1. In einer Umgangsregelung kann gegen den Ausfall periodischer Umgangstermine durch eine entsprechende Nachholung Vorsorge getroffen werden. Dies ist insbesondere dann geboten, wenn es bereits in der Vergangenheit wegen ausgefallener Umgangstermin zwischen den Eltern Streit gegeben hat.
2. In der Umgangsregelung muss – von Amts wegen – Niederschlag finden, dass § 1684 Abs. 1 BGB zur Wahrnehmung des Umgangs nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Nach Maßgabe dessen ist die Folgenankündigung nach § 89 Abs. 2 FamFG auch auf den Umgangsberechtigten zu erstrecken. Solch amtswegiger Änderung steht im Beschwerdeverfahren das Verschlechterungsverbot nicht entgegen.
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarlouis vom 5. September 2011 – 22 F 168/11 UG – wird mit der Maßgabe kostenpflichtig zurückgewiesen, dass die Antragstellerin in Ergänzung von Ziffer I. dieses Beschlusses zur Umgangsausübung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, und dass sich die Folgenankündigung in Ziffer V. dieses Beschlusses auch auf diese Umgangsverpflichtung der Antragstellerin erstreckt.
2. Der Verfahrenswert der Beschwerdeinstanz wird auf 1.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Aus der am 28. Oktober 1999 geschlossenen Ehe des Vaters und der Mutter ging am 9. September 2004 die verfahrensbetroffene Tochter C. hervor, die seit der Trennung ihrer Eltern Anfang 2009 beim Vater lebt.
Mit Beschluss vom 9. November 2009 – 22 F 55/09 SO – übertrug das Amtsgericht – Familiengericht – in Saarlouis dem Vater das Aufenthaltsbestimmungsrecht für C., nachdem sich die Eltern im Verfahren 22 F 336/09 UG im Wege vom Familiengericht zum Beschluss erhobenen Vergleichs vom 7. Oktober 2009 auf ein Umgangsrecht der Mutter mit C. donnerstags von 14.00 bis 19.00 Uhr und alle 14 Tage samstags von 15.00 bis 19.00 Uhr geeinigt hatten. Unter Abänderung dieses Vergleichs wurde im Rahmen des Vermittlungsverfahrens 22 F 94/10 UG des Familiengerichts durch gerichtlich gebilligte „Vereinbarung“ vom 5. Mai 2010, der noch auf die Kindergartenzeit C.s zugeschnitten war, das Ende des samstäglichen Umgangsrechts der Mutter mit C. auf 20.00 Uhr erstreckt.
Im vorliegenden Verfahren hat das Familiengericht auf den am 19. April 2011 eingegangenen Abänderungsantrag der Mutter, der insbesondere durch die bevorstehende Einschulung C.s veranlasst gewesen ist, das Kind und die Eltern persönlich angehört und eine Stellungnahme des Jugendamts eingeholt.
Durch den angefochtenen, dem Antragsgegner am 14. September 2011 zugestellten Beschluss vom 5. September 2011, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht das Umgangsrecht der Mutter unter Abänderung des „Beschlusses“ vom 5. Mai 2010 neu geregelt. Es hat der Mutter in Ziffer I. ein Umgangsrecht mit C. donnerstags von 15.30 bis 19.00 Uhr, alle 14 Tage samstags von 14.00 bis 20.00 Uhr – erstmals am 24. September 2011 – und an den zweiten Feiertagen von Weihnachten, Ostern und Pfingsten von 14.00 bis 20.00 Uhr eingeräumt, in Ziffern II. und III. Regelungen zur Kindesübergabe getroffen und die Beteiligten in Ziffer V. auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung hingewiesen. Ferner hat es – in Ziffer IV. – für den Fall, dass ein Samstagsumgang aus besonders schwerwiegenden Gründen, insbesondere wegen einer ernsthaften Erkrankung des Kindes, ausfällt, angeordnet, dass der Umgang am darauf folgenden Wochenende nachzuholen ist.
Mit seiner gegen diesen Beschluss gerichteten, am 23. September 2011 beim Familiengericht eingegangenen Beschwerde wendet sich der Vater gegen die – in den vorangegangenen Umgangsregelungen nicht enthaltene – Nachholungsanordnung in Ziffer IV. Die Mutter verteidigt den angegangenen Beschluss. Das vom Senat angehörte Jugendamt hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Dem Senat haben die Akten des Amtsgerichts Saarlouis – 22 F 55/09 SO, 22 F 94/10 UG und 22 F 222/10 UG – vorgelegen.
II.
Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Vaters bleibt – unbeschadet der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Ergänzung des angefochtenen Beschlusses – ohne Erfolg.
Unangefochten und rechtsbedenkenfrei hat das Familiengericht seine – in einem beanstandungsfreien Verfahren erlassene – Sachentscheidung den Voraussetzungen von § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB unterworfen, nachdem das Umgangsrecht der Mutter mit C. zuletzt durch gerichtlich gebilligten Vergleich (§ 156 Abs. 2 FamFG) vom 5. Mai 2010 familiengerichtlich geregelt worden war, und hat das Umgangsrecht der Mutter neu ausgestaltet (§ 166 Abs. 1 FamFG). Denn die tatsächlichen Verhältnisse, die dem gerichtlich gebilligten Vergleich zugrunde gelegen haben, haben sich durch die Einschulung C.s – mit der veränderte Tagesabläufe des Kindes samt der Notwendigkeit einhergehen, mit dem Kind die Hausaufgaben zu erledigen – wesentlich und nachhaltig geändert (vgl. dazu allgemein BGH FamRZ 1993, 314; NJW-RR 1986, 1130; Senatsbeschluss vom 1. Juli 2010 – 6 UF 44/10 – m.w.N.).
Soweit sich das Familiengericht im Rahmen seiner – was aus dem Gesamtzusammenhang der Beschlussgründe erkennbar wird – am Kindeswohl orientierten (§ 1697 a BGB; vgl. zu den Kriterien im Einzelnen Senatsbeschlüsse vom 4. Januar 2011 – 6 UF 132/10 –, FamRZ 2011, 824, und vom 2. März 2011 – 6 UF 149/10 –, jeweils m.w.N.) neuen Umgangsregelung veranlasst gesehen hat, eine Regelung für die Nachholung künftig ausfallender Umgangstermine am Samstag zu treffen, bekämpft der Vater dies vergebens.
Es entspricht allgemeiner, vom Senat geteilter und rechtlich unbedenklicher Übung der Rechtsprechung, dass gegen den Ausfall periodischer Umgangstermine durch eine entsprechende Nachholungsregelung Vorsorge getroffen werden kann (vgl. dazu aus der jüngeren Rechtsprechung – statt vieler – OLG Hamm, NJW-RR 2011, 150; OLG Brandenburg, FamRZ 2010, 1925 und Beschluss vom 16. Oktober 2008 – 9 UF 42/08 –, juris; OLG Köln, Beschluss vom 19. Januar 2010 – 4 UF 163/09 –, juris). Eine solche Regelung ist insbesondere dann veranlasst, wenn es bereits in der Vergangenheit wegen ausgefallener Umgangstermine zwischen den Eltern Streit gegeben hat (Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, 4. Aufl., § 2, Rz. 74).
Letzteres liegt ausweislich der vom Senat beigezogenen Akten der vorangegangenen zwischen den Eltern geführten sorge- und umgangsrechtlichen Verfahren offen zutage. Immer wieder sind Umgangstermine – ohne dass die Frage des Verschuldens hieran im vorliegenden Verfahren der Vertiefung bedürfte – ausgefallen; auch die Vollstreckung des gerichtlich gebilligten Vergleichs vom 5. Mai 2010 ist betrieben worden. In Ansehung dessen ist gegen die vom Familiengericht zu den Umgangsterminen am Samstag getroffene Nachholungsregelung nichts zu erinnern. Soweit der Vater darauf verweist, dass die Wochenenden, die dann zur Nachholung anstünden, von ihm und C. schon „Wochen und Monate“ voraus geplant würden, hat der Vater diese Einschränkung seiner Planungssicherheit ebenso hinzunehmen wie die Mutter unnütze Aufwendungen haben kann, wenn der Samstagsumgang vom Vater kurzfristig abgesagt wird. Gelänge es den Eltern, ihr Verhältnis auf Elternebene zu verbessern, stünde insoweit einvernehmlichen Handhabungen in Sonderfällen nichts entgegen. Bis dahin aber bedürfen alle Beteiligten – und besonders C. – nicht nur einer klaren, erforderlichenfalls zwangsweise durchzusetzenden Umgangsregelung, sondern ist auch eine Nachholungsregelung dem Wohle C.s dienlich.
Auch im Übrigen findet die im angefochtenen Beschluss getroffene, den neuen Alltagsumständen C.s angepasste Umgangsregelung, die der Vater insoweit auch nicht angegriffen hat, die Billigung des Senats.
Insbesondere begegnet es – was dem Senat zu amtswegiger Prüfung anfällt, nachdem das Verschlechterungsverbot in Umgangsrechtsbeschwerdeverfahren nicht gilt (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Januar 2011 – 6 UF 126/10 –, FamRZ 2011, 824 m.w.N.) – jedenfalls derzeit im Lichte des vermerkweise verschrifteten Ergebnisses der Anhörung C.s durch das Familiengericht keinen durchgreifenden Bedenken, dass das Familiengericht noch keinen Übernachtungsumgang angeordnet hat.
Allerdings muss in der Umgangsregelung – von Amts wegen – Niederschlag finden, dass § 1684 Abs. 1 Hs. 2 BGB zur Wahrnehmung des Umgangs nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Nach Maßgabe dessen bedarf der angegriffene Beschluss insoweit der Ergänzung und ist die vom Familiengericht zutreffend auf § 89 Abs. 2 FamFG gegründete Folgenankündigung in Ziffer V. des angegangenen Beschlusses auch insoweit auf die Mutter zu erstrecken (BGH FamRZ 2011, 1729; Senatsbeschluss vom 4. Januar 2011 – 6 UF 126/10 –, FamRZ 2011, 824).
Abgesehen von diesem Zusatz bewendet es bei dem angefochtenen Beschluss.
Der Senat hat nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG von einer Wiederholung der bereits vom Familiengericht durchgeführten mündlichen Anhörung abgesehen, weil von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG; bei den gegebenen Umständen besteht kein Anlass, den Vater von den Kosten seines ohne Erfolg gebliebenen Rechtsmittelanliegens zu entlasten.
Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 40 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 FamGKG; dabei hat der Senat berücksichtigt, dass sich der Vater nur gegen einen kleinen, wenngleich von ihn erkennbar als belastend empfundenen Ausschnitt aus der Umgangsregelung wendet.
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst (§ 70 FamFG).
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 08.11.2011
6 UF 140/11