Die Anträge des Antragstellers werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
Die Parteien waren Eheleute. Ihre am 25.08.2006 geschlossene Ehe ist durch Urteil des Gerichts vom 08.05.2007 13 F 40/07 Amtsgericht Gummersbach aufgehoben worden. Die Parteien haben einen gemeinsamen Sohn, den am 24.03.2007 geborenen S. T.. Die Parteien üben das Sorgerecht gemeinsam aus. Hinsichtlich des Umgangsrechtes haben sich die Parteien am 11.04.2008 26 UF 20/08 OLG Köln geeinigt.
Der Antragsteller beantragt nunmehr eine Ausweitung der getroffenen Umgangsregelung.
Er beantragt weiterhin, die elterliche Sorge auf ihn zu übertragen.
Die Verfahren sind miteinander verbunden worden.
Die Antragsgegnerin steht beiden Anträgen ablehnend gegenüber.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Die Anträge sind unbegründet.
1). Die Voraussetzungen für eine Übertragung des Sorgerechts allein auf den Antragsteller liegen nicht vor. Nach § 1671 Abs. 2 Ziff. 2 BGB kommt ein alleiniges Sorgerecht nur dann in Betracht, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohle des Kindes am besten entspricht. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn der gemeinsame Sohn ist bei der Antragsgegnerin gut aufgehoben. Dies bestätigt das Jugendamt der Stadt Z1 in seinem Bericht vom 15.12.2008. Danach macht das Kind keinen verwahrlosten Eindruck und es konnten auch keine Auffälligkeiten bei ihm festgestellt werden.
Soweit der Antragsteller eine Verwahrlosungsgefahr beziehungsweise eine Überforderung der Kindesmutter daraus herleitet, dass ein im Keller stehender Kaninchenstall solange nicht gesäubert worden sein soll, bis nach Angaben von Mitbewohnern der Gestank unerträglich geworden sein soll, gibt keinen echten Anlass für eine Sorgerechtsänderung. Selbst wenn der Vorfall sich so abgespielt haben sollte, lässt das keinen Schluss auf die ordnungsgemäße Versorgung der Kinder, insbesondere des gemeinsamen Sohnes, durch die Antragsgegnerin zu. Inzwischen ist die Antragsgegnerin auch aus der Mietwohnung ausgezogen und bewohnt mit ihren drei Kindern und ihrem derzeitigen Lebensgefährten ein geräumiges Haus. Die Lebensumstände des gemeinsamen Sohnes haben sich mithin gebessert.
Der Antragsteller hat sehr häufig Umgang mit seinem fast zwei Jahre alten Sohn. Anzeichen von schlechter Pflege, Verwahrlosung usw. hat er offenbar nicht feststellen können, da konkrete Missstände insoweit nicht vorgetragen worden sind.
Auch dass die Antragsgegnerin Zusammentreffen und Gespräche mit dem Antragsteller, wenn möglich, ablehnt, rechtfertigt für sich genommen keine Sorgerechtsregelung zugunsten des Antragstellers. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass es dem Wohle des noch sehr kleinen Kindes der Parteien widersprechen würde, wenn es in den Haushalt des Vaters wechseln müsste und dort seinen Mittelpunkt hätte, denn die Antragsgegnerin ist die primäre Beziehungsperson des Kindes. Zu ihr bestehen naturgemäß die engeren Bindungen und Beziehungen.
Das Gericht sieht auch keinen Anlass, ein Gutachten zur Erziehungsfähigkeit der Antragsgegnerin einzuholen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin nicht erziehungsfähig ist. Möglicherweise ist sie in der einen oder anderen Situation überfordert. Das ist verständlich, denn sie hat für drei noch relativ kleine Kinder zu sorgen. Die Kinder stammen von drei verschiedenen Vätern ab. Zur Zeit sieht sie sich im Hinblick auf die Anträge des Antragstellers und eines weiteren Vaters einem erheblichen Druck ausgesetzt, der sie nicht zur Ruhe kommen lässt. Aus diesem Grunde möchte sie verständlicherweise auch nicht, dass ihre derzeitige Anschrift dem Antragsteller bekannt wird.
2). Auch dem Antrag des Antragstellers auf Ausweitung des Umgangsrechts kann nicht entsprochen werden.
Der Antragsteller besitzt bereits ein außergewöhnlich umfangreiches Umgangsrecht. Nach der Vereinbarung vom 11.04.2008 26 UF 20/08 OLG Köln ist er berechtigt, seinen Sohn ab Juli 2008 in den geraden Wochen dienstags, donnerstags und freitags jeweils von 07:30 Uhr bis 10:30 Uhr und in den ungeraden Wochen dienstags und donnerstags von 07:30 Uhr bis 10:30 Uhr und dazu samstags von 12:00 Uhr bis sonntags 12:00 Uhr zu sich zu nehmen. Das vereinbarte Umgangsrecht wird von den Parteien auch praktiziert, wobei die Parteien den Umgang zeitlich um eine Stunde verschoben haben. Bei kleineren Kindern bis zu einem Alter von 4 Jahren werden in der Regel erheblich weniger Umgangskontakte mit einer Zeitdauer von bis zu 4 Stunden (zum Beispiel jeden Mittwoch und jeden zweiten Samstag 2 bis 3 Stunden) als ausreichend angesehen (vgl. z.???OLG Zweibrücken FamRZ 1997, 45, 46; OLG Hamm FamRZ 1990, 654, 655; Oelkers, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 3. Auflage, 2001, Seite 365).
Der Antragsteller ist der Auffassung, für das Kindeswohl sei es am besten, wenn das Kind sich zur Hälfte bei ihm und zur Hälfte bei der Mutter aufhalten könnte. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Es mag Einzelfälle geben, in denen das sogenannte Wechselmodell mit dem Kindeswohl vereinbar ist. Das setzt aber immer voraus, dass Einigkeit zwischen den Eltern besteht. In den allermeisten Fällen entspricht ein zwischen den Eltern vereinbartes Wechselmodell gerade nicht den Kindesinteressen, sondern ist in erster Linie auf die Interessenlage der Eltern abgestimmt. Der ständige Wechsel der Bezugsperson und der Umgebung ist für Kinder eher belastend, denn förderlich. Neben dem Zeitaufwand, der durch die Wechsel verursacht wird (z.B. Sachen packen, Fahrzeiten), muss das Kind sich ständig neu orientieren und auf die Veränderungen einstellen. Es kommt hinzu, dass das Kind keinen echten Lebensmittelpunkt hat, es weiß nicht, wo es hingehört. Damit fehlt ein Stützpfeiler, der für seine künftige Entwicklung wichtig ist.
Hier kommt ein Wechselmodell oder auch ein zeitlich noch umfangreicheres Umgangsrecht bereits deshalb nicht in Betracht, weil zwischen den Parteien erhebliches Konfliktpotential besteht. Die Parteien können sich, was auch das vorliegende Verfahren zeigt, nicht verständigen. Die Antragsgegnerin lehnt Gespräche mit dem Antragsteller grundsätzlich ab und ist allenfalls zu Gesprächen über Kindesbelange bereit.
Das Gericht ist der Auffassung, dass Kinder einen eindeutigen Lebensmittelpunkt haben müssen, um die erforderliche Sicherheit und Stabilität für ihre Entwicklung zu erhalten. Das ist nicht der Fall, wenn durch das Umgangsrecht ein ständiger Wechsel der betreuenden Person und der Umgebung erfolgt. Dies dürfte insbesondere bei kleinen Kindern zu erheblichen Irritationen führen. Für einen so jungen Menschen, wie den Sohn der Parteien, ist es wichtig, dass er eine feste Bezugsperson hat.
Das Umgangsrecht hat sicherlich seine Bedeutung und kann positiv für die Entwicklung von Kindern sein. Es gibt allerdings zur Zeit keine belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber, dass der Umgang tatsächlich für die Entwicklung der Kinder die Bedeutung hat, die ihm zur Zeit in der Rechtsprechung und in der öffentlichen Meinung beigemessen wird. Die herrschende Umgangseuphorie ist nicht angebracht (vgl. Dr. Kindler/Reinhold, Wohl und Wille des Kindes, VPR 2007, 291 ff). Bei den verschiedenen Untersuchungen ist vielmehr festgestellt worden, dass es eher ungünstige Zusammenhänge zwischen Umgangskontakten und kindlichem Wohlbefinden gibt, wenn zwischen den Eltern ein anhaltend hohes Konfliktniveau besteht. Gelingt es Eltern über längere Zeit nicht, ihre wechselseitigen Konflikte nach der Trennung zu begrenzen, werden Umgangskontakte für die Kinder vielfach zur Belastung. Andererseits trägt eine positive Entwicklung der Kinder zu einer Stabilisierung des Umgangs bei.
Bevor es zu einer Ausweitung des ohnehin sehr umfangreichen Umgangsrechtes kommen kann, müsste das hohe Konfliktniveau zwischen den Parteien erst einmal abgebaut werden. Dazu kann auch der Antragsteller beitragen, indem er nicht die Erziehungsfähigkeit der Mutter anzweifelt, indem er sich mit dem bisherigen Umgangsrecht zufrieden gibt und nicht ständig mehr fordert. Andererseits muss aber auch die Antragsgegnerin die Bereitschaft entwickeln, wieder mit dem Antragsteller zu kommunizieren und eine Basis dafür zu schaffen, dass der gemeinsame Sohn auch in der Zukunft unbelastet Umgang mit seinem Vater pflegen kann.
3). Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a FGG.
Wert: 4.000,00 €
AG Gummersbach, Beschluss vom 24.03.2009
22 F 419/08