Das Familiengericht darf sich nicht darauf beschränken, ein Umgangsrecht lediglich dem Grunde nach einzuräumen und dessen Ausgestaltung einem Dritten zu überlassen. Vielmehr obliegt es dem Familiengericht, selbst eine konkrete Umgangsregelung mit durchsetzbarem Inhalt zu treffen, die vollständig, vollziehbar und vollstreckbar sein muss. Die Regelung bedarf konkreter Anordnungen über die Ausgestaltung des Umgangs nach Ort, Zeit, Häufigkeit, Abholen oder Bringen der Kinder.
Die Beteiligten streiten über den Umgang des Kindesvaters mit den beiden betroffenen minderjährigen Kindern. Die Beteiligten trennten sich im Jahr 1996, als die Kindesmutter mit der jüngeren Tochter schwanger war. Von 2002 bis zum Sommer 2005 kam es dann zu regelmäßigen Umgangskontakten zwischen dem Vater und beiden Kindern. Der Vater nahm die Kinder dabei auch mit auf Urlaubsreisen. Im Zuge von Auseinandersetzungen über die Unterhaltszahlungen des Kindesvaters im Anschluss an die Insolvenz seines damaligen Arbeitgebers kam es im Sommer 2005 zu einem Abbruch der Umgangskontakte, deren Wiederherstellung der Kindesvater nun begehrt.
Das Amtsgericht – Familiengericht – Groß-Gerau hat dem Kindesvater im angefochtenen Beschluss nach erfolgter Anhörung der Kinder, der Eltern und des zuständigen Jugendamts ein Umgangsrecht eingeräumt. Im Beschlusstenor heißt es:
„Zur Anbahnung des Umgangs wird den Parteien aufgegeben, sich direkt und unverzüglich an die O1 Vertretung des … e.V. in O1, B-Str., zu wenden, mit den dortigen Mitarbeitern zum frühest möglichen Zeitpunkt einen Beratungstermin zu vereinbaren und deren Empfehlungen zuverlässig umzusetzen in der Weise, dass der Kindesvater mit den beiden Mädchen Umgang hat, zu den Zeiten und in der Weise, wie es den Empfehlungen des … e.V. entspricht.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird den Parteien ein Ordnungsgeld bis zu 5.000,– € angedroht.
Der Beschluss vom 31.7.2007 ist vom Amtsgericht durch Beschluss vom 17.8.2007 dahingehend abgeändert worden, dass den Parteien aufgegeben wird, das Beratungsangebot des … e.V. (D-Kreis), C-Str., O2, wahrzunehmen und dessen Empfehlungen umzusetzen.
Auf die Begründung des Beschlusses vom 31.7.2007 wird Bezug genommen. Gegen den hier am 15.8.2007 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 24.8.2007 Beschwerde eingelegt, welche sie mit Schriftsatz vom 14.9.2007, eingegangen am 17.9.2007, begründet hat. Sie wendet sich weiterhin gegen Umgangskontakte zwischen dem Vater und den beiden Kindern. Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Hinblick auf Bedenken gegen die Bestimmtheit und Vollstreckbarkeit des angefochtenen Beschlusses beantragt er hilfsweise, die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
Die zulässige befristete Beschwerde führt in der Sache wegen eines schwerwiegenden Verfahrensverstoßes zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung an das Amtsgericht Groß-Gerau zur erneuten Entscheidung.
Es entspricht ständiger Senatsrechtsprechung, dass sich das Familiengericht nicht darauf beschränken kann, ein Umgangsrecht lediglich dem Grunde nach einzuräumen und dessen Ausgestaltung einem Dritten – hier dem … e.V. O2 – zu überlassen. Vielmehr obliegt es dem Familiengericht, selbst eine konkrete Umgangsregelung mit durchsetzbarem Inhalt zu treffen, die vollständig, vollziehbar und vollstreckbar sein muss. Die Regelung bedarf konkreter Anordnungen über die Ausgestaltung des Umgangs nach Ort, Zeit, Häufigkeit, Abholen oder Bringen der Kinder. Sofern ein begleiteter Umgang im Sinne des § 1684 Abs. 4 S. 3 BGB bestimmt wird, muss sich das Familiengericht zunächst vor seiner Entscheidung davon überzeugen, dass ein zur Mitwirkung bereiter Dritter vorhanden ist, und dann auch in diesem Punkt eine verbindliche und durchsetzungsfähige Regelung treffen (vgl. u.a. die Beschlüsse des Senats vom 14.1.1999, AZ: 3 UF 309/98, FamRZ 1999, 617, v. 27.8.2001, AZ: 3 UF 127/01 und v. 30.5.2006, AZ: 3 UF 172/06; so auch OLG Stuttgart, Beschluss v. 10.1.2007, AZ: 17 UF 190/06, FamRZ 2007, 1682).
Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Beschluss nicht. Er überlässt die konkrete Ausgestaltung der Umgangskontakte dem … e.V. O2, ohne dass diesem vom Gesetz eine irgendwie geartete Entscheidungskompetenz zugewiesen worden wäre (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O.). Im Hinblick auf die auch vom Familiengericht für notwendig erachtete behutsame Annäherung zwischen dem Vater und den Töchtern wäre es Aufgabe des Familiengerichts gewesen, ggfs. in Zusammenarbeit mit den übrigen Beteiligten, eine dezidierte Umgangsregelung zu erarbeiten.
Soweit das Familiengericht den Eltern über die Anbahnung eines begleiteten Umgangs hinaus auch die Inanspruchnahme einer Beratung durch den … e.V. O2 aufgegeben hat, findet dies im Gesetz keine Grundlage. Insbesondere kann eine solche Befugnis des Gerichts nicht aus § 1684 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 BGB hergeleitet werden (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., m.w. N.). § 1684 Abs. 3 S. 2 BGB gibt dem Gericht lediglich ein Instrument an die Hand, um unterhalb der Eingriffsschwelle des § 1666 BGB Handlungen eines Elternteils zu begegnen, die den Umgang erschweren oder verhindern, indem es insbesondere konkrete Ge- oder Verbote zur Einhaltung der Wohlverhaltenspflicht trifft, um dadurch der wechselseitigen Loyalität der Beteiligten Rechnung zu tragen. Nicht aber kann hieraus die Befugnis hergeleitet werden, Eltern zu psychologischen oder therapeutischen Gesprächen zu zwingen, zumal die Entscheidung eines Elternteils, sich dahingehend beraten zu lassen, einem besonderen Grundrechtsschutz unterliegt (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., m.w.N.).
Sollte das Amtsgericht im Rahmen der erneuten Prüfung der Sache zu dem Ergebnis gelangen, dass ein begleiteter Umgang des Vaters mit den beiden Kindern ohne die vorherige Inanspruchnahme einer Erziehungsberatung durch den Vater das Wohl der beiden Kinder zum gegenwärtigen Zeitpunkt gefährden würde, müsste es den Umgang gemäß § 1684 Abs. 4 S. 1 und 2 BGB ausschließen.
Infolge der Aufhebung der Umgangsregelung fehlt auch für die Androhung von Zwangsmitteln im angefochtenen Beschluss die rechtliche Grundlage. Dieser ist daher auch insoweit aufzuheben.
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 31 Abs. 1 S. 1, 94 Abs. 1 Nr. 6 Abs. 2, 30 Abs. 2 und 3 KostO.
Der Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers ist gemäß § 14 FGG i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO abzulehnen, weil der Antragsteller entgegen der Ankündigung seines Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 11.10.2007 bis zum heutigen Zeitpunkt keine aktuelle Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat. Diese lassen sich auch der in erster Instanz vorgelegten Erklärung vom 19.12.2006 nicht entnehmen, weil auch diese keine Angaben über die Höhe der vom Antragsteller aus seiner ab Januar 2007 ausgeübten selbständigen Tätigkeit enthält.
OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.02.2008
3 UF 307/07
AG Groß-Gerau, Beschluss vom 17.08.2007
71 F 1177/06