a) Bei einem betriebsbedingten und damit nicht ehebedingten Verlust des Arbeitsplatzes kann sich ein ehebedingter Nachteil auch daraus ergeben, dass sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung zunächst nur in einem ein-geschränkten Radius und später gar nicht mehr um eine seiner beruflichen Qualifikation und Fähigkeiten entsprechenden Stelle bewirbt (im Anschluss an Senatsurteile vom 7. März 2012 – XII ZR 25/10 FamRZ 2012, 776 und vom 20. Februar 2013 – XII ZR 148/10 FamRZ 2013, 860).
b) Auch in einem solchen Fall hat der Unterhaltsberechtigte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert zu bestreiten und seinerseits darzulegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sind. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 und Senatsbeschluss vom 13. März 2013 XII ZB 650/11 FamRZ 2013, 935).
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 22. April 2013 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) begehrt von dem Antragsteller, ihrem mittlerweile geschiedenen Ehemann (im Folgenden: Ehemann), im Scheidungsverbundverfahren Zahlung nachehelichen Unterhalts.
Aus der im Jahr 1989 geschlossenen Ehe der Beteiligten ist ein Sohn hervorgegangen, der im Jahr 1994 geboren wurde. Dieser führt einen eigenen Haushalt und ist wirtschaftlich selbständig. Die Eheleute waren zunächst in einem Kernkraftwerk in der ehemaligen DDR beschäftigt, der Ehemann als Maschinist und die Ehefrau als Ingenieurin. Die Ehegatten entschlossen sich nach der politischen Wende, in den Westen umzuziehen und sich in Norddeutschland um neue Arbeitsplätze zu bemühen. Der Ehemann nahm im Herbst 1990 im direkten Anschluss an seine frühere Tätigkeit eine Stelle bei den Stadtwerken N. an. Dort ist er noch heute beschäftigt; er verfügte im Jahr 2012 über ein Nettoeinkommen von rund 3.229 € monatlich. Die 1963 geborene Ehefrau war bis März 1992 in dem Kernkraftwerk beschäftigt, in der Zeit seit Mitte 1990 in Form einer auf „Null“ reduzierten Kurzarbeit. Nachdem es der Ehefrau nicht gelang, in N. ebenfalls einen Arbeitsplatz zu finden, absolvierte sie im Jahr 1992 einen vom Arbeitsamt vermittelten halbjährigen Computerkurs. Nach der Geburt des Sohnes führten die Beteiligten bis Herbst 1998 eine Hausfrauenehe. Im Anschluss hieran absolvierte die Ehefrau eine Umschulung zur Kauffrau für Bürokommunikation. Unmittelbar nach Abschluss dieser Ausbildung Anfang 2001 nahm sie eine Tätigkeit als kaufmännische Angestellte auf. Seit Anfang 2002 arbeitet sie bei ihrem jetzigen Arbeitgeber mit aktuell rund 40 Wochenstunden; sie verfügte im Jahr 2012 über ein Nettoeinkommen von rund 1.440 € monatlich.
Das Amtsgericht hat auf den im Februar 2012 zugestellten Scheidungsantrag die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Ehemann verpflichtet, an die Ehefrau nachehelichen Unterhalt von monatlich 1.055,86 € zu zahlen (Elementarunterhalt 844,86 € und Altersvorsorgeunterhalt 211 €). Auf die Beschwerde des Ehemanns, mit der er eine stufenweise Begrenzung des Unterhalts begehrt hat, hat das Beschwerdegericht die Unterhaltszahlung auf 863 € monatlich reduziert (Elementarunterhalt 691 € und Altersvorsorgeunterhalt 172 €). Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Beim Ehemann sei von einem bereinigten Monatseinkommen von 3.114,81 € und bei der Ehefrau von einem solchen von 1.329,70 € auszugehen. Danach ergebe sich ein monatlicher Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt von insgesamt 863 €.
Der Unterhalt sei nicht gemäß § 1578 b BGB zu begrenzen. Der Ehefrau seien dauerhafte ehebedingte Nachteile entstanden. Zwar habe sie ihren Arbeitsplatz im Kernkraftwerk betriebsbedingt aufgeben müssen. Die von den Beteiligten gemeinsam gestaltete Lebensführung nach dem Verlust des Arbeitsplatzes der Ehefrau habe aber eine eigenständige Ursache für den Einkommensnachteil gesetzt. Anders als dem Ehemann sei es der Ehefrau nicht gelungen, eine ihrer Ausbildung und bisherigen Berufstätigkeit entsprechende neue Arbeitsstelle zu finden. Die Lebensplanung der Beteiligten sei ab etwa 1992 darauf gerichtet gewesen, ein Kind zu bekommen, das schließlich im Juni 1994 nach künstlicher Befruchtung geboren worden sei.
Dass sich die Ehefrau aufgrund ihrer vom Ehemann behaupteten schwierigen Persönlichkeitsstruktur und nicht aufgrund gemeinsamer getragener Entscheidungen während der Ehe ab 1991 nicht bundesweit beworben habe, sei aufgrund ihrer Erwerbsbiografie nicht anzunehmen. Das berufliche Agieren der Ehefrau vor der Eheschließung zeuge gerade nicht von geringer Flexibilität, Scheu vor fremden Städten oder einer persönlichkeitsbedingten Angst vor Leitungsaufgaben. Die Ehefrau habe ihrer sekundären Darlegungslast hinsichtlich ihrer ehebedingten Nachteile genügt. Ihren Vortrag, welche konkreten Nachteile ihr entstanden seien, habe der Ehemann nicht zu widerlegen vermocht. Aufgrund der Erwerbsbiografie der Ehefrau bis zur Eheschließung bestünden ausreichende Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf, wenn die Ehegatten nicht gemeinsam nach N. gezogen wären und sich für ein Kind entschieden hätten, das dann überwiegend von der Ehefrau betreut worden sei. Der Vortrag des Ehemanns sei widersprüchlich. Einerseits behaupte er, der Anspruch sei verwirkt, weil die Ehefrau 1990 bis 1993 einen Arbeitsplatz in ihrem erlernten Beruf gefunden hätte, wenn sie sich nur ausreichend und in einem größeren Umkreis beworben hätte. Andererseits behaupte er, soweit es auf die Höhe des ehebedingten Nachteils ankomme, dass es der Ehefrau nicht gelungen wäre, eine Anstellung in ihrem erlernten Beruf zu finden.
Es könne auch aufgrund des vom Ehemann vorgelegten statistischen Materials nicht davon ausgegangen werden, dass es der Ehefrau bei ausreichenden Bewerbungen im gesamten (west-)deutschen Raum, insbesondere im Ballungsbereich der chemischen Industrie in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz, 1990 oder 1991 nicht gelungen wäre, einen Arbeitsplatz zu finden. Es könne sein, dass die Arbeitsplatzsituation für Chemie-Ingenieure Anfang der 90er Jahre so angespannt gewesen sei, dass auch Universitätsabsolventen mit guten Examina nicht sofort eine Anstellung hätten finden können. Zu berücksichtigen sei aber, dass die Ehefrau nur begrenzt mit einem Universitätsabsolventen zu vergleichen gewesen sei. Sie habe nämlich Anfang der 90er Jahre bereits über fünf Jahre Berufserfahrung in leitender Position und neben dem Ingenieursabschluss über eine Ausbildung als Chemielaborantin verfügt.
Dass sich die Ehefrau nach der Entscheidung für ein gemeinsames Kind bei der Arbeitssuche auf einen Umkreis von 50 km um den gemeinsamen Wohnort beschränkt habe, sei angesichts der Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und der Schichttätigkeit des Ehemanns unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar und vom Ehemann offensichtlich anhand des gemeinsamen Zusammenlebens auch so akzeptiert worden.
Eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf führe zu keinem geringeren Unterhaltsanspruch der Ehefrau. Ohne den ehebedingten Verzicht auf eine Berufstätigkeit als Chemie-Ingenieurin würde die Ehefrau heute zumindest über ein monatliches Bruttoeinkommen von 3.450 € verfügen, mithin über ein Nettoeinkommen von 2.132 €. Das entspreche dem Betrag, der der Ehefrau aus eigener Erwerbstätigkeit mit monatlich 1.440 € netto zuzüglich des Elementarunterhaltsanspruchs in Höhe von 691 € zur Verfügung stünde. Der Altersvorsorgeunterhaltsanspruch sei bei diesem Vergleich nicht zu berücksichtigen, da dieser den Ausgleich für die geringeren Rentenversicherungsbeiträge im Vergleich zu einer Berufstätigkeit ohne ehebedingten Nachteil darstelle und im Übrigen der Ehefrau für ihren monatlichen Bedarf nicht zur Verfügung stehe.
Nach dem Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung liege die Vergütung in der chemischen Industrie für eine Ingenieurstätigkeit mit vorausgesetzter Fachhochschulausbildung im Osten bei 3.327 € bis 4.266 € pro Monat, im Tarifgebiet Nordrhein-Westfalen bei monatlich 3.677 € bis 4.714 €. Der Mittelwert liege damit bei ca. 4.200 € brutto pro Monat. Einen Abschlag vom Tarifgehalt der chemischen Industrie deshalb vorzunehmen, weil viele Akademiker nicht in tarifgebundenen Unternehmen arbeiteten, sei nicht geboten. Die von dem Ehemann vorgetragenen Zahlen zur Anzahl der tariflich beschäftigten Akademiker seien nicht belastbar. Sie bezögen sich insbesondere nicht ausschließlich auf Chemiker, sondern auf alle Akademiker, umfassten also auch die akademischen Berufe, in denen in größerem Maße als bei Chemikern eine selbständige oder freiberufliche Tätigkeit zum typischen Berufsbild gehöre, wie zum Beispiel Ärzte, Rechtsanwälte, Psychologen etc. Aufgrund des Berufsbilds eines Chemikers sei davon auszugehen, dass die Anzahl der in tarifgebundenen Unternehmen arbeitenden Chemie-Ingenieure prozentual höher sei als zum Beispiel die von Juristen oder Medizinern. Auch bei einer unterstellt geringeren Bezahlung der Ehefrau aufgrund ihres Geschlechts sei davon auszugehen, dass bei langjährig Beschäftigten zumindest die tarifliche Mindestvergütung erzielt werde. Dass das Einkommen der Ehefrau bei einer zwanzigjährigen Beschäftigung in der chemischen Industrie Westdeutschlands heute unter 3.600 € läge, sei nicht ersichtlich. Im Jahr 2010 habe nach einer Studie des Vereins deutscher Ingenieure für 2010 das Einstiegsgehalt eines Ingenieurs (FH) durchschnittlich 40.200 € betragen, wobei die Chemie- und Pharmaindustrie überdurchschnittliche Einkommen zahle. Diese Studie beschränke sich nicht auf tarifgebundene Unternehmen. Dass die Ehefrau bei unterstellt knapp dreißigjähriger Berufserfahrung nicht einmal das Einstiegsgehalt eines Ingenieurs erzielen würde und auch trotz einer Beschäftigung im süddeutschen Raum (West) ein geringeres Einkommen als ein tariflich bezahlter Ingenieur im Osten erzielen würde, sei angesichts der derzeitigen Vollbeschäftigung von Ingenieuren nicht schlüssig begründbar und unwahrscheinlich.
Der Ehefrau stehe neben dem Elementarunterhalt nach § 1578 Abs. 3 BGB ein Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 172 € pro Monat zu. Zwar sei derzeit die Altersversorgung der Beteiligten unter Berücksichtigung des durchgeführten Versorgungsausgleichs in etwa gleich. Aufgrund des dauerhaften ehebedingten Nachteils sei die Ehefrau jedoch auch in Zukunft gehindert, ein ihrem Ausbildungsstand als Ingenieurin entsprechendes Einkommen und damit korrespondierende Rentenanwartschaften zu erwerben. Demgegenüber werde der Ehemann in Zukunft allein von den mit seinem relativ hohen Einkommen korrespondierenden hohen Anwartschaften profitieren.
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
a) Der zuerkannte Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB sowie der Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt nach § 1578 Abs. 3 BGB werden von der Rechtsbeschwerde weder dem Grunde noch der Höhe nach in Frage gestellt. Die entsprechenden Ausführungen des Beschwerdegerichts sind auch von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
b) Die Rechtsbeschwerde begehrt allein eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 1578 b BGB. Dass das Beschwerdegericht eine solche sowohl in Form einer Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB als auch in Form einer Herabsetzung gemäß §§ 1578 b Abs. 1 BGB abgelehnt hat, ist frei von Rechtsfehlern.
aa) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile i.S.d. Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben, § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB.
(1) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b BGB nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt, was freilich voraussetzt, dass der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen den eigenen angemessenen Lebensbedarf übersteigt. Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen ergibt den ehebedingten Nachteil (Senatsbeschluss vom 13. März 2013 XII ZB 650/11 FamRZ 2013, 935 Rn. 35 mwN).
(2) Ehebedingte Nachteile sind vor allem Erwerbsnachteile, die durch die von den Ehegatten praktizierte Rollenverteilung während der Ehe entstanden sind. Sie können sich ergeben, wenn ein Ehegatte sich entschließt, seinen Arbeitsplatz aufzugeben, um die Haushaltsführung und Kinderbetreuung zu übernehmen. Denn nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB können sich solche Nachteile vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben. Es ist auf die tatsächliche Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung abzustellen, weshalb der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht einwenden kann, dass er den Unterhaltsberechtigten während der Ehe zur Berufstätigkeit angehalten habe (Senatsbeschluss vom 13. März 2013 XII ZB 650/11 – FamRZ 2013, 935 Rn. 36 und Senatsurteil vom 16. Februar 2011 XII ZR 108/09 – FamRZ 2011, 628 Rn. 20 mwN).
Ein Nachteil ist nur dann nicht ehebedingt, wenn die Ehegestaltung für den Erwerbsnachteil nicht ursächlich geworden ist. Das ist der Fall, wenn der Unterhaltsberechtigte seinen Arbeitsplatz ausschließlich aus Gründen aufgegeben oder verloren hat, die außerhalb der Ehegestaltung liegen, so etwa aufgrund einer von ihm persönlich beschlossenen beruflichen Neuorientierung oder wegen einer betriebs- oder krankheitsbedingten Kündigung seitens des Arbeitgebers (Senatsbeschluss vom 13. März 2013 XII ZB 650/11 – FamRZ 2013, 935 Rn. 36 mwN).
Ein ehebedingter Nachteil kann sich bei einem – nicht ehebedingten – Arbeitsplatzverlust indes daraus ergeben, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene Rollenverteilung von der Aufnahme einer seiner beruflichen Qualifikation und Fähigkeiten entsprechenden Erwerbstätigkeit absieht und ihm dadurch eine dauerhafte Einkommenseinbuße entsteht (Senatsurteile vom 20. Februar 2013 XII ZR 148/10 – FamRZ 2013, 860 Rn. 20 und vom 7. März 2012 XII ZR 25/10 – FamRZ 2012, 776 Rn. 21).
(3) Der Unterhaltspflichtige, der sich auf eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts beruft, trägt die Darlegungs und Beweislast hinsichtlich der hierfür sprechenden Tatsachen. In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt deshalb grundsätzlich auch der Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne des § 1578 b BGB entstanden sind. Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch eine Erleichterung nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen. Danach trifft den Unterhaltsberechtigten eine sekundäre Darlegungslast, die im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt hat, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 18 ff. und Senatsbeschluss vom 13. März 2013 XII ZB 650/11 – FamRZ 2013, 935 Rn. 37 mwN).
bb) Gemessen hieran begegnet die Auffassung des Beschwerdegerichts, wonach die Voraussetzungen für eine Begrenzung nach § 1578 b BGB wegen eines bestehenden ehebedingten Erwerbsnachteils gegenwärtig nicht vorliegen, keinen Bedenken.
(1) Das Beschwerdegericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der betriebsbedingte Arbeitsplatzverlust auf Seiten der Ehefrau für sich gesehen keinen ehebedingten Nachteil zu begründen vermag. Zu Recht hat es in einem nächsten Schritt darauf abgestellt, dass ein ehebedingter Nachteil auch dann eintreten kann, wenn sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingt zunächst vergeblich nur in einem eingeschränkten Radius und später gar nicht mehr um eine seiner beruflichen Qualifikation und Fähigkeiten entsprechende Stelle bewirbt. Dabei kommt es auf die Einwendungen des Ehemanns, wonach die Ehefrau während des ehelichen Zusammenlebens die gebotenen Erwerbsbemühungen unterlassen habe, entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde schon deshalb nicht an, weil für die Bewertung der in § 1578 b BGB aufgeführten Kriterien maßgeblich auf die tatsächlich gelebte Ehe, also auf objektive Umstände abzustellen ist (siehe etwa Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 XII ZR 53/09 – FamRZ 2010, 2059 Rn. 27).
(2) Das Beschwerdegericht hat zudem die vom Senat zu § 1578 b BGB entwickelten Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast in nicht zu beanstandender Weise auf den vorliegenden Fall übertragen.
(a) Für die Frage, ob ehebedingte Nachteile entstanden sind, macht es im Ergebnis keinen Unterschied, ob sich der Unterhaltsberechtigte ehebedingt erst gar nicht um eine Erwerbstätigkeit bemüht hat und deshalb später nicht mehr in den erlernten Beruf zurückfinden kann oder ob er sich wie hier ehebedingt nur in einem engen örtlichen Umkreis zum Wohnort vergeblich beworben hat und deshalb nun keine entsprechende Anstellung mehr findet. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, der letztgenannten Fallgruppe eine gewisse Indizwirkung für eine generell fehlende Erfolgsaussicht der Bewerbungsbemühungen entnehmen zu können, kann dem im Rahmen der sekundären Darlegungslast je nach den Umständen des Einzelfalls angemessen Rechnung getragen werden. Das ändert entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde allerdings nichts daran, dass der Unterhaltspflichtige vom Unterhaltsberechtigten hinreichend substantiiert vorgetragene ehebedingte Nachteile zu widerlegen hat, weil er die Beweislast für die von ihm geltend gemachte Einwendung der Unterhaltsbegrenzung nach § 1578 b BGB trägt.
Beide Fallkonstellationen setzen freilich voraus, dass die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit ohne ehebedingte Einschränkung möglich gewesen wäre.
(b) Diesen Maßstäben ist das Beschwerdegericht hinreichend gerecht geworden.
Das Beschwerdegericht ist in tatrichterlicher Verantwortung davon ausgegangen, dass die Ehefrau ihrer Darlegungslast gerecht geworden sei. Hierbei hat es maßgeblich auf den Vortrag zu ihrer Erwerbsbiografie bis zur Eheschließung abgestellt. Zudem hat das Beschwerdegericht berücksichtigt, dass die Ehefrau bereits über fünf Jahre Berufserfahrung in leitender Position und neben dem Ingenieursabschluss über die Ausbildung als Chemielaborantin verfügte. Wenn es unter Berücksichtigung dieser Feststellungen den Vortrag der Ehefrau als hinreichend substantiiert erachtet, ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
(c) Schließlich geht die Rüge der Rechtsbeschwerde fehl, wonach das Beschwerdegericht dem Beweisantrag des Ehemanns, ein Sachverständigengutachten zu den seinerzeit bestehenden Einstellungschancen und zur Einkommenshöhe einzuholen, hätte entsprechen müssen. Die Rechtsbeschwerde hat mit ihrer Verfahrensrüge nicht aufgezeigt, dass der Beweisantrag des Ehemanns erheblich war, also die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen wäre.
Allerdings kann der Unterhaltspflichtige worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist die substantiierte Darlegung ehebedingter Nachteile widerlegen. Dabei verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht, erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen; der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt allerdings keinen Schutz davor, dass das Gericht Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt (BGH Beschluss vom 9. April 2013 XI ZR 337/10 BKR 2013, 260 Rn. 11 mwN).
(aa) Der Einholung eines Sachverständigengutachtens über die damaligen Beschäftigungschancen der Ehefrau bedurfte es ausgehend vom Vortrag des Ehemanns nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen indes nicht.
Der Ehemann hat in dem von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen Schriftsatz im instanzgerichtlichen Verfahren selbst vorgetragen, dass die Arbeitslosenquote der „FH-Absolventen (Chemiker)“ in Gesamtdeutschland 1991 26,6 % und im Jahr 1992 31,3 % betragen habe. Der von der Rechtsbeschwerde konkret in Bezug genommene Beweisantritt des Ehemanns bezieht sich auf das Beweisthema „Bewerbung in Pforzheim oder Umgebung“. In seiner Beschwerdebegründung hat der Ehemann wiederum die Behauptung unter Beweis gestellt, dass nur ein Bewerber mit speziellen Zusatzqualifikationen bzw. Nachweisen über Fortbildungsmaßnahmen auf dem Arbeitsmarkt in Westdeutschland eine Chance und eine Frau ohnehin noch schlechtere Chancen gehabt hätte.
Das Beschwerdegericht hat den Vortrag des Ehemanns als richtig unterstellt, wonach die Arbeitsplatzsituation für Chemie-Ingenieure Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts so angespannt gewesen sei, dass auch Universitätsabsolventen mit guten Examina nicht sofort eine Anstellung hätten finden können. Dabei hat es aber zugunsten der Ehefrau berücksichtigt, dass diese anders als Universitätsabsolventen Anfang der 90er Jahre bereits über fünf Jahre Berufserfahrung in leitender Position verfügte und neben dem Ingenieurabschluss eine Ausbildung als Chemielaborantin innehatte. Selbst wenn man die vom Ehemann bezogen auf FH-Absolventen, also Berufsanfänger behauptete Arbeitslosenquote von rund 30 % unterstellte, würde dies der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil damit die von der Ehefrau dargelegte Erwerbschance nicht widerlegt wäre. Da sie im Übrigen dargetan hat, dass sie sich im gesamten Bundesgebiet beworben hätte, kommt es auf die unter Beweis gestellte Tatsache der Einstellungschancen in Pforzheim und Umgebung nicht an.
Ebenso wenig kann sich der Ehemann mit Erfolg darauf berufen, dass sich die Ehefrau erst im Jahr 1993 um die Anerkennung ihres Abschlusses (FH) gekümmert habe. Denn dies ist letztlich Ausdruck der gelebten Ehe und lässt keine Rückschlüsse darauf zu, wie die Ehefrau ohne Ehe verfahren wäre. Hinzu kommt, dass der Ehemann an anderer Stelle selbst behauptet hat, dass die Ehefrau in der Zeit von 1990 bis 1993 einen Arbeitsplatz in ihrem erlernten Beruf hätte finden können, wenn sie sich nur ausreichend und in einem größeren Umkreis beworben hätte. Im Übrigen hätte der Ehefrau selbst bei unterstellt schlechten Erwerbschancen im Jahr 1992 ohne Ehe dann jedenfalls ein späterer Wiedereinstieg gelingen können.
(bb) Schließlich ist auch nichts dagegen zu erinnern, dass das Beschwerdegericht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen das von der Ehefrau in ihrem früheren Beruf erzielbare monatliche Bruttoeinkommen mit 3.450 € bemessen hat (netto 2.132 € bei Steuerklasse 1 und einem hälftigen Kinderfreibetrag), ohne hierzu ein Sachverständigengutachten eingeholt zu haben.
Entgegen den pauschal gehaltenen Ausführungen der Rechtsbeschwerde hat sich das Beschwerdegericht zur Ermittlung der Einkommenshöhe nicht allein auf eine Studie des Vereins Deutscher Ingenieure gestützt. Vielmehr hat es in tatrichterlicher Verantwortung das Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung herangezogen und schließlich unter Berücksichtigung verschiedener Tarifstrukturen einen Mittelwert von 4.200 € brutto monatlich gebildet. Zudem hat das Beschwerdegericht den von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen Einwand des Ehemanns im Ergebnis Rechnung getragen, wonach ein geschlechtsspezifischer Abschlag von 18 % vorzunehmen sei, indem es bei der Berechnung des angemessenen Lebensbedarfs der Ehefrau einen monatlichen Bruttolohn von lediglich 3.450 € zugrunde gelegt hat. Schließlich hat es sich umfassend und in von Rechts wegen nicht zu beanstandender Weise mit dem Einwand des Ehemanns auseinandergesetzt, wonach ein Abschlag vom Tarifgehalt vorzunehmen sei, weil viele Akademiker nicht in tarifgebundenen Unternehmen arbeiteten. Dass das Beschwerdegericht einen solchen Abschlag ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens abgelehnt hat, ist nicht zuletzt auch deshalb vertretbar, weil dieser Beweisantritt nicht geeignet war, eine mögliche Anstellung der Ehefrau in einem tarifgebundenen Unternehmen zu widerlegen, zumal nach dem eigenen Vortrag des Ehemanns immerhin 47 % aller Akademiker in tarifgebundenen Betrieben beschäftigt seien.
(3) Nach den weiteren Feststellungen des Beschwerdegerichts entspricht der angemessene Lebensbedarf der Ehefrau, also das Einkommen, über das sie ohne Eheschließung verfügen würde, dem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Demnach stimmt der zugesprochene Elementarunterhalt mit dem ehebedingten Nachteil überein, weshalb auch nichts dagegen zu erinnern ist, dass sich das Beschwerdegericht gegen eine Befristung ausgesprochen hat.
cc) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht von einer Herabsetzung im Sinne des § 1578 b Abs. 1 BGB abgesehen hat. Denn eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf kommt nur dann in Betracht, wenn der angemessene Lebensbedarf unterhalb des ehelichen Bedarfs gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt.
dd) Weder von der Rechtsbeschwerde angegriffen noch sonst zu beanstanden ist der vom Beschwerdegericht der Ehefrau zugebilligte Altersvorsorgeunterhalt. Da ihr lediglich die ehebedingte Einkommensdifferenz als Elementarunterhalt zugesprochen wird, setzt sich der ehebedingte Nachteil mit Renteneintritt in Form der geringeren Rentenanwartschaften fort. Durch die Bewilligung von Altersvorsorgeunterhalt im Sinne von § 1578 Abs. 3 BGB bezogen auf die ehebedingte Einkommensdifferenz kann dieser Nachteil ausgeglichen werden (Senatsbeschlüsse vom 7. November 2012 XII ZB 229/11 FamRZ 2013, 109 Rn. 51 und vom 26. Februar 2014 XII ZB 235/12 zur Veröffentlichung bestimmt).
BGH, Beschluss vom 26.03.2014
XII ZB 214/13
OLG Schleswig, Entscheidung vom 22.04.2013, 15 UF 174/12
AG Neumünster, Entscheidung vom 25.10.2012, 41 F 37/12