a) Wird ein aus dem Ausland stammender Ehegatte im Zusammenhang mit seiner Eheschließung in Deutschland ansässig und hätte er ohne die Ehe sein Heimatland nicht verlassen, bestimmt sich sein angemessener Lebensbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB nach den Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten, die sich ihm bei einem Verbleib in seinem Heimatland geboten hätten.
b) Das von dem ausländischen Ehegatten in seinem Heimatland hypothetisch erzielbare Einkommen ist gegebenenfalls im Hinblick auf Kaufkraftunterschiede an das deutsche Preisniveau anzupassen.
c) Der angemessene Lebensbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten kann auch in diesen Fällen nicht unter das unterhaltsrechtliche Existenzminimum sinken, welches dem in den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldners entspricht.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Dr. Vézina und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Familiensenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 26. Februar 2010 wird als unzulässig verworfen, soweit das Oberlandesgericht über Unterhaltsansprüche bis zum 31. Dezember 2008 entschieden hat.
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Abänderung einer Verbundentscheidung zum nachehelichen Unterhalt.
Die Parteien hatten im Mai 1990 ihre kinderlos gebliebene Ehe geschlossen. Sie trennten sich spätestens im August 2002. Auf den im Oktober 2002 zugestellten Scheidungsantrag wurde ihre Ehe durch Urteil des Amtsgerichts vom 11. März 2005 geschieden und der Kläger im Scheidungsverbund dazu verurteilt, an die Beklagte einen monatlichen Aufstockungsunterhalt in Höhe von 367,10 € zu zahlen. Dabei ging das Amtsgericht aufseiten des Klägers von monatlichen Nettoeinkünften in Höhe von 2.950 € aus, die um verschiedene ehebedingte Verbindlichkeiten zu bereinigen waren. Der Beklagten rechnete das Amtsgericht fiktive monatliche Nettoeinkünfte in Höhe von 650 € zu.
Der 1948 geborene Kläger ist als Montageleiter bei einem Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus angestellt und wird von seinem Arbeitgeber weltweit auf Baustellen eingesetzt. Die 1963 geborene Beklagte stammt aus der Ukraine und war im Zusammenhang mit der Eheschließung im Jahre 1990 aus der damaligen Ukrainischen SSR in die ehemalige DDR übergesiedelt. In der Ukraine hatte sie zuvor als Sekretärin für ein kommunales Verwaltungsorgan gearbeitet. Sie hat im Jahre 1993 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben; eine Erwerbstätigkeit in Deutschland übt sie nicht aus.
Mit seiner am 31. Mai 2006 bei dem Amtsgericht eingegangenen Abänderungsklage hat der zwischenzeitlich wiederverheiratete Kläger unter anderem auf den vollständigen Wegfall der Unterhaltspflicht nach Ablauf eines Jahres seit Rechtshängigkeit seiner Klage angetragen. Die Beklagte ist diesem Begehren entgegengetreten und hat ihrerseits Abänderungswiderklage mit dem Ziel einer Erhöhung des Unterhalts für den Zeitraum ab Januar 2006 auf monatlich bis zu 2.480 € erhoben. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage in Abänderung des Scheidungsverbundurteils verurteilt, an die Beklagte Unterhaltsrückstände für den Zeitraum Januar 2006 bis Oktober 2006 in Höhe von 11.694,12 € sowie einen laufenden unbefristeten Ehegattenunterhalt in monatlicher Höhe von 1.235,12 € seit November 2006 zu zahlen. Gegen diese Entscheidung haben die Parteien wechselseitige Berufungen eingelegt, mit denen sie im Wesentlichen ihre erstinstanzlichen Begehren weiterverfolgt haben; der Kläger hat im Berufungsverfahren eine Befristung des Unterhaltsanspruchs bis zum 31. Dezember 2007 begehrt. Das Oberlandesgericht hat die angefochtene Entscheidung teilweise abgeändert, der Beklagten für den Zeitraum zwischen Januar 2006 und Dezember 2008 monatliche Unterhaltsbeträge in wechselnder Höhe zwischen 828,78 € und 1.462,11 € zugesprochen und die Unterhaltspflicht des Klägers ab dem 1. Januar 2009 entfallen lassen.
Mit ihrer zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte den Wegfall der Befristung und weiterhin einen höheren Unterhalt für den Zeitraum seit Januar 2006.
Entscheidungsgründe:
Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis zum 31. August 2009 geltende Prozessrecht anzuwenden, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 – XII ZB 197/10 – FamRZ 2011, 100 Rn. 10).
I.
Die Revision ist unzulässig, soweit sich die Beklagte dagegen wendet, dass sie für den Zeitraum zwischen Januar 2006 und Dezember 2008 mit ihrer Abänderungswiderklage auf Erhöhung des im Scheidungsverbund titulierten Unterhalts nicht vollständig durchgedrungen ist. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben. Eine solche Beschränkung setzt voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (vgl. zuletzt Senatsurteile BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rn. 10 und vom 15. September 2010 – XII ZR 20/09 – FamRZ 2010, 1880 Rn. 9).
Das ist hier der Fall. Enthält das angefochtene Urteil – wie hier – einen Ausspruch zur Befristung, ist der streitgegenständliche Unterhalt in zeitlicher Hinsicht teilbar und eine entsprechend eingeschränkte Zulassung der Revision möglich (Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 10 und vom 25. Januar 1995 – XII ZR 195/93 – FamRZ 1995, 1405; anders für den Fall der Ablehnung der Befristung: Senatsurteile vom 27. Januar 2010 XII ZR 100/08 – FamRZ 2010, 538 Rn. 19 und vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08 – FamRZ 2009, 1300 Rn. 16). Das Oberlandesgericht hat die Revision zugelassen, weil „eine einheitliche Rechtsprechung zur Begrenzung von nachehelichen Unterhaltsansprüchen“ bislang noch nicht bestehe und im Hinblick hierauf die Zulassung der Revision der Fortbildung des Rechts diene. Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist somit hinreichend deutlich zu entnehmen, dass das Berufungsgericht die Revision nur wegen des Ausspruchs zur Befristung zulassen wollte; die zulassungsrelevante Rechtsfrage wirkt sich insoweit für die Beklagte nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2009 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage indessen nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regelmäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision auch nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 9 und vom 27. Mai 2009 XII ZR 111/08 – FamRZ 2009, 1207 Rn. 10).
II.
Soweit die Revision zulässig ist, ist sie nicht begründet.
1. Das Berufungsgericht hat die Abänderungsklage des Klägers für zulässig gehalten, weil die zweite Ehefrau des Klägers seit dem 1. Januar 2008 wegen der durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (UÄndG) erfolgten Rechtsänderungen unterhaltsrechtlich gegenüber der Beklagten nicht mehr nachrangig sei und seit diesem Zeitpunkt auch eine Möglichkeit zur zeitlichen Begrenzung des nachehelichen Unterhalts für Ehen von langer Dauer bestünde. In der Sache hat das Berufungsgericht den Unterhaltsanspruch der Beklagten bis zum 31. Dezember 2008 befristet und insoweit zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt:
Eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB könne sich im vorliegenden Fall, da die Parteien keine gemeinsamen Kinder hätten, nur dann als unbillig darstellen, wenn bei der Beklagten ehebedingte Nachteile vorlägen. Solche Nachteile für die Zeit nach dem 1. Januar 2009 habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger habe ausgeführt, dass die Beklagte bei Ausübung einer Berufstätigkeit in der Lage sei, ihren vor der Ehe in der Ukraine erreichten bzw. den für sie heute dort erreichbaren Lebensstandard selbst zu decken. Dem sei die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Zwar könne bei der Ermittlung ehebedingter Nachteile nicht auf die Lebensverhältnisse der Beklagten vor 1990 abgestellt werden, da in der Ukraine gravierende politische und wirtschaftliche Veränderungen eingetreten seien. Es komme vielmehr darauf an, über welche Einkommensverhältnisse die Beklagte heute verfügen würde, wenn sie in der Ukraine geblieben wäre. Dagegen könnten die ehebedingten Nachteile nicht nach den deutschen Lebens- und Einkommensverhältnissen bemessen werden, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Beklagte ohne die Eheschließung mit dem Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, nach Deutschland zu ziehen. Die von einer Sekretärin mit der Vorbildung der Beklagten in der Ukraine erzielbaren Einkünfte würden allerdings auch unter Berücksichtigung von Verbrauchergeldparitäten das der Beklagten in diesem Verfahren fiktiv zugerechnete Einkommen von 650 € nicht übersteigen. Die Zurechnung dieser fiktiven Einkünfte sei zu Recht erfolgt, denn das Amtsgericht habe zutreffend erkannt, dass die Beklagte ihre Erwerbsobliegenheit gegenüber dem Kläger verletze, weil sie seit der spätestens im August 2002 erfolgten Trennung von dem Kläger weder einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei noch sich um eine solche bemüht habe. Die Beklagte verfüge über gute Deutschkenntnisse und dazu aufgrund ihrer Herkunft über umfangreiche Fremdsprachenkenntnisse, so dass das ihr fiktiv zugerechnete Nettoeinkommen von 650 € z.B. als Fremdsprachenkorrespondentin oder Dolmetscherin jedenfalls zu erzielen sei. Ehebedingte Nachteile könnten sich auch nicht daraus ergeben, dass die Beklagte wegen der Eheschließung nach Deutschland übergesiedelt sei. Es fehlten Darlegungen dazu, warum die Beklagte nach der Scheidung nicht wieder in die Ukraine zurückkehren und ihre vor der Ehe ausgeübte Tätigkeit als Sekretärin nicht wieder habe aufnehmen können. Dies gelte umso mehr, als die Beklagte zwischenzeitlich gute Deutschkenntnisse erworben habe und nicht ersichtlich sei, warum diese nicht auch in der Ukraine für eine Berufstätigkeit nutzbar gemacht werden könnten. Schließlich ergebe sich ohne Hinzutreten weiterer Umstände auch aus der mehr als zwölfjährigen Dauer der Ehe kein ehebedingter Nachteil.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung zwar nicht in allen Punkten der Begründung, aber jedenfalls im Ergebnis stand.
2. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Kläger mit seinem Befristungsverlangen nicht ausgeschlossen.
a) Die Abänderung einer rechtskräftigen Entscheidung über den Unterhalt setzt nach dem hier noch anwendbaren § 323 Abs. 1 ZPO aF voraus, dass sich die für die Bestimmung der Höhe und Dauer der Leistungen maßgebenden Verhältnisse wesentlich geändert haben. Dabei ist zu beachten, dass die Grundlagen der Ausgangsentscheidung im Abänderungsverfahren zu wahren sind und eine Fehlerkorrektur wegen der Rechtskraft des Ausgangsurteils nicht zulässig ist. Deshalb kann die Abänderungsklage nach § 323 Abs. 2 ZPO aF nur auf solche Gründe gestützt werden, die erst nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz des Ausgangsverfahrens entstanden sind, in der eine Erweiterung des Klageantrags oder die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen müssen.
Richtig ist im vorliegenden Fall zwar, dass der Kläger insbesondere den Einwand, die Beklagte habe durch die Ehe keine Erwerbsnachteile erlitten, bereits im Ausgangsverfahren hätte anbringen können. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 323 Abs. 1 ZPO aF kann sich aber nicht nur aus der Änderung tatsächlicher Verhältnisse, sondern auch daraus ergeben, dass sich die rechtliche Beurteilung eines gegenüber dem Ausgangsverfahren unverändert gebliebenen Tatsachenstoffs geändert hat. Eine wesentliche Änderung der insoweit maßgebenden rechtlichen Verhältnisse kann sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nur aus einer Gesetzesänderung, sondern auch aus einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof ergeben (Senatsurteile vom 8. Juni 2011 XII ZR 17/09 – FamRZ 2011, 1381 Rn. 18 und vom 29. September 2010 XII ZR 205/08 – FamRZ 2010, 1884 Rn. 16 mwN), wie nunmehr auch durch § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG bzw. durch § 323 Abs. 1 Satz 2 ZPO in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung gesetzlich klargestellt ist.
b) Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass sich eine solche Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung – bezogen auf die zur Befristung des Aufstockungsunterhalts schon im Rahmen des § 1573 Abs. 5 BGB aF anzustellenden Billigkeitsabwägungen – durch die Änderung der Senatsrechtsprechung aufgrund des Urteils vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 FamRZ 2006, 1006) vollzogen hat (zuletzt Senatsurteil vom 23. Mai 2012 XII ZR 147/10 FamRZ 2012, 1284 Rn. 18 mwN). Denn der Senat hat mit diesem Urteil seine zunächst nach dem Unterhaltsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 (BGBl. I S. 301) ergangene und grundlegend auf das Jahr 1990 zurückgehende Rechtsprechung geändert.
Nach ihr war die mit der Einführung des § 1573 Abs. 5 BGB aF erstmals möglich gewordene Befristung des Aufstockungsunterhaltsanspruchs bei Ehen von einer bestimmten Dauer regelmäßig ausgeschlossen und allenfalls unter außergewöhnlichen Umständen zulässig (vgl. Senatsurteile vom 28. März 1990 XII ZR 64/89 – FamRZ 1990, 857, 859 und vom 10. Oktober 1990 XII ZR 99/88 – FamRZ 1991, 307, 310; zur Entwicklung der Senatsrechtsprechung vgl. Dose FamRZ 2007, 1289, 1294). Zwar hatte der Senat bereits im Zusammenhang mit der Änderung seiner Rechtsprechung zur Anrechnungsmethode (sogenannte Surrogatrechtsprechung) im Jahre 2001 angedeutet, dass einer Begrenzung des Unterhalts nach §§ 1578 Abs. 1 Satz 2, 1573 Abs. 5 BGB aF als Korrektiv gegenüber der mit der Anwendung der Differenzmethode auf die Einkünfte des erst nach der Trennung wieder erwerbstätigen Ehegatten verbundenen wirtschaftlichen Mehrbelastung des Unterhaltspflichtigen gesteigerte Bedeutung zukommen könnte (Senatsurteil BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 991). Eine Änderung der Rechtsprechung zur Frage der zeitlichen Begrenzung des Aufstockungsunterhaltsanspruches war damit aber noch nicht verbunden. Vielmehr hatte der Senat auch in der Folgezeit zunächst daran festgehalten, dass sich eine Ehedauer von mehr als zehn Jahren dem Grenzbereich nähern dürfte, in dem unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls der Dauer der Ehe als Billigkeitskriterium im Rahmen von § 1573 Abs. 5 BGB aF ein durchschlagendes Gewicht für eine dauerhafte „Unterhaltsgarantie“ und gegen die Möglichkeit zeitlicher Begrenzung des Unterhalts zukommen wird (vgl. Senatsurteil vom 9. Juni 2004 – XII ZR 308/01 – FamRZ 2004, 1357, 1360 mit ausdrücklichem Hinweis auf die Senatsrechtsprechung aus dem Jahre 1990). Von dieser Rechtsprechung ist der Senat erst in seinem Urteil vom 12. April 2006 in Bezug auf die grundsätzliche Gewichtung des Merkmals der Ehedauer vollständig abgerückt; er hat seither für die Entscheidung über eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB aF das hauptsächliche Gewicht auf die mit der Ehe verbundenen Erwerbsnachteile für den Unterhaltsberechtigten gelegt.
c) Nach alledem kann dem Berufungsgericht zwar nicht in seiner Beurteilung gefolgt werden, dass sich die Möglichkeit einer Befristung von Aufstockungsunterhalt bei Ehen von langer Dauer erst durch das Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes ergeben habe. Da das abzuändernde Urteil allerdings am 11. März 2005 und damit vor Erlass des Senatsurteils vom 12. April 2006 ergangen ist, ist der Kläger aus Rechtsgründen nicht daran gehindert, den Befristungseinwand in diesem Abänderungsverfahren geltend zu machen, auch wenn dieser nicht auf neue Tatsachen gestützt wird (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 2011 – XII ZR 117/09 – FamRZ 2011, 1854 Rn. 31).
d) Entgegen der Auffassung der Revision steht auch § 36 Nr. 1 EGZPO dem Befristungsverlangen des Klägers nicht entgegen, weil diese Vorschrift hier keine Anwendung findet. Hierzu hat der Senat bereits mehrfach ausgesprochen, dass § 36 Nr. 1 EGZPO nur auf die Abänderung solcher Unterhaltstitel bzw. Unterhaltsvereinbarungen anwendbar ist, deren Grundlagen sich durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz geändert haben. Bei der Abänderung eines vor dem 1. Januar 2008 erlassenen Urteils oder einer zuvor geschlossenen Vereinbarung zum Aufstockungsunterhalt ist das mit Blick auf das Senatsurteil vom 12. April 2006 nicht der Fall (Senatsurteile BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 16 und vom 27. Januar 2010 – XII ZR 100/08 – FamRZ 2010, 538 Rn. 22). § 36 Nr. 1 EGZPO kann deshalb für sich genommen nicht als Begründung dafür herangezogen werden, für Unterhaltszeiträume nach dem 1. Januar 2008 von einer zeitlichen Begrenzung des Anspruches auf Aufstockungsunterhalt abzusehen (Senatsurteil vom 8. Juni 2011 – XII ZR 17/09 – FamRZ 2011, 1381 Rn. 22 f.).
3. Die vom Berufungsgericht nach § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB vorgenommene Befristung des Unterhaltsanspruches der Beklagten hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Zwar sind seine Erwägungen nicht frei von Rechtsfehlern. Diese wirken sich aber im Ergebnis nicht aus.
Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
a) Im Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht mit Recht darauf abgestellt, ob aufseiten des Unterhaltsberechtigten ehebedingte Nachteile entstanden sind. Um einen ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs bemisst sich dabei regelmäßig nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte, wobei eine Schätzung entsprechend § 287 ZPO bei ausreichenden Grundlagen zulässig ist (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 11. Juli 2012 – XII ZR 72/10 – FamRZ 2012, 1483 Rn. 43 mwN).
aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte ohne ihre Eheschließung mit dem Kläger nicht nach Deutschland übersiedeln können, sondern sie hätte voraussichtlich weiter in der Ukraine gelebt. Dies räumt auch die Revision ein. Soweit indessen im Rahmen des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB beim unterhaltsberechtigten Ehegatten ein Vergleich zwischen seiner jetzigen Lebenslage und seiner hypothetischen Lebenssituation ohne Eheschließung angestellt werden muss, kann es in solchen Fällen folgerichtig nicht beanstandet werden, wenn für die Ermittlung eines hypothetischen Erwerbseinkommens auf die Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten des ausländischen Ehegatten abgestellt wird, die sich ihm bei einem Verbleib in seinem Heimatland geboten hätten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte bei einer Beschäftigung als Sekretärin oder Assistentin der Geschäftsführung in einem ukrainischen Wirtschaftsunternehmen seit 2009 kein Einkommen erzielen können, welches auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kaufkraft in Deutschland einem Betrag von mehr als 650 € entsprochen hätte. Diese Feststellungen greift die Revision nicht an; sie lassen auch keine Rechtsfehler erkennen.
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich für die Beklagte kein weitergehender ehebedingter Nachteil dadurch, dass sie durch die in der Ehe gewählte Übernahme der Hausfrauenrolle daran gehindert worden sei, sich durch Fortbildung oder Umschulung weitergehend für den deutschen Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Bei einem im Hinblick auf die Eheschließung in Deutschland ansässig gewordenen ausländischen Ehegatten ist die ungenügende Verwertbarkeit seiner im Ausland absolvierten Berufsausbildung auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht ehebedingt (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 77 = FamRZ 2007, 450, 451). Auch wenn der Beklagten durch die eheliche Rollenverteilung die Möglichkeit beruflicher Qualifikation für den deutschen Arbeitsmarkt genommen worden sein sollte, würde eine sich dadurch im Zusammenhang mit der Scheidung von dem Kläger ergebende Bedarfslage nicht auf einem ehebedingten Nachteil, sondern auf dem Entgehen von Erwerbschancen beruhen, die sich ihr – als ehebedingter Vorteil – mit der Übersiedlung nach Deutschland hätten eröffnen können. Ihr angemessener Lebensbedarf kann deshalb nicht auf der Grundlage einer fiktiven Erwerbsbiographie bestimmt werden, die erst im Jahre 1990 mit ihrer Übersiedlung nach Deutschland ansetzt.
bb) Allerdings folgt aus dem Begriff der „Angemessenheit“ des Lebensbedarfs in § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB zugleich, dass es sich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum mindestens erreicht. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass dieser Bedarf dem in den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen notwendigen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldners von 770 € (seit dem 1. Januar 2013: 800 €) entspricht, und zwar auch dann, wenn von dem Unterhaltsgläubiger noch eine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Denn der darüber hinausgehende notwendige Selbstbehalt eines erwerbstätigen Unterhaltsschuldners schließt einen Erwerbsanreiz ein, der aufseiten des Unterhaltsgläubigers keine Berechtigung hat (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 – XII ZR 140/08 – FamRZ 2010, 629 Rn. 33; vgl. auch Senatsurteil vom 13. Januar 2010 – XII ZR 123/08 – FamRZ 2010, 444 Rn. 18 zum Mindestbedarf beim Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB). Diesen Bedarf kann auch ein im Hinblick auf die Eheschließung in Deutschland ansässig gewordener Ehegatte als Mindestbedarf verteidigen, weil der unterhaltspflichtige Ehegatte ihn nicht auf eine Rückkehr in sein Heimatland und deshalb nicht darauf verweisen kann, dass sein Existenzminimum unter den dortigen wirtschaftlichen Bedingungen gesichert werden könnte.
Dies hat das Berufungsgericht zwar verkannt; seine Beurteilung, dass aufseiten der Beklagten keine ehebedingten Nachteile vorliegen, wird dadurch jedoch nicht in Frage gestellt. Ein ehebedingter Nachteil kann sich für die Beklagte im Zeitraum seit Januar 2009 nur ergeben, wenn und soweit sie ihr unterhaltsrechtliches Existenzminimum nicht zu sichern vermag, obwohl sie eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder bei gehöriger Erfüllung ihrer Erwerbsobliegenheit ausüben könnte. Davon kann unter den obwaltenden Umständen nicht ausgegangen werden. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte angesichts ihrer Vorbildung und ihrer in Deutschland erworbenen guten Sprachkenntnisse bei entsprechenden Erwerbsbemühungen eine angemessene Erwerbstätigkeit als Dolmetscherin oder Fremdsprachenkorrespondentin ausüben können. Schon die der Beklagten in der Ausgangsentscheidung vom 11. März 2005 zugerechneten fiktiven Einkünfte in Höhe von monatlich 650 € entsprachen dem notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen nach den im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Leitlinien in der zum Entscheidungszeitpunkt gültigen Fassung (Ziffer 21.2. der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des OLG Rostock, Stand: 1. Juli 2003). Die Annahme, dass die spätestens seit Sommer 2003 zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtete Beklagte selbst bei zunehmender Berufserfahrung in Deutschland keine Aussicht auf eine Einkommenssteigerung hätte, mit der nachhaltig zumindest der Mindestbedarf gesichert werden kann, erscheint im Hinblick darauf nicht gerechtfertigt.
b) § 1578 b BGB ist allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile beschränkt, sondern erfasst auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität, die auch beim Aufstockungsunterhalt einer Befristung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen entgegenstehen kann (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 25. Januar 2012 – XII ZR 139/09 – FamRZ 2012, 525 Rn. 50). Das Maß der geschuldeten nachehelichen Solidarität bestimmt sich neben der Ehedauer (vgl. nunmehr ausdrücklich BT-Drucks. 17/11885, S. 6) vor allem durch die wirtschaftliche Verflechtung, die durch den Verzicht des haushaltsführenden Ehegatten auf eine eigene Erwerbstätigkeit und hier insbesondere dadurch eingetreten ist, dass die Beklagte zum Zwecke der Eheschließung ihr Heimatland verlassen hat. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen im Ergebnis zu einer ungekürzten Unterhaltspflicht bis zum 31. Dezember 2008, mithin für mehr als dreieinhalb Jahre nach Rechtskraft der Scheidung und mehr als sechs Jahre nach Zustellung des Scheidungsantrags gelangt. Dieses Ergebnis ist angesichts einer zwölfeinhalbjährigen Ehedauer, des Alters der Parteien bei Trennung und Scheidung, der Kinderlosigkeit der Ehe und des Umstandes, dass der Kläger durch seine Wiederverheiratung neue Unterhaltspflichten eingegangen ist, nach revisionsrechtlichen Maßstäben noch vertretbar.
BGH, Urteil vom 16.01.2013
XII ZR 39/10
AG Schwerin, Entscheidung vom 15.02.2007, 21 F 99/06
OLG Rostock, Entscheidung vom 26.02.2010, 10 UF 97/07