltend macht.
Ob das Berufungsurteil von dem unzutreffend vorangestellten Regel-/Ausnahmeverhältnis im Rahmen des § 1578 b Abs. 1 BGB beein flusst ist (vgl. etwa Senatsurteil vom 26. Mai 2010 – XII ZR 143/08 – zur Veröffentlichung bestimmt Tz. 32 ff.), bedarf keiner näheren Prüfung. Denn das angefochtene Urteil kann bereits wegen des unzutreffenden Maßstabs des angemessenen Lebensbedarfs nach § 1578 b Abs. 1 BGB nicht aufrechterhalten bleiben. Dem Senat ist eine eigene abschließende Sachentscheidung nicht möglich, weil es zur Festlegung des angemessenen Lebensbedarfs ergänzender Feststellungen und sodann einer erneuten tatrichterlichen Würdigung der für die Unterhaltsbegrenzung nach § 1578 b BGB maßgeblichen Gesichtspunkte bedarf.
IV.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Bei einer Herabsetzung gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB hat das Berufungsgericht den angemessenen Lebensbedarf im Sinne der oben genannten näheren Bestimmung zu ermitteln. Allerdings ist bei feststehenden Nachteilen eine exakte Feststellung zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig, vielmehr können sich die Tatsachengerichte insoweit bei geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO bedienen. Für die Billigkeitsbetrachtung wird es dann in der Regel genügen, wenn das ungefähre Ausmaß der Einbuße feststeht.
Auch bei feststehender Untergrenze einer Herabsetzung ist allerdings eine Ausschöpfung des Spielraums bis zum angemessenen Lebensbedarf nicht zwingend, sondern unterliegt ebenso der tatrichterlichen Beurteilung des Einzel-falls wie eine im Einzelfall etwa hinzukommende Befristung nach § 1578 b Abs. 2, Abs. 3 BGB. Bei seiner erneuten Beurteilung hat das Berufungsgericht zudem Gelegenheit zu überprüfen, ob die Rechtsfolge mit dem Regel-/Ausnahmeverhältnis von Unterhalt und Begrenzung im Einklang steht.
BGH, Urteil vom 04.08.2010
XII ZR 7/09
AG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 16.05.2008
9 F 390/07
OLG Koblenz, Entscheidung vom 18.12.2008
7 UF 377/08