a) Wurde ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB nach Veröffentlichung des Senatsurteils vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 – FamRZ 2006, 1006) durch Urteil festgelegt, so ergibt sich weder aus der anschließenden Senatsrechtsprechung noch aus dem Inkrafttreten des § 1578 b BGB am 1. Januar 2008 eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse. Auch § 36 Nr. 1 EGZPO bietet in diesem Fall keine eigenständige Abänderungsmöglichkeit (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111).
b) Das gilt auch dann, wenn aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind, die von der Unterhaltsberechtigten betreut wurden.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2010 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats – Senat für Familiensachen I – des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 4. Dezember 2008 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten über die Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts, der zuletzt im März 2007 tituliert wurde.
Die Parteien heirateten 1980. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, die 1982 und 1983 geboren wurden. Die Ehe wurde im Jahr 1995 geschieden.
Der Unterhalt wurde zuletzt festgelegt durch Urteil des Oberlandesgerichts vom 22. März 2007. Aufgrund dessen hat der Kläger monatlichen Unterhalt von 669 € zu zahlen. Das Urteil beruht auf einem Nettoeinkommen des Klägers von rund 2.670 € und der Beklagten von rund 1.350 €. Der für das studierende jüngere Kind zu leistende Unterhalt wurde in der Berechnung des Oberlandesgerichts auf beide Parteien anteilig verteilt. Eine Befristung und Herabsetzung des Unterhalts wurde seinerzeit vom Kläger nicht geltend gemacht und vom Oberlandesgericht in seiner Urteilsbegründung auch nicht behandelt.
Mit der im November 2007 erhobenen Abänderungsklage erstrebt der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltspflicht. Er beruft sich darauf, dass sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Befristung und Begrenzung des Aufstockungsunterhalts in der Zwischenzeit geändert habe. Jedenfalls sei der Unterhaltstitel für die Zeit ab Januar 2008 wegen des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes abzuändern, weil durch dieses die Herabsetzung und zeitliche Beschränkung des Unterhalts hervorgehoben worden seien und nach § 36 Nr. 2 EGZPO die Präklusionsbestimmung des § 323 Abs. 2 ZPO nicht gelten würde.
Das Amtsgericht – Familiengericht – hat die Klage abgewiesen. Die vom Kläger eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit welcher er sein Klagebegehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Abänderungsklage zu Recht abgewiesen.
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2009 – XII ZR 8/08 – FamRZ 2010, 192 Rn. 5).
I.
Das Berufungsgericht hat in seinem in FamRZ 2009, 783 veröffentlichten Urteil übereinstimmend mit dem Amtsgericht die Auffassung vertreten, dass der Kläger mit dem Befristungseinwand präkludiert sei. Zwar sei die Abänderungsklage zulässig, weil der Kläger sowohl eine Gesetzesänderung als auch eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeführt habe. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil sämtliche Gründe, auf die der Kläger sein Abänderungsverlangen stütze, bereits zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess vorgelegen hätten. Der Kläger sei gehalten gewesen, die für die Befristung maßgeblichen Kriterien im Vorprozess geltend zu machen. Das gelte nicht nur für die maßgeblichen tatsächlichen Umstände, sondern auch für die rechtlichen Bewertungen. Entgegen der Auffassung des Klägers liege die maßgebliche Rechtsprechungsänderung nicht in den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 26. September 2007 (XII ZR 11/05 – FamRZ 2007, 2049 und XII ZR 15/05 – FamRZ 2007, 2052), sondern bereits in dessen Entscheidung vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 – FamRZ 2006, 1006). In dieser Entscheidung habe der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, dass bei einer die Zweckrichtung berücksichtigenden Gesetzesanwendung vorrangig zu prüfen sei, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz als ehebedingter Nachteil darstelle, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertige.
Auch soweit der Kläger eine Abänderung wegen Änderung der Gesetzeslage begehre, stehe die Zeitschranke des § 323 Abs. 2 ZPO (aF) entgegen. Der Kläger habe sein Abänderungsverlangen nicht auf Umstände gestützt, die erst durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz erheblich geworden seien. Die gesetzliche Neuregelung entspreche vielmehr im Wesentlichen der durch die Entscheidung vom 12. April 2006 geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Daher seien § 36 Nr. 1, 2 EGZPO nicht anwendbar.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht hat die Abänderungsklage mit Recht für zulässig gehalten. In diesem Rahmen hat es darauf abgestellt, dass der Kläger sich für die Abänderung auf eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung als auch auf eine Gesetzesänderung berufen hat. Hierbei handelt es sich um Gründe, die gemäß § 323 Abs. 2 ZPO aF nach der mündlichen Verhandlung im Vorprozess entstanden sind. Der für das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 getroffenen Regelung in § 36 Nr. 1, 2 EGZPO kommt insoweit nur eine klarstellende Funktion zu (BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 16).
Ob die vorgebrachten Umstände auch zutreffend gewürdigt worden sind und eine Abänderung des Ausgangstitels im Ergebnis rechtfertigen, ist dagegen eine Frage der Begründetheit (vgl. Senatsurteil vom 5. September 2001 – XII ZR 108/00 – FamRZ 2001, 1687, 1689). Zwar betreffen die hier vorgebrachten Abänderungsgründe allein eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse. Eine Änderung der Rechtslage muss vom Abänderungskläger zudem nicht vorgetragen werden, sondern ist vom Gericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Dennoch ist es für die Zulässigkeit der Klage erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Kläger sich auf eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses eingetretene Rechtsänderung beruft. Dabei hat das Gericht im Rahmen der Zulässigkeit noch nicht zu prüfen, ob die angeführten rechtlichen Verhältnisse vom Kläger richtig gewürdigt worden sind und zur Abänderung des Ausgangstitels berechtigen. Denn anderenfalls wäre dem Abänderungskläger eine sachliche Prüfung seines Anliegens durch das Gericht entweder verschlossen oder müsste diese – systemwidrig – schon vollständig im Rahmen der Zulässigkeit der Klage durchgeführt werden.
Dass durch die alleinige Berufung des Abänderungsklägers auf eine Änderung der Rechtslage nicht auch sogenannte Alttatsachen in den Prozess eingeführt werden können oder eine der Rechtskraft der Ausgangsentscheidung zuwider laufende Fehlerkorrektur ermöglicht wird, ist durch die fortbestehende Bindung an die Grundlagen des Ausgangstitels nach § 323 Abs. 1 ZPO aF (§ 238 Abs. 4 FamFG, § 323 Abs. 4 ZPO nF) sowie die nach § 323 Abs. 2 ZPO aF (§ 238 Abs. 2 FamFG; § 323 Abs. 2 ZPO nF) eingeschränkte Zulässigkeit der Abänderungsgründe sichergestellt.
2. Die Abänderungsklage ist hingegen unbegründet.
Die Abänderung einer rechtskräftigen Entscheidung über den Unterhalt setzt nach § 323 Abs. 1 ZPO aF voraus, dass sich die für die Bestimmung der Höhe und Dauer der Leistungen maßgebenden Verhältnisse wesentlich geändert haben. Dabei ist zu beachten, dass die Grundlagen der Ausgangsentscheidung im Abänderungsverfahren zu wahren sind und eine Fehlerkorrektur wegen der Rechtskraft des Ausgangsurteils nicht zulässig ist (Senatsurteile vom 12. Mai 2010 – XII ZR 98/08 – FamRZ 2010, 1150 Rn. 19 mwN und vom 2. Juni 2010 – XII ZR 160/08 – FamRZ 2010, 1318 Rn. 38).
Die Abänderung hängt davon ab, ob eine – vom Kläger allein geltend gemachte – wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten ist. Dass sowohl eine Gesetzesänderung als auch eine Änderung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenso wie Veränderungen der Tatsachenlage zur Abänderung einer rechtskräftigen Unterhaltsentscheidung berechtigen, ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 1990 – XII ZR 85/89 – FamRZ 1990, 1091, 1094 und vom 5. September 2001 – XII ZR 108/00 – FamRZ 2001, 1687, 1689 – Gesetzesänderung – und vom 5. Februar 2003 – XII ZR 29/00 – FamRZ 2003, 848 – Rechtsprechungsänderung) und nunmehr in § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 323 Abs. 1 Satz 2 ZPO nF auch gesetzlich klargestellt worden (BR-Drucks. 309/07 S. 575).
Im vorliegenden Fall ist indessen eine Rechtsänderung, die den Kläger berechtigen könnte, eine Abänderung des Ausgangsurteils zu verlangen, nicht eingetreten. Die vom Kläger angeführten Umstände, namentlich die Einführung des § 1578 b BGB durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) und die seit der mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren veröffentlichte Rechtsprechung des erkennenden Senats haben hinsichtlich des in Rede stehenden Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB die Rechtslage seit dem Vorprozess nicht entscheidend geändert.
a) Die maßgebliche Änderung seiner Rechtsprechung hat der Senat hinsichtlich der Gewichtung von Ehedauer und ehebedingten Nachteilen im Rahmen der Befristung (§ 1573 Abs. 5 BGB aF) bereits durch sein Urteil vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 – FamRZ 2006, 1006) vollzogen (Senatsurteile BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 62; BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 60 und vom 27. Januar 2010 – XII ZR 100/08 – FamRZ 2010, 538 Rn. 22; ebenso OLG Dresden FamRZ 2008, 2135; OLG Bremen NJW 2008, 3074; OLG München FamRZ 2009, 1154; OLG Hamm FPR 2009, 374; OLG Stuttgart FamRZ 2009, 788; OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 1160). Eine differenzierte Betrachtung der Rechtsprechungsentwicklung, je nachdem, ob die geschiedene Ehe kinderlos war oder ob aus ihr Kinder hervorgegangen sind, ist nicht angezeigt.
aa) In seiner nach dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 (BGBl. I S. 301), durch das die Begrenzungsvorschriften der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB eingeführt wurden, zunächst ergangenen Rechtsprechung hatte der Senat dem Merkmal der Ehedauer insofern eine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, als eine Befristung ab einer bestimmten Dauer der Ehe regelmäßig ausgeschlossen und allenfalls unter außergewöhnlichen Umständen zulässig sei (vgl. etwa Senatsurteile vom 10. Oktober 1990 – XII ZR 99/89 – FamRZ 1991, 307, 310; vom 28. März 1990 – XII ZR 64/89 – FamRZ 1990, 857, 859 und vom 9. Juni 2004 – XII ZR 308/01 – FamRZ 2004, 1357, 1360; zur Entwicklung der Rechtsprechung vgl. Dose FamRZ 2007, 1289, 1294). Zeiten der Kinderbetreuung hat er dabei entsprechend der von § 1573 Abs. 5 Satz 2 BGB aF (§ 1578 Abs. 1 Satz 3 BGB aF) getroffenen Anordnung der Ehedauer gleichgestellt (Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 – XII ZR 99/89 – FamRZ 1991, 307, 310), ohne dass allerdings durch die – frühere – Kinderbetreuung als solche eine Unterhaltsbefristung oder -herabsetzung ausgeschlossen worden wäre.
bb) Von der aufgeführten Rechtsprechung ist der Senat in seinem Urteil vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 – FamRZ 2006, 1006) in Bezug auf die grundsätzliche Gewichtung des Merkmals der Ehedauer abgerückt. In dieser Entscheidung hat er im Gegensatz zu seiner vorausgegangenen Rechtsprechung die Ehedauer in ihrer Bedeutung nicht mehr anderen Billigkeitskriterien vorangestellt. Er hat für die Entscheidung über die Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB (aF) statt dessen das hauptsächliche Gewicht auf die mit der Ehe verbundenen (Erwerbs-)Nachteile für den Unterhaltsberechtigten gelegt. Während diese eine Befristung in der Regel auch bei kurzer Ehedauer hindern würden, stehe ohne ehebedingte Nachteile selbst eine lange Ehedauer der Befristung nicht schon für sich genommen entgegen.
Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung (ebenso OLG Koblenz FamRZ 2010, 318; OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 1084; Finke FamFR 2010, 90) beschränkt sich die mit der Entscheidung vom 12. April 2006 vollzogene Rechtsprechungsänderung mit ihren tragenden Gründen nicht auf kinderlose Ehen. Wenn der Senat in seiner dortigen Begründung unter anderem auf die Motive des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 20. Februar 1986 Bezug genommen und in diesem Zusammenhang die Kinderbetreuung als Hinderungsgrund für eine Befristung genannt hat (aaO S. 1007 – juris Rn. 13), lässt sich daraus eine Differenzierung zwischen kinderlosen Ehen und Ehen mit Kindern nicht herleiten. Denn unter den eine Befristung hindernden Gründen ist dort neben der Kinderbetreuung auch die lange Ehedauer aufgeführt. Selbst einer langen Ehedauer sollte aber nach dem Urteil gerade keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zukommen, wie sich aus den folgenden – durch den Leitsatz verdeutlichten – Ausführungen ergibt. Demnach lautete die an die Tatsacheninstanzen gerichtete Maßgabe des Urteils, dass bei einer die Zweckrichtung des Gesetzes berücksichtigenden Gesetzesanwendung vorrangig zu prüfen sei, ob sich die Einkommensdivergenz der Ehegatten als ehebedingter Nachteil darstelle, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertige (aaO S. 1007 – juris Rn. 14), was allgemein formuliert worden und für kinderlose Ehen wie Ehen mit Kindern gleichermaßen bedeutsam ist.
Für eine Differenzierung zwischen kinderlosen Ehen und Ehen mit Kindern bestand überdies auch keine Veranlassung, weil – wie oben ausgeführt – bereits nach der vorausgegangenen Rechtsprechung eine Kinderbetreuung der Befristung nicht entgegenstand, sondern – nur – in der Weise in die Billigkeitsabwägung einfloss, dass die Zeiten der Kinderbetreuung der Ehedauer nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 3 BGB aF gleichgestellt wurden, wie es im Übrigen auch der aktuellen Gesetzeslage entspricht (§ 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB). Dass die Befristung seinerzeit vor allem bei kinderlosen Ehen für bedeutsam gehalten wurde (vgl. etwa MünchKomm/Richter BGB 3. Aufl. § 1573 Rn. 34), hängt damit zusammen, dass im häufigsten Fall der Kinderbetreuung durch den unterhaltsberechtigten Ehegatten nach dem seinerzeit praktizierten Altersphasenmodell die Gesamtdauer von Ehe und Kinderbetreuung bei über fünfzehn Jahren lag. In diesem Fall kam eine Befristung nicht in Betracht, weil der Senat in seiner früheren Rechtsprechung jedenfalls bei einer Ehedauer von über fünfzehn Jahren eine Befristung nur unter außergewöhnlichen Umständen für zulässig gehalten hatte (Senatsurteile vom 28. März 1990 – XII ZR 64/89 – FamRZ 1990, 857, 859; vom 10. Oktober 1990 – XII ZR 99/89 – FamRZ 1991, 307, 310 und vom 9. Juni 2004 – XII ZR 308/01 – FamRZ 2004, 1357, 1360).
Demnach betraf die durch das Senatsurteil vom 12. April 2006 vollzogene Rechtsprechungsänderung sämtliche Fälle des Aufstockungsunterhalts, in denen statt des Kriteriums der Ehedauer nunmehr vorrangig auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abzustellen war. Dass das Senatsurteil nicht ausdrücklich als Rechtsprechungsänderung ausgewiesen ist, spielt für die materielle Bewertung der Entscheidung keine Rolle (aA OLG Koblenz FamRZ 2010, 318, 321; Finke FamFR 2010, 90) und hindert es insbesondere nicht, dass vor der Entscheidung ergangene Unterhaltsentscheidungen wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse abgeändert werden können (Senatsurteil BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 62). Dass nach der Senatsentscheidung vom 12. April 2006 vor allem bei Verfahren über den Aufstockungsunterhalt eine Überprüfung des Befristungseinwands auch bei langer Ehedauer regelmäßig geboten war, macht nicht zuletzt der veröffentlichte Leitsatz der Entscheidung hinreichend deutlich.
Die von der Revision angeführte Entscheidung des Senats vom 28. Februar 2007 (BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793) betraf demnach zwar erstmals den Fall einer Ehe mit Kindern, beinhaltete aber keine weitergehende Rechtsprechungsänderung, sondern konnte sich auf die durch die Entscheidung vom 12. April 2006 geänderten Grundsätze stützen. Deren Anwendung auf eine Ehe mit Kindern bewegte sich im Rahmen der bereits vor der Entscheidung vom 12. April 2006 vom Senat praktizierten Gleichstellung der Dauer einer Kinderbetreuung mit der Ehedauer. Nichts anderes gilt schließlich für die Senatsurteile vom 23. Mai 2007 (XII ZR 245/04 – FamRZ 2007, 1232) und vom 26. September 2007 (XII ZR 11/05 – FamRZ 2007, 2049 und XII ZR 15/05 – FamRZ 2007, 2052). Auch diese Entscheidungen beruhen auf den durch die Entscheidung vom 12. April 2006 neu festgelegten Grundsätzen.
cc) Nach den Grundsätzen der Senatsentscheidung vom 12. April 2006 hätte der Kläger die Befristung und Herabsetzung des Unterhalts bereits im Vorprozess geltend machen können und müssen. Dass die Ehe der Parteien mit einer Dauer von annähernd fünfzehn Jahren zuzüglich der Zeiten der nachehelichen Kinderbetreuung als Ehe von langer Dauer anzusehen war, hätte die Befristung nicht (mehr) ausgeschlossen. Statt dessen wäre es schon nach dem Stand der Rechtsprechung zum Zeitpunkt der abschließenden mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht am 1. März 2007 vorwiegend auf die Frage angekommen, ob der Beklagten nach der Scheidung ehebedingte Nachteile verblieben sind. Diese Frage war wegen der unveränderten Tatsachenlage bereits im Vorprozess zu beantworten und nicht erst im vorliegenden Verfahren.
Da die Befristung und Herabsetzung des Unterhalts nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aF nicht lediglich auf eine Einrede des Unterhaltspflichtigen, sondern bei entsprechendem Sachvortrag von Amts wegen zu überprüfen waren, schließt die Rechtskraft des Ausgangsurteils jedenfalls bei unveränderter Tatsachenlage eine künftige Befristung und Herabsetzung des Unterhalts aus. Im Unterschied zu einem von den Ehegatten geschlossenen Unterhaltsvergleich (dazu Senatsurteil vom 26. Mai 2010 – XII ZR 143/08 – FamRZ 2010, 1238 Rn. 23) ist hier auch nicht auf die Vorstellungen der Parteien abzustellen, die jedenfalls bei einem im Zusammenhang mit der Scheidung abgeschlossenen Unterhaltsvergleich im Zweifel noch keinen späteren Ausschluss einer Unterhaltsbegrenzung vereinbaren wollen. Da das Gericht die Frage der Befristung aber von Amts wegen zu prüfen hat und jedenfalls bei einer abgeschlossenen Entflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten auch nicht offen lassen darf (vgl. Senatsurteil vom 14. April 2010 – XII ZR 89/08 – FamRZ 2010, 869 Rn. 51, 52), erfasst die Rechtskraft des Urteils im Zweifel auch die künftige Befristung, die damit bei unveränderter Tatsachenlage ausgeschlossen ist (Senatsurteil vom 26. Mai 2010 – XII ZR 143/08 – FamRZ 2010, 1238 Rn. 25).
Etwas anderes gilt dann, wenn das Gericht in den Entscheidungsgründen die künftige Befristung etwa wegen einer noch nicht zuverlässig absehbaren Entwicklung der Verhältnisse ausdrücklich offenlässt. In diesem Fall ist die Rechtskraft der Entscheidung entsprechend eingeschränkt. Sie steht einer späteren Geltendmachung des Befristungseinwands durch den Unterhaltspflichtigen selbst dann nicht entgegen, wenn über eine Befristung richtigerweise bereits im Ausgangsverfahren hätte entschieden werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2010 – XII ZR 143/08 – FamRZ 2010, 1238 Rn. 13, 23 mwN). Eine derartige Einschränkung ist in dem Ausgangsurteil aber nicht enthalten, so dass das Urteil eine umfassende Rechtskraft entfaltet.
b) Das Berufungsgericht ist ferner davon ausgegangen, dass der Kläger seine Abänderungsklage auch nicht auf eine Gesetzesänderung stützen kann. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats und hält den Angriffen der Revision ebenfalls stand.
Durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 hat sich die Rechtslage für die vorliegende Fallkonstellation nicht geändert. Denn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nach § 323 Abs. 1 ZPO aF (§ 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG; § 323 Abs. 1 Satz 2 ZPO nF) liegt nur vor, wenn die Gesetzesänderung für den konkreten Einzelfall erheblich ist. Das ist hier nicht der Fall.
Für den Fall, dass der Unterhaltsanspruch allein auf § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt) beruht und zuletzt im Jahr 2007 durch Urteil festgelegt wurde, hat der Senat bereits entschieden, dass sich aus dem Inkrafttreten des § 1578 b BGB am 1. Januar 2008 für sich genommen noch keine Änderung der wesentlichen Verhältnisse ergibt (Senatsurteile BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 60, 62 f. und vom 27. Januar 2010 – XII ZR 100/08 – FamRZ 2010, 538 Rn. 34; aA OLG Stuttgart FamRZ 2009, 53, 55; OLG Celle FamRZ 2009, 2105; Graba FPR 2008, 100, 103; unrichtig insoweit Hamm Strategien im Unterhaltsrecht 2. Aufl. § 7 Rn. 64). Daran ist auch in der vorliegenden Fallkonstellation einer Ehe mit Kindern festzuhalten.
Zwar ist im Fall, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte gemeinsame Kinder betreut hat, der Gesetzeswortlaut geändert worden, indem die in § 1573 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2, § 1578 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB aF noch enthaltene Regelung, dass eine fortlaufende und ungeminderte Unterhaltszahlung in der Regel nicht unbillig ist, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut, nicht in § 1578 b BGB übernommen worden ist. Damit war aber eine materielle Rechtsänderung nicht verbunden. Denn die Kinderbetreuung stand schon nach der bis 2007 geltenden Rechtslage einer Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts nicht generell entgegen, sondern entsprechend §§ 1573 Abs. 5 Satz 2, 1578 Abs. 1 Satz 3 BGB aF nur in Abhängigkeit von ihrer Dauer.
Dem stehen die von der Revision zitierten Gesetzesmotive des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 20. Februar 1986 schon deswegen nicht entgegen, weil die gesetzliche Regelung letztlich zu einer Gleichsetzung von Zeiten der Kinderbetreuung mit der Ehedauer geführt haben und diese von der Rechtsprechung des Senats auch angewandt worden ist.
Der Gesetzgeber ist schließlich mit dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 auch insoweit von der bestehenden Rechtsprechung des Senats ausgegangen, die gerade im Jahr 2007 mehrfach auch in Fällen mit Kinderbetreuung ergangen war. Er hat durch die Streichung der einschränkenden Formulierung demnach keine sachliche Änderung vorgenommen, sondern das Gesetz lediglich entsprechend klargestellt (vgl. Senatsurteile BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 60 und vom 27. Januar 2010 – XII ZR 100/08 – FamRZ 2010, 538 Rn. 34; BT-Drucks. 16/1830 S. 18 ff.).
c) Auch auf § 36 Nr. 1 EGZPO lässt sich eine Abänderung des Ausgangsurteils nicht stützen.
Wie der Senat bereits entschieden hat (BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 – Rn. 62, 63), eröffnet § 36 Nr. 1 EGZPO keine eigenständige Abänderungsmöglichkeit, sondern stellt lediglich klar, dass die Gesetzesänderung ein Anwendungsfall des § 323 Abs. 1 ZPO (aF) ist. Denn nach der Gesetzesbegründung handelt es sich hierbei nicht um einen eigenen, neu geschaffenen Abänderungsrechtsbehelf. In der Sache ist eine Anpassung von bestehenden Titeln und Unterhaltsvereinbarungen danach nur möglich, wenn eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 32 f.). Die Wesentlichkeitsschwelle ist im Sinne von § 323 Abs. 1 ZPO zu verstehen. In einer Gesamtschau aller Umstände – ggf. auch von der Reform unabhängiger Umstände – ist zu prüfen, in welchem Umfang sich die für Unterhaltsverpflichtung und -bemessung maßgeblichen Verhältnisse geändert haben (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 33).
Dadurch wird zugleich bestätigt, dass das neue Unterhaltsrecht nur dann zur Abänderung bestehender Titel berechtigt, wenn bestimmte Umstände erst durch die Gesetzesänderung erheblich geworden sind und diese gegenüber der bisherigen Rechtslage zu einer wesentlichen Änderung führt. Auch durch § 36 Nr. 2 EGZPO soll – nur – sichergestellt werden, dass Umstände, die erst durch das neue Recht erheblich geworden sind, in das Verfahren eingeführt werden können (BT-Drucks. 16/1830 S. 33).
Im vorliegenden Fall sind die für die Befristung angeführten Umstände nicht erst durch das neue Unterhaltsrecht erheblich geworden. Sie hätten, wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, bereits aufgrund der zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess geltenden Gesetzeslage und Rechtsprechung für eine Befristung des Unterhalts vorgebracht werden können.
BGH, Urteil vom 29.09.2010
XII ZR 205/08
AG Völklingen, Entscheidung vom 10.04.2008
8 F 485/07 UE
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 04.12.2008
6 UF 40/08