Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage eingeholt, ob § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008 (BGBl. I S. 313) mit Art. 6 Abs. 5 GG vereinbar ist.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger
beschlossen:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu folgender Frage eingeholt:
Ist § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008 (BGBl. I S. 313) mit Art. 6 Abs. 5 GG vereinbar?
Gründe:
A.
Das ursprünglich klagende Land hat im Wege der Behördenanfechtung die Vaterschaft des Beklagten zu 2 (im Folgenden: Vater) zum Beklagten zu 1 (im Folgenden: Kind) angefochten.
Die Mutter des im Juni 2005 geborenen Kindes ist bosnisch-herzegowinische Staatsangehörige. Der mit der Mutter nicht verheiratete Vater ist deutscher Staatsangehöriger und erkannte die Vaterschaft im August 2005 vor dem Standesamt an. Im Dezember 2006 erhielt die Mutter als Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen anstelle der ihr zuvor erteilten befristeten eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Das ursprünglich klagende Land hat geltend gemacht, dass die Mutter zu keiner Zeit mit dem Vater in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt und eine wirtschaftliche Hausgemeinschaft geführt habe. Es bestünden ernsthafte Zweifel an der biologischen Vaterschaft, weil zwischen den Beklagten nie eine sozial-familiäre Beziehung bestanden habe und durch die Anerkennung die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis geschaffen worden seien. Die Anfechtungsfrist sei gewahrt, weil das Land erst durch ein Schreiben der Ausländerbehörde vom März 2009 von den Anfechtungstatsachen Kenntnis erlangt habe.
Der Senat des Landes Berlin hatte bis Dezember 2010 von der Verordnungsermächtigung in § 1600 Abs. 6 Satz 1, 2 BGB keinen Gebrauch gemacht und keine für die Anfechtung der Vaterschaft zuständige Behörde bestimmt. Das Land hat sich darauf berufen, dass sich die zuständige Behörde bereits aus dem bestehenden Gesetz über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung (AZG) und dem Verwaltungsverfahrensgesetz ergebe.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Landes zurückgewiesen. Dagegen hat das Land die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. In der Revisionsinstanz ist auf Klägerseite ein Parteiwechsel zugunsten der nunmehr anfechtungsberechtigten Behörde als neuer Klägerin erklärt worden. Das in der Revisionsinstanz durch einen zugelassenen Rechtsanwalt allein vertretene Kind hat dem Parteiwechsel zugestimmt.
B.
Das Verfahren ist nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen. Nach Überzeugung des Senats ist das behördliche Anfechtungsrecht nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB mit Art. 6 Abs. 5 GG unvereinbar, weil die Regelung eine Anfechtung der Vaterschaft nur in Bezug auf die Anerkennung nichtehelicher Kinder vorsieht, während eheliche Kinder davon auch im Fall eines vergleichbaren Rechtsmissbrauchs nicht betroffen sein können. Zur Verfassungsmäßigkeit ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.
Eine bloße Aussetzung entsprechend § 148 ZPO wegen bereits beim Bundesverfassungsgericht zu der Frage anhängiger Verfahren (BVerfG 1 BvL 6/10 Vorlage des Amtsgerichts Hamburg-Altona; OLG Bremen FamRZ 2011, 1073) ohne eigene Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG NJW 2000, 1484; BGH Beschlüsse vom 25. März 1998 – VIII ZR 337/97 – NJW 1998, 1957 und vom 18. Juli 2000 – VIII ZR 323/99 – RdE 2001, 20) ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, weil der Senat die verfassungsrechtlichen Bedenken im Ergebnis teilt.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage unbegründet. Das (ursprünglich) klagende Land sei nicht nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB anfechtungsberechtigt, da es selbst nicht Behörde, sondern der Rechtsträger sei, dem die Landesbehörden angehörten. Der Gesetzgeber habe die Landesregierungen ermächtigen wollen, die anfechtungsberechtigten Behörden nach ihrer Eignung und den örtlichen Besonderheiten auszuwählen. Dass der Rechtsträger selbst das Anfechtungsrecht wahrnehmen können solle, sei in der Gesetzesbegründung nicht in Erwägung gezogen worden. Die schon vor der gesetzlichen Neuregelung bestehenden gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen könnten ein Anfechtungsrecht nicht begründen. So lange von der Verordnungsermächtigung kein Gebrauch gemacht worden sei, bedürfe es auch keiner Entscheidung darüber, ob die Landesregierung als Adressat der Verordnungsermächtigung in § 1600 Abs. 6 Satz 1 BGB selbst für die Anfechtung der Vaterschaft zuständig sei.
II.
Die Frage, ob § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB verfassungsgemäß ist, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich. Würde § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB gegen Art. 6 Abs. 5 GG verstoßen, könnte der Rechtsstreit nicht entschieden werden.
1. Der Revision bleibt ein Erfolg nicht schon ohne Rücksicht auf die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung versagt.
a) Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Novem-ber 2010 – XII ZB 197/10 – FamRZ 2011, 100 Rn. 10). Das Verfahren der Vaterschaftsanfechtung richtet sich demnach noch nach §§ 640 ff. ZPO, § 1600 e BGB.
Die Klage ist zulässig. Der Parteiwechsel vom Land zu dem Bezirksamt als zuständiger Behörde auf Klägerseite ist entsprechend § 263 ZPO (vgl. BeckOK ZPO/Bacher [Stand: 15. April 2012] § 263 Rn. 17 mwN) wirksam. Zwar ist in der Revisionsinstanz ein Parteiwechsel grundsätzlich nicht mehr möglich, wenn dieser mit neuem Tatsachenvortrag verbunden ist (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 33. Aufl. Vor § 50 Rn. 24). Die vorliegende Fallgestaltung zeichnet sich indessen durch die Besonderheit aus, dass ein Parteiwechsel wegen einer Rechtsänderung zur Zuständigkeit der anfechtungsberechtigten Behörde erforderlich geworden ist, welche auch im Revisionsverfahren zu berücksichtigen ist und sowohl aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes wie auch der Prozessökonomie die Möglichkeit des Eintritts der nunmehr zuständigen Behörde erfordert (vgl. Senatsurteil BGHZ 109, 211 = FamRZ 1990, 283, 284; BVerwGE 44, 148, 151 = DÖV 1974, 241). Das beklagte Kind hat dem Parteiwechsel zugestimmt. Überdies bedurfte es der Zustimmung der Beklagten nicht, weil der Parteiwechsel lediglich in der durch Gesetzesänderung veränderten Zuständigkeit begründet liegt und daher sachdienlich ist. Er beeinträchtigt die Beklagten nicht in ihren Rechten, weil sich außer der neu geregelten Zuständigkeit im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB der Prozessstoff nicht geändert hat. Ob überdies ein Parteiwechsel bereits kraft Gesetzes eingetreten ist oder dem Land eine Fortsetzung des Verfahrens in entsprechender Anwendung von § 265 Abs. 2 ZPO eröffnet war, erscheint zweifelhaft (vgl. BVerwGE 44, 148, 151 = DÖV 1974, 241 sowie BGH Urteil vom 7. Januar 2008 – II ZR 283/06 – NJW-RR 2008, 860), bedarf aber wegen des jedenfalls wirksam erklärten – gewillkürten – Parteiwechsels im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.
Die Parteifähigkeit der Behörde ergibt sich aus der dieser durch § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB übertragenen Aufgabe (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 29. Aufl. § 50 Rn. 25 sowie – zur Beteiligtenstellung nach dem FamFG – § 8 Nr. 3 FamFG und Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1600 Rn. 124). Die Wahrnehmung der vom Gesetz zugewiesenen Aufgabe setzt voraus, dass die Behörde im eigenen Namen einen Prozess führen kann. Die Anfechtungsberechtigung der Behörde ist dementsprechend der Regelung zur Eheaufhebung gemäß § 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB nachgebildet (BT-Drucks. 16/3291 S. 12). Für diese war schon aufgrund des vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes geltenden Verfahrensrechts die Parteifähigkeit der antragsberechtigten Behörde nicht zweifelhaft (vgl. § 631 Abs. 5 ZPO sowie Musielak/Borth ZPO 6. Aufl. § 631 Rn. 11). Dass die Behörde als solche nicht rechtsfähig ist und ob deren Prozessführung – wie von der Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erwogen – etwa als eine Prozessstandschaft für das Land als Rechtsträger zu qualifizieren ist, ist nicht von Bedeutung, weil beides der Prozessführung durch die Behörde im eigenen Namen wie auch deren Parteifähigkeit nicht entgegensteht.
Die Wirksamkeit der gesetzlichen Aufgabenzuweisung an die anfechtungsberechtigte Behörde ist für das vorliegende Verfahren ungeachtet der Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung zu unterstellen. Denn der Behörde muss zur Geltendmachung ihrer prozessualen Rechte der Zugang zu einer gerichtlichen Sachprüfung eröffnet sein (vgl. BGH Beschlüsse vom 31. Mai 2010 – II ZB 9/09 – NJW 2010, 3100 und vom 27. September 2007 – VII ZB 23/07 – FamRZ 2008, 256 jeweils mwN; Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 33. Aufl. § 50 Rn. 11).
Berufung und Revision sind vom ursprünglich klagenden Land in zulässiger Weise eingelegt und begründet worden.
b) Nach dem Parteiwechsel stellt sich die vom Berufungsgericht verneinte Frage, ob das Land als ursprüngliche Klägerin als Behörde im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 6 BGB eine Anfechtungsklage erheben konnte, in diesem Zusammenhang nicht mehr. Denn für die Begründetheit der Klage ist auf den Zeitpunkt der Revisionsentscheidung abzustellen. Die Anfechtungsberechtigung der nunmehr klagenden Behörde ist demnach auch vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet nicht mehr zweifelhaft.
c) Die übrigen Voraussetzungen der behördlichen Vaterschaftsanfechtung hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht geprüft. Aufgrund des von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalts kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass es an einer Anfechtungsvoraussetzung fehlt und die Klage schon aus anderen Gründen als der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung abzuweisen ist.
aa) Zu der Frage des Bestehens einer sozial-familiären Beziehung zwischen den Beklagten im Sinne von § 1600 Abs. 3 BGB haben die Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen. Für die Revisionsinstanz ist daher der Klägervortrag zu unterstellen, dass zwischen den Beklagten keine sozial-familiäre Beziehung besteht und bestanden hat.
Einen weitergehenden als den die Voraussetzungen nach § 1600 Abs. 3 BGB umfassenden Klägervortrag setzt die Schlüssigkeit der von der Behörde erhobenen Anfechtungsklage nicht voraus. Zwar erfordert die Schlüssigkeit der Anfechtungsklage nach der Rechtsprechung des Senats bei der Anfechtung nach § 1600 Nr. 1 bis 4 BGB – entsprechend der den Lauf der Anfechtungsfrist nach § 1600 b BGB auslösenden Kenntniserlangung – einen Klägervortrag zum Anfangsverdacht, dass das Kind nicht das leibliche Kind des Vaters ist (vgl. Senatsurteile vom 22. April 1998 – XII ZR 229/96 – FamRZ 1998, 955, 956; vom 30. Oktober 2002 – XII ZR 345/00 – FamRZ 2003, 155, 156; BGHZ 162, 1 = FamRZ 2005, 340 und nunmehr § 171 Abs. 2 Satz 2 FamFG). Demgegenüber hat die anfechtungsberechtigte Behörde – wiederum entsprechend der den Lauf der Frist in Gang setzenden Kenntniserlangung gemäß § 1600 b Abs. 1 a BGB – lediglich vorzutragen, dass die Anfechtungsvoraussetzungen nach § 1600 Abs. 3 BGB vorliegen (vgl. BT-Drucks. 16/3291 S. 14 f. sowie nunmehr § 171 Abs. 2 Satz 3 FamFG; i.E. ebenso MünchKommBGB/Wellenhofer 6. Aufl. § 1600 Rn. 24; aA Genenger FPR 2007, 155, 158).
bb) Auch die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen der Vaterschaftsanfechtung liegen vor.
Nach § 1600 Abs. 3 BGB müssen durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteiles geschaffen worden sein. Das Kind hat durch die Anerkennung nach § 4 Abs. 1 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit erworben und unterliegt damit keinen Aufenthaltsbeschränkungen (Art. 11 GG). Die Mutter hat durch die Anerkennung einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erworben. Deren Befristung hat sich gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 AufenthG am Aufenthaltszweck zu orientieren, der im vorliegenden Fall in der Ausübung der Personensorge besteht. Zudem ist einem aufenthaltsberechtigten Ausländer nach § 28 Abs. 2 AufenthG in der Regel nach drei Jahren eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Vor der Anerkennung hatte die Mutter lediglich eine befristete Aufenthaltserlaubnis als Härtefall gemäß § 23 a AufenthG, an der das minderjährige Kind teilhatte (vgl. § 33 AufenthG).
Es ist allerdings zweifelhaft, ob die Voraussetzungen eines erlaubten Aufenthalts auch bei einem bereits bestehenden – befristeten – Aufenthaltstitel durch die Anerkennung geschaffen worden und damit die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen der Anfechtung erfüllt sind. Die Frage ist jedenfalls unter den Umständen des vorliegenden Falles zu bejahen.
Dass von der gesetzlichen Regelung nicht nur Fälle eines aufgrund der Anerkennung erstmals erlangten Aufenthaltstitels, sondern auch solche einer Verbesserung des Aufenthaltsstatus erfasst werden sollten, liegt allerdings nahe. Von der Anknüpfung des Gesetzes an den erlaubten Aufenthalt wird auch der Fall erfasst, dass der Aufenthalt infolge der Anerkennung für eine längere Zeit erlaubt ist, als er es ohne diese wäre. Der Wortlaut deckt daher auch solche Fallgestaltungen ab, in denen der Aufenthaltsstatus durch die Anerkennung nur verbessert wird und Kind und Elternteil auch ohne die Anerkennung nicht ausreisepflichtig wären (Erman/Hammermann BGB 13. Aufl. § 1600 Rn. 22 g). Zudem wird aus den Gesetzesmaterialien deutlich, dass die Behördenanfechtung auch Fälle erfassen sollte, in denen ein noch nicht auf Dauer gesicherter Aufenthalt durch die Anerkennung der Vaterschaft in einen dauerhaft gesicherten umgewandelt wird (BT-Drucks. 16/3291 S. 10).
Ob dies unterschiedslos zu gelten hat oder eine differenzierte Betrachtung notwendig ist (vgl. etwa Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1600 Rn. 119 f.), braucht im vorliegenden Fall wegen der Besonderheiten des von der Mutter vor der Anerkennung innegehabten Aufenthaltstitels nicht entschieden zu werden. Denn bei dem vor der Anerkennung bestehenden Aufenthaltstitel handelte es sich um eine befristete Aufenthaltserlaubnis in Härtefällen nach § 23 a Abs. 1 AufenthG, die auf Ersuchen der von der Landesregierung eingerichteten Härtefallkommission erteilt worden ist. Die Befugnis zur Aufenthaltsgewährung besteht nach § 23 a Abs. 1 Satz 4 AufenthG ausschließlich im öffentlichen Interesse und begründet keine eigenen Rechte des Ausländers. Dagegen hat die Anerkennung der Vaterschaft durch den Beklagten zu 2 im vorliegenden Fall sowohl für das Kind (bereits aufgrund des Erwerbs der Staatsangehörigkeit) als auch für die Mutter einen gesicherten Aufenthaltsstatus begründet, der über die befristete Aufenthaltserlaubnis in Härtefällen deutlich hinausgeht. Damit ist das Anfechtungserfordernis erfüllt, dass durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für den erlaubten Aufenthalt geschaffen worden sind.
cc) Die kenntnisabhängige Anfechtungsfrist nach § 1600 Abs. 1 a Satz 2 BGB ist aufgrund der Feststellungen der Vorinstanzen durch die Klageerhebung gewahrt worden. Die Frist wurde erst in Gang gesetzt, nachdem das zuständige Bezirksamt durch die Ausländerbehörde gemäß § 90 Abs. 5 AufenthG im März 2009 über die Voraussetzungen der Behördenanfechtung informiert worden war (zur Kenntniszurechnung vgl. BGH Urteil vom 28. Februar 2012 – VI ZR 9/11 – VersR 2012, 738 Rn. 9 mwN; BVerwG NJW 1985, 819; Palandt/Brudermüller BGB 71. Aufl. § 1600 b Rn. 33).
Die Frist ist durch die im Juni 2009 eingereichte Anfechtungsklage gewahrt worden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war das ursprünglich klagende Land zur Erhebung der Anfechtungsklage aktivlegitimiert. Das Land war bei Erhebung der Klage zuständige Behörde im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB.
Es war nicht gehalten, von der Verordnungsermächtigung nach § 1600 Abs. 6 Satz 1 BGB Gebrauch zu machen und eine Behörde zu bestimmen, um die ihm übertragene Ausführung des Gesetzes zu gewährleisten (aA – mit dem Berufungsgericht – Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1600 Rn. 107). Vielmehr konnte es die Aufgabe durch die nach dem allgemeinen Organisationsrecht zuständige Behörde selbst wahrnehmen.
Die Revision macht zutreffend geltend, dass die Bundesgesetze nach Art. 83 GG von den Ländern grundsätzlich als eigene Angelegenheit auszuführen sind. Nach Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG regeln die Länder die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Der Bundesgesetzgeber darf dabei nicht in die Organisationshoheit der Länder eingreifen. In diesem Sinne ist auch die Vorschrift des § 1600 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 6 BGB auszulegen. Denn diese enthält lediglich eine Verordnungsermächtigung. Durch sie wird weder ein Zwang zur Einrichtung bestimmter Landesbehörden ausgeübt noch vorgeschrieben, in welcher Organisationsform die Aufgabe wahrzunehmen ist.
Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass der Begriff der Behörde vom Gesetzgeber in vielfältigem Sinne verwendet wird und allein mit der Verwendung des Begriffs der Behörde daher kein – nach Art. 84 GG unzulässiger – Zwang zu einer bestimmten Organisationsform verbunden ist. Der Begriff bleibt dementsprechend im vorliegenden Regelungszusammenhang nicht auf unselbständige Stellen öffentlicher Verwaltung ohne eigene Rechtspersönlichkeit beschränkt, sondern ermöglicht auch die Tätigkeit eines selbständigen Verwaltungsträgers. Dementsprechend haben einzelne Bundesländer die behördliche Vaterschaftsanfechtung auf die Landkreise und kreisfreien Städte und somit auf rechtlich selbständige Verwaltungsträger übertragen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AV-ZustV Brandenburg GVBl. II 2009, S. 62; § 1 Abs. 1 VatAnfZustV Niedersachsen Nds. GVBl. 2008, 273).
Mangels anderweitiger Delegation des Anfechtungsrechts auf eine Behörde oblag die Wahrnehmung der in § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB vorgesehenen Behördenanfechtung nach Art. 83 GG dem Land. Nach §§ 5 Abs. 2, 4 Abs. 1 Satz 2 des Berliner Gesetzes über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung (AZG Berlin) wird die Zuständigkeit für die der Berliner Verwaltung durch Bundesgesetz zugewiesenen neuen Aufgaben in der Form wahrgenommen, dass das Land als Rechtsträger von den zuständigen Bezirksämtern vertreten wird.
Diese waren bis zum Erlass der Ausführungsverordnung mangels einer gesetzlichen Zuweisung der Anfechtungsbefugnis an eine Behörde noch nicht parteifähig (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 29. Aufl. § 50 Rn. 25). Demnach war bis zum Erlass der Verordnung über die Bestimmung der zuständigen Behörde im Vaterschaftsanfechtungsverfahren vom 14. Dezember 2010 das Land die zuständige Behörde im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB und konnte, vertreten durch das Bezirksamt, fristwahrend die vorliegende Klage erheben.
dd) Schließlich fehlt es bislang auch an Feststellungen zur biologischen Vaterschaft (§ 1599 BGB), so dass es entscheidend auf die Verfassungsmäßigkeit von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB ankommt.
ee) Dass die Frage der Verfassungsmäßigkeit nach einer weiteren Sachaufklärung, die im vorliegenden Fall von den Vorinstanzen noch nicht abschließend durchgeführt worden ist, möglicherweise nicht beantwortet werden müsste, hindert die Vorlage durch den Senat nicht. Anders als in der die Vorlage durch die Tatsachengerichte betreffenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Bundesgerichtshof als Revisionsgericht nicht in der Lage, die gebotenen Ermittlungen selbst durchzuführen (vgl. BVerfGE 24, 119, 133 f.). Die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts ist vielmehr dem Tatrichter vorbehalten. Eine die Revisionsinstanz abschließende Entscheidung unterscheidet sich auch dann, wenn sie das Gesamtverfahren nicht beendet, sondern die Sache zurückverweist, wesentlich von einer Zwischenentscheidung nach Art eines Beweisbeschlusses innerhalb derselben Instanz. Sie enthält inhaltlich eine Entscheidung über Rechtsfragen, sie hebt die bis dahin gültige Sachentscheidung auf und bindet das untere Gericht im Rahmen der für die Aufhebung maßgebenden Begründung. Vor allem aber stellt sich die Frage der Prozessökonomie bei einer Zurückverweisung anders als bei einer Zwischenentscheidung in derselben Instanz. Der Gesichtspunkt, das Bundesverfassungsgericht vor einer Überlastung mit Verfahren der konkreten Normenkontrolle zu bewahren, tritt in diesem Fall nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinter dem berechtigten Interesse der Verfahrensbeteiligten und der Gerichte, ein erneutes Durchlaufen des Instanzenzuges nach Möglichkeit zu vermeiden, zurück (BVerfGE 24, 119, 133 f.).
2. Somit kommt es für die vom Senat zu treffende Entscheidung auf die Verfassungsmäßigkeit von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB an. Wäre die Norm anzuwenden, so müsste das Berufungsurteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Da der Senat die Regelung für verfassungswidrig hält, hat er die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
III.
Der Senat ist der Überzeugung, dass die behördliche Vaterschaftsanfechtung nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in ihrer derzeitigen gesetzlichen Ausgestaltung wegen Verletzung von Art. 6 Abs. 5 GG verfassungswidrig ist (ebenso OLG Bremen FamRZ 2011, 1073, AG Hamburg-Altona StAZ 2010, 306; vgl. auch Frank StAZ 2006, 281, 284; Helms StAZ 2007, 69, 71 f.; Genenger FPR 2007, 155, 160).
1. Art. 6 Abs. 5 GG enthält nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen Verfassungsauftrag, der die Gleichstellung und Gleichbehandlung aller Kinder ungeachtet ihres Familienstandes zum Ziel hat und den Gesetzgeber verpflichtet, nichtehelichen Kindern durch positive Regelungen die gleichen Bedingungen für ihre körperliche und seelische Entwicklung zu schaffen wie ehelichen Kindern (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965 Rn. 40 mwN). Dabei darf sich der Gesetzgeber grundsätzlich nicht mit einer bloßen Annäherung der Stellung des nichtehelichen Kindes an die des ehelichen Kindes zufrieden geben. Ein Kind darf wegen seiner nichtehelichen Geburt nicht benachteiligt werden. Auch eine mittelbare Schlechterstellung nichtehelicher Kinder im Verhältnis zu ehelichen Kindern ist durch Art. 6 Abs. 5 GG verboten. Eine differenzierende Regelung für nichteheliche Kinder ist verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, wenn sie aufgrund der unterschiedlichen tatsächlichen Lebenssituation zwingend erforderlich ist, um das Ziel der Gleichstellung von nichtehelichen Kindern mit ehelichen Kindern zu erreichen. Fehlt es an solchen zwingenden tatsächlichen Gründen für die Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder, lässt sich diese nur durch kollidierendes Verfassungsrecht rechtfertigen, das mit Art. 6 Abs. 5 GG abzuwägen ist (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965 Rn. 40 mwN).
An Art. 6 Abs. 5 GG ist auch die Zu- oder Aberkennung eines bestehenden Verwandtschaftsstatus zu messen (vgl. BVerfGE 25, 167). Denn dieser ist Grundbedingung für zahlreiche elementare Rechte und Rechtspositionen wie etwa Elternverantwortung, Unterhalt, Erbrecht und Staatsangehörigkeit. Zwar steht es dem Gesetzgeber frei, die – auch rückwirkende – Beseitigung eines Verwandtschaftsstatus, der nicht durch die leibliche Abstammung oder eine sozial-familiäre Beziehung gedeckt ist, zu ermöglichen, was dann auch zum Verlust der Staatsangehörigkeit des Kindes führen kann (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 21, 22). Im Ausgangspunkt stehen dabei aber nichteheliche und eheliche Kinder gleich, weil der rechtliche Status der Verwandtschaft mit dem Vater in beiden Fällen zunächst wirksam begründet worden ist. Es fällt demnach nicht nur in den Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 5 GG, bei jeweils gesicherter Vaterschaft die gleichen Bedingungen zu schaffen (so etwa bei Zuerkennung von Unterhaltsansprüchen an den kinderbetreuenden Elternteil; BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965 Rn. 55 ff. mwN), sondern auch die Entziehung eines einmal erlangten rechtlichen Status nicht aus sachlich nicht gerechtfertigten Gesichtspunkten für eheliche und nichteheliche Kinder unterschiedlich auszugestalten.
2. Der Gesetzgeber behandelt die durch Anerkennung und die durch Geburt während bestehender Ehe begründete Vaterschaft auf unterschiedliche Weise.
a) Nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB ist die zuständige Behörde (anfechtungsberechtigte Behörde) in den Fällen des § 1592 Nr. 2 BGB (Anerkennung der Vaterschaft) berechtigt, die Vaterschaft anzufechten. Die behördliche Anfechtung setzt nach § 1600 Abs. 3 BGB voraus, dass zwischen dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt der Anerkennung oder seines Todes bestanden hat und durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteiles geschaffen werden. Die Regelung ist durch das Gesetz zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008 (BGBl. I S. 313) eingefügt worden.
Mit der behördlichen Vaterschaftsanfechtung hat der Gesetzgeber eine Abhilfemöglichkeit für missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen geschaffen, die weder auf biologischer Vaterschaft noch auf einem – angestrebten – sozialen Vater-Kind-Verhältnis beruhen (BT-Drucks. 16/3291 S. 1 f.). Dabei hat er dem Umstand Rechnung getragen, dass die (leibliche) Abstammung wie die sozial-familiäre Verantwortungsgemeinschaft gleichermaßen den Gehalt von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ausmachen (BVerfG FamRZ 2003, 816, 820; BT-Drucks. 16/3291 S. 1 f.). Der Gesetzgeber hat das Elternrecht berücksichtigt, indem er die Anfechtungsvoraussetzungen so ausgestaltet hat, dass die Anfechtung nur Erfolg haben kann, wenn kein auf leiblicher Abstammung oder auf einer sozial-familiären Beziehung beruhendes Eltern-Kind-Verhältnis besteht.
Die Anfechtung der Vaterschaft durch die Behörde ist allein für eine nach § 1592 Nr. 2 BGB begründete Vaterschaft vorgesehen und beschränkt sich somit auf die Vaterschaft kraft Anerkennung.
b) Dagegen ergibt sich bei während einer bestehenden Ehe geborenen Kindern die Vaterschaft des mit der Mutter verheirateten Mannes kraft Gesetzes aus § 1592 Nr. 1 BGB. Bei durch eine sogenannte Scheinehe erwirkten Aufenthaltsvorteilen sieht das Gesetz die Möglichkeit eines behördlichen Antrags auf Aufhebung der Ehe nach §§ 1314 Abs. 2 Nr. 5, 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB vor. Die Aufhebung der Ehe wirkt allerdings nicht zurück, sondern nur für die Zukunft (vgl. Hepting FamRZ 1998, 713, 727 f.). Die durch das Eheschließungsreformgesetz vom 4. Mai 1998 (BGBl. I S. 833) eingefügte Regelung beruht auf einer entsprechenden Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 13/9416 S. 27 f.). Eine Rückwirkung im Hinblick auf die Vaterschaftszuordnung des Ehemannes war bereits aufgrund der vorausgegangenen Rechtslage ausgeschlossen, die selbst im Fall der (rückwirkenden) Nichtigerklärung der Ehe das Vater-Kind-Verhältnis ausdrücklich aufrechterhielt (§ 1591 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BGB in der bis 30. Juni 1998 geltenden Fassung). An diesen Folgen für das Kindschaftsverhältnis ist durch das Eheschließungsreformgesetz nichts geändert worden.
Eine Anfechtung der durch eine zu Aufenthaltszwecken geschlossenen Ehe begründeten Vaterschaft sieht das Gesetz nicht vor, und zwar auch dann nicht, wenn die Ehe als sogenannte Scheinehe gemäß §§ 1313, 1314 Abs. 1 Nr. 5, 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB aufgehoben wurde.
c) Aus dem oben Ausgeführten ergibt sich, dass eheliche und nichteheliche Kinder in vergleichbaren Situationen, namentlich in Bezug auf die Begründung und den Bestand eines Verwandtschaftsverhältnisses bei jeweils missbräuchlicher Statusbegründung, unterschiedlich behandelt werden. Daraus, dass sich die Verwandtschaft im Fall des § 1592 Nr. 1 BGB nur mittelbar aus der Ehe des Mannes mit der Mutter ergibt, während die Anerkennung der Vaterschaft das Verwandtschaftsverhältnis unmittelbar begründet, ergeben sich jedenfalls im Hinblick auf die Beseitigung des Status nach aufgehobener Ehe keine wesentlichen Besonderheiten, die eine Besserstellung der ehelichen Abstammung rechtfertigen könnten.
3. Zwingende Gründe für eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Anfechtung der Vaterschaft liegen nicht vor. Die bestehenden Besonderheiten der ehelichen Abstammung können es jedenfalls nach Aufhebung einer Scheinehe nicht rechtfertigen, dass der Status dem nichtehelichen Kind auf Antrag einer staatlichen Behörde genommen wird, während er dem ehelichen Kind erhalten bleibt.
a) Der mit einer sogenannten Scheinehe (Aufenthaltsehe) verbundene Rechtsmissbrauch ist allerdings typischerweise zunächst auf die Person des Ehegatten bezogen, der durch die Statusbegründung unmittelbar begünstigt wird. Die Herbeiführung von Aufenthaltsvorteilen für ein später geborenes Kind mag demgegenüber in vielen Fällen nur eine unbeabsichtigte Nebenfolge sein (vgl. Helms StAZ 2007, 69, 71). Auf den subjektiven Zweck der jeweiligen Statusbegründung kann indessen nicht entscheidend abgestellt werden, zumal dieser auch bei der Anerkennung nach der derzeitigen Ausgestaltung des behördlichen Anfechtungsrechts nicht ausschlaggebend ist (vgl. BT-Drucks. 16/3291 S. 14). Das Gesetz erfasst demnach auch den Fall, dass eine Verbesserung des Aufenthaltsstatus von dem die Anerkennung erklärenden Mann nicht beabsichtigt war. Überdies läuft der gesetzliche Zweck der Aufhebung einer Scheinehe weitgehend leer, weil die Mutter unabhängig von der Ehe eine Aufenthaltserlaubnis aus der Personensorge für das Kind herleiten kann, das seinen Status durch die Eheaufhebung nicht verliert. Zwar dürfte sich die Eingehung einer Scheinehe durch hier vorgesehene präventive Maßnahmen (§ 13 Abs. 2 PStG) effizienter verhindern lassen als die Abgabe einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung (vgl. allerdings für die Anerkennung vor dem Standesbeamten § 44 Abs. 1 Satz 3 PStG). Auch dadurch wird aber nur ein mehr oder weniger großer Teil der Fälle erfasst, während es bei durchgeführter Eheschließung und späterer Aufhebbarkeit bei der Ungleichbehandlung verbleibt.
b) Der Schutz der Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG rechtfertigt die Ungleichbehandlung nicht. Da Art. 6 Abs. 5 GG fordert, nichtehelichen Kindern gleiche Lebensbedingungen wie ehelichen Kindern zu schaffen, untersagt die Verfassungsnorm zugleich eine Privilegierung ehelicher Kinder, die mit dem Schutz der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG begründet wird, weil dies dem Gleichstellungsgebot gerade zuwiderliefe (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965 Rn. 55). Vor allem bleibt dem während bestehender Ehe geborenen Kind der Status auch dann erhalten, wenn die Ehe nach §§ 1313, 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB aufgehoben worden ist, auch wenn in diesem Fall vom Gesetz im Hinblick auf die Scheidungsfolgen keine nachwirkende Solidarität gefordert wird, die dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG unterfallen könnte (vgl. § 1318 BGB). Die Vergleichbarkeit der jeweiligen Ausgangslage bei der nichtehelichen und der ehelichen Abstammung (vgl. BVerfG Beschluss vom 2. Mai 2012 – 1 BvL 20/09 – juris Rn. 79) wird überdies bereits dadurch gewährleistet, dass mangels biologischer Abstammung und einer sozial-familiären Beziehung in beiden Fällen für ein Eltern-Kind-Ver-hältnis keine hinreichende Grundlage besteht.
c) Die unterschiedliche Behandlung lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass sich das Gesetz in zulässiger Weise auf die Bekämpfung einzelner, besonders verbreiteter oder gravierender Missbrauchsformen beschränken könnte. Allerdings kann sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts niemand darauf berufen, dass ein von ihm begangenes Unrecht deshalb nicht zu ahnden sei, weil andere, vergleichbare Begehungsformen vom Gesetz nicht geahndet werden (vgl. BVerfGE 50, 142 = NJW 1979, 817 juris Rn. 59 aE; „keine Gleichheit im Unrecht“). Darin liegt indessen noch keine hinreichende Begründung dafür, dass die Vaterschaft nach einer aufgehobenen Scheinehe Bestand hat, während die Vaterschaft durch Anerkennung von staatlicher Seite beseitigt werden kann. Denn das nichtehelich geborene Kind ist am Rechtsmissbrauch nicht beteiligt und hat von Verfassungs wegen einen Anspruch auf gleichen Schutz wie das ehelich geborene Kind. Dass das Kind bei der Vaterschaftsanerkennung zum Objekt der missbräuchlichen Rechtsgestaltung geworden ist, darf seinen Schutz vor Verlust des ihm von der Rechtsordnung zuerkannten Status nicht schwächen. Dementsprechend ist hier ausschließlich auf die Rechtsstellung des Kindes abzustellen.
Zwar verdient der jeweils auf missbräuchlicher Gestaltung beruhende Status im einen wie im anderen Fall keinen Schutz durch die Rechtsordnung. Der Gesetzgeber wäre daher nicht gehindert, nach Aufhebung einer sogenannten Scheinehe auch die behördliche Anfechtung einer durch sie vermittelten Vaterschaft zu ermöglichen. Bei seiner Entscheidung, ob der Status auf Antrag einer staatlichen Behörde beseitigt werden kann oder nicht, ist er indessen zur Gleichbehandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder verpflichtet.
4. Auch kollidierendes Verfassungsrecht rechtfertigt die Ungleichbehandlung nicht. Wie ausgeführt, ist der Schutz der Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG jedenfalls dann nicht mehr berührt, wenn eine Scheinehe vom Gericht aufgehoben worden ist.
5. Bei der unterschiedlichen Behandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens erhobene Bedenken gegen die unterschiedliche Behandlung der Vaterschaft kraft Anerkennung und kraft Ehe (vgl. etwa Helms Stellungnahme zum Gesetzentwurf an den Rechtsausschuss des Bundestags vom 17. Mai 2007 S. 7 f., 13, abrufbar unter www.gesmat.bundesgerichtshof.de Stand: 30. Mai 2012) haben ihm keine Veranlassung dazu gegeben, die behördliche Anfechtung auch auf die Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB zu erstrecken. Demnach ist eine Auslegung der Anfechtungsvorschrift, die bereits aufgrund der bestehenden Rechtslage zu einer Gleichbehandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder führt, nicht möglich (zureffend OLG Bremen FamRZ 2011, 1073, 1075). Eine verfassungskonforme Auslegung gegen den Willen des Gesetzgebers ist schließlich nicht zulässig (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2009 – XII ZR 161/08 – FamRZ 2009, 1477 Rn. 28 mwN).
BGH, Beschluss vom 27.06.2012
XII ZR 89/10
AG Berlin-Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 27.08.2009,16 F 3410/09
KG Berlin, Entscheidung vom 21.05.2010, 3 UF 120/09